In der Nacht von 5. auf 6. November blickte die Weltöffentlichkeit gespannt auf die USA, wo das historische Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris entschieden wurde. Auch der Linzer Community-Sender DORFTV widmete sich diesem globalen Ereignis mit einer sechsstündigen Live-Spezialsendung. Der Politikwissenschaftler und USA-Experte Reinhard Heinisch und der Jurist Lukas Stahl erklären im Interview, welche Auswirkungen die Wahl auf Europa haben könnte, geben Aufschluss über die einzelnen Wahlmotive und liefern Hintergründe zu den beiden Kandidat*innen.

Dass sich der Präsidentschaftskandidat der Republikaner Donald Trump mit 81strafrechtlichen Anklagepunkten konfrontiert sieht, ändert nichts an seiner Popularität bei den amerikanischen Wähler*innen, betont der Politikwissenschaftler Reinhard Heinisch. Denn seine große Stärke liege gerade darin, eine vielfältige Anhänger*innenschaft zu mobilisieren, die ihm teilweise kultartig folgt. Einerseits zählen zu seinem Wähler*innengruppen konservative Parteigänger*innen, die sich traditionell für die Republikaner entscheiden und Wirtschaftskonservative, die auf eine unternehmensfreundliche Politik setzen. Andererseits kann Trump aber auch bei Protestwähler*innen, die sich vom politischen Establishment verlassen fühlen und seinen unkonventionellen Stil schätzen, punkten, erklärt Heinisch. Der Jurist Lukas Stahl vermutet, dass der Wahlkampf Trump in erster Linie dazu diene sich selbst vor einer möglichen Inhaftierung zu schützen. Sollte er gewinnen, könnte er einige juristische Verfahren verzögern, doch eine langfristige Immunität vor Strafverfolgung biete ihm selbst das Präsidentenamt nicht. 

Als Gegenpol zu Trump habe Kamala Harris als Kandidatin der Demokraten im Wahlkampf beeindruckt, betont Stahl. Er hebt besonders ihre Fähigkeit, innerhalb kurzer Zeit eine breite Bewegung hinter sich zu vereinen, hervor. Harris habe es geschafft, als Generalstaatsanwältin zu glänzen und sich in den letzten drei Jahren an der Seite Joe Bidens stark weiterzuentwickeln, so Stahl. Besonders ihre Positionierung für Abtreibungsrechte hätte sie vor allem für junge Frauen und Minderheiten zu einer bedeutenden Alternative gemacht. 

Heinisch unterstreicht, dass die USA als dominante Supermacht die Politik und Wirtschaft von Europa stark beeinflussen. Trump habe bereits angedeutet, die NATO neu verhandeln und den Ukraine-Krieg aus den amerikanischen Prioritäten streichen zu wollen. Handelskriege und Strafzölle auf europäische Produkte wären für exportorientierte Länder wie Österreich verheerend. Zudem könnten rechtspopulistische Kräfte in Europa durch einen Sieg Trumps Aufwind erhalten, während demokratische Kräfte geschwächt würden. 

Auf die Frage, ob die amerikanische Demokratie eine erneute Amtszeit Trumps überstehen würde, bleibt Stahl zuversichtlich. Die USA, so argumentiert er, haben eine tief verankerte Verfassungskultur, die trotz Belastungsproben Bestand haben werde. Die Mehrheit der Amerikaner*innen bleibe verfassungstreu, und auch die Justiz sei stark genug, um selbst extreme Herausforderungen zu meistern. Trotzdem sieht Stahl die kommenden Jahre als eine erhebliche Belastungsprobe für die USA.

Verfasst von Claudia Hagenauer am 21.11.2024

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