Wohlstand neu denken - solidarische Perspektiven So wie jetzt können wir nicht weitermachen. Angesichts der unübersehbaren Umwelt- und Klimakrisen scheint diese Erkenntnis für viele klar zu sein. Doch echte Lösungen gibt es wenige. Werden wir einen »grünen Kapitalismus« entwickeln oder können wir eine andere gerechtere Art des Lebens finden? In dem Vortrag „Kapitalismus am Limit“ gibt der Politologe an der Universität Wien Univ.-Prof. Dr. Ulrich Brand solidarische Perspektiven auf diese aktuellen Fragen der Klimapolitik. Ulrich Brand legt zu Beginn seines Vortrags dar, dass es für eine echte Veränderung nicht reiche, wenn der globale Norden seinen Konsum einfach etwas minimiere. Um echte Veränderung zu erzielen, müsste der Ressourcenverbrauch drastisch auf 20 Prozent verringert werden. Diese Umstellung würde aber in direktem Widerspruch zu unserer aktuellen „imperialen Lebensweise“ stehen, die auf der Ausbeutung globaler Ressourcen und Arbeitskraft beruht. Die im globalen Süden unter ausbeuterischen und unfairen Bedingungen hergestellten Konsumgüter ermöglichen uns einen enormen Wohlstand, der von der Mehrheit im globalen Norden als selbstverständliche Gegebenheit angesehen wird. Laut Brand führt diese von kapitalistischen Strukturen gestützte imperiale Lebensweise zu massiver Ungleichheit, bei der Profite über ökologische und soziale Verantwortung gestellt werden. Diese Ungleichheit spiegele sich auch in der Tatsache, dass das reichste 1 Prozent der Bevölkerung seit 1990 fast ein Viertel der globalen Emissionen verursacht hat, während die ärmsten 50 Prozent nur für 16 Prozent verantwortlich sind, wider. Für Brand ist deshalb klar, dass die Klimakrise nur ernsthaft bewältigt werden kann, wenn diese ungerechten kapitalistischen und imperialen Strukturen hinterfragt und verändert werden. Brand kritisiert weiters, dass bisherige Klimaschutzmaßnahmen oft zu kurz greifen würden: Der "Green Deal" und ähnliche Ansätze würden eine Dekarbonisierung anstreben, ohne dabei das Wachstumsparadigma infrage zu stellen. Ulrich Brand fordert deshalb ein neues solidarisches Wohlstandsmodell, das es den Menschen ermöglicht ein Leben zu führen, das nicht auf Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt beruht. Er macht diese Vision an dem Beispiel Billigfleisch klar: Konsument*innen müssten sich nicht mehr zwischen Hühnerfleisch aus Massentierhaltung oder vom Bauernhof entscheiden, da es sowieso aus tierethischen und ökologischen Gründen keine Fleischfabriken mehr geben würde. International betrachtet sieht Brand eine Verantwortung des globalen Nordens, die Klimakrise als historische Schuld anzuerkennen und finanzielle sowie logistische Unterstützung für die Länder des globalen Südens bereitzustellen. Er plädiert für translokale Initiativen, bei denen sich Gemeinschaften aus dem globalen Norden mit solchen im Süden vernetzen, um gemeinsam an nachhaltigen Lösungen zu arbeiten. Abschließend erläutert Brand das Konzept der „transformativen Zellen“ als Motor für solidarische Veränderung: Gruppen von Gleichgesinnten in Institutionen, Verbänden oder Unternehmen, die sich aktiv für sozialen und ökologischen Wandel einsetzen und so zur nachhaltigen Transformation der Gesellschaft beitragen. Verfasst von Claudia Hagenauer am 31.10.2024 Hier geht's zum ganzen Beitrag.