Guten Abend im Stifthaus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich darf Sie ganz herzlich begrüßen zur Buchpremiere von Richard Walls jüngstem Buch. Es trägt den Titel Die nahhafte Verzweiflung des Wirklichen und ist im Juni im Löcker Verlag erschienen. Den Urheber darf ich auch ganz herzlich begrüßen. Bitte einen tobenden Applaus für Richard Wall. Schön, dass du da bist, Richard. Richard Walls Prosa verfügt immer über eine Reihe gewisser eigenständiger Merkmale. In die nahhafte Verzweiflung des Wirklichen liegt der Gedanke nahe, dass man Richard Walls Urheberschaft sicherlich auch rasch erkennen würde, wenn nichts als das anonymisierte Manuskript vor einem läge. Es geht, wie so oft bei unserem in Engerwitzdorf geborenen und auch heute dort lebenden Gast, um Landschaft, um Gegend, um Topografisches und um die Natur. um topografisches und um die Natur. Nuancenreich, mit viel praxisnahem Wissen und hoher Sensibilität, für das auf den ersten Blick unscheinbare. Es geht aber auch um die menschengemachte Zerstörung, um die rücksichtslose Aneignung der Natur, ein wenig sogar, wie mir scheint, um eine Abrechnung mit dem vorherrschenden Zeitgeist, dem omnipräsenten Sich-die-Erde-Untertan-Machen. Was Christian Schacherreiter 2011 in den Oberösterreichischen Nachrichten über einen von Richard Walls Irland-Texten geschrieben hat, könnte man, kurios genug, auch für das heutige Buch ins Feld führen. Nämlich, es ist der Versuch, Zitat, das Ineinander von Natur, Arbeit, Geschichte und Mythos zu veranschaulichen, dass dieser Kultur ihre besondere Ausprägung gegeben hat, Zitat Ende. Vor dem Hintergrund des heutigen Buches müsste man allerdings eher über Unkultur sprechen. Beim Lesen konnte ich mich mitunter des Eindrucks nicht erwehren, dass der Autor, der seit mehr als 40 Jahren auch als bildender Künstler in Erscheinung tritt, eine Art Summe zu ziehen versucht. Denn zum einen besteht das Buch, um das es heute geht, aus einem Konglomerat von Texten aus den letzten gut 20 Jahren. Der älteste Text ist von 2003. Zum anderen schreibt Richard Wall in seinem Nachwort, Zitat, Zum anderen schreibt Richard Wall in seinem Nachwort, Zitat, das als vordergründig nutzlos und unrentabel erachtete, in Betracht. Möge die Leserin der Leser aus meinem Anspruch, sinnlich Aufgenommenes zu benennen, ihre, seine, ebenfalls eigensinnigen Schlüsse ziehen. Zitat Ende. Dazu werden sie also heute Gelegenheit haben, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Die gar nicht so einfache Aufgabe, uns durch dieses vielschichtige und wie gesagt Texte aus mehr als zwei Jahrzehnten umfassende Buch von Richard Wall zu führen, wird unsere heutige Moderatorin übernehmen. Ich darf auch Sie ganz herzlich im Stifterhaus begrüßen. Herzlich willkommen, Alexandra Millner. Schön, dass Sie heute bei uns sind. Alexandra Millner wurde in Weidhofen an der Theia geboren und ist nach einem Studium der Germanistik und der Anglistik in Wien und Aberdeen als Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin sowie als Dramaturgin und Regisseurin tätig. Sie ist Lehrbeauftragte an der Universität Wien und forscht an der Angewandten zur Dramatik von Albert Drach. zur Dramatik von Albert Drach. Als Obfrau fungiert sie sozusagen zweifach, nämlich als Präsidentin der Albert Drach und der HC Artmann Gesellschaft und weil ihr bei alledem so langweilig war, ist sie seit 2024 Co-Leiterin des Kabinetttheaters in Wien. Schluss. Die eigentlich geplanten musikalischen Intermezzi müssen krankheitsbedingt leider entfallen. Nichtsdestotrotz bin ich überzeugt, dass wir einen anregenden und interessanten Abend erleben werden und ich darf Richard Wall und Alexandra Milner auf die Bühne bitten. Vielen Dank. Takk for at du så med. Schönen guten Abend, sehr geehrte Damen und Herren. Ich freue mich sehr, heute und hier gemeinsam mit Richard Weiss einen neuesten Band vorzustellen. seinen neuesten Band vorzustellen. Ich möchte jetzt ein paar wichtige Dinge über sein Leben, seinen Werdegang, sein Werk erzählen, bevor wir dann zur Lesung übergehen. Richard Wall ist heute als Schriftsteller geladen, doch sein Werk umfasst neben literarischen auch malerische, grafische und fotografische Arbeiten. Er studierte nämlich Kunstpädagogik und Malerei an der Hochschule für Künstlerische und Industrielle Gestaltung in Linz, der heutigen Kunstuniversität. Seit 1975 fuhr er regelmäßig nach Irland und hat dort, ich weiß nicht wie viele, inzwischen in Summe Jahre verbracht. Darüber werden wir vielleicht später noch sprechen. Und überhaupt ist sein Leben von einer intensiven Reisetätigkeit geprägt. Seit 1980 veröffentlichte er seine Bilder und seine bildnerischen Werke in Ausstellungen und seine Texte in Anthologien, Kultur- und Literaturzeitschriften und im Rundfunk und natürlich auch in Verlagen. Die drei wichtigsten Verlage, in denen sein Werk geschehen ist, sind die Bibliothek der Provinz, der Ritter Verlag und in den letzten Jahren der Löcker Verlag. Er ist Mitglied der Grazer Autorenversammlung der IG Autorinnen und Autoren im Podium und auch der Künstlergruppe KART und Sinnenbrand. Und apropos Vernetzung, sein Werk umfasst auch intensive Briefkorrespondenzen und Mail-Art-Projekte mit diversen Autorinnen und Autoren, etwa Michael Gutenbrunner, Helga Hofer, Erwin Einzinger, Josef Hirscher, Lombo, Miller, Grogerova aus Prag und dem leider verstandenen Hans Eichhorn als Beispiel. Und er hat an einigen internationalen Poesie-Festivals teilgenommen, also er ist ein sehr aktiver und immer in Bewegung seiender Autor. Ab den 1990er Jahren war er auch als Organisator und Moderator im Stifterhaus projektbezogen tätig, zum Beispiel bei den Tagen irischer Literatur The Road West oder bei der GAF-Reihe Literatur und Tschechien. Und 2003 kuratierte er gemeinsam mit M. Ruth Vulgo Günther Heidinger die Ausstellung Schnittstellen Literatur und bildende Kunst an der Kunstuniversität Linz. Er hat für sein Werk zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen bekommen. Seit 2001 hat er mehrere Stipendienaufenthalte absolviert, etwa in Rom, in Pagliano, in Gmunden, in Cesky-Grumlov und im Heinrich-Böll-Cottage auf Eccle Island in Irland. Er hat mehrere Projektstipenden bekommen, Buchpreise und 2018 den Sudeten Deutschen Kulturpreis für Literatur und Publizistik erhalten. für Literatur und Publizistik erhalten. Seine Lieblingsbeschäftigungen, das Unterwegssein, das Gehen, das Erkunden von Landschaften, Land und Leuten und deren Geschichte und das Bildnerische, all dies ist auch Schwerpunkt in seiner literarischen Arbeit. Ich nenne nun einige Beispiele. Das Unterwegssein bildet sich als zentrales Thema in den Buchtiteln ab, etwa Gehen gegen den Wind aus dem Jahr 2012 oder In Bewegung aus dem Jahr 2023. Gehen als poetische Tätigkeit, die Körper und Geist mit der Landschaft verknüpft. Sein engagiertes Interesse für Orte, auch wenn sie noch so entlegen sind, ist bemerkenswert. Also aufzuzählen wären hier das südböhmische Stifterland, das jetzt natürlich von hier aus gesehen nicht so exotisch ist, aber das irische Eichel Island schon viel mehr, die griechische Insel Samos oder Galicien. Nicht zuletzt auch das einsame Waldviertel, sein Rückzugsort und zweiter Wohnsitz oder Lebensmittelpunkt vielleicht. Das bedeutet, ein durch eingehende Recherchen historisch, geografisch, kulturanthropologisch wie kulturwissenschaftlich informierter, durchforstete Landschaften, Weisung ihre Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Geschichte oder Geschichten, ihre Veränderungen, ihre Probleme, sieht die Auswirkungen der Industrialisierung auf die Natur und das Leben der Menschen, ruft frühere Daseinsformen ins