Was ist die Zukunft der Facebook-Abstimmung? sieben Jahren. Umspannt. Das rein fiktional, ein Mann mittleren Alters ist in der Krise, passt super zum Helden von Rudi Habringer. Es heißt übrigens Münken, ja? Nicht Münken. Die Raumforderung. Die Raumforderung An einem Samstag im Frühling, an dem Böen die dicken Sperlinge aus dem Flieder wehten und diese so schnell wieder in ihre Positionen zurückflatterten, als zöge sie ein Gummiband zu den Zweigen, überraschte mich das Gefühl, dass ich ab jetzt glücklich werden könnte. Der Eindruck der Sinnlosigkeit, den ich mir beim Wegwerfen des Erbes meines Onkels zugezogen und den die Trennung von Katharina natürlich noch vertieft hatte, verlor seine erdrückende Last, wahrscheinlich, weil ich endlich halbwegs so lebte, wie ich es mir vorgestellt hatte. Den ganzen Vormittag sah ich aus dem Fenster auf die apernden Bergrücken, trank eine Tasse Kaffee nach der anderen und malte mir eine Zukunft aus, einen großen Sommer, ein Leben ohne Rechenschaft. Im Geiste ging ich die wilden Touren durch, die ich mir vorgenommen hatte. Am Nachmittag landeten Stare im Berg Ahorn, eher eine Bande als ein Schwarm, doch sie knarzten und fiepten und spotteten so fröhlich von den Ästen herab, dass mich eine sinnlose Freude überkam. Anforderungen und vor allem die Eintönigkeit gewöhnt hatte, in all diesen Jahren meistens weder Sorgen noch Probleme noch Freude. Das Einkommen reichte gut für mich selbst und die Alimente. Im Amt musste ich keine großen Rechenschaften abliefern. Ich profitierte vom minderen Wert der Literatur im Fördergefüge und blieb lange unbehelligt. Zu meinem Unbehagen begann sich das zu ändern, als meine vorgesetzten Digitalisierung, Narrative, Leuchtturmprojekte und Disruptionen in ihren Korrespondenzen und Weihnachtsansprachen schreiben ließen. Während der Zeit, in der ich auch aus meinem privaten Paradies vertrieben wurde, geriet der neue Kulturdirektor in Fahrt, sodass ich mich mit etlichen neuen Zuständigkeiten belastet sah, als ich wieder einen klaren Kopf für die Arbeit hatte. Ausschreibungen, Leitbilder, Mission-Statements, das hatte ich doch vermeiden wollen. Das hatte ich doch vermeiden wollen. Ich musste schon froh sein, nicht auch noch das unendliche Interview übernehmen zu müssen, das mit dem jeweiligen Landeshauptmann in der Kulturpublikation meiner Abteilung zu führen war. Eine monatliche, sehr lange Variation der Frage, Herr Landeshauptmann, wie wichtig sind Kunst und Kultur für die Gesellschaft? Und der LH-Antwort? Von meiner Seite her ein klares Bekenntnis zum kulturellen Standort des Landes und dann immer zu beenden mit Danke für das Gespräch, Herr Landeshauptmann. Ich schrieb jetzt Texte wie Künstlerisches Schaffen formuliert differente Narrative über gesellschaftliche Wirklichkeiten, die als Spiegelungen und Abbilder ein neues Verständnis dieser Wirklichkeiten ermöglichen und würzte sie mit Diversität und Vielfalt, was selbstverständlich nichts daran änderte, dass die Manuskripte, über die ich zu richten hatte, ausschließlich von Menschen namens Gstötterbauer, Huber und Weismann kamen. ausschließlich von Menschen namens Stötterbauer, Huber und Weismann kamen. Irgendwann kam der Auftrag, ein, zwei tote Schriftstellerinnen mit Regionalbezug herauszusuchen, nach denen man ein neues Frauenstipendium benennen könne. Aber nach meiner Frage, warum es kaum halb so hoch dotiert sei, wie die nach Stifter und Bernhardt benannten, hörte ich nichts mehr in dieser Sache. Rein fiktional. Komplikt fiktional allerdings. Lange hatte mich meine Ambitionslosigkeit gerettet. Ich galt ohne eigenes Zutun als links. Mit ehrlichem Gleichmut hatte ich es jahrelang den Kolleginnen überlassen, an meiner Stadt in die Fachteams und Steuerungsgruppen und Gremien und Beiräte aufzurücken. Ich hing durchaus an meinem Arbeitsplatz, mir reichte alles, was mich beschäftigt hielt, weil für mich das eigentliche komplizierte Leben an der Eingangspforte des Amtes aufhörte. Forte des Amtes aufhörte. Und ich war dankbar, nicht in einer Marketingagentur der Tourismusabteilung gelandet zu sein wie die meisten meiner Studienfreunde. Nach der Arbeit im Literaturarchiv hatte ich mich in meiner Ratlosigkeit auf einen Probemonat bei der lokalen Tageszeitung eingelassen. Die älteren Redakteure vermittelten mir in den ersten beiden Wochen, mein Deutsch sei unbrauchbar und in den beiden letzten, dass ich ein Motivationsproblem habe, da es mir nicht gelang, meine Unlust zu verbergen, an einem Sonntag zur Jahreshauptversammlung des Grammerstädter Kameradschaftsbundes zu fahren. Die Anstellung beim Land sah ich lange noch als meine Rettung, meine geschützte Werkstatt. Zugleich empfand ich ständig ein schlechtes Gewissen gegenüber den Lyrikerinnen und Heimatdichtern und Autorinnen und Performancekünstlern, die so dafür brannten, das zu schaffen, was ich oft als Mühsal weglas. Diese neun jungen Menschen in eng sitzenden Anzügen über mir, die für ihre Sache so glühten wie die Künstler, aber ganz andere Ziele verfolgten, versetzten mich in milde Panik. Sie würden nicht nur meinen Sarkasmus angesichts ihrer Betriebswirtschaftsphrasen sofort durchschauen, sondern vor allem mein fehlendes Feuer. Deswegen ging ich an einem Samstag in ein Herrenmodengeschäft und ließ mir zwei teure Dreiteiler verkaufen, in denen ich mich von da an zumindest äußerlich verschanzen konnte. Nie wieder trug ich Turnschuhe in der Stadt. Sobald ich aber in mein Haus kam, war das Erste, meine Uniform abzulegen und in meine verschlissenen Wanderhemden und Jogginghosen zu schlüpfen, als wären sie meine wahren vier Wände. Danke sehr.