Anekdoten aus dem Weltall Die Kepler Sternwarte hat zu einem Vortrag von Carmen Possnig, österreichische ESA - Reserve-Astronoautin geladen. Carmen war für ein Jahr in der Forschungsstation Concordia, in der Antarktis, wo sie im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA erforschte, wie sich der Mensch an die extremen Bedingungen anpasst und wie eine kleine Crew auf die Isolation, die lange Polarnacht, und Temperaturen von bis zu –80°C reagiert. In weiterer Folge, kann die Frage gestellt werden, wie kann man Menschen zum Mars schicken und dabei mit Körper und Geist gesund bleiben? Die Station liegt auf der Spitze eines Gletschers ca. 4000 m über den Meeresspiegel und ist für 10 Monate komplett von der Außenwelt isoliert. Im Winter ist es zu kalt, zu dunkel und zu hochgelegen, um Hilfe zu holen, sollte ein Crewmitglied beispielsweise einen Herzinfarkt haben. Concordia existiert aufgrund der Gletscherforschung, da hier die Insel aus 3000m dickes Eis besteht. Schnee braucht sehr lange um zu Eis zu werden. Durch Eiskernbohrungen, kann man hier über eine Millionen Jahre in die Vergangenheit des Erdklimas blicken. Die Antarktis ist auch die trockenste Wüste der Welt mit einer Luftfeuchtigkeit von nur 4%, wozu sich die Umgebung für etliche unterschiedliche Forschungen eignet. Da die Sonne ab Mai für 4 Monate nicht mehr über den Horizont kommt und aufgrund der klaren Luft, werden auch astronomische Untersuchungen durchgeführt. Während Carmens Aufenthalt wurde beispielsweise ein Exoplanet (ein Planet, der unserer Erde sehr ähnelt) entdeckt. Carmen führte in dieser Zeit Forschungen am Menschen durch. Sie konnte unter anderem eine Deprivation der Sinne feststellen. Durch die Einöde der Landschaft, den immer selben Gerüchen, usw. schrumpft der Bereich im Gehirn, der für die Orientierung zuständig ist. Bei Taxifahrer*innen ist das im Vergleich dazu, genau das Gegenteil. Andererseits wächst das Areal für die Emotionsverarbeitung, also alles was Emotionen betrifft. Das heißt in der Antarktis empfindet man Dinge extrem schön oder extrem dramatisch. Dasselbe kann man bei Astronaut*innen auf der ISS feststellen. Die andersartigen Tag- und Nachtverhältnisse sind für den menschlichen Körper eine Tortur. Wenn die Sonne für 3 Monate nicht untergeht und danach für 4 Monate komplett verschwunden ist, hat dies Auswirkungen auf die innere Uhr, dem zirkadianen Rhythmus. Davon sind verschiedene Körpersysteme, wie Herzfrequenz, Blutdruck, Körpertemperatur oder Hormonausschüttungen, abhängig. Zusätzlich dazu führt auch der geringere Sauerstoff, wegen der Höhe zu einem gestörten Schlafrhythmus. Soll heißen, die Crewmitglieder sind dauermüde. Carmens Forschung beinhaltete ziemlich viele Analysen von Blut, Haare oder Urin zum Hauptthema, dem menschlichen Immunsystem. Durch die Isolation bleiben die Bedingungen für alle 13 Crewmitglieder innerhalb der Concordia gleich und durch die Kälte, überleben keine Bakterien oder Viren vor der Türe. Carmen stellte fest, sobald die Sonne verschwunden ist, wird die Aktivität der Immunzellen geringer, als würden sie in einen Winterschlaf fallen. Was zur Folge hatte, dass das Immunsystem in so einem Zustand ziemlich heftig auf einen eher harmlosen neuen Krankheitserreger, wie einem Schnupfenvirus, reagiert. Ebenso geht die Diversität der Bakterien im Darm zurück, wenn keine frischen Lebensmittel mehr vorhanden sind. Auf der Concordia lagert man Essen gefroren in Containern vor der Station - im All Astronaut*innennahrung. Die ESA hat in den kommenden Jahren einige Projekte vor. Z.B. eine Außenstation am Mond und in seinem Orbit, um von da aus dann in 20 Jahren weiter zum Mars fliegen zu können. Die 3 großen Risiken, die es bis dahin noch zu lösen gilt, sind die Sonnen – und die permanente galaktische Hintergrundstrahlung, die Astronaut*innen im All ausgesetzt sind. Weiters sind es die Augen, die ja an die Bedingungen der Erde und nicht dem Weltraum angepasst sind. Und drittens das menschliche Verhalten und dem Teamzusammenhalt, welcher bereits nach Carmens Erfahrung, in der Antarktis sehr auf die Probe gestellt wird. Warum tun sich Menschen das alles also an? Beim zuletzt stattgefundenen Auswahlverfahren haben sich über 22.000 Menschen gemeldet, Astronaut*innen werden zu wollen und sich somit auch den Risiken auszusetzen, die eine Reise ins All mitbringt. Carmen Possnig glaubt, dass in uns allen Neugierde schlummert und die Sicht und Erzählungen von Astronaut*innen viel wertvoller sind, als Audiodateien von Robotern, die zurück auf die Erde kommen. Nachdem sie ins All gereist und zum ersten Mal den Mars - die rote Landschaft mit den blauen Sonnenuntergängen - betreten haben. Erzählungen von dem einen Zeitpunkt, in dem ein Mensch das erste Mal, die Erde verlässt, um einen Fuß auf einen anderen Planeten zu setzen. Verfasst von Marie-Therese Jahn am 16.11.2023Hier geht's zum vollständigen Vortrag!