Einen schönen guten Abend. Ich darf Sie alle im Namen des Hauses der Volkshochschule Linz und des Wissensturms recht herzlich zur heutigen Veranstaltung begrüßen. Und ich muss gleich zu Anfang sagen, ich freue mich total, dass heute so viele junge Gesichter hier bei uns im Wissensturm sind. Also das ist nicht immer so, muss ich sagen, leider. Begrüßen darf ich auch die beiden Vortragenden des heutigen Abends, Brigitte Bargetz und Markus Grisser, herzlich willkommen. Begrüßen darf ich aber auch Roland Arzmüller, er wird den Abend heute moderieren. Herzlich willkommen. Unsere beiden Vortragenden sind heute zu einem Thema da, zu dem sie gemeinsam an der WU ein Projekt des österreichischen Wissenschaftsfonds leiten. Und zwar das Projekt trägt den Titel Neue Mitleidsökonomie und affektive Staatlichkeit, freiwilligen Arbeit im Kontext von Lebensmitteltafeln und Sozialsupermärkten in Österreich. Lebensmitteltafeln und Sozialsupermärkte in Österreich. Ein Thema, über das wir heute sprechen werden und über das wir dann im Anschluss auch die Möglichkeit haben, gemeinsam zu diskutieren. Lebensmitteltafeln und Sozialsupermärkte spielen in etwa seit den 2000er Jahren in Österreich eine wichtige Rolle. Da geht es zum einen um das Thema Nachhaltigkeit, also darum, dass Lebensmittel, die in großen Supermarktketten übrig bleiben, nicht weggeworfen werden, sondern eine sinnvolle Weiterverwendung finden. Es geht aber auch um das Thema Bekämpfung von Armut und Ernährungssicherheit. Das sind wichtige Themen, es sind aber auch Themen, die so unsere beiden Vortragenden Widersprüchlichkeiten beinhalten und darüber werden sie uns heute mehr erzählen. Es ist dies heute eine Veranstaltung, eine Kooperationsveranstaltung der Volkshochschule Linz, gemeinsam mit der Abteilung für Gesellschaftstheorie und Sozialanalysen, der Johannes Kepler Universität. Das ist eine Kooperation, die es schon sehr lange gibt. Und ich freue mich sehr, dass jetzt auch unter der neuen Abteilungsleitung Brigitte Bargetts diese Kooperation fortgesetzt wird. Vielen, vielen Dank. Ein Hinweis noch. DorfTV zeichnet heute auf, allerdings nicht die Publikumsdiskussion, sondern nur den Input. Man kann das unter www.dorf.tv.at nachsehen. Ein zweiter Hinweis noch, nachdem so viele neue Gesichter da sind, habe ich mir gedacht, ich lege heute wieder mal eine Liste auf. Wer sich für Veranstaltungen hier bei uns im Business-Sturm interessiert, ich leite hier den Bereich der politischen Bildung. Bitte einfach hinten mit Name und E-Mail-Adresse eintragen und wir schicken dann immer zu den einzelnen Vorträgen oder Veranstaltungen die Flyer und Einladungen zu. Ich bedanke mich fürs Kommen, trotz dieser schlechten Verhältnisse und wünsche uns allen einen spannenden Input und hoffe, dass wir dann nachher auch noch eine sehr angeregte Diskussion haben. Vielen Dank. Roland, bitte. Ja, vielen Dank. Funktioniert das? Vielen Dank, Katja, für die einleitenden Worte. Ich werde jetzt kurz das Podium vorstellen und auch kurz in den Abend einführen. Ich möchte mich auch an der Stelle gleich vorab bei Katja bedanken, auch für die Fortsetzung der Kooperation, die wir lange Zeit auch mit Brigitte Aulmbacher, die heute auch hier ist, aufgebaut haben und wo wir sozusagen sehr gut hier anschließen können. Das Thema des heutigen Abends, beziehungsweise den Titel, den wir der Veranstaltung gegeben haben, in Absprache natürlich mit den beiden Vortragenden, die ja das Projekt machen, ist Mitleid zur Ökonomie statt Sozialstaat, wo sozusagen thematisiert wird auch die Fragestellung, dass diese Zunahme von solchen Food Charities wie Tafeln und eben Sozialmärkte eigentlich eine ganz wesentliche Veränderung möglicherweise andeuten, die wir in der Sozialpolitik und im Wohlfahrtsstaat erleben, dass sozusagen die Frage aufgeworfen wird, ob der Sozialstaat überhaupt noch fähig ist, ausreichend fähig ist, armutsvermeidende Maßnahmen zu setzen oder ob hier Tendenzen vorhanden sind, durch im Kontext neoliberaler Sparprogramme beispielsweise verstärkt auf der anderen Seite solche Formen von freiwilligen Arbeitsspenden und so weiter zu nützen, um hier sozusagen dann bestimmte soziale Probleme zu bearbeiten. Dazu werde ich jetzt nicht weiter einführen und weitere Dinge sagen, das werden dann die Referentinnen übernehmen. Ich werde nur kurz die beiden vorstellen. Ich beginne mit Brigitte Bargetz. Sie ist seit August 2025 Professorin am Institut für Soziologie in der Abteilung für Gesellschaftstheorie und Sozialanalysen. Und sie ist die Nachfolgerin von Brigitte Aulenbacher. Sie forscht aus feministischer und interdisziplinärer bzw. queerer Perspektive zu Geschlechterverhältnissen und Gender, zu autoritärem bzw. rechten Populismus, kritischen Gesellschaftstheorien usw. Das tut sie vor allem aus einer effekt theoretischen und emotionen soziologischen perspektive das vereinfacht bedeutet dass ihre forschungen systematisch die rolle von gefühlen emotionen und effekten eben auch in die untersuchung gesellschaftlicher prozesse dynamiken und veränderungen mit einbeziehen und dieser ausgangspunkte prägen auch eben die forschungen zu jüngsten veränderungen der sozialpolitik wie sie in dem projekt eine neue mitleid ökonomie und Affektive Staatlichkeit erkennbar wird. Ich werde jetzt nicht sehr viel sagen zu ihren Stationen. Sie hat Politikwissenschaft studiert, hat dann zu einer kritischen politischen Theorie des Alltags 2011 dissertiert, 2021 zu einer politischen Grammatik der Gefühle, Affektheorie als politische Theorie, sich habilitiert. In ihrer Vita finden sich viele internationale Forschungsaufenthalte, darunter auch Vertretungs- und Gastprofessuren an der Universität Passau oder eben auch in Kiel. Die jüngste Publikation, die ich vielleicht erwähnen werde, ist The Complexity of Populism, New Approaches and Methods, die sie zusammen mit Paula Thiel herausgegeben hat. Markus Grrieser, der zweite Referent des heutigen Abends, ist Projektleiter des Projektes Neue Mitleidsökonomie und Affektive Staatlichkeit, das eben vom FWF gefördert wird. Die Daten und so weiter stehen eh dort mit der Laufzeit. Er forscht schon seit Jahren zu Veränderungen von Sozialpolitik und Wohlfahrtsstaat, zu Arbeitsmarktpolitik und sozialen Bewegungen und aus meiner Sicht auch nicht zu vergessen zu Jugendfürsorge und Heimerziehung, gerade auch angesichts der jüngsten Debatten, die es auch gab in Bezug auf SDS-Kinderdorf, glaube ich, eine sehr wichtige Thematik. Er hat 2010 in Politikwissenschaft promoviert mit einer Arbeit zu den Hartz-IV-Reformen in Deutschland. Er war unter anderem Projektmitarbeiter an den Universitäten Wien, der JKU Linz, der TU Wien und auch der Universität Innsbruck und er ist Lehrbeauftragter an diversen österreichischen Universitäten und Fachhochschulen. So, damit von meiner Seite ist sozusagen die Vorstellung beendet. Wir werden jetzt den Input der beiden hören und werden dann anschließend auch die Möglichkeit haben, beiden hören und werden dann anschließend auch die Möglichkeit haben zur Diskussion und zu Fragen, Nachfragen, Einwänden, Vorschlägen und so weiter, die Sie nach dem Vortrag vielleicht haben werden. Bitte. Ja, herzlichen Dank, Roland, für die nette Vorstellung. Herzlichen Dank auch für die Einladung. Danke