Gedächtnis, spürt die verdrängte Natur noch in der Großstadt auf, ist in einem erstaunlichen Einverständnis mit allen Lebensformen, die mit großer Intensität und Respekt wahrnimmt und beschreibt. Oder es sind poetische Anverwandlungen konkreter Orte, die ihre raumzeitlichen Kontexts enthoben und in überzeitliche und überregionale Bedeutungszusammenhänge versetzt werden. Wall reist auch in Gedanken, weil er ein Leser ist und sich die Texte einverleibt und in seine eigene literarische Produktion integriert. Er liebt Sprachen, er geht ihren Wurzeln nach, ihren Verwandtschaften und Einflüssen. Er gestaltet seine Prosa rhythmisch, stellt dazu die Satzglieder um, wählt eigentümliche Ausdrücke, um den Inhalt genau zu erfassen. Unter dem Titel Elfteria, 2023 erschienen, veröffentlichte er Haikus, in denen er auf das sinnliche Erleben Griechenlands fokussiert. In Rom erließ er sich die Stadt in ausgiebiger Lektüre und durch direkte Anschauung auf langen Spaziergängen. Preisgekrönt der Band Rom, ein Palimpsest aus dem Jahr 2006. Als studierter Maler nimmt die Visualität in seiner Literatur natürlich einen besonderen Stellenwert ein, mit den intensiven Beschreibungen von Farbnuancen, Oberflächen, Formen und Lichteinfällen, zum Beispiel in den Gedichtbänden Schwellenlicht, Schattenbahn aus dem Jahr 1995 oder Unter Orions Liedern 2009. Ein weiteres und sehr hilfreiches Spezifikum seiner Bücher sind seine Vor- und Nachwörter, in denen Richard Wald den größeren Zusammenhang, das Konzept und dessen literarische Umsetzung des jeweiligen Buchprojekts erklärt. Sein pandemonisches Diarium »Das Jahr der Ratte«, 2021 erschienen, zeigt, wie das Erleben des Alltags, wie Lektüre und Kunstbetrachtung nahtlos in einen schöpferischen Akt übergehen. Weil nützt sein soziales und topografisches Abseits als formidable Beobachterposition, von der aus er gesellschaftspolitische Zusammenhänge klar erkennen kann. Daraus speist sich seine Kritik am Umgang mit Landschaft und Natur in Essens als auch in Gedichten wie etwa in Wir, die Geduldeten aus dem Jahr 2005. Heute soll die neueste Veröffentlichung von Richard Wall im Zentrum stehen, Sie haben den Titel schon gehört, die nahhafte Verzweiflung des Wirklichen. Über den Titel werden wir dann auch noch sprechen. Das ist ein Band mit Prosa-Texten, die von lyrischer bis essayistischer Prosa reichen, von sehr persönlichen, tagebuchartigen Notaten bis Traumnotizen, von Reisetexten bis zu literarischen Porträts. Die Grenze zwischen lyrischer Prosa und Gedichten ist dabei verschwimmend. Ich stelle nun ganz kurz die Struktur dieses Bandes vor und ich beginne aber mit einer kurzen Lesung aus dem Präludium, aus dem kurzen Präludium, weil hier die Grundstimmung des Bandes sehr schön vermittelt wird. Es ist Winter, Schnee liegt. Eine Fliege krabbelt übers Glasgefiert des Fensters, hinter dem die Sonne ihre flache Bahn zieht. Das Insekt möchte hinaus ans Licht, wo es wahrscheinlich erfrieren würde. Soll ich ihm das Fenster öffnen? Vorerst nicht. Ich liege auf dem Teppich und schreibe. Der Band besteht aus fünf Abschnitten. Der erste Abschnitt trägt den Titel Landleben lebenslänglich und umfasst lyrische Prosa-Texte. Darin geht es um Veränderungen und Vorgänge in der Natur, um Landschaften, die wie Bildkompositionen betrachtet werden. Der zweite Abschnitt trägt den Titel Topografische Lichtungen oder Randgebiete der Globalisierung. Das sind essayartige Texte, die zum Beispiel den Tidenhub an der Küste, Lichtstimmungen, Spürbewusstsein, detaillierte Beschreibungen von Vorgängen wie Fischen oder Bergwandern und Tierverhalten sowie aussterbende Berufe thematisieren. Der dritte Abschnitt trägt den Titel Lässt man gewähren auch sich selber, was meandert nicht? Das ist lyrische Kurzprosa, die sich um die Macht der Sprache, um Politik, Ökologie und Ökonomie und anthropologische Fragestellungen drehen. Der vierte Abschnitt umfasst fragmentarische Porträts, vor allem von bildenden Künstlerinnen und Künstlern und deren Werken. Die Formen dieser Texte sind Erinnerungen, geträumte Porträts oder Projektionen. Und der fünfte Abschnitt lautet Aufs Blatt der Sense gedengelt. Diesen Abschnitt würde ich eher als einen Gedichtzyklus bezeichnen, der Richard Walls Herkunftsgegend beschreibt. Und er nennt es selbst so, er versucht mit seinen Worten zu beleben, was einst war. Was an diesem Band, zumindest in meiner Wahrnehmung, hervorsticht, ist der größere Anteil an direkten gesellschaftskritischen beziehungsweise politischen Kommentaren, eine gewisse Nostalgie in Bezug auf vorindustrielle Landwirtschaft und Traditionen, eine gewisse Verzweiflung über die Entwicklungen in dieser Welt, vor allem in Bezug auf die Umwelt und die Künstlerporträts. Den gedanklichen Kontext und gesellschaftskritischen Impetus der Texte erklärt der Autor in einer Handreichung zur Lektüre, die er in einem kurzen Nachwort offeriert. Dieser Band hat bei aller Schlankheit, er ist jetzt nicht so umfangreich, sehr viel Unterschiedliches und Komplexes und Poetisches zu bieten. Also, das war jetzt nicht despektierlich gemeint, er ist nicht so ungleich, Entschuldigung, aber er ist sehr schlank, aber es ist wirklich so komplex und so dicht, man kann sich verlieren und man muss das auch in kleinen Portionen genießen. Man kann den nicht einfach hernehmen und von vorne bis hinten lesen. Er umfasst ja auch, also es ist nur dünnes Papier, 180 Seiten, aber es ist einfach ein sehr, sehr, wirklich ein Kompendium sehr intensiver Texte. Richard Wall wird nun aus den ersten zwei oder drei Abschnitten lesen und dann werden wir ein Gespräch führen und zum Abschluss werden Sie noch mal in den Genuss einer Lesung kommen. Also ich bitte dich jetzt. Ich danke für die Einführung. ich danke für euer Kommen und ich beginne jetzt, einige Sequenzen zu lesen. Ich habe versucht, eine Auswahl zu treffen, die möglicherweise, ich hoffe, für Sie einen Bogen ergibt als Zuhörer. Landschaft lesen. Der Garten erscheint mir jeden Tag anders. Jeden Tag zieht jetzt die Sonne einen kürzeren und flacheren Bogen über die Hügel und Wipfel der Bäume. Das Licht, das in den Garten gelangt, ist auch abhängig vom Grad der Entlaubung der Obstbäume, Sträucher und Hecken, von der Position der Blätter, die je nach Farbigkeit gewisse Schwingungen des weißen Lichts absorbieren oder reflektieren. Auch der Tau im Gras oder nach einem Regen die Wassertropfen auf der Rinde und auf den Blättern der Bäume beeinflusst die Wahrnehmung. Ich lese täglich in der Landschaft vor meinem Fenster. Wie ein Gedicht für den jeweiligen Leser ist ein und dasselbe Stück Landschaft für so viele Interpretationen offen, wie es Leser findet. Doch jede Interpretation ist auch Reduktion. Was habe ich nicht alles übersehen? Oder was ist das Wesentliche? Eine falsch gestellte Frage. Die Dichtung ist absolut. Ich feiere Fensterblicke. Ich ignoriere die Welt. Ich nähere mich meinem Fensterblick auf eine Art, von der ein Ich nähere mich meinem Fensterblick auf eine Art, von der ein Quantenmechaniker nicht zu träumen wagt. Falls ich ein Wahrnehmungs- und Denkraster verwende, hoffe ich, das früher oder später zu erkennen und zu zerstören. Volksmund, dein Hirn ist wie ein Nudelsieb. Eigentlich gar nicht so schlecht, weil die Essenz bleibt vorhanden. Interpret der Wolken und des Lichts. Abends auf einem alten Fuhrweg hinauf zu einem Feld namens Storn Luz, das, wie der Name schon sagt, einen schlechten ackerboden aufweist gespräch mit franz h denn ich denke ich auf der hügelkuppe neben dem solitären most birnbaum antreffen 1923 geboren also der text ist schon einige jahlter, der ist schon geschworen. 