Schönen guten Abend, liebe Damen und Herren, grüße euch liebe Freunde. Ich begrüße euch zur Vorlesestunde im DorfTV und wünsche einen interessanten Abend. Wie ist dein Beruf? Wie bist du als Journalist? Mein Name ist Hermann Knapp. Ich bin hauptberuflich Journalist und eher Romane mit etwas schwarzem Humor, wo ich aber auch gerne von einer besseren Welt träume. Mein letztes Werk, das 2019 im Verlag Wortreich in Wien erschienen ist, ist der Auserwählte. Heute möchte ich Ihnen aber eine kleine Kriminalgeschichte präsentieren, und zwar aus einem Sammelband, den ich mit Kolleginnen verfasst habe, Finstere Geheimnisse. Und die Geschichte heißt Der seines Namens. Klein, schmächtig und eher introvertiert wirkend, entsprach er ganz und gar nicht dem gängigen Klischee eines Mordermittlers. Aber das machte er mit einer guten Beobachtungsgabe, Scharfsinn und Beharrlichkeit mehr als wett. Jetzt stand Rambock vor dem Büro des Hauptkommissars und hatte gar keine Lust hineinzugehen. Aber dann gab er sich einen Ruck, holte tief Luft und öffnete die Tür. Die Sekretärin im Vorzimmer sah auf. Sie war um die 60 und zweimal geliftet, hatte sich aber eine mädchenhafte Figur bewahrt und wirkte mit ihren blond gefärbten Haaren um etliche Jahre jünger. Der Herr Hauptkommissar warte bereits eine halbe Stunde auf sie. Er ist schon sehr ungeduldig, sagte sie, aber es war kein Vorwurf in ihrer Stimme. Rambock zuckte mit den Schultern. Ich sollte ihn meiner Ex-Frau vorstellen. Sie haben viel gemeinsam. Ihr konnte ich auch nichts recht machen, sagte er verdrießlich. Die Sekretärin lächelte. Sie kannten sich schon lange und wussten, was sie voneinander zu halten hatten. Außerdem schikanierte der Hauptkommissar sie beide. Das machte sie automatisch zu Verbündeten. Sie drückte auf die Sprechtaste an ihrem Schreibtisch. Der Herr Kommissar ist jetzt da, sagte sie. Reinkommen, hörte Rambog eine mürrische Stimme. Die Sekretärin deutete mit der Hand zur Tür. Er freut sich schon sehr, sie zu sehen, sagte sie sarkastisch. Der Kommissar seufzte, durchquerte den Raum und betrat das Zimmer seines Vorgesetzten. Hauptkommissar Dieter Hansen stand an einem Fenster und blickte auf die Straße hinaus. Er war ein großer Mann mit einer spiegelten, von einem braun-gräulichen Haargranz umrangten Glatze. Die Zeiten, da er Selbstverbrechern das Handwerk legte, waren lange vorbei. Er musste sich nicht mehr für Verfolgungsjagden fit halten und das sah man ihm an. Er wird fett, dachte Rambock respektlos. Hansen wandte sich ihm zu und deutete mit der Hand auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Setzen, befahl er. Rambock kam der Aufforderung nach. Ich wünsche Ihnen auch einen schönen guten Morgen, Herr Oberkommissar, sagte er wohlwissend, dass Hansen die Ironie in seinen Worten überhören würde. Für derartige psychologische Feinheiten war er völlig unempfänglich. Der Hauptkommissar schaute demonstrativ auf die große Uhr an einer Wand des Raumes. Wenn ich mich richtig erinnere, ist um 8 Uhr Dienstbeginn und nicht erst um halb 9, sagte er streng. Rambock fühlte sich prompt wie ein Schuljunge, der gemaßregelt wird, weil er zu spät im Unterricht erscheint und nicht wie ein erfolgreicher 40-jähriger Kommissar im Morddezernat. Er versuchte aber gar nicht Hansen zu erklären, dass er bis zwei Uhr nachts im aktuellen Mordfall ermittelt hatte. Er hätte ohnehin nichts genutzt. Stattdessen setzte er eine zagnierste Miene auf. Ich werde es mir merken, sagte er. Hansen brummte. Kommen wir zur Sache. Was gibt es Neues im Fall Sonnenstein, fragte er. Wir tappen im Dunkeln, wäre die ehrliche Antwort gewesen. Stattdessen sagte Rambock, die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Wir verfolgen alle möglichen Spuren. