Stellungnahme zur Berichterstattung der Oberösterreichischen Nachrichten über DORF TV in der Ausgabe vom 18. November 2014

Medien - Macht - Missbrauch?

Wie und warum die Oberösterreichischen Nachrichten den nichtkommerziellen Sender „dorf tv“ mundtot machen wollen. Medienpolitik unter dem Deckmantel des Kulturjournalismus.

Stellungnahme zur Berichterstattung der Oberösterreichischen Nachrichten über DORF TV in der Ausgabe vom 18. November 2014
http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/Dorftv-sendet-mit-400-000-…

In ihrer Ausgabe vom 18. November berichten die Oberösterreichischen Nachrichten über DORF TV in einer Art und Weise, durch die wir unsere Arbeit zutiefst diskreditiert sehen. OÖN-Chefredakteur Gerald Mandlbauer stellt sowohl unsere redaktionelle Arbeit als auch die Sinnhaftigkeit der Förderungen für DORF TV in Frage.

Nach vier Jahren redaktioneller Funkstille in den OÖN zum Thema DORF TV fand sich unser Sender heute überraschend als „Aufhänger“ im Blatt wieder: 
Titelblatt, halbe Kulturseite, Kommentar. Sogar der "Mostdipf" quengelt über DORF TV. Die nach eigenen Angaben unabhängigen Oberösterreichischen Nachrichten sehen sich offensichtlich veranlasst, Stimmung gegen DORF TV zu machen.

Dieser plötzliche Ausbruch an „redaktionellem Interesse“ im Stil eines Revolverblatts lässt uns vermuten, dass es hierbei nicht um seriöse Berichterstattung über unsere Arbeit geht, sondern vielmehr wirtschaftliche und politische Interessen von Unternehmen und Personen, die den OÖN nahestehen, auf unlautere Art bedient werden sollen.

Im Tenor wirft uns die OÖN-Kampagne vom 18. November vor, „mehr als dürftiges“ und „uninteressantes“ Programm zu produzieren, dafür aber kräftig Förderungen zu kassieren und – hier beginnt man zu ahnen, wie der Hase läuft – wir sollen auch noch Schuld daran sein, dass für kommerzielle Lokalsender im LIWEST Kabel kein Platz ist.

Nicht nur bleiben die OÖN eine Erklärung schuldig, worin genau der tatsächliche Mehrwert von kommerziellen Mitbewerbern gegenüber DORF TV bestehen soll, wenn Backhendl-Stationen in einwöchiger Endlosschleife immer wieder vorgestellt werden.

Verwunderlich ist auch, dass sich die OÖN neuerdings zum Hüter redaktionell qualitativer Inhalte hochspielen: Im nämlichen Blatt fehlt weitgehend die Berichterstattung über die vielseitigen kulturellen, künstlerischen Aktivitäten und das zivilgesellschaftliche Engagement der hier in Oberösterreich lebenden Menschen. Promis, Hollywood, Hochkultur, Heimat und Tradition, die Stars und Sternchen dominieren die Kulturseiten. 

Genau wie öffentlich-rechtliche Sender erfüllen wir als „freie, nichtkommerzielle Rundfunkveranstalter“ einen gesetzlichen Auftrag: den eines komplementären Programms mit breitem niederschwelligen Zugang. 

Über 165 Organisationen sind aktiv auf DORF TV. Die Stimmen und Meinungen unzähliger Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bekommen auf DORF TV ein in der OÖ Medienlandschaft einzigartiges Forum.

Einfachheit im DORF TV ist Programm. Es gehört zu unserem Auftrag, Raum und Öffentlichkeit auch für Programme für Spezialinteressen zu bieten - Themen und Inhalte abseits vom Mainstream.

Vor allem: Wenn sich die OÖN schon als Anwalt kommerzieller Regionalsender verstehen, die angeblich mit ihrem Programm derzeit nicht oder nicht mehr auf LIWEST vertreten sind, wäre es doch zweifelsfrei zielführender, generell mehr Platz für Regionalsender bei der LIWEST einzumahnen, anstelle uns in Brand-Artikeln anzugreifen - auf dass wir "Platz machen“:

Dass laut OÖN für "hyperlokale Sender" wie BTV wegen DORF TV kein Platz mehr sein soll - ist außerdem verzerrt dargestellt.