an Katja Fischer und die Möglichkeit, diese Veranstaltungsreihe, diese Kooperation fortzusetzen. Danke auch an das Team von DorfTV. Und Ihnen allen einen schönen guten Abend und danke fürs Kommen, trotz der schlechten Witterungsverhältnisse und auch, weil es am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen vielleicht auch andere Veranstaltungen zu besuchen gegeben hätte. Wir freuen uns sehr, dass Sie heute hier sind. Wenn wir auf die letzten Wochen blicken, dann sehen wir, dass die erneut angestiegene Inflation sowie Sparmaßnahmen von Bund und Ländern die Frage der Armut verstärkt wieder auf die öffentliche Agenda gesetzt haben. Das zeigt sich daran, dass die Zahl der NutzerInnen von Lebensmitteltafeln und Sozialmärkten laut Angaben von Trägervereinen und Dachverbänden stetig steigt. Und entsprechend hat auch ein ORF-Bericht Ende Oktober zum Thema mit folgenden Worten resümiert. Immer mehr Menschen können sich das Leben kaum noch leisten. Die Entwicklung selbst ist nicht neu. Bereits im Kontext der Covid-19-Krise ab 2020 sowie der nachfolgenden Teuerungskrisen ab 2022 zeichnete sich eine zunehmende Nutzung von Food Charity Einrichtungen ab. Und wenn wir Medienberichten glauben oder wenn wir auf Medienberichte achten, dann kam es beispielsweise bei den Wiener Samariterbund Sozialmärkten zu einer Verdoppelung der Mitgliederzahlen seit 2020. Und bei den Wiener Foodpoint Sozialmärkten ist die Mitgliederzahl laut dem Trägerverein Startup sogar von 14.000 vor der Corona-Pandemie auf aktuell rund 100.000 Mitglieder gestiegen. Angesichts dieses düsteren Bildes, das mit der Zunahme von Armutsgefährdung und Manifesta-Armut in einem Land wie Österreich verbunden ist, scheint dann eines umso bedeutsamer zu sein, wie gut, dass es Lebensmitteltafeln und Sozialmärkte gibt, die diese Verhältnisse zumindest abfedern. Und in der Tat sind Lebensmitteltafeln und Sozialsupermärkte für viele die letzte Option, wenn Menschen sich das Leben nicht mehr leisten können. Die Frage, die wir uns heute stellen werden, ist, wie gut aber wirklich diese Einrichtungen sind. Oder nochmals anders gefragt, wie gut ist es für wen, dass es Lebensmitteltafeln und Sozialmärkte gibt? In einem der Interviews, die wir in den letzten Jahren mit unzähligen AkteurInnen im Food-Charity-Feld geführt haben, beschreibt der langjährige Ehrenamtliche Sebastian Lebensmittelausgaben selbstkritisch als, und Sie sehen das Zitat hier, Feigenblatt der Gesellschaft, wo alle sich ihr Gewissen reinwaschen können. Zu denen, die ihr Gewissen beruhigen wollen, zählt da auch den Staat. Denn anstelle sich zu fragen, Zitat, wieso es so viele Bedürftige gibt, die nicht klarkommen mit dem, was ihnen der Staat zur Verfügung stellt, könne sich der Staat durch die Lebensmitteltafeln aus der Verantwortung ziehen. Der Staat, so Sebastian Lakonisch, der ist schon froh, wenn es Lebensmitteltafeln gibt, denn wenn es nicht langt, dann geht er zur Tafel. Was Sebastian hier als Feigenblatt bezeichnet, wird im wissenschaftlichen Kontext auch mit dem bereits erwähnten Begriff der Mitleidsökonomie beschrieben. Das ist ein Begriff, der insbesondere von Fabian Kessel, aber auch anderen geprägt wurde und Sie sehen hier auf der Folie einige Referenzen, bei Weitem klarerweise nicht alle. Jedenfalls dieser Begriff der Mitleidsökonomie, der verweist auf die Entstehung und Ausbreitung von Einrichtungen wie Lebensmitteltafeln, Sozialmärkte, aber auch Kleiderkammern. Und das sind alles Einrichtungen, die elementare Güter des täglichen Bedarfs unentgeltlich oder auch kostenreduziert an als bedürftig oder arm geltende Personen verteilen. Mit diesem Begriff der Mitleidsökonomie wollen die WortschöpferInnen unter anderem darauf aufmerksam machen, dass seit den 1980er, 90er Jahren in den meisten OECD-Ländern die Entstehung und Ausbreitung von Food Charity Einrichtungen zu beobachten ist. Das ist eine Entwicklung, die sich gleichsam im Schatten des Staates, wie Fabian Kessel und Holger Schone will es formulieren, stattgefunden hat und es ist eine Entwicklung, die aus Ängste verbunden ist, so deren Annahme, mit dessen fortschreitendem Umbau und Abbau. Aus unserer Sicht gehen diese Entwicklungen von Food Charity Einrichtungen zumindest mit zweierlei Tendenzen einher. mit zweierlei Tendenzen einher. Erstens bedeutet der skizzierte Prozess, dass staatliche Zuständigkeiten zunehmend in die Zivilgesellschaft ausgelagert werden. Das heißt also, dass die Zivilgesellschaft zunehmend unentgeltlich dort wirkt, wo sich der Staat zurückzieht. Lange Zeit galten ja Frauen in Bezug auf karitative Tätigkeiten als die heimliche Ressource des Wohlfahrtsstaates. Wenn wir uns die gegenwärtigen Entwicklungen ansehen, dann ist diese Form der Verzivilgesellschaftlichung, das ist ein Betrieb, der auf Silke van Dijk zurückgeht. Also wenn wir sozusagen sehen, was sich gegenwärtig auch bewegt, sehen wir, dass diese Verzivilgesellschaftlichung auch über den Anteil an Frauen in der karitativen Arbeit hinaus voranschreitet. Das ist sozusagen die eine Dimension, dass zunehmend Zivilgesellschaft dort agiert, wo sich der Staat zurückzieht. Zweitens bedeuten diese Tendenzen in Richtung Mitleidsökonomie aber auch, dass im Bereich der Armutshilfe auf sozialen Rechten basierende Leistungen des Wohlfahrtsstaats nun auf wohltätige Spenden basierende Leistungen der neuen Mitleidsekonomie ergänzt und zum Teil auch ersetzt werden. Das heißt, dass Menschen auf diese Weise von BürgerInnen mit Rechtsansprüchen zu BittstellerInnen gemacht werden und damit werden sie zugleich in ein ganz komplexes Verhältnis der Angewiesenheit gesetzt. Das heißt, sie sind auf der einen Seite von denjenigen, sie sind auf diejenigen angewiesen, die ihnen diese Lebensmittel ausgeben. Diese wiederum sind selbst darauf angewiesen, dass es überhaupt ausreichend Lebensmittel zum Verteilen gibt. Lebensmittel zum Verteilen gibt. Vor diesem Hintergrund dieser zwei zentralen Beobachtungen ließe sich dann auch unser Vortragstitel Mitleidsökonomie statt Sozialstaat durch folgende Gegenüberstellungen präzisieren. Zivilgesellschaft statt Staat, Gefühle statt Rechte, BittstellerInnen statt Anspruchsberechtigte? In unserem Vortrag werden wir diese Fragen aufgreifen, allerdings nicht, und soweit seien sie schon mal vorgewarnt, um diese am Ende mit einem eindeutigen Ja oder Nein zu beantworten. Wir wollen vielmehr zeigen, dass die Entwicklung von Food Charity Einrichtungen, ihre Ausgestaltung, aber auch die dort findenden Praktiken über eine einfache Gegenüberstellung hinausweisen. Und wir wollen zeigen, dass Food Charity viel mehr als ein vielschichtiges und vor allem auch widersprüchliches Feld, wie eingangs auch Katja Fischer bereits erwähnt hat, eben als widersprüchliches Feld verstanden werden muss. Und um das deutlich zu machen, wie wir das zeigen, gehen wir in zwei Schritten vor. Das heißt, wir werden in einem ersten Teil auch einen Einblick in die Entwicklung von Lebensmitteltafeln und Sozialmärkten in Österreich geben und skizzieren in dem Zusammenhang besonders die strukturellen Rahmenbedingungen und dabei insbesondere auch die sozialstaatlichen Maßnahmen der letzten Jahre, die für die Entwicklung der österreichischen Food Charity Landschaft bedeutsam waren. Im