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Wir verfolgen alle möglichen Spuren. Hansen musterte ihn durchdringend und für einen Moment blitzte unter dem Mantel von Selbstgefälligkeit und Behebigkeit, der ihn umgab, der engagierte junge Kommissar hindurch, der er früher gewesen sein mochte. Beißen Sie mich nicht mit Floskeln ab. Haben wir schon etwas Konkretes? Ich habe einige meiner Informanten kontaktiert, sagte Rambock vorsichtig. Ich denke, dass wir bald wissen werden, wer mit derartigen Puppen handelt. Informanten, sagte Hansen gedehnt. Sie wissen, dass ich Ihren Umgang mit diesen dubiosen Subjekten, die Sie Informanten nennen, nicht gut heiße. Er nickte gönnerhaft. Aber in diesem speziellen Fall will ich ein Auge zudrücken. Es ist wichtig, dass wir vorankommen. Die Sonnensteins sind eine angesehene Familie und haben gute Kontakte bis hinauf ins Ministerium. Heute morgen hat mich Giesel Herr Hildesheim angerufen und mir mitgeteilt, dass man an oberster Stelle ein Auge auf die Ermittlungen habe. Auf keinen Fall darf die Presse Wind von den seltsamen Umständen bei Sonnensteins Tod bekommen. Die Schmierfinken würden wieder nur Fake News verbreiten. Offiziell ist Sonnenstein an einem Herzinfarkt gestorben, was genau genommen ja auch stimmt. Rambock widerstand der Versuchung durch die Zähne zu pfeifen. Hildesheim also. Das erklärte vieles. Der Mann war einer der Masterminds der rechtskonservativen Regierung und der engste Vertraute des Innenministers. Außerdem war er Mitglied jener rechten Seilschaft, die auch Sonnenstein angehört hatte. Rambock hatte dessen Vita inzwischen genau durchleuchtet. hatte. Rambock hatte dessen Vita inzwischen genau durchleuchtet. Kein Wunder, dass Hansen nervös war. Er stand unter Erfolgsdruck, denn in Zeiten wie diesen war auch ein Hauptkommissar schnell durch einen Parteifreund ersetzt. Was ist, schnauzte Hansen ihn an. Warum sitzen Sie hier noch herum? An die Arbeit. Rambock ging in sein Büro, ließ sich auf den Sessel nieder und legte die Füße auf den Tisch. Das war die Haltung, in der er am besten nachdenken konnte. Er ließ sich auf den Sessel nieder und legte die Füße auf den Tisch. Das war die Haltung, in der er am besten nachdenken konnte. Er ließ im Geist die Fakten Revue basieren. Sonnenstein war Schuldirektor, dann Schulinspektor gewesen. Als die rechtskonservative Regierung an die Macht kam, stieg der damals 61-Jährige überraschend zum Sektionschef im Bildungsministerium auf, was er ohne Zweifel nur seinen guten persönlichen Beziehungen zur Parteispitze verdankte. Nach ein paar Monaten war er dann aber ganz plötzlich abberufen und in Pension geschickt worden. Der Grund, warum er so je in Ungnade fiel, erfuhr man nie. Das war jetzt drei Jahre her. Inzwischen war Sonnenstein 64 und älter würde er auch nicht mehr werden. Vor drei Tagen hatte ihm jemand abends ein Bäckchen vor die Tür gelegt, geläutet und sich davon gemacht. Sonnenstein hatte es gefunden, mit ins Haus genommen und noch im Vorzimmer geöffnet. Darin befand sich eine Wachspuppe, gekleidet in einem Nadelstreifanzug, wie Sonnenstein ihn stets trug. Im Herzen der Puppe steckte eine blutige Nadel. Um den Hals trug sie eine Schnur mit einem Zettel daran, voll mit seltsamen Symbolen und einem einzigen Wort in Deutsch. Stirb. Und Sonnenstein war gestorben. An Ort und Stelle. Im Vorzimmer. Der Anblick der Puppe hatte ihm offenbar einen derart heftigen Schock versetzt, dass sein Herz versagte. Als seine Frau ihn fand, war es für Wiederbelebungsversuche zu spät. Rambock erschien es seltsam, dass sie nichts gehört hatte, wie ihr Mann zusammenbrach. Denn sie hielt sich im Nebenzimmer auf. Wollte sie es vielleicht gar nicht wahrnehmen? Andererseits war sie um einige Jahre älter als ihr Mann und angeblich schwerhörig. Mochte sein. Was sie aber ganz bestimmt nicht war, war eine trauernde Witwe. Für den Kommissar war dies jedenfalls der seltsamste Mordfall, mit dem er bislang zu tun bekommen hatte. Wobei ihm nicht klar war, ob es überhaupt ein Mord oder nur ein Totschlag