EU in der Krise - Welche Narrative können der Gemeinschaft neue Hoffnung geben?

Die Journalistin, Autorin und Europaexpertin Margaretha Kopeinig führte gemeinsam mit Paul Schmidt, dem Generalsekretär der österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, ein "fundiertes europapolitisch und ebenso kritisches Gespräch, welche es in Österreich viel zu wenig gäbe" - so zumindest Kopeinig.

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Die Zustimmung und auch die Ablehnung gegenüber der EU wird seit dem Beitritt Österreichs immer wieder gemessen. Fazit: Diese Werte verändern sich ständig, doch konstant bleibt dabei einmal mehr, einmal weniger, eine zwei Drittel – Mehrheit für den EU-Beitritt. Aus vielen unterschiedlichen Gründen und Anlässen (BREXIT, Ukrainekrieg, Pandemie, …), gibt es seit Jahren aber auch EU-Gegner*innen die meinen, Österreich sei ohne EU besser dran.

Genau das macht Kopeinig große Sorgen. Denn diese zwei Drittel – Mehrheit könnte schnell kippen, wenn europakritische Parteien, wie beispielsweise die FPÖ, auf Stimmenfang gehen. Kopeinig nennt exemplarisch die Situation, wie der BREXIT zustande kam. Wenn europakritische Fraktionen genau diese sind, die Negativ-Schlagzeilen produzieren und auf der anderen Seite allgemein wenig positive oder aufklärende Kommunikation über die EU passiert, dann sei es nicht verwunderlich, dass sich die Nein-Stimmen häufen. Dies sei eine Entwicklung, die Aufmerksamkeit benötige, gerade in Zeiten der Desinformation, ergänzt Schmidt. Ein weiterer Aspekt, der durch negative oder gar mangelnde Narrative bei der Bevölkerung erzeugt wird, ist Desinteresse gegenüber der Friedensunion. Österreicher*innen haben keine Meinung dazu, ob die EU für Österreich gut oder schlecht ist, weshalb sie anfälliger für Falschmeldungen zum Thema sind. Eine derartige Entwicklung sieht man nicht nur in Österreich; auch Länder wie Ungarn, Spanien, Serbien … wurden genannt.

Gerade im Hinblick auf die Europawahl 2024 sei es darum umso wichtiger, mit guten Geschichten auf die Errungenschaften der EU aufmerksam zu machen und einen emotionalen Kommunikationsweg zu schaffen, sodass Menschen etwas damit anfangen können - schließlich gäbe es sehr viele gute Geschichten zu erzählen.

Kopeinig zufolge hätten junge Menschen grundsätzlich ein Gefühl für Europa und seien der EU gegenüber positiv gestimmt. Dies zeige auch die EU-Wahl 2019. Dennoch hielten Jugendliche „dieses Spannungsverhältnis zwischen europäischen Werten, Heuchelei und das Nicht-Realisieren von Projekten und von Versprechungen“ nicht aus. Die ehemalige Europakorrespondentin nennt den Begriff „Soziales Europa“, welcher aus der Selbstdarstellung der Union komplett verschwunden ist, aber extrem wichtig wäre um die wirklichen Sorgen und Probleme, wie Migration, Arbeit, Inflation, Klimakrise und Krieg oder Frieden angehen zu können.

Es gibt insgesamt 705 EU-Abgeordnete. Für Österreicher*innen besteht nächstes Jahr wieder die Möglichkeit 19 Abgeordnete aus Österreich zu wählen, die auf Gesetzesänderungen innerhalb der EU Einfluss nehmen können. Kopeinig sagt, es gelte gerade in einer Zeit von Krieg oder Frieden mit der eigenen Stimme Zukunftsperspektiven zu definieren, Migrationsfragen zu beantworten und die Sorgen, welche Europäer*innen derzeit zu tragen haben, ein Stück weit zu erleichtern. Wenn diese Stimme nicht beansprucht wird, wählen andere - und dies eventuell nicht zugunsten der genannten Aspekte.

Hier geht es zum vollständigen Gespräch.

Autorin: Marie-Therese Jahn
Verfasst am: 24.05.2023