1923 geboren, hat er mit seiner Schwester über das Pensionsalter hinaus einen der fünf Höfe im Dorf bewirtschaftet. Seit Jahren streunt er nun in unmittelbarem Umfeld des Dorfes durchs Gelände, blickt hinauf in den Himmel, studiert dessen Wolkenformationen. Sein Verhalten ist das eines Menschen, der ausdauernd und konzentriert beobachtet. So als wäre er einem Geheimnis auf der Spur. Er ist begleitet mit einem dicken Wollmantel und einer Schirmfellmütze mit Ohrenklappen. An den Füßen trägt er Filzstiefel. An den Füßen trägt er Filzstiefel. Ich möchte herausfinden, was ihn den ganzen Tag im Freien ausharren lässt und beginne ein Gespräch. Heute, er blickt Richtung Horizont, dem sich die Sonne nähert. Sei es nicht so interessant wie noch vor ein paar Tagen. Er deutet mit seinem zusammengeklappten Jagdsessel schräg hinauf zu den Wolken im Westen, die sich immer wieder vor die Sonne schieben. Rasch ziehende Zirokomonos und knapp darüber, wie mir scheint, flache, langsamere Haufenwolken. In und zwischen den Wolken sähe er Gestalten, erklärt er mir bereitwillig. Männer, Teufel, Frösche und Steinböcke habe er schon erkennen können. Schlangen habe er noch nie beobachtet. Vor ein, zwei Wochen habe er in den Tempel der Teufel hineingesehen. Eine lange Halle und die Sonne habe von vorne durch den Mittelgang geschehen. Links und rechts seien die Teufel gesessen. Vorne die Anführer und hinter ihnen seien ihre jeweiligen Beschützer gestanden. Alles am Teufel, nichts als Teufel. Einmal setzt er fort. Mit Franz H. spricht kaum jemand. Da er nun einmal die Gelegenheit hat, zeigt er sich als sehr gesprächig. Sei der Himmel voll gewesen mit großen Tieren. Da sie im Urwald keinen Platz mehr hätten, weil dieser abgebrannt und gerodet werde, müssen sie ja irgendwo hin. Jetzt seien sie halt dort oben ganz eng beisammen und in Gruppen und Rudeln über den Himmel geflohen. Einmal habe er zwei riesige Fische über den Himmel ziehen sehen, einen roten und einen blauen. Sie hätten vor dem Horizont eine Kehrtwendung gemacht, eine Rolle und seien dann wieder zurück dorthin, wo sie gekommen seien. Eckige Formen hätten sie am Rücken gehabt, gleich scharfzackigen Flossen. Und er habe Tiere gesehen, die er gar nicht kenne. Man müsse in Büchern nachschlagen, um ihre Namen zu erfahren, meinte er. Aber ob da schon alle drinnen seien, die er gesehen habe, bezweifle er. Das Gesicht von Franz ist gebräunt vom Aufenthalt im Freien Bei seinen Beobachtungen, wenn er sich ins Geschehen hineinzoomt Hält er meist eine Hand vor eines der Augen, um klarer und besser sehen zu können Seit sechs Wochen, sagt er, ist er jeden Tag draußen In der Tat habe ich ihn vor ein paar Tagen bereits um sechs Uhr früh gesehen. Später erzählt er mir noch, dass er neulich erst um halb zwei Uhr nachts nach Hause gekommen sei. So viel habe es zu schauen gegeben. Ja, bestätigt er mir. Schauen gegeben. Ja, bestätigt er mir. Er ziehe bei jeder Tages- und Nachtzeit seine Kreise ums Dorf. Die Frage nach dem Warum verkneife ich mir. Sinierend beginne ich den Abstieg und denke, verhält er sich nicht wie ein Seher oder Späher oder gar wie ein Wächter in gefährlichen Zeiten? Blasphemie des grellen Geflackers. Nachtraum. Am Apfelbaum vor der schwarzen Wand das vereinzelte rot-schorfige Äpfel im Licht, das neben meinem Körper aus der offenen Haustüre dringt. Nachtraum. Ich steige die Stufen hinunter und trete ein. Die Straße schweigt. Aus den umliegenden Höfen und Häusern ketzert weder Licht noch Laut. Vom Wald auf der Anhöhe, ich habe ihn vor mir, den Saum aus Eichen, dahinter die aufgerissene Flanke, in der man nach Sand schürfte, mit Buschwerk und Kiefern vernarbt, der Ruf eines Keuzchens, deutlich, wie ihn nur die Akustik eines gut gebauten Raumes überträgt. Dann das Bellen eines Hundes, dann wieder der Ruf des Kreuzchens. Jetzt, beide gleichzeitig, ich lausche der Fülle der Stille, denn die Nacht, die uns wieder vom Kopf auf die Füße stellt, kann schöner sein als der Tag. Am Morgen vor der Ausfahrt wurde der Ballast im Boot austariert. Tagsüber drohte er, bei hohem Wellengang zu verrutschen. Denn Tag und Nacht waren wie Eppe und Flut, bis der Mensch dranging, keuchend nach Luft ringend, diesen Rhythmus zu stören, mit der Blasphemie seines grellen Geflackers, das dem Profit wie der Zerstreuung diente, Glühwürmchen und Keuzchen vertrieb und mit ihnen die kalte Strenge der Nacht. Ränge der Nacht. Und nach und nach brachte all die Sterne, an deren Figuren und Klarheit sich der nomadisierende Geist orientierte, zum Verlöschen. Das Augenlicht der Eulen erlosch und der Nachtraum, der nicht nur Träume, sondern auch Rituale und Visionen begünstigte, kein Echo mehr warf auf die imperialen Hallen des Tages. Abends, wo die Hähne mit ihren Krähen das Schweigen verbreitern, wo im toten Holz, das man verbrennt, die Würmer schreien, gehe ich abends, Frost in den Haaren, über glühende Felder zum Horizont im Süden. Dort zähle ich die Vorräte aus Wolken, Prall an Graten und in den steinernen Taschen der Kare, konvex ihre Formen wie Kohle in Säcken, die niemand klaut, weil sie so schwer sind und so langsam, aber krachend, das durchlöcherte Gebirge zerdrücken. In ihre aufgeweichten Schatten kriechen rücklings goldene Asseln, Dohlen und Bartgeier kreisen über bröckelnden Zinnen und aus dem Inneren der Grotten und Dolinen steigen in Loden gekleidete Engel mit blanken Trompeten aus Messing, die sie doch mit angefeuchtetem Mundstück beiseite legen, um den Frieden nicht zu stören, auf der vom Senn verlassenen Alm, auf die Schwefelgelb, ein letztes Mondlicht sickert. Spätherbst. Spätherbst. In den Bergen bereiten sich die Steine auf ihren Abstieg vor. Aus den Hochspannungsleitungen blitzt es ins Grau aus Dämmerung und Reif. Zerbröckelnde Rauchsäulen, ein Totem aus vergessenen Heukraxen, ein flechtengraues Holzlattenalphabet. Fahlgrüne Wintersaat, darunter hat Frost das fließende Herbizide erstarrt. Beruhigend das Parallel der Schienen, der Rhythmus der Schwellen, der klirrende Schotter der Dämme, armierte Bastionen für mein Unterwegssein, an denen Frühaufsteher mit Hunden entlang spazieren, während Saatkrähen hoch oben die Leitungen queren. hoch um die Leitungen queren. Ihre Rufe schluckt der Dieseltakt des ackernden Traktors. Rastloser Schatten. 1. Dem Schatten fehlt jedwede Binnenzeichnung, jedwede Struktur. Er flappt übers Gelände, über die Dinge, über Straßen und Plätze. In seiner Form, die sich dehnt, streckt und wieder schrumpft, liegt eine Kompaktheit, eine Klarheit, die vielen Dingen fehlt, gar nicht eigen sein kann. Von meiner Seele, denke ich, existiert auch nur noch ein Schatten, ein verzögerter Wiederhall, etwas unergründlich Substanzloses, das es genau genommen nicht mehr gibt. Zwei. Unablässig auf Eindrücke, auf Gedanken zu reagieren, hieße für mich, den Bleistift nicht weglegen zu dürfen. Die Hand, die Fingerspitzen, Seismografe, innere und äußere Bewegungen, Erschütterungen, Gedankenbewegungen und Bewegungen der Augen, Schallwellen, die ans Ohr gelangen, aber auch an die Haare und Härchen der Haut, die Mann und Frau von heute nicht mehr haben wollen und ab- respektive wegrasieren. Drei. Ich lebe in der Gewissheit, dass Beobachten mit Erkenntnis zu tun hat. Kaum lese ich ein paar Zeilen in einem Buch, kann es sein und gar nicht so selten, dass ich den Kopf hebe und aus dem Fenster blicke, um das Augenfutter der Buchstaben mit anderen Formen, die zumeist auch Farben tragen oder sich bewegen, zu ergänzen. Es kann aber auch sein, dass mir beim Lesen ein Gedanke, ein Einfall in die Quere kommt. Im Idealfall geschieht dies an einem Ort, an dem ich zum Notieren etwas bei der Hand habe. Dieses Notieren kann sich sehr artig verselbstständigen, dass