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FLEISCHMARKTHALLE

Created at 4. Feb. 2022

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by architektenfreund

FLEISCHMARKTHALLE
Curt Kühne, 1929

Die Fleischmarkthalle wurde in kürzester Zeit nach Plänen Curt Kühnes hochgezogen – aus „Ersparungsgründen“ eine Holzkonstruktion. Die Binder montierten die Holzbauwerke Franz Schaffer aus Linz-Urfahr vor Ort in nur dreieinhalb Monaten. Eine stützenfreie Holzarchitektur dieser Dimensionen war damals ungewöhnlich und eine technische Meisterleistung. Mit rund 34 Metern Spannweite, 15 Metern Höhe und 3.100 m² Fläche war die Fleischmarkthalle der damals größte Holzbau Österreichs. Das Dach wurde treppenförmig aufgesattelt, woraus sich die charakteristischen Lichtbänder über die gesamte Länge ergaben. Die Giebelfassaden nehmen das Treppenmotiv auf und steigern es mit seitlichen Rundbogenportalen, drei kreisrunden Fensteröffnungen und dreieckiger Giebelkrone zur monumentalen Geste. Auch die technische Ausstattung im Inneren war äußerst durchdacht und auf optimale Betriebsabläufe ausgerichtet. Die Holzkonstruktion wurde im Krieg stark beschädigt, stürzte 1947 ein und wurde von der damaligen VÖEST als Stahlskelettbau wiedererrichtet (Fertigstellung 1949). Wie das benachbarte Industriedenkmal der Tabakfabrik ist die Fleischmarkthalle ein wesentliches Dokument der städtischen Industriebaukultur der Zwischenkriegszeit in Linz. Die Nutzungen der vergangenen Jahrzehnte – als Lager- und Montagehalle, als Diskothek, für eine Go-Kart-Anlage – sind kaum geeignet, den herausragenden historischen Status und die räumlichen Qualitäten des Bauwerks entsprechend zu würdigen. (Tobias Hagleitner)

Corinna Hiemer

Zum Abschluss ihres Architekturstudiums an der Kunstuni-versität Linz entwickelte Corinna Hiemer ein umfassendes Konzept zur architektonischen Überarbeitung und Revitali-sierung der Fleischmarkthalle. Mit Respekt und Interesse für die Geschichte und die besonderen Qualitäten des Bauwerks schlägt sie die Verwandlung in ein „Urban Greenhouse“ vor.

„Sie steht so solide da seit über hundert Jahren, und sie wurde auch 1949 wieder so aufgebaut, weil ihr eine absolute Logik innewohnt: Logik in der Konstruktion, in der Ausrichtung, in der Lage. Und Logik bedeutet Schönheit im weitesten Sinn. Die Fleischmarkthalle kann noch hunderte von Jahren überdauern, wenn man sie erhält und wenn man sie belebt.“

 

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Kühne Schulte Gegenwart

Filmische Porträts

In nicht einmal zwei Jahrzehnten schufen Curt Kühne (1882–1963) als Stadtbaudirektor und Julius Schulte (1881–1928) als sein Mitarbeiter bzw. selbständiger Architekt wesentliche Bausteine der modernen Linzer Raumentwicklung auf dem Weg zur Großstadt. Unter den äußerst prekären Bedingungen der Zeit zwischen den Weltkriegen planten sie bedeutende Wohnbauten, Schulen und kommunale Einrichtungen für die Stadt, die bis heute in Betrieb und Nutzung sind.

Das afo hat für die Ausstellung Kühne Schulte Gegenwart (19.11.2021–18.2.2022) unterschiedliche Persönlichkeiten – Bewohner*innen, Architekt*innen, Expert*innen, Eigentümer*innen – zum Interview geladen, um anhand von zehn Beispielbauten zu erfahren, was sich rund ein Jahrhundert später von den „sozialen Stadtbausteinen“ der Zwischenkriegszeit lernen lässt: Wie sieht der private oder berufliche Alltag darin aus? Welche Qualitäten werden besonders geschätzt? Was bedeuten diese Bauten und Siedlungen für die Stadt und ihre Bewohner*innen?

Hinweis: Parallel zur Ausstellung im afo zeigt das NORDICO Stadtmuseum Linz bis 18.4.2022 Gebaut für alle. Curt Kühne und Julius Schulte bauen das soziale Linz (1909-1938).

Konzept und Interviews: Tobias Hagleitner

Ton, Kamera, Schnitt: Reinhard Zach

afo architekturforum oberösterreich, 2021

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