Welt-Bilder | 04.1 | Klassisch griechische Welt-Bilder II - 06.11.2012 Created at 5. Apr. 2016 5241 Ansichten by dorftv Univ. Prof. Dr. Walter Ötsch Vorlesung „Themen und Theorien der Kulturwissenschaften I“ an der Johannes Kepler Universität Linz im Wintersemester 2012 4. Stunde – Teil 1, 06.11.2012 Klassisch-griechische Welt-Bilder II (3. Stunde: https://dorftv.at/video/24660) 5. (Fortsetzung): Die Entstehung der griechischen Philosophie Wiederholung: Der System-Gedanke der Vorsokratiker Die neue (abstraktere) Meta-Ebene = Das Gemeinsames der Welt: „das Göttliche“ (to theion) Die neue Distanz zu „der“ Welt „Innen“ in Distanz zu „außen“ Ein Bild dazu: ein gemeinsames fließendes Feld, das durch ein dünne Netz geteilt wird Stoffliche Bestimmung des dynamisch-fließenden Göttlichen: Thales: alles besteht aus „Wasser“. Anaximenes : alles besteht aus „Luft“ Anaximander: Das Göttliche der Welt ist „ohne Alter“ (ageron), „ohne Tod“ (athánaton), „ohne Untergang“ (anolethron) und „ohne Anfang und Verderb“ (agenethon kai apharton) => apeiron,d.h. „ohne Grenze, Ende, Bestimmung“. Anaximander schreibt das erste Buch in Prosa 494 v.Chr.: Die Perser zerstören Milet: die Philosophie verbreitet sich überall in Griechenland Heraklit aus Ephesos (540 – 475 v. Chr.): der verbundene kósmos mit einen Plan, einen lógos. Lógos ist dynamisch und polar Alles ist andauernd sich änderndes Feuer, wie Geld: „Alles fließt“ Gegenthese: Die Schule von Elea Parmenides (um 480 v.Chr.): das Sein ist „nicht zerstörbar“, „unerschütterlich“, „nicht entstanden“, „unteilbar“ und „unbeweglich“. Zenon von Elea: „Bewegung“ gibt es nicht. Die vier berühmten Antinomien (z.B. Achilles und die Schildkröte) = das Grundrätsel der abendländischen Wissenschaft! 6. Die Landschaft der Seele die >Außen-Welt< ⇔ die >Innen-Welt<: der „Geist“ , die „Seele“ , logos Heraklit: „Ich erforschte mich selbst.“ Der neue Bereich unterscheidet sich „stofflich“ nicht, die gleicher Fließ-Qualität überall. Die Seele ist „eingemischt im Universum“ (Thales) aus „Luft“. (Anaximenes), „Feuer“ (Anaximander) „Feuer und Wasser“ (Heraklit). eine besondere „Luft, die wärmer ist als die äußere Luft, in der wir uns aufhalten, aber viel kälter als die Luft in der Nähe der Sonne. (Diogenes von Apollonia) Mentale Vorgänge „Das dem Herzen umströmende Blut ist die Denkkraft“ (Empedokles) Innen-Raum, Personalität, Individualität Eine >innere< Landschaft, aber keine Individuen. 7. Seelen-Literaturen Die neue Kunstform der Lyrik Das Beispiel von Sappho: erste Aspekte einer Selbst-Beobachtung. Im chaotischen Durcheinander >innen< gibt es ein noema (so etwas wie ein Gedanke, ein Wunsch, eine Absicht), das sich der geliebten Person gegenüber „niemals wandeln“ kann. synoida, später: „Bewusstsein“ Der Überfall durch die Gefühle >außen< Erstmals: Zwiespalt in den Gefühlen Neue Distanz-Literaturen: Geschichtsschreibung die wissenschaftliche Prosa die Tragödie Die Tragödien als bewusste Simulationen einer virtual reality. Problem: was bedeutet es, einen >Innen-Raum< zu besitzen und aus diesen Raum heraus sich zu entscheiden und entscheiden zu müssen? Aischylos: das Handeln der Menschen ist ein >inneres< Handeln Orestes als Prototyp des ichbewussten Menschen im göttlich-fließenden Raum: erste Aspekte eines Gewissens Darstellung der schlimmsten Entscheidungs-Situationen Die katástrophe 8. Erfahrungsmomente in diesem Welt-Bildern: ein >inneres< und >äußeres< Fließen Die These vom Wahnehmungs-Historismus wiederholt Der Raum >innen< analog zum Raum >außen<: zwei getrennte Bereiche mit einer ungemein dünnen Grenze: Alles fließt hin und her >Außen< und >innen< in direktem und unmittelbarem Zusammenhang >Reales< und Imaginäres geht ineinander über. Wach–Bewusstsein und Traum–Bewusstsein sind >real<. Der Leib wird in seiner Ganzheit als fließend und lebendig erfahren. Kein qualitativer Bruch: >außen< und >innen< ist das Gleiche zu finden Fließ- und Strömungs-Metaphern (Luft, Wasser, …) für „die Welt“ und die Art, wie die Sinne funktionieren. Konzepte von „dynamisch-fließenden Sinnen“ Empedokles: Das Tun der Sinne = athrein („auf etwas starren.