zweiten Teil werden wir die Perspektive verschieben und genauer in das Feld von Food Charity hineinzoomen und vor allem auch in das Framing von Food Charity hineinzoomen und dabei drei zentrale Widersprüchlichkeiten herausstellen. Wir wollen nochmals ganz kurz auf das Projekt verweisen, das jetzt auch schon erwähnt wurde. Der Vortrag basiert eben auf dem bis März 2027 noch laufenden Forschungsprojekt Neue Mitleidsökonomie und affektive Staatlichkeit. Das ist ein Projekt, das seitens des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gefördert wird und wie auch schon angekündigt wurde, untersucht es eben freiwilligen Arbeit im Kontext der Transformation österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gefördert wird und wie auch schon angekündigt wurde, untersucht es eben freiwilligen Arbeit im Kontext der Transformation des österreichischen Wohlfahrtsstaates. Und wir untersuchen das, indem wir methodisch qualitative Interviews mit Expertinnen und Freiwilligen gemacht haben, affektive Methodologien anwenden und auch kleinräumige Ethnografien gemacht haben. Neben Markus und mir sind in diesem projekt auch miriam geitsch als wissenschaftliche mitarbeiterin und jessica garcia als studentische mitarbeiterin die beide auch hier sind und zudem ist ein internationaler wissenschaftlicher beirat tätig Okay, aber ich beginne jetzt mal sozusagen damit, den Begriff hier zu klären, mit dem wir ja schon eingestiegen sind, den Begriff der Food Charity oder auch karitative Lebensmittelhilfen. Was meint er? Er meint die unentgeltliche oder stark preisreduzierte Weitergabe von überschüssig geltenden Gütern des täglichen Gebrauchs, vor allem Lebensmitteln und Hygieneartikeln, durch gemeinnützige Organisationen an Personen, die als bedürftig gelten. Bedürftig wird hier in der Regel festgestellt sozusagen durch einen sogenannten Means-Test, also eine Bedürftigkeitsprüfung, die sich jetzt in Österreich in den allermeisten Fällen an der sogenannten Armutsgefährdungsschwelle orientiert. Also wer weniger als 60 Prozent Medianeinkommen hat, gilt hier als bedürftig und entsprechend das Anspruch berechtigt. In historischer Perspektive sehen wir, dass Food Charity eine lange Geschichte hat als armutspolitisches Instrument. Was wir aber auch sehen, ist, dass dieses Instrument in den unmittelbaren Nachkriegsjahrzehnten, sprich in den 50er, 60er, 70er Jahren sozusagen an Bedeutung verloren hat. 50er, 60er, 70er Jahren sozusagen an Bedeutung verloren hat, also stark fokussiert wurde auf besonders marginalisierte Gruppen, beispielsweise in der Wohnungslosenhilfe, Suppenküchen und so weiter. Und er ist im Prozess der Restrukturierung des Wohlfahrtsstaats ab den 1980er, 1990er Jahren wieder an Relevanz gewinnt. 1980er, 1990er Jahren wieder an Relevanz gewinnt. Das gilt, kann man sagen, grob für alle OECD-Länder. Es gilt insbesondere aber auch für Österreich, wo wir seit den 1990er Jahren, also Ende der 1990er Jahren, die Etablierung von Food Charity-Einrichtungen in Gestalt von Lebensmitteltafeln und Sozialmärkten beobachten können. Also die jeweils ersten Einrichtungen wurden 1999 gegründet in Gestalt der Wiener Tafel in Wien und in Gestalt des Sommermarkts hier in Linz. Wenn wir sozusagen auf diese letzten 25 Jahre zurückblicken, der Geschichte von Lebensmitteldafeln und Sozialmärkten, sehen wir, dass sich das Feld stark verändert hat. Wir sehen einerseits eine Institutionalisierung in Gestalt vielfältiger Trägerstrukturen, bundesweiter Dachverbände und so weiter. Wir sehen aber vor allem eine massive Expansion von solchen Einrichtungen. Eine Studie, eine von wenigen Studien, die es gibt, des österreichischen Ökologieinstituts von Mitte der 2010er Jahre, kam in diesem Zusammenhang bereits auf rund 100 Einrichtungen bundesweit, wobei damals die zentrale Institution im Tafelbereich, die sogenannten Team Österreich Tafeln, noch im Aufbau begriffen waren, also entsprechend auch nicht mitgezählt wurden. Eine aktuelle Erhebung unsererseits, nicht systematisch basierend auf Recherchen, zeigt, dass es seit Mitte der 2010er Jahre, seit dieser Studie des Ökologieinstituts, Food-Charity-Einrichtungen weiter an Bedeutung gewonnen haben. Also wir kommen auf ca. 260 Einrichtungen derzeit bundesweit, wobei ca. die Hälfte jeweils auf Lebensmitteltafeln bzw. Sozialmärkte fallen. Das sind nur Einrichtungen, die entweder mit den angesprochenen Dachverbänden oder mit überregionalen Trägerstrukturen verbunden sind. Sprich, auf einer lokalen Ebene finden wir eine Vielzahl weiterer Einrichtungen, die jetzt da nicht mitgezählt wurden. Entsprechend stellt sich die Frage sozusagen mit Blick auf diese Entwicklung, Food Charity ist auch in Österreich gekommen, um zu bleiben? Fragezeichen. Wenn wir uns die Einrichtungen im Einzelnen ansehen, sehen wir, dass die durch eine sehr große Heterogenität hinsichtlich ihrer Organisationsstrukturen gekennzeichnet sind. Also quasi jeder Sozialmarkt, jede Tafel funktioniert ein bisschen anders. Im internationalen Vergleich lassen sich aber trotzdem ein paar Besonderheiten der österreichischen Situation feststellen. Das ist einmal eine hohe Dichte an Sozialmärkten, die in dieser Form sich international kaum findet. die in dieser Form sich international kaum findet. Das ist aber auch die zentrale Rolle, die die großen Wohlfahrtsverbände in Gestalt von Caritas, Hilfswerk, Volkshilfe, dem Roten Kreuz und dem Samariterbund als Träger solcher Food Charity Einrichtungen spielen. Also sowas findet man auch in erster Linie in Österreich, in vergleichbarer Form noch in Deutschland und in manchen skandinavischen Ländern. Im Bundesländervergleich fallen auch ein paar Besonderheiten auf. Beispielsweise sehen wir in Vorarlberg einen privaten Verein, Tischlein-Deck-Dich-Vorarlberg, der seit rund 20 Jahren dort eine Art Monopolstellung sozusagen als Träger von Tafeln innehat und seit kurzem auch von zwei Sozialmärkten im Land. Also Vorarlberg ist das einzige Land, wo das Rote Kreuz auch keine separaten Strukturen aufgebaut hat, sondern eben mit Tischl und Däckdich kooperiert. In anderen Bundesländern sehen wir auch spezifische Situationen, beispielsweise in Oberösterreich ist Ihnen sicher anhand der Zahlen schon aufgefallen, eine starke Orientierung am Sozialmarktmodell. Oberösterreich eben auch das Bundesland, wo der erste Sozialmarkt Österreichweit etabliert wurde und auch das einzige Land, wo das Rote Kreuz keine Team Österreich-Tafeln betreibt, sondern Rotkreuz-Märkte. Darüber hinaus auch die Situation spezifisch in Wien, wo aufgrund des großstädtischen Rahmens nochmal eine besonders hohe Vielfalt an Trägerstrukturen feststellbar ist. Wenn wir den Blick weiter schweifen lassen sozusagen auf die NutzerInnenzahlen, sehen wir diese Expansions- und Institutionalisierungstendenz auch diesbezüglich. Er ist die repräsentative Erhebung durchgeführt, also 23 schon durchgeführt, 24 publiziert, die auf durchaus beachtliche Nutzerinnenzahlen kommen ist, also 2,5 Prozent bis 3,9 Prozent der Gesamtbevölkerung haben dort angegeben, entweder Sozialmärkte oder M-Tafeln zu nutzen, was auf eine Gesamtzahl von ca. 228.000 bis 356.000 Personen hinauslaufen würde. Wenn man sich vor Augen führt, dass beispielsweise im Bereich der Sozialhilfemindestsicherung 