Diese Programme werden nämlich schon jetzt im gesamten Netz der LIWEST-Kabel verbreitet, also über alle angeschlossenen Haushalte - bloß sind sie nur in ihrer jeweiligen Region freigeschaltet.

Damit hier aber keine Missverständnisse aufkommen, möchten wir betonen:

Wir sehen uns nicht als Ersatz für ein bestehendes Medienangebot - sondern als notwendige Ergänzung. Umgekehrt fordern wir ja auch nicht kommerzielle Regionalsender dazu auf, vom Markt zu verschwinden. 
Oder auch die OÖN, an Kiosken Platz zu machen für Printmedien, die unseren Interessen mehr entsprechen würden.


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Warum es ein DORF TV in Oberösterreich braucht!
Das engagierte Oberösterreich sichtbar machen.
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Die von den OÖN in Frage gestellten Förderungen für DORF TV kommen jenen Kunst- und Kulturschaffenden hierzulande zu Gute, die medial ansonsten über weite Strecken (auch und gerade auch von den OÖN) ignoriert werden. 

So ist zum Beispiel der ORF Oberösterreich nach eigenen Angaben zwar bemüht, “die kulturellen Highlights von den Bühnen dieses Landes“ zu präsentieren. Das Freie kulturelle Schaffen wird jedoch weitgehend ausgeblendet.

Auch die kommerzielle TV-Landschaft ist keine Alternative. „Gekaufte Beiträge“ bilden über weite Strecken das Programm. Die Finanzierung sogenannter „PR-Berichterstattung“ kommt für viele Einrichtungen und Initiativen aus wirtschaftlichen und grundsätzlichen Überlegungen nicht in Frage. Pluralität bleibt dabei sowieso auf der Strecke. Eine Studie der Rundfunk- und Telekomregulierung (RTR)  hat 2012 bei kommerziellen Privatsendern übrigens einmal mehr „generell wenig Meinungsvielfalt“ festgestellt und „keinen Willen“ und „keine Kenntnis“, Programm und Werbung gesetzeskonform zu trennen.

Ergebnis dieser Entwicklung: 
Über die regionale Kunst- und Kulturproduktion wird kaum (mehr) berichtet.

Überlegungen und Erfahrungen wie diese haben zur Gründung von DORF TV beigetragen - als echte und zeitgemäße Alternative zu einer inhaltlich und quantitativ zunehmend verkümmernden Kulturberichterstattung in Oberösterreich.

Kulturelle und künstlerische Inhalte, Themen, Initiativen, Projekte und Akteurinnen und Akteure aus dem Kunst- und Kulturleben machen nicht umsonst einen besonderen Schwerpunkt im Programm von DORF TV aus. Immer mehr Initiativen, Film-, Medien- und Kulturschaffende nutzen den Sender als Plattform zur Dokumentation und Vermittlung ihrer kulturellen und künstlerischen Arbeit.  

Auch das „etablierte“ und „institutionalisierte“ Kulturschaffen ist übrigens auf DORF TV präsent: Z.B. mit einer Opern-Liveübertragung vom Brucknerfest 2014, vom  Jugendtheaterfestival Schäxpir, aus dem LENTOS Kunstmuseum, Studiogesprächen wie z.B. mit Balduin Sulzer oder Beiträgen zu Ausstellungen im OÖ Kulturquartier usw. 
Vieles aber, das auf diese Weise auf DORF TV gezeigt und im Onlinearchiv nachhaltig dokumentiert wird, wird nirgendwo sonst gefeatured.


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"more of the same“ Kommerz statt Vielfalt
Was hinter den Vorwürfen der OÖN steckt
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Weil aufgrund eines Verbreitungsauftrages ("Must Carry") der Medienbehörde KommAustria der Sender DORF TV seit August auch im digitalen Kabel der LIWEST zu sehen ist, sei etwa für den Sender BTV (Vöcklabruck, Salzkammergut und Eferding) "kein Platz" so die OÖN.