ich für ein, zwei Stunden gar nicht mehr zur Lektüre zurückkehre. Vier. Ich kann nicht lange still sitzen. Das war schon in der Schule so und hat sich bis heute nicht geändert. Darum sind mir Unterbrechungen gar nicht so unlieb. Kommt der Briefträger, stehe ich auf, um die Post hereinzuholen und zu öffnen. Oder ich bereite mir Tee oder Kaffee zwischendurch. Oder, wie so oft im Winter im Waldviertel, stehe ich auf, gehe zum Ofen, um ihn zu füttern, mit Holz von Bäumen, die ich selber gefällt habe. Holzhacken ist mir eine existenzielle, nahezu süchtig machende Tätigkeit. Wie anderen vielleicht das Boxen bei Robert Prosser oder das Bogenschießen bei Johann Peter Eckermann. Nahrhafte Verzweiflung Klärschlamm Nein Klarsicht Todsnebelwende Der Blitzschlag wohnt in dem einen Wort Nach dem ich suche Das sich nicht spalten lässt Wie das sprichwörtlich Haarige Anrufung des Wirklichen Das ist nahrhafte Verzweiflung. Gesunder Kern in gebläuter Haut. Zu sein, wissend, dass der Quell jeder Affektiertheit in grobschlechtigen Geistesbahnen keimt und zu Tage quietscht das Qual für jedes Ohr und im Rostansatz als Ekel sich erkennt. Das weitausschweifende Bewusstsein hat Funktion, aber keinen Zweck, ist deckungsgleich mit dem Bahnen der Gestirne. Was ist Dreh- und Angelpunkt? Den fragwürdigen Lockungen der Bequemlichkeit abholt, dehnt die Energie des Widerspruchs der Sammlung, der Erhaltung des Unbedingten. Vertrautheit auf tönenden Füßen führt zu Scherben, die bedienen nicht immer jenes Glück abgewetzter Sprichwörter. Sprichwörter, jedes weiß, was es will, ja, und höre, welch ein dezenter Schwall an Erfahrung noch immer auch auch täglich, was ihnen spricht. So, und jetzt aus dem Kapitel topografische Lichtungen oder Randgebiete der Globalisierung. Drei Texte. Philemon und Balthus. Die Wellen, die gegen die Küste schlugen, waren nicht mehr so hoch wie am Tag zuvor. Aber noch immer griffen weiße Finger in die fast lotrechten Felsen, die zu beiden Seiten die Einfahrt in die Bucht flankierten. Rauschend und klirrend, mit den Kieseln spielend, wälzten sich die Brecher dem kalkhellen Kiesstrand hinauf. Kaum war eine Welle aus Gischt versickert, schwappte schon die nächste an Land. Der Atem des Mittelmeeres, stellte der Fremde fest, ist kürzer als der des Atlantiks. In den beiden Tavernen wurde das Plastikmobiliar zurechtgerückt. Noch war kein Tourist am Strand zu sehen. Er stand etwas erhöht am Ufer. Sein Blick tastete über jede Einzelheit in der Bucht. Da vernahm er vom Meer her das Geräusch eines Motors. Ein offenes Boot umschiffte eben die Klippen, die dem kleinen Kap rechterhand vorgelagert waren. Eine Person stand am Bug, die langen Haare im Nacken, ihr Blick schwamm dem Gefährt voraus. Eine zweite saß im Heck. Sie steuerte mit dem Außenbordmotor auf das obere Ende des Strandes zu, nicht weit entfernt von seinem Standort. Dort lagen eine Kaike im steilen Ufer auf rampenartigen Konstruktionen aus Holz, einem massiven Leiter nicht unähnlich, auf denen sie mittels einer Winde aus dem Wasser gezogen vor den Schlägen des Meeres sicher waren. Das Boot reduzierte seine Geschwindigkeit. Der Fremde hörte die Stimme eines Mannes, kurz darauf die deutlich hellere einer Frau. Sie landeten präzise vor der offenen Klammer einer leeren Rampe. Der Mann stieg ins flache Wasser, ging an Land, ergriff das bereitliegende Seil und befestigte das Ende mit der Schlaufe im Karabiner am Vordersteven. Dann griff er mit beiden Armen nach einer Kiste, die ihm die Frau aufs Tollbord gestellt hatte und stieg die unregelmäßig hohen Steinstufen hinauf zur Winde. Die Frau unterdessen warf Handvoll um Handvoll Sardinen große Fische aus dem Bauch des Bootes. Sie landeten genau in der Mitte eines Tuches, das sie über der Deckung am Bug ausgebreitet hatte. das sie über der Deckung am Bug ausgebreitet hatte. Dann ergriff sie den farblosen Stoff an den Enden, band die Zipfel zusammen und ging damit ebenfalls an Land. Der Mann indes verlängerte mit einem Eisenrohr die Hebelwirkung an der Winde und begann die vertikale gelagerte Spule zu umkreisen. Er hatte aus der Entfernung, wohl aufgrund seiner flinken Bewegungen, viel jünger gewirkt. Nun sah der Fremde die dunklen Linien, die sich um Lippen, Nasen, Flügel und Augen konzentrierten. Und dass das Haar grau und seine Haut alt war. Er ging barfuß, war klein und von einer drahtigen Statur, die sie heute nur noch wenige Männer verkörpern, nicht nur in diesem Land. Langsam und gleichsam widerwillig kam das Boot aus dem Wasser. Nachdem die Frau am oberen Ende der Steilstufe und bei der Winde angelangt war, begab sie sich zum Mann an der Innenseite, wo sie einen kürzeren Radius zu gehen hatte. Sie trugen schmuckloses, verwaschenes Kleid, das ihr bis über die Knie reichte und am Saum nass geworden war. Auch ihr Haar, das ein fein geschnittenes Gesicht umrahmte, war von grauen Strähnen durchzogen. Als er die beiden so sah, die nackten Füße in den Boden gestemmt, das Gewicht ihrer Körper nach vorne gelegt und unter großer Anstrengung ruckartig im Kreise gehend, ging er hin zu ihnen, grüßte und machte deutlich, anstelle der Frau Hand anlegen zu wollen. Sie überließ ihm ihren Platz und widersprächte. Schulter an Schulter im Kreis gehend roch der Fremde den Schweiß des Griechen. Das Boot kam nur langsam näher und sah auch, wie zusammengeflicktes unterm türkisfarbenen Anstrich war. Als er seinen bestimmten Punkt erreicht hatte, weit genug entfernt von der Gezeitenlinie, gab der Fischer ein Haltzeichen. Nun zeigten sie ihm den Fang in der Kiste. Sie enthielt die größeren Fische, ein Bund schillerndes Dutzend verschiedener Sorten wie Barsche, Brassen und Knurrhahn-ähnliche Stachelflosser. Obenauf lag die schlanke Form eines Hornhechts, er glänzte silbern in der Sonne. Ob sie mit dem Fang zufrieden seien, fragte der Fremde. Nein, das war heute kein guter Fang, meinte der Grieche. So viele Stunden am Meer, er vollzog eine weitausholende Bewegung Richtung Bucht und die paar Fische. Der Fremde verabschiedete sich, nachdem er eine Handvoll Fische aus dem Tuch mit der Begründung abgelehnt hatte, dass er keine Möglichkeit habe, sie zuzubereiten. Das war gelogen, aber er wollte ihren dürftigen Fang nicht schmälern. Verwirrt, eine unbestimmte Schuld verspürend, entfernte er sich. Selbstverspürend entfernte er sich. Er war für ein paar Minuten in eine Welt eingedrungen, die so gar nichts zu tun hatte mit jener, die sich demnächst hier ausbreiten und für den Großteil des Tages und bis in die Nacht hinein bestimmen sein wird. Dass die Fischerboote nur noch am äußersten Rand des Strandes geduldet waren, erschien ihm symptomatisch. Nein, mehr noch, wie ein Mänethekel. Es war ihm, als hätte er mit den Letzten einer aussterbenden Ethnie zu tun gehabt. Er empfand Sympathie für diese Welt, aber was konnte er ihrem Ende entgegensetzen? Davon war er überzeugt. Mit dem Tod der beiden würde etwas verschwinden. Ein bestimmter Menschentyp, bestimmte Handgriffe, in denen sich auch ein durch Generationen überliefertes Wissen konzentrierte. Eine bestimmte Art, sich zu bewegen und eine einfache Lebensweise, der eine gar nicht so banale Philosophie zugrunde lag. Etwas, das vor langer Zeit an dieser Küste begonnen hatte. Maghreb 1. Tunesische Schafhirten. Ich sah sie gehen und stehen im dorsalischen Frühlingsregen, geduldig in ihren braunen Burnussen. Von den Kapuzenrändern tropfte flüssiger Staub auf ihre Nasen und Wangen. Und ich sah sie gehen, stumm über die Steppe im Wollrock, durch Staub gemessenen Schrittes, tastend ihr Krummstab über Fels und Stein. Vor ihnen stets die Herde, flockig aus der Ferne, mit verfilzter Wolle die Schafe, vereinzelt