24 jahresdurchschnittlich 272.000 Personen Bezieherinnen waren, sieht man, dass das durchaus der Nutzer in einem Kreis sozusagen vergleichbar ist im Bereich dieser karitativen Lebensmittelhilfen mit einer staatlichen Armutspolitik. vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung 2020 durchgeführt wurde und die zu diesem Zeitpunkt auf rund 1,3 Prozent der Gesamtbevölkerung im Bereich der Tafelnutzung kommen ist. Es werden 1,1 Millionen Personen dort. Aber man sieht natürlich ein bisschen anders gelagerte Studie anderer Zeitpunkt. Aber die Nutzerinnenzahlen werden in Österreich hier vergleichsweise doch bedeutend höher oder im Tafelbereich zumindest gleich wie in Deutschland, was durchaus erstaunt, wenn man sich jetzt die rege Debatte um Tafeln oder die Vertafelung Deutschlands seit den Nullerjahren sozusagen ansieht und die mit den Debatten hierzulande vergleicht. hierzulande vergleicht. Einen weiteren Schub, wenn man so möchte, sowohl der Expansion als auch der Institutionalisierung von Food Charity beobachten wir dann aber vor dem Hintergrund der krisenhaften Entwicklungen der letzten Jahre, Stichwort Covid-19-Pandemie, Stichwort Steuerungskrise. Und der analytische Blick eröffnet hier sozusagen zwei Faktoren, die wesentlich verantwortlich zeichnen, nämlich einerseits Faktoren, die auf die Nachfrage nach Food Charity eingewirkt haben in dieser krisenhaften Entwicklung und andererseits auch die Faktoren, die eben auf das Angebot eingewirkt haben. Ich gehe am ersten Schritt auf die Nachfragezeitigen Faktoren ein. Das waren Entwicklungen im Bereich der sozialen Ungleichheit und Armutslagen, die hier wesentlich verantwortlich waren. Sprich, im Zuge dieser krisenhaften Entwicklung hat sich ein bestimmter sozialer Mehrbedarf ergeben, der sozialpolitisch nicht adäquat abgedeckt wurde und der in der Folge eine erhöhte Nachfrage nach Food Charity zur Konsequenz hatte. Silke van Dijk und Dine Haubner sprechen vor diesem Hintergrund von einer Politik des Unterlassens als ein wesentlicher Treiber von Food Charity aus einer sozialstaatstheoretischen Perspektive. Auf die angebotseitigen Faktoren gehe ich dann im nächsten Schritt ein. Nachfrageseitig verweise ich hier exemplarisch auf Faktoren oder auf die Entwicklung von absoluten Armutsindikatoren, die im Unterschied zu den etablierten relativen Armutsindikatoren auch teuerungsbedingte Veränderungen sozialer Ungleichheitslagen erfassen können. Exemplarisch sei verwiesen auf die Entwicklung des Indikators erhebliche materielle und soziale Deprivation. soziale Deprivation. Das sind sozusagen die beiden unteren Linien im Vergleich Österreich, EU 27, Mitgliedsländer. Und wir sehen hier, dass es in der Teuerungskrise zwischen 2021 und 2023 zu einer massiven Erhöhung der erheblichen sozialen und materiellen Deprivation kam. Also gemessen an der Gesamtbevölkerung hat sich das von 1,8 auf 3,7 Prozent mehr als verdoppelt und ist seitdem dann auch auf diesem hohen Niveau verblieben. In absoluten Zahlen läuft es auf eine Erhöhung von 160.000 2021 auf 336.000 Personen 2023, 2024 hinaus. Man sieht hier auch, dass sich die Entwicklung in Österreich beträchtlich dem EU-27-Schnitt angenähert hat. Noch massiver ist diese Entwicklung in Bezug auf besonders vulnerable Gruppen, wie beispielsweise Personen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Und hier sehen wir quasi eine vergleichbare Steigerung bei den oberen Linien. Also die blaue Linie ist Österreich, die grüne EU-27-Durchschnitt. Also eine Erhöhung von 12,6 Prozent 22 auf 24,7 Prozent 24. Und wir sehen auch, dass bei den von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen die erhebliche materielle und soziale Deprivation den EU-27-Schnitt sogar überstiegen hat. Ein wesentlicher Grund dafür ist zweifelsohne die unterbliebene Valorisierung von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, also insbesondere Arbeitslosengeld, Notstandshilfe in der Teuerungskrise. Entsprechende Entwicklungen sehen wir auch in Bezug auf einen anderen Indikator im Bereich der absoluten Armut, nämlich den zentralen EU-Silk-Indikator für Ernährungsunsicherheit, also auch hier eine Steigerung in Österreich von 3% 2021 auf 5% 2022 und dann eben eine Einbändelung auf relativ hohem Niveau. Dies entspricht auch den Ergebnissen von zwei Studien zur Ernährungsarmut, die 2024 veröffentlicht wurden, also die sich dieses Phän Studien zur Ernährungsarmut, die 2024 veröffentlicht wurden, also die sich dieses Phänomen der Ernährungsarmut erstmal systematisch für Österreich in der Gegenwart angeschaut haben, nämlich einerseits eine Statistik-Austria-Erhebung, konkret die neunte Welle des Statistik-Austria-Berichts So geht es uns heute mit einem Schwerpunkt auf Ernährungsarmut. Die kommt zum Ergebnis, dass zu diesem Zeitpunkt, also 23er Rom, 4 Prozent der Haushalte in Österreich von Hungererfahrungen aufgrund finanzieller Probleme berichten. Auch da wieder arbeitslose Personen oder Haushalte besonders stark betroffen, also mit doppelt so hohen Werten. Und zum Zweiten eine Studie der Gesundheit Österreich von 2024, die das Phänomen der Ernährungsarmut systematisch untersucht. Die kommt zu dem Ergebnis, dass zu diesem Zeitpunkt, also 2023 war da auch Erhebungszeitraum, rund 4,6 Prozent der Bevölkerung von schwerer materieller Ernährungsarmut betroffen waren, sprich aus finanziellen Gründen einzelne Mahlzeiten ausfallen lassen mussten. Weitere 7,4 Prozent, das wären 680.000 Personen von moderater materieller Ernährungsarmut, sprich sie konnten sich nicht die Menge und die Qualität an Lebensmitteln leisten, die sie sich leisten wollten. selbsten Ungleichheitslagen reagiert wurde mit einer Folge einer zunehmenden Nachfrage nach Tafeln und Sozialmärkten bzw. nach Food Charity. Das wäre sozusagen der nachfrageseitige Faktor, der in der Krise nochmal auf die Expansion und Institutionalisierung von Food Charity eingewirkt hat. Aber wir sehen im Vergleichbares auch auf der Angebotsseite. Und hier zentral von Bedeutung sind sozialpolitische Förderungen und Regulierungen, die eben den Ausbau von Food Charity erhöhten und damit eben auch sich entsprechend auf das Angebot an Lebensmitteltafeln und Sozialmärkten auswirkten. Silke von Teig und Dine Haubner sprechen hier von materiellen Förderprogrammen und Policy-Instrumenten als am weiteren Treiber von Food Charity. In diesem Bereich lassen sich wiederum zwei Instrumentensets unterscheiden. Einerseits im Bereich der Förderungen sehen wir drei Maßnahmen oder möchten exemplarisch auf drei Maßnahmen verweisen, nämlich zum ersten auf die sogenannte Sonderrichtlinie Covid-19 Armutsbekämpfung von 2021. 