Wie bereits erwähnt stimmt diese Behauptung nicht: Die BTV Programme werden wie z.B. auch Mühlviertel TV nach wie vor (und ungeachtet von DORF TV) von der LIWEST verbreitet - im Übrigen auch in allen Haushalten der LIWEST, bloß sind sie außerhalb der Regionen von der LIWEST gesperrt!

Der eigentliche Hintergrund dieses Vorwurfs ist aber: Die LIWEST hat DORF TV auf Kanal 33 aufgeschaltet. Auf Kanal 33 war zuvor "OÖTV". Programmveranstalter von OÖTV ist das im OÖN-Artikel auch erwähnte BTV. 

In der OÖN-Berichterstattung unerwähnt bleibt freilich, dass BTV im 100% Eigentum der Wimmer Medien GmbH steht - also zum Firmengeflecht von OÖN Herausgeber Andreas Cuturi gehört.  

So hat sich OÖN Herausgeber und BTV Geschäftsführer Andreas Cuturi im "Must Carry Verfahren" auch höchstpersönlich mit einem Schreiben zu Wort gemeldet: Darin heißt es, dass in Zusammenarbeit mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" an einem Relaunch von OÖTV gearbeitet werde. 

Die Botschaft von Cuturi an die Medienbehörde: Kein Kanal für DORF TV!

OÖTV zeigte übrigens kein eigenständiges Programm sondern wiederholte die wöchentlichen Magazine von BTV, Mühlviertel TV und RTV, die auch in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten bereits gesendet wurden und im Übrigen dort auch nach wie vor zu sehen sind. (Und eben auch in allen anderen Haushalten zu sehen wären - würde die LIWEST diese Programme freischalten.)

Die Behauptung der OÖN, dass diese also wegen DORF TV nicht mehr über die LIWEST ausgestrahlt werden ist schlicht und einfach falsch. 

Vor allem aber: Die Entscheidung OÖTV aus dem Programm der LIWEST herauszunehmen war allein eine unternehmerische Entscheidung der LIWEST. 

Hier die Verantwortung auf DORF TV oder auch die Medienbehörde abzuwälzen ist irreführend und falsch. Genau so gut könnte man der LIWEST vorwerfen, dass wegen der vor kurzem erfolgten Einspeisung von "Melody TV" die kommerziellen Lokalsender "Platz machen" müssten.


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Die Hintergründe zum Must Carry Verfahren DORF TV / LIWEST
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Hintergrund der ganzen Auseinandersetzung ist die Einspeisung von DORF TV in das Kabelnetz der LIWEST im August 2014.

Jahrelang hat sich DORF TV ergebnislos um einen Kanal bemüht. Die LIWEST hat immer darauf verwiesen, dass kein „Platz“ sei - zugleich aber kommerzielle oder religiöse Programme sehr wohl in ihr Angebot neu aufgenommen - zuletzt eben den Schlagersender "Melody TV" . 

In Wien wird der regionale Community TV Sender "okto" seit Sendestart 2005 im Netz der "UPC" analog und digital verbreitet. In Salzburg verbreitet die Salzburg AG den nichtkommerziellen TV-Sender "FS1" digital im gesamten Bundesland - jeweils mit klarem Bekenntnis der Kabelanbieter zu den nichtkommerziellen Veranstaltern als komplementäres Angebot!

Nur in OÖ hat sich der führende Kabelanbieter immer gegen einen eigenen Kanal für DORF TV ausgesprochen.

In Österreich sind Kabelanbieter auf Anfrage aber gesetzlich verpflichtet („Must Carry“), jene Programme einzuspeisen, die „einen besonderen Beitrag zur Medien- und Meinungsvielfalt“ leisten. (§ 20 (2) Audiovisuelles Mediendienste-Gesetz)

Nachdem die Gespräche mit LIWEST Geschäftsführer Mag. Günther Singer über einen eigenen Kanal über Jahre zu keinem Ergebnis führten, haben wir im Jänner 2013 bei der Medienbehörde KommAustria  ein solches "Must Carry - Verfahren" beantragt

Nach mehreren mündlichen Verhandlungen und zahlreichen Schriftsätzen hat die KommAustria mit Bescheid vom 13.01.2014 der LIWEST einen Verbreitungsauftrag erteilt.