Ziegen, die in die Herde sich fügten. Sie ziehen durch das Land zwischen Kap Bon und dem Schott El-Cherit, wie zu Zeiten eben Kalduns, wie an Straßen und Eisenbahntrassen auf der Suche nach Weiden, Gründen, noch nicht von Bauten verwüsteten Gründen. Welch eine Beruhigung liegt in ihrem Wesen. Und wie eitel und von einer nichtigen Hektik neben ihnen jede andere Bewegung. Die Karawanen, die abends kamen, morgens aufbrachen, todmüde heimkehrten, Karawanen, trunken von Luftbildern, wie andere Schieds des Schieb, sind fort. Der Dieselmotor hat sie vertrieben, aber die Hirten und ihre Herden sind geblieben. Zwei. Medina von Kairo an. Ein kühler, aber sonniger Februartag. Er war vielleicht 30 und ich der einzige Gast im Café. Er brachte mir den bestellten Mokka und fragte mich, woher ich komme. Das Porzellan war zart, heiß und süß der Kaffee. Unvermittelt sprachen wir über Musik, über die von Tchaikovsky, Mozart und Johann Strauss. Der Dreivierteltakt, ja, das ist Österreich, aber sein Lieblingskomponist sei Beethoven. Neben uns rückte ein Gast die Wasserpfeife, die man ihm gebracht hatte, zurecht und begann zu rauchen. Den Burnus hatte er sich um die Schultern gelegt. Es war kalt im blau gekachelten Raum unter einem Kreuzgradgewölbe getragen von drei Säulen. Kommen Sie mit, sagte Najib Dubi, so hieß der Bursche, den ich für einen Kellner hielt. Ich zeige Ihnen alte Handschriften, Kalligrafien. Ich folgte ihm in seinen Laden um die Ecke. In einem schmalen Raum, Silberschmuck, Keramik, alte Waffen, Fotografien, Stiche und Bücher. Es war offensichtlich, er handelte mit Antiquitäten. Nimm dich in Acht, sagte mir die Erfahrung. Er zeigte mir einen recht stockfleckigen Koran, handgeschrieben, 200 Jahre alt. fleckigen Koran, handgeschrieben, 200 Jahre alt. Seite um Seite verkaufte er davon, gerahmt mit Silber und hinter Glas, an neue reiche Araber und Touristen, behauptete er. Blätterte vor meinen Augen in einem Buch über sein Land, Fotos in Sepia, Tiefdruck, der Text französisch, eine Kostbarkeit. Er drängte mir nichts auf, beteuerte immer wieder, er wolle ich doch eines Tages. Im Nebelwald. Ich gehe noch einmal zum Fluss hinunter. Am Nachmittag haben M. und ich etliche Kilometer flussaufwärts in seinem klaren Wasser gebadet. Ein Schauer ist vorübergezogen. Das Wasser des Sarapiki ist um Pech schwarz. Das Wasser des Sarapiki ist um Pech schwarz. Doch als der nahezu volle Mond wieder frei ist von grauer Trift, reflektiert das Wasser in den Stromschnellen sein kaltes Licht. In Ufernähe, auf einem riesigen Kiesel vulkanischen Ursprungs, unbefleckt vom phosphorhellen Schiss der Wasservögel, lasse ich mich nieder. Die Bäume beiderseits des Flusses sind riesig, sind Schlafplätze für Leguane, Brüllaffen und Faultiere. Die Geräusche aus dem Dunkel, wenn auch schon vertraut, führen instinktiv zu einem konzentrierten horchen ich ziehe immer wieder an der zigarre erstanden vor zwei wochen im kubanischen vinales bei einem tabakbauern wir kamen im verlauf einer rundwanderung an seiner aus holzstangen konstruierten mit tabakblättern gedeckten Hütte vorüber. Er lud uns ein, ihm beim Herstellen einer Zigarre zuzusehen. Danach, unvermeidbar, ergab sich ein kleiner Handel. Ich bin entspannt wie selten und gehe auf in dem, was unmittelbar über meine Sinne auf mich einwirkt. was unmittelbar über meine Sinne auf mich einwirkt. Unter meinen Füßen rieselt das Wasser dünn über kleinere Kiesel. Dieses Geräusch zieht meinen Blick an und lässt mich nicht mehr los. Das Mondlicht formt blitzartig ineinander fließende und wieder zerfallende fraktale Flächen. Matt-schwarze Felder en miniature umspielt von vieleckigen, zuckenden, sich schließenden und wieder öffneten Lichtbändern. Ein endloser, aus abstrakten Lichtzeichnungen bestehender Film. Rufe von Vögeln und Fröschen. Sie übertönen immer wieder das Rauschen des Rios. Die Stimme eines winzigen Frosches hat den Charakter einer Vogelstimme. Als etwas aufplatschend auf meine rechte Hand fällt, zucke ich erschreckt zusammen und der Glutpunkt der Zigarre fällt ins Schwarze. Costa Rica, Magasasi, Jungle Lodge, 11.03.2017 Wollen wir jetzt das Gespräch machen? Wie angekündigt, möchte ich Sie zuerst wegen des Titels befragen, die nahhafte Verzweiflung des Wirklichen. Könntest du uns da ein paar erläuternde Worte geben? Dazu sage ich eigentlich nichts. Ja, ist gut. Das kann jeder für sich selber. Ich meine, ich glaube, man kann das schon natürlich, wenn man will, erklären. Es gibt natürlich eine Wirklichkeit, wie sie ich zum Teil versucht habe, in Texten zu reflektieren oder zu schildern oder wie auch immer. Und in Anbetracht all der sekundären Wirklichkeiten könnte die Wirklichkeit vielleicht zu verzweifeln beginnen. Der Algorithmen etc. etc. und so weiter. Und auch jetzt noch KI und so weiter. Das ist natürlich auch eine Wirklichkeit, aber ich meine in dem Fall eine andere. Ich meine, die Verzweiflung des Wirklichen, das verstehe ich ja, aber das Nahhafte daran vielleicht nicht. Weil es ja unablässig ist, nicht? Also die Verzweiflung ist endlos, ist nahrhaft. Jetzt nehme ich gleich eine Frage vorweg. nehme ich gleich eine Frage vorweg, weil eben schon im Titel sprichst du diese Verzweiflung aus und auch in anderen Texten versteht man, dass hier der Impetus wirklich von der Verzweiflung her kommt, von einer Verzweiflung her kommt, auch angesichts dieser Ohnmacht gegenüber der Zeitenläufte. Ist Schreiben eine Art Rettungsanker für dich? Was hältst du von meiner These? Naja, erstens mal, ich glaube, es geht mir nicht nur um Verzweiflung oder dass ich Verzweiflung zu Papier bringe, sondern die, wie soll ich sagen, ich versuche Situationen zu schaffen mit der Sprache, die aus einer Betroffenheit entstehen oder aus Beobachtern. Es muss nicht nur eine Verzweiflung sein, weil ja Verzweiflung wäre für mich lähmend eigentlich. Schreiben für mich eine Möglichkeit, einfach Dinge zu bannen, die mir wichtig sind, die mir liebgewonnen sind oder Beobachtungen, die so eindringlich sind, dass ich sie durch das Schreiben noch einmal transformiere. Es ist ja so, dass der Schreibprozess eigentlich immer eine Verwandlung auch ist und das Spannende für mich ist beim Schreiben auch, wie gehe ich jetzt mit einer Situation oder mit einem Gedanken um, dass ich den jetzt zu einem Text, zu einer Komposition bringe, der nicht so viel didaktisch ist und vieles offen lässt, auch im Sinne eines offenen Kunstwerkes nach Umberto Eco. Und im Prinzip sind diese Texte eigentlich alles Bilder, die durchschnittlich getrennt sind. Manche sind eher poetisch, manche sind eher erzählerisch. Und die Zusammenschau oder warum ein Buch daraus entstanden ist, das ist also auch eine Form von Autobiografie letztendlich. So könnte man das auch sehen. Also jetzt habe ich die Frage beantwortet. Ja, ich meine, ich mache mir darüber immer wieder Gedanken, weil Adolf Musch, der Schweizer Schriftsteller, einmal Literatur als Therapie, dieses Büchlein, verfasst hat. Und das ist eigentlich ein sehr interessantes Experiment, das er damals mit seinen Studierenden angestellt hat in den 80er Jahren, war das glaube ich, wo er sich selbst einer Psychotherapie unterzog und die aber sehr bald abbrach, weil er es nicht ausgehalten hat, aus diversen Gründen, und dann seine Studierenden darum gebeten hat, sie mögen sich doch als Hausaufgabe sozusagen vor dem Spiegel, nackt vor den Spiegel setzen und dann ein Selbstporträt schreiben oder das aufschreiben, was Ihnen dann quasi in den Sinn kommt. Und daraus haben sie dann diese Frage entwickelt, ja kann Literaturtherapie sein oder Schreibentherapie sein? Und die haben das dann eigentlich verneint. Aber eines hilft Schreiben