20 Millionen Euro zur Milderung der sozialen Folgen der Pandemie für armuts- und ausgrenzungsgefährdete Personen vergeben. Und einer von sieben Schwerpunkten war im Bereich der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Also da wurden diverse Projekte im Bereich Food Charity gefördert. Ein Beispiel wäre ein Kooperationsprojekt zwischen dem Tafeldachverband Die Tafeln und fünf Rotenuz-Landesverbänden im Umfang von 2,15 Millionen Euro, die vor allem zur Finanzierung von Personalkosten und dem Ausbau von Lager- und Transportinfrastruktur genutzt wurden. In der Teuerungskrise gab es eine weitere Sonderrichtlinie, Lebensmittelweitergabe LWAG von 2023. Und hier wurden nochmal 8 Millionen Euro im Rahmen des Lebenshaltungs- und Wohnkostenausgleichsgesetzes im LWAG für die Unterstützung der gemeinnützigen Lebensmittelweitergabe aufgelegt. Projekte im Bereich Food Charity. Ein Beispiel wäre ein Projekt des österreichischen Roten Kreuzes in diesem Bereich mit 1,15 Millionen Euro Fördervolumen. erstmals dafür verwendet worden, Lebensmittel und Hygieneprodukte zuzukaufen, um sie dann eben über die im Österreich-Tafeln bzw. Rotkreuz-Märkte zu verteilen. Beim selben Ministerrat, bei dem auch die Sonderrichtlinie LWAG beschlossen wurde, wurde im Mai 2023 auch der Aufbau einer sogenannten digitalen Lebensmitteldrehscheibe beschlossen, der mit zwei Millionen Euro finanziert wird und der zentral das Ziel hat, abgebende und abnehmende Stellen von Lebensmittelüberschüssen zu verknüpfen und Logistikprozesse zu unterstützen. Da geht es in erster Linie darum, neue Warnspendenquellen sozusagen zu erschließen, vor allem im Bereich der Landwirtschaft und der Industrie. Und dieses Projekt wurde mittlerweile vergeben, also Ende 2024, an das For-Profit-Unternehmen Unverschwendetes, gerade dabei sozusagen diese digitale Lebensmitteldrehscheibe aufzubauen. digitale Lebensmitteldrehscheibe aufzubauen. Neben diesen Förderungen auf Bundesebene gab es in der Covid-19 und in der folgenden Teuerungskrise auch diverse Fördermaßnahmen auf Ebene der Länder. Medial besonders stark diskutiert war ein Projekt im Burgenland, wo seitens des Landes ein landesweites Netzwerk an Sozialmärkten aufgebaut wurde, mit einem Budgetrahmen von niedrigen einstelligen Millionenbetrag, wurde da in allen burgenländischen Bezirken ein Sozialmarkt etabliert oder initiiert und nachfolgend in die Trägerschaft unterschiedlicher freier Träger übergeben. Diskutiert medial wurde aber auch das mehrfach aufgelegte 400.000 Euro Sonderförderungsbudget der oberösterreichischen Landesregierung für die hiesigen Sozialmärkte. Neben den Förderungen finden wir aber auch im Bereich der Regulierung diverse Maßnahmen, die eben die Expansion und Institutionallle von 2023, die den Lebensmitteleinzelhandel oder Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels dazu verpflichtet, vierteljährlich das Volumen an Lebensmittelspenden einerseits und Entsorgung andererseits an das Klimaschutzministerium zu melden. zu melden. Dann kam das Abgabenänderungsgesetz 2024 sozusagen mit einem positiven Incentive. Also hier kam es zu einer Umsatzsteuerbefreiung für Lebensmittelspenden an mildtätige Einrichtungen von Seiten der Unternehmen der Lebensmittelbranche. Und weitere Maßnahmen wurden im Kontext einer interministeriellen Koordinierungsstelle zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen ab 2021 diskutiert. Da ging es in erster Linie um Haftungsfragen und da gab es dann auch konkrete Outcomes, beispielsweise eine sogenannte Leitlinie zur Umsetzung der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln durch karitative Organisationen, wo es zentral darum geht, die Rechtssicherheit von Full-Charity-Einrichtungen zu erhöhen. Alles in allem sehen wir mit Blick auf diese krisenhaften Entwicklungen der letzten Jahre, dass es hier zu einer massiven Expansion und Institutionalisierung kommen ist und daraus Schluss gefolgert werden kann, dass die karitative Lebensmittelhilfe wohl auch in Österreich sozusagen nicht mehr wegzudenken ist. Sprich, sie ist wohl auch hier gekommen, um zu bleiben. Aber ersetzt sie jetzt den Sozialstaat, so wie wir provokant in unserem Titel des heutigen Vortrags fragen, unsere Antwort, unsere vorläufige Antwort wäre nein. Und zwar insofern, als es zwar in den ersten Jahren sozusagen zu einer Entwicklung im Bereich Food Charity gekommen ist, die mehr oder weniger im Schatten des Sozialstaats verlaufen ist, spätestens in dieser letzten Phase, aber in dieser krisenhaften Phase Covid-19, Pandemie, Teuerungskrise, sehen wir, dass dieser Schub wesentlich sozialpolitisch befördert und reguliert wurde. Sprich, es hat sich ein wohlfahrtsstaatliches Engagement im weiteren Sinn etabliert, dessen integraler Bestandteil sozusagen Food Charity ist und wo eine bestimmte Form der Arbeitsteilung zwischen öffentlichen und privaten Trägern der Armutslinderung beobachtet werden kann. Die sozusagen Normalisierung von Food Charity hat allerdings kein kohärentes Feld hervorgebracht mit stimmigen Zwecken und einem darauf bezogenen Set an Instrumenten. Wie wir im Folgenden zeigen wollen, ist das Feld, sind sowohl programmatische Dokumente als auch auf Seiten zentraler AkteurInnen sozusagen unterschiedliche und zum Teil widersprüchliche Framings von Food Charity zu beobachten, was wir einerseits auf Ebene der Zielsetzungen sehen, in weiterer Folge aber auch auf Ebene der Einrichtungen und Praktiken beobachtet werden kann. Und damit übergebe ich wieder an die Brigitta. Wenn wir jetzt im Folgenden, wie hier auf der Folie auch schon sichtbar ist, wenn wir von Widersprüchlichkeiten im Food Charity Feld sprechen, dann bedeutet das jetzt nicht, dass wir davon ausgehen, dass diese Widersprüchlichkeiten aufgelöst werden müssen oder überhaupt können. Was wir hier machen wollen, ist vielmehr, dass wir, wie auch eingangs schon geschildert, dass wir diese Widersprüchlichkeiten herausstellen können, wollen, um zu zeigen, dass Widersprüchlichkeiten im Feld von Food Charity ganz zentral sind und dass gerade in diesen Widersprüchlichkeiten ganz zentrale Probleme und Herausforderungen von Food Charity überhaupt erst hervortreten. Und wir beginnen quasi mit der ersten Widersprüchlichkeit, den Zielsetzungen zwischen temporärem Kriseninstrument und Verstetigung. zwischen temporärem Kriseninstrument und Verstetigung. In sozialpolitischer Perspektive gilt der Food Charity häufig, und es wurde auch eingangs bereits angesprochen, als ein temporäres Kriseninstrument, um sozialen Folgen wie Armut kurzfristig entgegenzutreten. Und in der gerade eben erwähnten Sonderrichtlinie Lebensmittelweitergabe LWAG formuliert das Sozialministerium diese Idee im Kontext der Erteuerungskrise wie folgt. In der momentanen Situation besteht Handlungsbedarf, soziale Folgen kurzfristig und rasch abzufedern. Die gemäß gegenständlicher Sonderrichtlinie geförderten Projekte sollen die Unterstützung von vulnerablen Personen ermöglichen, die sich aufgrund der momentanen Krise der Lebenshaltungskosten, also vor allem Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel, nicht mehr leisten können. Die zeitliche Befristung erklärt sich dabei insofern aus dem Wesen der Krise, als eben die Einhegung der Krise mit einem Zurückfahren der entsprechenden Maßnahmen verbunden ist. Und in diesem Sinn beschreibt auch eine Verwaltungsbeamtin aus dem Sozialministerium Food Charity als Zitat Kriseninstrument bzw. als Instrument der Abfederung von krisenbedingten Armutsfolgen. Und in dem 2024 geführten Interview betont sie weiters, dass es am nachhaltigsten wäre, wenn es solche Einrichtungen nicht mehr brauchen würde. Es kommt auch eine andere Beamtin aus demselben Ressort noch zu Wort, die insbesondere ein präventives Moment stark macht. Denn ihr zufolge müsse das sozialpolitische Ziel sein, Zitat, dass es gar nicht so weit kommt, dass