Österreich braucht wieder eine Erbschaftssteuer. Nicht nur ist das Konzept Erben eigentlich kaum moralisch zu rechtfertigen; eine erneute Einführung der Steuer würde auch die Vermögensungleichheit bekämpfen und somit zur Stabilisierung der Demokratie beitragen. Plus: Die Erbschaftssteuer erfährt Unterstützung in der österreichischen Bevölkerung. 

Aber jetzt nochmal ausführlich: Als im Jahr 2022 zuletzt Daten zur Vermögensungleichheit in Österreich erhoben wurden, zeigte sich, dass die Vermögensungleichheit in keinem anderen europäischen Land so groß ist wie in Österreich – diese Information sollte alarmieren. 

Das mit wachsender Ungleichheit antidemokratische Tendenzen verbunden sind, sollte mittlerweile nicht mehr zur Debatte stehen. Rechte Parteien stoßen mit ihrem Gedankengut auf besonders fruchtbaren Boden, wenn Menschen verunsichert sind, sich abgehängt fühlen und meinen, über keine Handlungsmacht verfügen zu können. Erst kürzlich bestätigte eine Studie der Otto Brenner Stiftung, die in Ostdeutschland durchgeführt wurde, dass erlebte Handlungsfähigkeit am Arbeitsplatz mit demokratischen oder antidemokratischen Einstellungen verbunden ist: Wer im Betrieb mitbestimmen kann, ist tendenziell zufriedener mit der Demokratie und unterstützt seltener rechte Ideen. 

Armut ist daher eine der größten Gefahren für demokratische Gesellschaften, da sie Betroffene nahezu vollständig von der partizipativen Teilhabe ausschließt. 

Weshalb spezifisch die Erbschaftssteuer eine elegante Gegenmaßnahme ist, hat der französische Ökonom Thomas Piketty schon vor über 10 Jahren erarbeitet. Er analysierte die Entwicklung von Reichtum mithilfe von Daten, die 250 Jahre zurückreichen und argumentiert, dass die Einkommen aus Vermögen weit mehr steigen als die Einkommen aus Arbeit. Lediglich die Einkommen zu besteuern, ist also ein fataler Fehler. Stattdessen muss auch das Vermögen besteuert werden – und Erbschaften sind mit einem Anteil von fast 40 Prozent der größte Treiber der Vermögensunterschiede zwischen den österreichischen Haushalten. Dies ermittelte eine Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche im Auftrag der Arbeiterkammer Wien.

Auch ist es absolut zulässig, das Erbrecht als feudales Relikt zu bezeichnen. Nicht einmal in der neoklassischen Ökonomie, auf der das aktuelle Wirtschaftssystem größtenteils beruht, wäre die durch Erbschaft entstehende Privilegierung einzelner Wettbewerbsteilnehmer*innen vertretbar. Die Grundlage dieser Theorien ist ebenfalls chancengleiche Teilnahme am Wettbewerb. 

Lange Zeit schien die Ablehnung der Bevölkerung das einzige stichhaltige Argument gegen die Erbschaftssteuer zu sein, doch einer Sora-Studie aus dem letzten Jahr zufolge befürworten knapp die Hälfte der Befragten Österreicher*innen eine Erbschaftssteuer. Und bei einer Umfrage von Unique Research stimmten sogar 59 Prozent der Befragten der Einführung der Erbschaftssteuer zu. 

Ich sage also: Her mit der Erbschaftssteuer!

Verfasst von Vivian Grabowski am 08.02.2024. 

Quellen:

https://www.arbeit-wirtschaft.at/vermoegensungleichheit-in-oesterreich-einkommen-vermoegen-reichtum/

https://www.profil.at/umfrage/59-prozent-dafuer-stabile-mehrheit-fuer-erbschaftsteuern/402586964

https://www.derstandard.at/story/2000145201656/zwei-drittel-der-bevoelkerung-befuerworten-eine-vermoegenssteuer

https://www.deutschlandfunkkultur.de/erbschaft-feudales-relikt-und-gehuetetes-privileg-100.html

https://www.otto-brenner-stiftung.de/arbeitswelt-und-demokratie-in-ostdeutschland/

https://ooe.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/verteilungsgerechtigkeit/vermoegen/Reichtum_wird_vererbt.html