natürlich beim Ordnen. Es hilft, die Gedanken, die Eindrücke zu ordnen. Aber bei dir geht es ja schon, also das ist ja nicht eine Ordnung. Sicher schafft man durch die Aneinanderreihung von Inhalten und den dementsprechenden Worten eine bestimmte Ordnung. Aber bei dir ist ja auch ein starker, eben eine sprachliche Überformung, Bilder, die du dann schaffst dabei. Also es ist auch mehr als das. Es ist schon ein Ausdruck. Also eben du transformierst es, hast du gesagt. Sicher ist, ich würde nicht sagen Therapie, aber es ist eine Möglichkeit für mich zu leben und zu überleben. Wenn ich die Kunst nicht hätte, ich weiß nicht, ob ich noch existierte. Für mich war zuerst auch natürlich die Beschäftigung oder das Konsumieren von Kunst wahnsinnig wichtig. Das Lesen, gerade in der Phase der sogenannten geistigen Pubertät, also das waren für mich Rettungsanker, gewisse Bilder und gewisse Texte und gewisse Literatur und auch die Musik, also zweifellos und und andererseits ist es natürlich so, dass man, also wenn ich jetzt Muschk, wie du das erzählt hast, der Muschk wird wahrscheinlich gesagt haben, ich beende die Therapie, sonst kann ich nicht mehr schreiben vielleicht. Weil ja der Meister von Zwicklet, der Alfred Kubin, nachdem er da diese geistlichen Bilder geschaffen hat, dem wurde auch nahegelegt, er sollte auch eine Psychotherapie machen oder sich einer Therapie unterziehen. Und er hat gesagt, nein, nein, dann kann ich nicht mehr arbeiten, dann kann ich nicht mehr schaffen. Also das ist natürlich die Essenz oder auch ich weiß nicht, woher das kommt, das hängt von einer bestimmten Das ist natürlich die Essenz. Ich weiß nicht, woher das kommt. Das hängt von einer bestimmten Sensibilität zusammen, dass man eben Schriftsteller oder Künstler wird. Aber das müssen wir jetzt nicht besprechen. Ja, aber es ist natürlich ein sehr aktiver und offensiver Umgang. Inhaltlich werden wir als Nicht-Politiker nicht viel bewegen können. Aber ich denke schon, dass eben diese Transformation, von der du sprichst, etwas bewirkt, nicht nur in einem selber. Und ich komme dann auch zur nächsten Frage. Das ist auch eine Gegenwehr eigentlich. Genau. In einer gewissen Weise. Also um dem Vorhandenen, so wie ich das Spekulage mache, dass ich das Vorhandene zerstöre, also die Medienwelt. Und was anderes daraus mache, als ich meinen Willen draufsetze, sozusagen. Also so kann man das vielleicht auch sehen. Mir ist nämlich jetzt, ich weiß noch, zum ersten Mal eigentlich so eine wiederkehrende Struktur einiger Texte aufgefallen. Also Sie beginnen so oft mit Beobachtungen, sehr detaillierten Beobachtungen und Beschreibungen, die du dann relativ objektiv formulierst. Und dann kommt oft das beobachtende Ich ins Spiel und damit auch die Emotionalität dieses beobachtenden Ichs. Und schließlich endest du dann mit einer sehr starken Verdichtung. Das kann sein ein Appell oder ein philosophischer Gedanke oder ein sehr poetischer, also eine Anrufung der Poesie, würde ich fast sagen, sehr poetischer Gedanke oder Formulierung. Inwieweit ist das eine bewusst herbeigeführte Anordnung oder Steigerung des Textes? Oder ist das eine unbewusste Dynamik? Naja, beides eigentlich. Also einerseits diese Dynamik, wenn ich mich hinsetze. Ich weiß ja manchmal, oder meistens nicht zu Beginn, wenn ich etwas schreibe, wie das endet oder wie sich das weiterentwickelt. Das bekommt schon eine eigene Dynamik und wie du dir denken kannst, ist das dann, das Geschriebene, nicht die letzte Fassung und dann wird korrigiert und verdichtet oder was weggelassen und so entsteht dann also irgendwann denke ich mir, das funktioniert so der Text und vieles wird ja nicht publiziert oder fällt weg und wenn ich zufrieden bin, dann kommt es in den Buch. Die Beobachtung ist richtig, dass diese Transformation, also dieser Werdegang wahrscheinlich nicht bei allen und manches ist auch sehr stark imaginiert. Wo aufgrund von Assoziationen eigentlich etwas entsteht. Also einige Texte, die eher abstrakt sind, die sind dann eigentlich durch da geleitet mich dann Bilder vorwärts oder auch Sprachrhythmen oder Assonanzen und so weiter. Das ist unterschiedlich. Am Anfang ist es ja auch statisch, also du vertiefst dich so richtig in einen Anblick oder in eine Materie und so und dann kommt das wirklich, da kommt so Bewegung rein, das ist schon sehr, also diese Abwechslung, das ist auch das, was so eine Spannung aufbaut natürlich in der Lektüre. Und zu den Appellen hätte ich schon eine Frage, weil das ist mir auch in diesem Band am meisten aufgefallen, aber vielleicht habe ich es auch nicht so in Erinnerung, diese erwähnten Appelle, mit denen du dich hier vermehrt an dein Lesepublikum wendest, dann habe ich mir die Frage gestellt, okay, also ich meine, das sind ja Appelle, die ja auch aus dieser Beschäftigung mit unserem Umgang mit der Umwelt passieren, also begründet sind. Aber gibt es etwas, das du gerne mit deinen Texten konkret bewirken möchtest? Das ist eine Frage, die Germanisten nie stellen dürfen, vor allem nicht in der Textinterpretation darf man sich nie darüber Gedanken machen, was die Intention war. Nach Roland Barthes ist das verboten. Aber ich frage Sie jetzt, weil der neben mir sitzt. Ja, warum nicht? Aber man weiß ja, dass die Zahl der Leser sehr gering ist und also man möchte vielleicht, aber man weiß im selben Moment, dass man eigentlich nichts bewirkt. Das sage ich jetzt einmal so. Also großer Modemann, es kann sein, dass Einzelne sich bestätigt fühlen. Das weiß ich aber nicht, was eine Leserin oder ein Leser damit anfängt. Bekommst du kein Echo von deiner Leserschaft? anfängst. Bekommst du kein Echo von deiner Leserschaft? Ja, insofern, dass sie halt sagen, das ist stark oder du hast etwas formuliert, was ich nicht ausdrücken könnte, aber so sehe ich das auch. Ja, also das sind teilweise inhaltliche und teilweise aber auch formale Rückmeldungen oder auch auf das formale bezogene Rückmeldungen, die halt in Form von Gesprächen oder in Form von Briefen oder so auf mich dann zurückkommen. Ich meine, ein sehr schönes Buchbesprechen hat zum Beispiel der Helmut Schöner in einem Blog geschrieben, wo ich mir denke, der hat das am besten verstanden, zum Beispiel, was ich vielleicht gemeint habe. am besten verstanden, zum Beispiel. Was ich vielleicht gemeint habe. Oder zumindest Aspekte, man kann ja nicht in einer Besprechung alle Aspekte des Buches dann auch abdecken. Aber vielleicht kann man heute dann noch eine Rückmeldung haben von der einen oder anderen Person hier. Das wäre dann vielleicht die Nagelprobe. Aber es muss nicht sein. Jetzt abschließend, also unser Gespräch abschließend. Das wollte ich dich schon lange fragen. Wie wählst du eigentlich deine Reiseziele aus? Ich meine, wie bist du zum Beispiel auf Irland gekommen, das dich so fasziniert und fast immer wieder anzieht? Und wie reist du? Reist du alleine? Bist du dann immer unterwegs oder hast du einen zentralen Ort, von dem aus du dann zu Fuß gehst oder mit dem Bus fährst? Oder wie bereitest du die Reise vor? Wie bereitest du die Reise nach? Ja, das ist sehr unterschiedlich. Also wenn ich jetzt mein Leben überblicke, also ich bezeichne mich als Halbnomade. Also einerseits diese dieser Fixpunkt, also Garten und das Landleben, darum heißt das in seinem Kapitel Landleben, lebenslänglich, man sagt das sonst nur Haft, ist ja lebenslänglich, weil ich hadere ja auch immer damit, wieso bin ich nicht in eine Großstadt gegangen nach Wien. Weil in der Provinz als Künstler und Schriftsteller zu überleben ist einfach viel schwieriger. Ja und zu der ersten Frage, warum Irland zum Beispiel. Da wird in der nächsten Rampe ein großer Beitrag von mir drinnen