Menschen sozusagen darauf angewiesen sind, sich von Lebensmitteln ernähren zu müssen, die sie irgendwo zu einem günstigen Preis oder geschenkt bekommen. Sozialpolitik verstanden in so einem Sinn hätte dann also das Ziel, Armut effektiv zu bekämpfen, aber auch präventiv zu vermeiden. Grundsätzlich geht es also nicht darum, wie ein Vertreter eines Wohlfahrtsverbandes es formuliert, Zitat, dass es möglichst viele Sozialmärkte und Tafeln gibt, sondern darum, dass die Leute normal im Geschäft einkaufen gehen können. Wenn man das konsequent zu Ende denkt, dann läuft ein solches Verständnis von Food Charity darauf hinaus, dass karitative Lebensmittelhilfen mit der Eindämmung von sozialen Kriegensfolgen dann auch wieder zurück oder abgebaut werden. Und hier noch ein Zitat, ein pointiertes Zitat einer Vertreterin eines Tafelträgervereins, das lautet, das langfristige Ziel der Tafel ist eigentlich, sich selbst abzuschaffen. Die zuvor beschriebene Normalisierung von Food Charity in Österreich spricht allerdings eine andere Sprache. Dies hat auch damit zu tun, dass dem skizzierten Verständnis von Food Charity als temporäres Kriseninstrument auch ein anderes Verständnis gegenübersteht, das auf eine dauerhafte Institutionalisierung der entsprechenden Einrichtungen hinausläuft. Was das genau bedeutet oder woran man das erkennen kann, zeigt ein Zitat eines Vertreters eines Sozialmarktträgers im Interview. Einen Sozialmarkt sollte es immer geben. Warum sollte es einen Sozialmarkt immer geben? Weil das finde ich zum Beispiel keine kluge Aussage. Besser, es gibt keinen Sozialmarkt. Also den Markt muss es unbedingt geben. Weil er ja eines der besten Systeme auch ist gegen Lebensmittelverschwendung. Und was würde, wenn es das nicht geben würde, was würde dann passieren mit den Lebensmitteln? Dass diese Verstetigung, auf Verstetigung hinauslaufendes Verständnis von Food Charity stärker mit Umwelt als mit sozialpolitischen Zielen verquickt ist, wird in diesem Zitat deutlich. Hier geht es um die Lebensmittelverschwendung. Deswegen benötigt es sozusagen auch eine Verstetigung von Sozialmärkten und das ist auch kein Zufall. Eine Verwaltungsbeamtin aus dem zuständigen Ressort hält dazu fest, im Umweltministerium wird das Thema allen voran beleuchtet hinsichtlich Abfallvermeidung, Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Was wir hier sozusagen sehen, ist, dass Food Charity aus einer ökologischen Perspektive auf ein anderes Problem, aber auch auf eine ganz andere Zeitlichkeit hinweist, als das bei der sozialen Perspektive der Fall ist. Also die soziale Perspektive ist stärker zyklisch geprägt. Es geht um den Ausbruch und um die Einhegung von Krisen. Und die ökologische Perspektive hat eher einen linearen Verlauf. Also es geht von viel zu wenig verschwendeten Lebensmitteln. Und damit verbunden ist auch eine andere Expansionslogik. Das heißt, es geht von wenig zu viel geretteten Lebensmitteln. Diese Form der Expansionslogik kommt auch in einem Aktionsprogramm Lebensmittel sind kostbar aus dem Jahr 2023 zum Ausdruck, das mit Blick auf die zuvor genannte Umsetzung der Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen des Klimaschutz- und Umweltministeriums formuliert wurde. Und bei den Maßnahmen, die hier entwickelt wurden, finden sich fast auf allen Stufen des Ernährungssystems eben solche Maßnahmen, die ganz im Sinne der sogenannten Food Recovery Hierarchy auf einem Ausbau der Weitergabe von überschüssigen Lebensmitteln an karitative Einrichtungen abzielen. Also das heißt, es geht von der Primärerzeugung über die Verarbeitung bzw. Herstellung und den Handel bis hin zum Außerhauskonsum. Und was wir hier sozusagen sehen, dass von einem perspektivischen Rück- oder gar Abbau von Food Charity Einrichtungen in diesem Zusammenhang keine Rede ist. Wenn sozusagen beide Perspektiven miteinander verschränkt werden, also die ökologische und die soziale Perspektive, dann zeigt sich daran eine Gemengelage, die strukturelle Widersprüche zutage fördert, auch wenn in den politischen oder auch öffentlichen Debatten ganz häufig das Gegenteil behauptet wird. Also in öffentlichen und politischen Debatten ist ganz häufig von einer sogenannten Win-Win-Situation die Rede, weil eben die Food-Charity-Einrichtungen dazu beitragen würden, zugleich Armut und Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen. Wenn man allerdings, wie wir das jetzt eben gemacht haben, diese Situation genauer betrachtet, dann zeigt sich hier, dass Widersprüche und Trade-offs zwischen den besagten Zielen zutage trägen. Und in diesem Zusammenhang betont auch Graham Riches die Notwendigkeit, die beiden Probleme, also Lebensmittelverschwendung auf der einen Seite und Ernährungsarmut auf der anderen Seite als Zitat zwei separate Themen für die öffentliche Politik zu diskutieren und zu bekämpfen, denn Lebensmittelverschwendung verweist oder geht auf ein dysfunktionales industrielles Lebensmittelsystem zurück, während hingegen Armut vorrangig einer ungerechten Einkommensverteilung und einem kaputten sozialen Sicherungsnetz geschuldet sei. Das heißt, was wir hier sozusagen sehen, ist, dass die Win-Win-Situation so nicht trägt, wie sie in öffentlichen und politischen Debatten behauptet wird. Dass diese Win-Win-Situation nicht trägt, wird auch von unterschiedlichen Akteurinnen im Feld selbst durchaus in Frage gestellt und dazu möchte ich folgende Passage aus einem Interview vorlesen. Das Argument ist ja so, dass das eine Win-Win-Situation ist zwischen wir retten die Lebensmittel, die überbleiben und geben es denen, die sozusagen arm sind und sie sich sonst nicht leisten können. Erstens einmal finde ich es arg, ethisch, weil warum sollten die Armen das kriegen, was überbleibt? Aber das Zweite ist auch, was überbleibt ja. Aber das Zweite ist auch, was ist, wenn euch die Lebensmittel ausgehen, dann habt ihr aber nichts mehr für die Armen, an die ihr in eurem Geschäftsmodell umverteilen wollt. Und ich sage, das passt nicht zusammen und daran zeigt sich, dass das Modell im Gesamten ein Problem hat. Und damit kommen wir zur zweiten Widersprüchlichkeit. Hier geht es um die Ebene der Einrichtungen von Food Charity, die wir als zwischen Feeding the Poor unter Anführungszeichen und Spaces of Encounter bezeichnet haben. Was wir hier sozusagen zeigen wollen, ist, dass nicht nur die Einschätzung der generellen Ziele von Food Charity Einrichtungen, sondern auch die ganz konkrete Deutung und die Ausgestaltung von diesen Einrichtungen auf widersprüchliche Orientierungen und Vorstellungen hinweist. Und dazu ein Zitat einer Vertreterin eines Dachverbands. Und was auch zum Beispiel in Oberösterreich toll ist, wo wir merken, wo es überall eine Möglichkeit des sozialen Austausches gibt, wie zum Beispiel im Burgenland das Wohnzimmer oder in Oberösterreich so eine Art Suppenküche oder einfach wirklich so ein Bistro, wo man gratis ein Mittagessen kriegt, dass da der Austausch auch unter den armutsbetroffenen Menschen mit der Sozialarbeit viel besser angenommen wird. Weil einfach, wenn du mal länger sitzt, gemeinend sei mal einen Kaffee trinkst, da ist einfach die Vernetzung extrem gut. Anstatt wenn du dich einfach jetzt irgendwo anstellst, dir Essen holst und wieder gehst. Was hier deutlich