Abschied von der Mitte – wohin steuert die ÖVP?

Bei Martin Wassermair waren Laura Sachslehner (ehem. ÖVP-Generalsekretärin) und Paul Rübig (ehem. EU-Abgeordneter, ÖVP) zu Gast.

Live gesendet am Mittwoch, 17. Mai 2023, 17.30 - 18.30 Uhr

Der Stachel im Fleisch CXLIII

Die ÖVP hat schon einmal bessere Zeiten erlebt. Nach dem Höhenflug unter Bundeskanzler Sebastian Kurz befindet sich die Partei seit dessen Ausscheiden aus der Politik im Oktober 2021 im Sinkflug. In aktuellen Umfragen liegt sie mittlerweile an zweiter Stelle mit knapp über 22 %. Was allerdings noch schwerer wiegt: Abgesehen von schmerzhaften Stimmenverlusten bei den vergangenen Landtagswahlen fehlt es vor allem an Orientierung. Standen jahrzehntelang christlich-soziale Werte im Vordergrund, die auch noch eine liberale Mitte des politischen Spektrums ansprechen konnten, so folgen die Konservativen in Österreich zunehmend dem internationalen Trend einer Neuausrichtung nach Rechts. Die ÖVP verfolgt jedenfalls eine deutliche Verschärfung des Kurses in der Asyl- und Integrationspolitik, bei der allerdings angesichts der Konkurrenz der unter Herbert Kickl wieder erstarkten FPÖ nicht viel zu holen ist. Voraussichtlich im Herbst 2024 wird der Nationalrat neu gewählt - damit bleibt Karl Nehammer als neuem Parteichef und Bundeskanzler noch etwas Zeit, um im Hinblick auf Teuerung, Klimakrise und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt Positionen zu finden, die innerhalb der ÖVP integrativ wirken und zugleich beim Urnengang Zuspruch finden.

Im Mittelpunkt des Gesprächs standen daher u.a. Fragen, worin die ÖVP als einst mächtige Wirtschafts- und Europapartei die Notwendigkeit zu einer rechtsnationalen Gesinnung sieht, wie viel von der türkisen Wende unter Sebastian Kurz noch heute wirksam ist und was ein Abrücken von der liberalen Haltung der bürgerlichen Mitte in weiterer Zukunft für die Volkspartei bedeutet.