sein. Da wird in der nächsten Rampe ein großer Beitrag von mir drinnen sein. Das begann 1975 mit einer Reise, zu der ich eingeladen wurde, weil ein Freund von mir den VW Käfer seiner Tante bekommen hat zu einer Reise nach Irland. Und er hatte einen Gebrauch, der ein bisschen Benzin mitzahlt. Und so sind wir losgefahren, fünf Monate unterwegs. unterwegs damals hat es noch keinen Führer gegeben bis auf einen, also Irland war unbekannt man hat ja gar nicht gewusst, wann die Fähren fahren also es hat schon eine Direktfähre gegeben von Le Havre nach Oslea und Reisen ist für mich eigentlich auch eine Form, wenn man am nächsten Tag nicht weiß, wo man ist bis zu einem gewissen Grad natürlich hat sich das dann auch später geändert mit Familie und so und Reisen, naja bis zu einem gewissen Grad. Natürlich hat sich das dann auch später geändert mit Familie und so. reisen, naja, es haben sich einige so Schwerpunkte ergeben. Irland ist sowieso eine dritte Heimat, also eine vierte. Mühlviertel, Waldviertel, Böhmen, Irland, das würde ich mal so sagen, das sind meine wichtigen Bezugspunkte. Und dann Maghreb, also Marokko und so, da ist noch vieles offen eigentlich. Und naja. Griechenland? Griechenland natürlich, ja sehr stark. Da war ich das erste Mal 1976. Skitouren. Skitouren? Ja, im Pindusgebirge und am Olymp. Das war meine erste Begegnung mit Griechenland. Und später halt dann diverse Inseln. Korsika auch Skitouren zum Beispiel. Und in letzter Zeit hauptsächlich die Marni und Greta. Aber du reist ja nicht, wie wir uns das jetzt vorstellen, oder du reist nicht hin, hast ein fix gebuchtes Engagement, sondern du gehst ja, also ich habe das nur aus der Lektüre herausgezogen quasi, du gehst ja dann mit einem Vorwissen, du weißt, um die Kontingenz der Räume, also was an welchen Orten im Laufe der Zeit geschehen ist. Du gehst die Partisanenwege auf Kreta nach. Also du suchst dir diese Orte historischer Ereignisse auf und du suchst auch Spuren und du siehst auch die Spuren in der Landschaft. Für dich ist eine Landschaft, nicht nur zerfällt sie dir als bildender Künstler in geometrische Formen und Farben und Collagen, und Collagen, sondern du siehst ja die Geschichte und du hältst auch, du siehst die Wege, du siehst nicht nur die räumlichen, auch die zeitigen Wege. Und das ist schon was ganz Eigentümliches und Bemerkenswertes. Ja, wahrscheinlich. Ja, wahrscheinlich. Es ist schon so, dass gibt es einige, also nach Familienurlauben, man weiß ja, wie das mit den Kindern nicht so ist und so, aber da sind wir auch schon immer wieder in die Berge hinaufgegangen und haben uns nicht nur dem Strandleben hingegeben, sondern auch dem Hinterland, sage ich jetzt einmal. Handleben hingegeben, sondern auch dem Hinterland, sage ich jetzt einmal. ich habe über Patrick Lee Förmer, über diesen Reiseschriftsteller, der ja während der deutschen Besatzung als Geheimagent gelebt hat und agiert hat und hat auch den Oberbefehlshaber von Greta, den General Greipe damals, mit griechischen Partisanen gekidnappt und so weiter und sind sie über die Berge gezogen. Einen Monat immer verfolgt von der deutschen Wehrmacht und von der SS, haben sich in Höhlen versteckt und so weiter. Und diese Dinge nachzugehen und dem nachzuforschen, das interessiert mich. Und da habe ich jetzt auch vor Jahren ein Buch entdeckt, The Cretan Runner heißt das. Es gab da einen Kret, einen ganz armen Schafhirten aus Asigonir, das ist ein Bergdorf im nördlichen Abhang von Lefkaori, der Weißen Berge. Und der hat sich also zur Verfügung gestellt als einer, der Nachrichten überbringt zwischen den Andarten und dem englischen Geheimdienst. Und der hat dann später, also nach dem Krieg, ist er inhaftiert worden von den eigenen Leuten, weil sie glaubten, er hat Spionage betrieben und so weiter, hat er dieses Buch geschrieben über seine Zeit, vier Jahre in den Bergen unterwegs. Und das hat Patrick Lefevre mal übersetzt ins Englische. Und das ist ein unglaublich interessantes Buch, was dieser Mensch alles erlebt hat, mit anderen Menschen zusammen. Und darum war ich auch dort in Asigonia, da gibt es jetzt ein kleines Museum, und habe versucht, diese Wege auch zu gehen. Und der ist zum Beispiel, muss ich vorstellen, in der Nacht 70 Kilometer über die Berge von der Nordküste nach Süden gelaufen. Ärger wie ein Marathonläufer. Und solche Menschen, und schade, dass ich ihn nicht berichte, er ist erst vor einigen Jahren gestorben. Er war dann eigentlich einer, der dann sehr stark für die Verbrüderung der Deutschen und der Griechen sich eingesetzt hat. Da gibt es einen riesigen Friedhof in der Nähe von der Bucht von Souda, wo diese Fallschirmjäger und so weiter, die Deutschen, gefallen sind. Das sind ja en masse, die da heruntergeschossen wurden und so weiter. Und da hat er sich eben, er hat für diesen Friedhof, wo also Kreter und Deutsche begraben sind, hat er einen Dienst gemacht, also sozusagen freiwillig und hat versucht zu erklären die Leute, die dort hinkommen und so weiter im Sinne einer Aufarbeitung, dass sowas nicht mehr wieder passieren soll, also friedensstiftend über Generationen hinweg und so weiter. Also du kommst dann auch beim Reisen sehr viel aus dem Lesen anderer Bücher, die du dann da auch verifizierst, quasi diese Spuren. Oder Leute zuhören, das ist auch interessant. Gut, damit wir nicht Ihre Geduld überstrapazieren, belasse ich es jetzt, wir können ja dann noch im Privaten weiterreden. belasse ich es jetzt, wir können ja dann noch im Privaten weiterreden und genau und Richard Wall wird jetzt noch zwei Porträts, zwei kurze Porträts lesen und dann diesen Gedichtzyklus wie ich es nenne genau ja, danke ja, ja ich glaube Ja, danke. Ja, ich verkürze jetzt und lese jetzt einen Text, der schon 2012 entstanden ist. ist und es ist ein Erinnerungstext jetzt an den Gerald Leitner, der am Sonntag verabschiedet wurde. Seine Frau ist hier im Publikum, der reinigende Blick auf die Dinge, zu den Kristallisationsprozessen in den Bildern von Gerold Leitner. Ein Pinsel huscht, nein, spaziert übers Papier, spaziert, so wie nie zuvor, lange zuvor, und eben erst und immer wieder die Augen des Malers spazierten oder tasteten über all die Dinge, die uns umgeben, oder tasteten, über all die Dinge, die uns umgeben, angezogen von augenfälligen, aber keinesfalls plakativen Farbnuancen aus Bruchsteinen Gebautes, Holz und dessen Fladerung in den Brettern, Marmorierung in alterwürdigen Räumen, Grauabstufungen an Felsen, am Gestein, frisch gebrochen oder von Flechten kolonisiert, Bruchlinien, Einschlüsse, Maserungen, Kanten entlang, Gebrochenes, Splitteriges, Abgewetztes und Geschnittenes. Doch der Pinsel dreht sich auch, weicht ab im spitzen Winkel, gibt einem Druck nach und geht, wie bei einem chinesischen Kalligrafen in die Breite, wandert zurück, die Haare gespreizt auf einen anderen, breiteren Spur, hebt ab, tupft dahin und dorthin, wird dann wieder aufgesetzt zur Spitze. Die Spur zur feinen, allerfeinsten Linie, die plötzlich abreißt, verschwindet. Auch ein Pinsel muss Atem holen, meist zugleich mit dem, dessen Hand ihn führt. Gerhard Leitner hat die Pastellkreide, die wischenden Finger, das flüchtige Pigment mit dem Pinsel und mit Bindemittel gesättigten Farben eingetauscht und setzt seine konzentriert meditativen, formalen und malerischen Erkundungen fort mit anderen Mitteln. Gegenständlich oder abstrakt diesen Kategorien entziehen sich die Studien des Meisters. Es sind abstrahierte Naturerscheinungen, so wie das gediegene und hochprozentige Destillat noch immer den Geschmack der Zwetschge, der Birne, des Korns nicht verleugnet, haben die Bilder von Gerhard Leitner das Anschauliche, das Beachtenswerte, aber