Im Auge der Infodemie II - Demokratieverhandlungen für den digitalen Raum der Freiheit TagungFreitag, 21. März 202514 - 19 UhrWissensturm, 15. StockKeynotes:Clemens Apprich (Medienwissenschaftler, Wien)Astrid Mager (Wissenschafts- und Technikforscherin, Wien)Magdalena Taube (Chefredakteurin Berliner Gazette, Berlin) Workshops:Davide Bevilacqua, künstlerischer Leiter servus.atCommunity-mod 101. Partizipation, Selbstverwaltung und Moderation von community-basierten MedienplattformenClaudia Garád, Geschäftsführung Wikimedia ÖsterreichWikimedia - Freies Wissen für digitale Nachhaltigkeit und ResilienzDavid Mehlhart, Leitung Lehrredaktion, Radiofabrik SalzburgNichtkommerzialität gegen Scandalo-Tainment. Die Rolle der Community-Medien für die Österreichische Öffentlichkeit Ablauf der Tagung:14.00 Uhr: Ankommen14.30 Uhr: Begrüßung14.45 Uhr: Vorträge16.00 Uhr: Pause16.30 Uhr: parallele Workshops17.45 Uhr: Pause18.00 Uhr: Schlußpanel. Präsentation der Ergebnisse aus den Workshops. Diskussion und Resumee zu Keynotes und Workshops.20.00 Uhr: Ende Abstract Tagung: Wir erleben gegenwärtig einen tiefgreifenden medialen Umbruch. Seit mehr als einem Jahrzehnt zählen Social-Media-Anwendungen zu unserem Alltag, sie bestimmen als Big-Tech-Plattformen zunehmend die kognitive Orientierung und gefährden mit Fake News, Manipulation und Desinformation immer öfter das demokratische Gefüge (Infodemie). Der große Vertrauensverlust vieler Menschen gegenüber Politik und Medien geht zudem mit einer kaum reflektierten Beschleunigung der Information einher und macht die neuen starken Zentren einer, wie es der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen formuliert, in einen "aufschäumenden Aufmerksamkeitsexzess" versetzten Öffentlichkeit sichtbar: das neue medienmächtige Publikum, der journalistische Echtzeitdruck und die Wirkmacht der Plattformen. Die vermeintlichen Freiheiten des digitalen Raums rücken aber auch Zweifel ins Blickfeld. Mit der vernetzten Welt verbindet sich das Versprechen, dass alle Beteiligten gleichberechtigt eigene Wahrnehmungen, Deutungen und Meinungen veröffentlichen können. Tatsächlich nehmen Algorithmen die Bewertung vor, definieren gesellschaftliche und politische Relevanz und vermitteln ein falsches Bild von Partizipation, die bloß auf Zustimmung hofft und vielfach geteilt werden will. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des Zusammenwirkens von Medien, Partizipation und Demokratie erscheint es dringend geboten, die digitale Entwicklung einer kritischen Analyse zu unterziehen. Hinzu kommt die Notwendigkeit, im Sinne der redaktionellen Gesellschaft ein zeitgemäßes und verbindendes Wertegerüst zu verhandeln und entsprechend ethische Kontroll- und Regulierungsmechanismen zur Anwendung zu bringen. Ziel der Tagung ist es, die Mitbestimmung in den Demokratien der Gegenwart aus der Perspektive der Digitalisierung zu beleuchten, im Hinblick auf das demokratische Ideal der Mündigkeit neue Möglichkeiten der Medienaneignung zu diskutieren und das Bewusstsein für eine demokratiepolitische Wiedererschließung des digitalen Raums und seiner Freiheiten auf breiter öffentlicher Basis zu stärken. Vorträge „Datendiskriminierung – zum Filtern von Mensch und Maschine“Clemens Apprich „Welche Rolle spielen menschliche Vorurteile in algorithmischen Verfahren, die doch eigentlich dazu entworfen wurden, objektivere Entscheidungen zu treffen? Um diese Frage zu beantworten, stellt der Vortrag ein grundlegendes Axiom des maschinellen Lernens zur Diskussion: die Datendiskriminierung. Um Informationen aus Daten zu filtern, werden Muster verwendet, die unsere eigenen Vorlieben, Vorstellungen und Vorurteile widerspiegeln. Der Vortrag wird daher nach Vorannahmen in maschinellen Lernverfahren fragen und deren Rolle in der Diskriminierung von Daten und Menschen diskutieren.