wird, ist, dass Food Charity Einrichtungen mehr als nur Orte sind, an denen es möglich ist, kostengünstig Lebensmittel zu bekommen. Was wir hier in diesem Zitat sozusagen sehen, ist, dass Food Charity Einrichtungen auch soziale und mitunter auch politische Orte sein können. Sie erlauben, wie wir hier in diesem Zitat sehen, und befördern den Austausch untereinander und sie tragen zu einer möglichen Vernetzung bei. Aus genau diesem Grund, also aus dieser Perspektive auf die politischen und sozialen Möglichkeiten, beschreiben Andrew Williams und Kolleginnen im UK-Kontext Food Charity Einrichtungen als sogenannte Spaces of Encounter. Und bei diesen Spaces of Encounter aus deren Perspektive handelt es sich auf vielfache Weise um unterschiedliche Begegnungsräume zwischen Freiwilligen und den NutzerInnen, die zu neuen politischen Sensibilitäten führen können. Und diese neuen politischen Sensibilitäten können dann auch, sie müssen allerdings nicht, breitere politische Bewegungen oder Solidarisierungen mit hervorbringen. Das heißt also, dass Food Charity Institutionen dazu beitragen können, Orte des politischen Lernens, aber auch des politischen Verlernens zu werden. Eine andere interviewte Person aus einem Trägerverein betont ebenfalls, dass Tafeln, Zitat, weit mehr sind als nur Lebensmittel. Auch sie spricht von, Zitat, Orten der Begegnung, wo sich unterschiedliche Gruppen mischen, miteinander ins Gespräch kommen, Dinge miteinander tun. Und dieselbe Person bringt dann auch ihr Bedauern zum Ausdruck, dass genau diese Begegnungsorte, dieses Miteinander seit der Covid-19-Krise verloren gegangen ist und, Zitat, in diesem Ausmaß nicht mehr zurückgekommen sei. Diesem Verständnis von Food Charity Einrichtungen als Räume der Begegnung, des politischen, sozialen Lernens, Miteinanders stellen VertreterInnen anderer Trägervereine ein alternatives Verständnis entgegen und konkret plädieren sie dafür, sich auf ihr Kerngeschäft, also auf die Weitergabe von Lebensmittel und Hygieneprodukten zu konzentrieren und sie wollen keine flankierenden Angebote wie etwa Beratungsdienste oder Sozialkafés in ihre Einrichtungen integrieren. Das trifft insbesondere aber nicht ausschließlich auf eine stark sozial-unternehmerisch orientierte Gruppe von Trägern zu, die anders als die in Österreich nach wie vor dominanten Wohlfahrtsverbände Lebensmittelweitergabe sozusagen exklusiv betreibt. Das heißt, dass es nicht als eine soziale Dienstleistung unter vielen anderen verstanden wird. In diesem Zusammenhang führt beispielsweise ein Vertreter eines Trägers im Sozialmarktbereich Folgendes aus. Nein, Beratungen machen wir nicht mehr. Wir haben uns jetzt auf den Bereich Lebensmittelverteilung fokussiert und Beratungen machen dann eben auch andere Organisationen, die eben auch das Know-how haben und die entsprechenden Sozialarbeiter mit an Bord haben. Und ein Vertreter eines Tafelträgervereins betont gerade die Trennung von der Lebensmittelausgabe von anderen Diensten und gefragt daraufhin, ob es flankierende Maßnahmen in diesen Einrichtungen gibt, führt er aus, im Rahmen der Tafeln eigentlich nicht. Nein, das ist ein eigener Bereich. In diesem dargestellten Widerspruch spiegeln sich, wie wir auch bereits angekündigt haben, unterschiedliche Deutungen von Food Charity wieder, aber auch ein darin eingeschriebenes, ganz spezifisches Framing von Armut. So forciert die spezifische Ausgestaltung von manchen Einrichtungen primär eine Form der sogenannten Abwicklung der Lebensmittelweitergabe, also das, was wir als Feeding the Poor beschreiben würden, auch unter Anführungszeichen in Verschränkung mit dem Ziel der Lebensmittelrettung. Auch wenn dazu gesagt werden muss, dass unterschiedliche AkteurInnen in diesen Einrichtungen durchaus auch unterschiedliche Hoffnungen oder Haltungen haben, wie sich in unseren Interviews zeigt und das sozusagen auf einer individuellen Ebene ein viel breiteres und vielfältigeres Bild sich abzeichnet. In einem solchen Verständnis von Feeding the Poor wird ein paternalistisches Verständnis nahegelegt und mitunter auch aktiviert, in dem die Nutzerinnen vor allem als passivierte EmpfängerInnen imaginiert werden, die sich vor allem auch als dankbar zu erweisen haben. Im Unterschied zu diesem Verständnis von Feeding the Poor gibt das Verständnis von Food Charity als sozialer und politischer Begegnungsraum ein Verständnis wider, dass Armut nicht nur mit einem Mangel an Essen, sondern eben auch mit einem Mangel an Teilhabe, an Partizipationsmöglichkeiten verknüpft. Daran schließt an, dass eben Nutzerinnen in einem solchen Raum eher als aktiv und handlungsmächtig angesehen werden und gerade nicht als passivierte EmpfängerInnen adressiert werden. Die unterschiedlichen Einrichtungen legen also eher das eine, eher Feeding the Poor oder eher Spaces of Encounter nahe. Allerdings sind die Einschätzungen, wie auch zuvor bereits erwähnt, von den AkteurInnen durchaus widersprüchlicher und vielfältiger und auf diese Einschätzungen wollen wir nun mit dem dritten Widerspruch etwas genauer eingehen. Und diese dritte Widersprüchlichkeit, auf die wir jetzt sozusagen noch hinweisen wollen, da geht es um die Ebene der Praktiken von Food Charity und das sind Praktiken, die wir als zwischen Shaming, Blaming und Care bezeichnet haben. Und in diesem Teil wollen wir sozusagen auch nochmals zeigen, dass die Widersprüchlichkeiten, die wir bisher dargestellt haben, die sozusagen auf der Ebene der Ziele und der Einrichtungen zu finden sind, dass sich diese Widersprüchlichkeiten auch auf die Ebene der Freiwilligen selbst übersetzen. diese Widersprüchlichkeiten auch auf die Ebene der Freiwilligen selbst übersetzen. Fabian Kessel, Holger Schönewill und viele andere sprechen, wie wir bereits zuvor dargelegt haben, von einer Mitleidsökonomie. Und zwar deswegen, um auch zu unterstreichen, dass Food Charity auch ein ökonomisches Verhältnis beziehungsweise ökonomische Beziehungen umfasst. Weil nämlich Menschen, die nur marginal am Konsumkapitalismus partizipieren können, auf einen sekundären Kreislauf der Verteilung von als überschüssig geltenden Waren verwiesen werden. Und innerhalb dieses Marktes ist es dann ganz interessant zu sehen, dass hier insbesondere im Bereich der Lebensmitteltafeln gerade Mitleid ins Feld geführt wird und Mitleid sowie daran geknüpfte Gefühle zur zentralen Währung werden. In diesem Zusammenhang hält Rosa, die seit mehreren Jahren regelmäßig als Freiwillige bei einer Tafel engagiert ist, folgendes fest. Wenn man sagt, so und so viel Stück, und sie akzeptieren das nicht, das sind halt dann schon Sachen, wo ich auch zum Kämpfen habe. Weil es ist auf einfach die Gier, dass man alles selber haben will. Das ist etwas, was mich manchmal schon stört. Weil ich finde, es sollte halt schon gerecht zugehen. Und nicht, dass einer jetzt, wenn nur zehn Äpfel da sind, dass er fünf Äpfel nimmt und die anderen kriegen nichts. Also da muss ich schon aufpassen, dass ich nicht unfreundlich dann werde. In dieser Thematisierung von Gier, die in diesem Zitat deutlich wird, wird auch eine disziplinierende Macht sichtbar, die eben von den Freiwilligen ausgeht. Es handelt sich dabei um das, was Hilje van der Horst und Kolleginnen auch als die sogenannte Dark Side of