“) Anaxagoras: Wahrnehmen ist “von Schmerz begleitet.” Empedokles: Wahrnehmen ist ein Fließen des Gleichen. „Nicht nur von Lebewesen und Pflanzen“ schreibt Plutarch über Empedokles, „oder von Erde und Meer, sondern auch von Steinen und Kupfer und Eisen gehen kontinuierlich zahlreiche Ströme aus.“ Alle >Objekte< >außen< besitzen eine schwammartige Oberfläche. Die Sinne als Röhren, die von >außen< durchbraust werden. Die Sinne sind wie Poren. (póros bedeutet Durchgang, Furt). Jeder Sinn hat seine Poren, die nur bestimmte Ströme passieren lassen. Die Poren der Augen nehmen das von außen einströmende Feuer oder Licht in sich auf und vermögen so Licht und Dunkel zu „sehen“. Beim Riechen gelangen die feinen Ausströmungen der Dinge in die Poren der Nase, was nur geschehen kann, wenn wir atmen. „Denn mit der Erde sehen wir Erde; mit Wasser Wasser und mit Luft [aether] strahlende Luft, aber mit Feuer vernichtendes Feuer; Liebe sehen wir mit Liebe und Streit mit verderblichen Streit.“[Empedokles] Die Atomisten (Leukipp von Milet, Demokrit von Abdera): eidola Lukrez: Dinge als textura mixta, Absonderung von simulacra Wahrnehmen ist das Berühren von Bildern Wahrnehmen = einverleiben, einatmen, schnüffeln, verzehren (Hartmut Böhme) 9. Ekstasen und Atmosphären Ekstatische Zustände als kulturelle Massen-Phänomene, die „dionysische Raserei“ Ékstasis = „außer sich sein“. Enthusiasmós = „Gott in sich haben“ Im Wahn hat man Anteil an göttlichen Kräften In Ekstase kann man Zukünftiges prophezeien (Apollo) Poesie treiben (die Musen) Liebe machen (Eros und Aphrodite) Eros als unkontrollierbare Gewalt Die Mysterienkulte Ekstatische Zustände als Verschmelzung Analogie zum Riechen: keine Distanz, >innen< und >außen< vermischt, dynamisch Atmosphären-Erleben, z.B. von Orten Die Sinne funktionieren atmosphärisch Alles hat seine Ausstrahlung, seine Aura, sein Fluidum, Eine Riech-Kultur Gerüche für die Welt-Konstruktion als Ganzes theos = Gott ; thyos = Rauchopfer, Räucherwerk. thysia = das Töten von Tieren mit anschließender Opfermahlzeit 10. Das Göttliche wahr-nehmen Witterung von „Atmosphären“ z.B.: phema, lat. fama = Gerücht Die göttliche Herkunft der Träume: der Traum als Person, Traum-Bilder als Eidola Traum als Wahrnehmungs-Phänomen: Man hat nicht einen Traum, man SIEHT einen Traum. Welche Infos sind glaubwürdiger, die im wachen oder die im Träumen? Zukunft-Schau beim Träumen Die Traumdeutung (oneirokrítike) als anerkannte Kunst Das Handbuch des Artemidoros: 1400 Traummotive Es gibt hier keine „Zufälle“ (Zufall as theoretischer Begriff!) Atmosphären-Zeichen: Tiere, Details bei den Opfer-Zeremonien Der Seher (mántis) Weissagen (theiázein) = Göttliches sagen Orakel (théspata) = göttliche Aussagen Besessenenheit „herausbeschwören“ (exhorzízein) Alles ist mit göttlicher Bedeutsamkeit erfüllt. Orte, Räume, Personen, Dinge können mit >äußeren< Kräften aufgeladen sein. Schadenszauber durch Fluch-Texte: katádesmos (lat. defixio) = „Binde-Zauber“ http://www.walteroetsch.at/videos-von-vorlesungen/videos-zur-vorlesung-… Videoproduktion: Alexander Grömmer und JKU Video auf youtube: http://bit.ly/1q2ubaU Walter Ötsch 56 Videos, 2 Members Playlists #Tags Walter Ötsch johannes kepler universität Philosophie Griechische Philosophie JKU Share & Embed Embed this Video Link to this Video More from Channel 01:34:05 Univ. 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