“ Offene Daten – öffentlicher Wert?Astrid Mager In Zeiten voranschreitender Verknüpfung von Technologiekonzernen und Politik müssen sich liberale Demokratien fragen, wie sie Digitalisierung sozial verträglich gestalten wollen. Algorithmische Systeme wie der AMS Algorithmus haben gezeigt, dass professionelle Prozesse und interdisziplinäre Expertise aufgebaut werden müssen, um Digitalisierung in der Verwaltung gerecht zu gestalten. Der Vortrag hält ein Plädoyer für kollaboratives Vorgehen in der Datenöffnung, sowie für solidarische Datennutzung, die sich dem öffentlichen Wert verschreibt. Der Aufbau von sozio-technischem Know-How ist für staatliche Institutionen essentiell, um dem Ausverkauf von sensiblen Daten von Bürger*innen – und deren Analysen durch kommerzielle Firmen – vorzubeugen. KI und Aktivismus – Über die Möglichkeiten und Grenzen von Widerstand im Zeitalter von Big TechMagdalena Taube Dieser Vortrag stellt das Potenzial und die Grenzen von KI-Tools für den Medienaktivismus zur Diskussion. Das 500 Milliarden Dollar Stargate-Programm in Trumps zweiter Amtszeit hat die Rolle von KI im Plattform-Kapitalismus gestärkt. Kann Macht im digitalen Raum angesichts der sich stetig ausweitenden Dominanz von Big Tech überhaupt noch herausgefordert werden? Am Beispiel von KI-Tools wie RolliApp und Journalism Watchdogs sowie der Plattform HuggingFace fragt der Vortrag nach den Möglichkeiten eines kritischen Einsatzes von KI im Aktivismus und untersucht die damit verbundenen Herausforderungen. Vortragende Clemens Apprich ist Leiter der Abteilung Medientheorie und des Weibel Instituts für digitale Kulturen an der Universität für angewandte Kunst Wien, wo er seit 2021 die Professur für Medientheorie und -geschichte innehat. Seit Herbst 2023 ist er zudem Vizepräsident für Forschung und Digitalität. Seine aktuelle Forschung beschäftigt sich mit digitalen Medien und Computerkulturen, mit einem besonderen Fokus auf Filteralgorithmen und deren Einsatz in der Datenanalyse sowie Methoden des maschinellen Lernens. Astrid Mager ist Senior Academy Scientist am Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), sowie Lektorin am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung der Universität Wien. Siehat sich kürzlich zum Thema „Algorithmische Imaginationen. Visionen und Werte in der Gestaltung von Suchmaschinen“ habilitiert. Derzeit forscht sie zu Digitalisierung in globalen Kontexten, algorithmischer Sortierung und Diskriminierung, sowie Datafizierung und Automatisierung in Europäischen Wohlfahrtsstaaten. Gemeinsam mit Barbara Prainsack leitet sie seit 2024 die ÖAW Kommission „Demokratie in digitalen Gesellschaften“. Magdalena Taube ist Chefredakteurin der Internetzeitung berlinergazette.de und Professorin für Digitale Medien und Journalismus an der Hochschule Macromedia in Berlin. Sie ist Autorin von „Disruption des Journalismus“ (2018), erschienen im Institute of Network Cultures, Amsterdam und Ko-Autorin von „Kin City Urbane Ökologien, Infrastrukturen des Lebens und internationalistische Kämpfe“, erschienen bei Kuda.org, Novi Sad. Eine Kooperation von Volkshochschule LINZ, DORFTV, mehrdemokratie!Gefördert von: österreichische gesellschaft für politische bildung