Foodbanks bezeichnen, nämlich um affektive Mechanismen der Stigmatisierung oder auch Beschämung von TafelnutzerInnen, beziehungsweise um die ihnen zugeschriebenen Gefühle mangelnder Dankbarkeit und Gier. Dankbarkeit und Gier. Allerdings, und darauf wollen wir in dieser Widersprüchlichkeit hinweisen, ist es nur eine Seite. Denn zugleich offenbart sich in diesen Debatten über Gier und Dankbarkeit mehr als nur die Bedeutsamkeit affektiver Währungen oder affektiver Ökonomien, wie man das mit Sarah Ahmed auch formulieren könnte. Und dieses Mehr zeigt sich an folgender Aussage der ehrenamtlichen Hilde. Also, manche, das artet dann in eine Gier aus. Die würden alles nehmen. Also, wo du denkst, das kann man nicht verbrauchen in dieser Zeit. Die können ja nächste Woche wiederkommen. Das war für mich am Anfang total, bis ich da in das Geschäft reingekommen bin, war das für mich wie eine Überforderung. Hildes Beschreibung legt den Anspruch der Ehrenamtlichen offen, der auch bereits zuvor in dem Zitat von Rosa erwähnt wurde, beziehungsweise durchgeklungen ist, wenn sie meinte, dass es halt schon auch gerecht so gehen müsse. Das heißt also, was wir hier sehen, ist, dass das Gefühl der Empörung über die Gier auch mit Gefühlen der Überforderung angesichts einer Sorge um gerechte Verteilung von Lebensmitteln verknüpft ist. Freiwillige stehen dabei vor der doppelten Herausforderung, die gespendeten Lebensmittel zugleich möglichst effizient, aber auch möglichst gerecht weiterzudehnen. Und in diesem Setting sehen wir sozusagen auch, wie ein Moment der Willkür deutlich wird. Wiederholt weisen dabei Freiwillige darauf hin, dass für die meisten der Zitatanspruch, dass es eine gerechte Verteilung gibt, schon da sei und dass viele ihr eigenes System entwickeln, damit dann auch fair verteilt wird. Aber dass wirklich gerecht verteilt wird oder werden kann, so räumt der ehrenamtliche Sebastian ein, das ist leider gar nicht möglich. Was hier also deutlich wird, ist die strukturelle Unsicherheit und die mangelnde Planungssicherheit mit Blick auf die vorhandenen Lebensmitteln. Deutlich wird aber auch, dass in der Food Charity Struktur die Realisierung eines Anspruchs auf Gerechtigkeit bis zu einem gewissen Grad den Handelnden, den hier Handelnden selbst überantwortet wird. Das heißt also, dass diese Praktiken, die wir uns hier genauer ansehen, auch offenlegen, dass die strukturellen Rahmenbedingungen der Knappheit, also der Knappheit an Geld, an Lebensmitteln, aber auch an Zeit, mit dazu beitragen, dass Gerechtigkeitsansprüche letztlich individualisiert werden. Und was sich in diesem Zusammenhang noch als widersprüchlicher weist, ist auch die Frage der Beschämung. Denn einerseits wird im Kontext von Food Charity, und das haben auch die Zitate zuvor schon gezeigt, in die hier eingeschriebenen Hierarchien, aber auch in Bezug auf individuelle Handlungen, werden permanent auch Stigmatisierung und Beschämung von NutzerInnen ein zentrales Moment. Andererseits wird allerdings auch von vielen AkteurInnen im Feld auf Scham als ein zentralen Moment. Andererseits wird allerdings auch von vielen Akteurinnen im Feld auf Scham als ein zentrales Problem hingewiesen. So hält die bereits zitierte Freiwillige Rosa, die selbst Nutzerin zur Tafel kam, fest. Ich bin hingefahren und da sind so viele Leute dort gestanden, da bin ich auch die ersten zwei Mal einfach vorbeigegangen. Bin auch nicht reingegangen. Aber dann habe ich mich überwunden. Und dann habe ich mir gedacht, es beißt mich ja niemand, wenn ich da reingehe. Und ich meine, die Scham war trotzdem da. Aber dann war die X drinnen beim Verkauf, das weiß ich noch. Und die war wirklich sehr nett damals. Und sie hat mir alles erklärt. Und ja, das hat mir auch wirklich sehr viel Scheu und Scham genommen. Und noch ein zweites Zitat in diesem Zusammenhang mit der Frage der Scham der langjährigen Ehrenamtlichen Susanne, die sich an folgende Situation erinnert. Und ein Erlebnis werde ich nie mehr vergessen. Da ist eine junge Frau gekommen, die hat scheinbar wirklich eine große Not gehabt. Und dann hat sie versucht zu erklären, warum sie das jetzt in Anspruch nimmt und dass sie sich furchtbar schämt und sich gar nicht traut, da reinzukommen. Ganz grundsätzlich waren in vielen unserer Interviews mit den Freiwilligen Scham und Beschämung immer wieder ein zentrales Thema und zum Teil auch fast schon eine Standardantwort, wenn es um die Frage gegangen ist, warum denn eigentlich viele, die grundsätzlich eigentlich zu Lebensmitteltafeln oder Sozialmärkten kommen könnten aufgrund ihrer Einkommenssituation, warum sie denn letztlich nicht kommen. Also hier wurde sehr häufig Scham und Beschämung thematisiert. Was hier sozusagen deutlich wird, ist, dass quasi auch ein implizites oder generalisiertes Wissen über die Effekte von Food-Charity-Einrichtungen, von Lebensmitteltafeln und Sozialmärkten vorhanden ist. Diese Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die Ziele, Einrichtungen und Praktiken zeigen also, dass das Food Charity Feld in Österreich ganz grundlegend durch Widersprüchlichkeiten gezeichnet ist. Und was wir hier sozusagen darlegen wollten mit diesen drei Widersprüchlichkeiten, ist nicht nur, dass die Widersprüchlichkeiten zentral sind, sondern dass gerade durch diese Widersprüchlichkeiten selbst ganz eminente Probleme und Herausforderungen von karitativer Lebensmittelhilfe hervortreten. Okay, wunderbar. Dann komme ich zu unserem Fazit, das im Wesentlichen in einer komprimierten Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse besteht. besteht. Wie gezeigt wurde, haben Food Charity Einrichtungen in Österreich in den vergangenen 25 Jahren eine massive Expansion und Institutionalisierung erfahren. Während in der Anfangszeit diese Entwicklung zentral im Schatten des Sozialstaats abgelaufen ist, haben wir versucht zu zeigen, dass insbesondere vor dem Hintergrund der krisenhaften Entwicklung, Covid-19, Erteuerungskrise, diese Expansion und Institutionalisierung aber auch ganz wesentlich staatlich, sozialstaatlich gefördert und reguliert wurde. Entsprechend haben wir versucht, hier diese beiden Momente aufzuzeigen, einerseits einer Politik der Unterlassung und andererseits immer der punktuellen Förderungen und Regulierungen, die die Normalisierung von Food Charity in Österreich vorangetrieben haben. Gleichzeitig ist damit eben kein kohärentes Feld entstanden mit klaren Zielsetzungen und einem damit verbundenen Instrumentenset, sondern das Feld ist bis dato durch grundlegende Widersprüchlichkeiten gekennzeichnet, die im Wesentlichen auf der Ebene der Zielsetzungen, in weiterer Folge dann eben aber auch auf der Ebene der konkreten Ausgestaltung der Einrichtungen und der alltäglichen Praktiken in den Einrichtungen feststellbar sind und nicht zuletzt mit Bezug auf die Effekte, die hier jeweils zirkulieren. Sowohl die Normalisierung von Food Charity als auch die dargestellten Widersprüchlichkeiten, werfen Fragen auf, die aus unserer Perspektive sozialpolitisch eminent von Bedeutung sind und sich insbesondere mit Blick sowohl auf die NutzerInnen als auch auf die Freiwilligen Relevanz haben und die sich nicht auf die simple Formel Mitleidsökonomie oder Sozialstaat reduzieren lassen. Vielen Dank. Applaus you