In ihrem Bescheid führt die KommAustria u.A. aus:

"Im Programm DORF TV finden Themen Beachtung, die in diesem Ausmaß in anderen Programmen nicht berücksichtigt werden."

"Insgesamt schafft die Antragstellerin mit dem auf einem offenen Zugang basierenden Programm "DORF TV" einen "Marktplatz der Meinungen" und damit einen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt, weil im bestehenden Programmangebot des Versorgungsgebietes ein Mangel an derartigen Themen gegeben ist, dem durch das Programmangebot der Antragstellerin abgeholfen wird und durch das Konzept des offenen Zugangs eine Plattform zur Verfügung gestellt wird, die die Vielfalt der Meinungen und Anschauungen im Verbreitungsgebiet besonders wiederspiegelt." 

Die LIWEST hat gegen diesen Bescheid am 14.02.2014 Beschwerde erhoben. 
Das Bundesverwaltungsgericht hat als zweite Instanz mit Bescheid vom 15.09.2014 die Beschwerde "als unbegründet abgewiesen"  und neuerlich dem Ansinnen von DORF TV Recht gegeben. Der Bescheid der Erstinstanz ist damit rechtskräftig. Mit August 2014 erfolgte die Einspeisung in das Netz der LIWEST.

Mit Schreiben vom 31.10.2014 hat die LIWEST beim Verwaltungsgerichtshof eine Revision eingebracht. Inhaltlich argumentiert die LIWEST (wie bereits im Verfahren und nunmehr offensichtlich auch im Einklang mit den OÖN), das Programm von DORF TV sei „untauglich“, einen Beitrag zur Meinungsvielfalt zu leisten, „Videoaufnahmen beliebigen Inhalts“, „nicht geeignet, meinungsbildend zu sein“, biete „keine Information“, sei „ohne Information oder Aussagekraft“, habe „keinen inhaltlichen Bezug zum Verbreitungsgebiet“ und vermittle kein „Wissen“ oder „Meinungen“ an die SeherInnen.

Die LIWEST unterstellt sinngemäß, dass die mehr als 165 Einrichtungen und Organisationen, die mit ihrer Arbeit bereits ausführlich auf DORF TV zu sehen waren sowie weitere hunderte engagierte OberösterreicherInnen, Kunst, Film- und Medienschaffende und Menschen des kulturellen und politischen öffentlichen Lebens nicht imstande wären, "Meinungen" zu vertreten und zu artikulieren. 
(Siehe auch "Stimmen" und "Initiativen" auf DORF TV )

Personen von A wie Komponist Peter Androsch bis Z wie Kunstuni-Vizerektor Rainer Zendron, vom Autonomen Frauenzentrum bis zum Bürgermeister von Hinterstoder, der Bürgermeisterin von Ottensheim, von der Black Community bis zur Band Attwenger, von JournalistInnen wie Wiltrud Hackl oder Norbert Trawöger bis zu Kids aus dem Otelo Vorchdorf, bis hin auch zu den Mitgliedern des Linzer Stadtsenates und der Oberösterreichischen Landesregierung .

Die LIWEST behauptet, dass die von ihr verbreiteten kommerziellen Regionalprogramme wie beispielsweise der Sender BTV (http://www.btv.cc) usw. "tatsächlich einen maßgeblichen Beitrag zur Meinungsvielfalt leisten" - und zwar "im Gegensatz" zu DORF TV, das hierfür "untauglich" sei. 

Gerade zum Schutz der Meinungsvielfalt und Informationsfreiheit wurde die Must Carry Regelung im Gesetz verankert. 

Denn die Entscheidung welche TV-Programme letztendlich zu den Konsumenten gelangen erachtet der Gesetzgeber als medienpolitische Entscheidung.

Eine medienpolitische Entscheidung, die nicht allein von einem Kabelanbieter mit Monopolstellung zu treffen ist  - und auch nicht von einem Zeitungsherausgeber zu treffen ist.