so oft Unbeachtete in sich aufgenommen. Über Metamorphosen, die in der Regel nicht einmal der Künstler selber genau kennt. Sie sind das harmonische Manifest eines sensiblen Beobachters unserer immer hässlicher werdenden Welt. Relief des Blicks für Bodo Hell. Im Lesen einer alpinen Landschaft, vor allem in dem, was die Topografie vorschlägt. Morphologie, die Formen der Grate, Gipfel und Wände, Latschenhänge, Almenwege, Forststraßen, Schneefelder, Kare, Dolinen, Schluchten, Rinnen, Verschneidungen und Kamine. Die beiden letztgenannten Mikrostrukturen sind vor allem für Kletterer relevant. Jedenfalls ist weitaus mehr vorhanden, als unsere Sinne zu erfassen vermögen. Die Annäherung kann mit wissenschaftlichem Instrumentarium, mit den Mitteln der Poesie oder bildenden Kunst erfolgen. Ergänzend müsste man auch noch ins Detail gehen, zu Flora und Fauna, Historisches und Mythen und vieles mehr in Betracht ziehen, um einen Gebirgszug charakterisieren zu können. Bodo Hell war darin im Orten und Verorten, im Erkunden und Darstellen, im Erfassen und Vernetzen des Sichtbaren und Unsichtbaren, angesichts der Überfülle des Gebotenen, kompetent wie nur wenige. Zitat Ende. Wurde hell gebraucht in seinem zuletzt erschienenen Buch Begabte Bäume, den Begriff des Landschaftsverschlingens. Ebenfalls gut zu Fuß unterwegs gewesen, zwischen Anteatlas im Süden, dem heiligen Berg der Samen, Sahner in drei Länderecken, Norwegen, Schweden, Finnland und Norden, zwischen Olympindusgebirge, den Bären Kretas im Osten und jenen Irlands an der Atlantikküste, ahne ich, was er mit diesen Worten meint. Nun ist Bodohell in diesem Hitzesommer, es gab klarerweise in diesen Tagen keinen Neuschnee, irgendwo auf der Hochfläche auf dem Stein, im Dachsteinstock verschwunden. Eine unfassbare Wahrheit, die ich nicht zur Kenntnis nehme. Und jetzt der poetische Schlusssatz. Aufs Blatt der Sense gedengelt. Also das ist jetzt nicht nur ein Bild, sondern ich betreibe tatsächlich das Sensenmähen. Föllensturm rüttelt mich wach, reißt mir die Kappe vom Kopf. Der Tag enthüllt mir bleiche Wurzeln des Giersch. Steine im Erdreich, Allmächtiges, das ich umgrabe. Solang Wände bis ein Beet entsteht, für Bohnen, Lauchpflanzen, Knoblauch. Ein stetes Heran und Hinweg von Gewölk. Grelles Licht über allen Gräsern. Der Enkelin Strickleiter, geknüpft an den Ast einer Kiefer, schwankt im Wind. Meine Worte beleben, was einst war. Flinke Beine und ein Lachen im Gesicht. offen und herzhaft, wie nur ein Kind dies vermag. So vieles Vergangen verloren, unwiederbringlich Heiteres, unwillkürlich auf geweißnetem graue Töne, dumpfe Bilder. Atem stottert, Wolken schubweise, wer vermag schon zu schreiben in dieses Weiß. Malgrund, Transparenz vom Licht zerrissen, der Keilrahmen splittert, als Pulverholz aufzulesen am Saum des Waldes. Ich sah mich schwanken, als die Lüge zur Tat mich rief. Was für ein Licht, das meine Ganglien scheuert. Gereinigte Erinnerung, verblichen das Belanglose. Hellwach mit geschlossenen Augen, die Gewissheit über Vermeidbares, entsteht später, spät, zu spät, zu viele Dinge angehäuft zwischen Fenster und Türen, Stillleben verachtet, bis auf jene auf der Hubelbank, die Werkzeuge meiner väter bewährt es zu spät begriffen das wort langsamkeit schatten verlagert und nicht weil unfähig zu schweben auf sie zu treten du und fassungslos weil deine anstrengung den hauch vor dem horizont versagt eine schreibt ruhe vermag einiges zu fassen, mit ihr kommst du gut voran. Der Horizont belebt sich, Baumreihen, gepflügtes Telefonmasten. Die Radnarbe singt das alte Lied vom Tragatsch, mit einer Fuhre Stallmist obenauf. Ein Wunder, dass, wie es so halt so ist, sich nicht wiederholt, partout sich nicht wiederholt, ein Glanz, der erloschen das Erdreich darbt. Im Winkel ein dunkler Abglanz aus gefestigtem, aus dem im Berg aus Gneis und Quarz sich erhebt, die Rückseite des Mondes ergibt, vor allem im Granitland, eine Ahnung von einer kalten Hauswand im Winter. Hügel an Hügel reiht sich, Schulter an Schulter, stark vom Tragen und nicht knicken ein die Beine, um nicht unter die Räder zu kommen, der von Hochmut gewichtigen Karren. Vom hohen Ross ganz tief geschaukelt hat der Bube das Imperium von wegen, Sie wissen schon, gezinkte Karten. Hier hustete, hüstelte angestrengt deswegen nicht einmal die Dachrinne aus verzinktem Blech. Der Glanz geschälter Fichtenstämme entfaltet sich beim dörflichen Maibaum aufstellen und stehlen. Namenlose Rinder und Rindenschäler allerorts, mit Harz geschriebenes, gleichgültig gegen das Diesseits und Jenseits, dem sich anzunähern mit glimmendem Kohlestift. Dem von Pasolini bedauerten Verschwinden der Glühwürmchen auch hier ein Stück näher. Propagierte Gedankenlosigkeit von Algorithmus zu Algorithmus. Gedanken kommen sich ja kaum in die Quere, von Angesicht zu Angesicht. Mit den Händen in die Erde, dann hoch durch die Luft, zu schreibende Keilkraft bewirkt Feinmotorik. So lebt der Gärtner, aufsplitternd, Kenntnisse täglich aufs Neue, aufrecht gebückt mit dem Saatgut immer wieder nieder auf die wissenden Knie. Zum Auslesen der Bohnen erübrigt sich der mörderische Einsatz des Trash-Flegels. Dennoch feckt ständig etwas durch die Luft, das Blatt einer Schaufel, ein von leichter Hand geworfener Eisenrechen. Das langgezogene Aufheulen eines Mopeds beendet die Pflegejahre des Nachbars Buben. Ein Stein, nein Falke, stürzt nieder auf Beute ins Gewirr der Gräser. Am Rande der Schnebel blutet das Land. Etwas geht auf und ab, hin und her, im dichten Gespins der Wälder. Es enthüllt ein buchstabenähnliches Grün und eine Luft, die jede Lunge erröten lässt. Ein Aufseufzen der Winde nach dem Durchmarsch einer Motorsäge beendet den Tag. Staubträger bin ich, ein pollenschluckender, Augen ins Rot reibender Staubträger. Ein dankbares Exemplar für die nimmermüde Wissenschaft, der wir, wie nur wenige wissen, alles verdanken. Dem Klage und Klangweg des Wassers auf der Spur mit seiner reinigenden Kraft, um die Rötung zu lindern. Ein unbeschwertes Treiben und Triften, unmündig und erntemüt im durchgetrübten Fahrwasser. An festgenagelten Knochenhäuptern vorüber Fund- und Belegstücke eines rabiaten Kannibalismus unerforschlicher Geldinstitute. Unaufgeforderte Begründung. Kein ausgefranster Kälberstrick, sondern die Reihe der Ahnen, die gerodet, gepflügt, gesät und geerntet, hielten mein Abnützen gebunden an die Blut- und Schweißgedrängte Rinde. Hände wie Augen sind gefolgte Möglichkeiten des Werkzeugs. Hammerschläge, Beinwürfe, ein Hahnenschrei durch eine Luft aus Frost und Hitze. Geboren in eine Lichtung harkinischer Wälder, durch die einst Bavur geritten, in eine Lichtung harkinischer Wälder, durch die einst Bavur geritten, brachtest du, Mutter, bevor das Gewitter losbrach, durch aufgewirbelte Krannen den Duft vom Brot ins Haus. Danke. Vielen Dank für die Lesung, Richard Wall, und für die Moderation Alexandra Milner. Alexandra Milner hat es in ihrer Einführung erwähnt, beeindruckend und wirklich bestechend ist die Dichte dieser Texte und das volle Leben da drinnen. Also sie sagte auch, es ist fast unmöglich, das in einem durchzulesen, obwohl es ein dünnes Büchlein ist. Ich gebe ihr da vollkommen recht. Die nahhafte Verzweiflung des Wirklichen soll sie aber nicht verzweifeln lassen. Ganz im Gegenteil, hinten können Sie das Buch erwerben und sich zu Hause dann am Entzweifeln üben. mich freuen, wenn wir uns am Donnerstag wiedersehen, wenn Gertraud Klemm und Lydia Haider hier zu Gast sind und überall, wo Gertraud Klemm ist, geht es um Feminismus. Wenn Sie das interessiert, dann kommen Sie am Donnerstag wieder. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend. Vielen Dank. Applaus