war. Schließlich hatte niemand selbst Hand an Sonnenstein gelegt, sondern ihm nur ein Bäckchen geschickt. Aber das zu entscheiden, würde Sache der Gerichte sein. Rambog war natürlich klar, dass er es mit einer Art Voodoo-Zauber zu tun hatte. Er erhoffte sich, dass die Untersuchung der Puppe im Labor neue Anhaltspunkte brachte. Er schaute auf die Uhr. Es war Zeit, nachzufragen. Der Kommissar nahm sein Handy und wählte die Nummer. »Ranzahir«, sagte eine unknedige Stimme, und Rambock dachte bei sich, dass »Nomen« manchmal wirklich auch »Omen« war, denn er hatte den Kriminaltechniker noch nie gut gelaunt erlebt. Rambock, sagte er, gibt es schon was Neues zu Puppe? Der Dicke ist nervös. Der Dicke kann mich mal, sagte Raunzer respektlos. Er wusste natürlich, dass Rambock von Hauptkommissar Hansen sprach. Aber wir haben tatsächlich etwas Interessantes entdeckt. Auf der Puppe waren ein paar Tropfen Sperma. Sonnensteins Sperma. Rambog dachte nach. Ich habe mich ein bisschen in diese Voodoo-Sache hineingelesen. Damit der Zauber wirkt, muss die Puppe mit etwas vom Körper des Opfers in Berührung gebracht werden, sagte er. Stellt sich die Frage, warum man nicht Haare genommen hat. Die wären leichter zu beschaffen als Sperma. Und wie sind sie überhaupt daran gelangt, fragte Raunzer. Rambock nickte sinnend, was der Kriminaltechniker aber natürlich nicht sehen konnte. Ich denke, dass der Sperma eine Botschaft ist, sagte der Kommissar. Harry die Spinne saß schon auf der Parkbank, als Rambog eintraf. Den Spitznamen trug der Genove, weil er mit Informationen handelte und wie eine Spinne sein Netz über die ganze Stadt gewoben hatte. Ihm entging wenig. Der Kommissar dachte bei sich, dass Harry ein gefährliches Spiel spielte, denn er verkaufte Tipps an Verbrecher genauso wie an die Polizei. Irgendwann würde er damit einen mächtigen Unterweltboss verärgern und dann wollte Rambock lieber nicht in seiner Haut stecken. Geld nahm Herre für seine Dienste übrigens nicht. Seine Währung waren Gefälligkeiten. Rambock selbst hatte für die eine oder andere Information schon gezahlt, indem er zum Beispiel dafür sorgte, dass ein auf frischer Tat ertappter Ladendieb, natürlich einer von Harris' Zuträgern, ohne Anklage laufen gelassen wurde. Für den Kommissar war das keine große Sache. Aber ihm bangte davor, dass die Spinne einmal einen Gefallen einfordern würde, der ihn vor ein unlösbares moralisches Dilemma stellte. Rambock setzte sich. Nun, was hast du für mich? fragte er. Harry machte auch körperlich seinem Spitznamen alle Ehre. Er war ein kleiner Mann und fast kugelrund. Eigentlich fehlten ihm nur die Spinnenbeine. Aber mich ein bisschen umgehört, sagte er. War nur nach außen hin ein sauberer Mann, dieser Sonnenstein. Alles nur Fassade. War ein verdammter Mädchenficker. Darum hat man ihn damals auch im Bildungsministerium absolviert. Gab schon Gerüchte, als er noch Schuldirektor war. Kam aber nie zur Anzeige. Aber dann hat er sich an der Praktikantin einer Abgeordneten vergriffen. Ihrer 15-jährigen Nichte. Er hat sie unter dem Vorwand, dass sie ihr etwas Wichtiges zeigen müsse, in sein Büro gelockt. Er lachte. War natürlich sein Schwanz. Er hat sie vergewaltigt. Die Sache ist zwar vertuscht worden, aber er musste weg. Die Kleine und ihre Eltern wurden mit viel Geld zum Schweigen überredet. Sie ist aber nie über die Sache hinweggekommen. Nimmt jetzt Drogen und geht auf den Strich. Aber der Herr Saubermann blieb ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft, wurde in allen Ehren pensioniert. Das Schweigegeld haben übrigens seine rechten Freunde aufgebracht. Ist in solchen Seilschaften Ehrensache zu helfen, wenn einer der ihren ins Visier der linken Jagdgesellschaft kommt, wie sie das nennen? Rambock zweifelte nicht an der Geschichte. Die Informationen der Spinne hatten sich noch jedes Mal als zutreffend erwiesen. Könnte Sonnenscheins Tod mit der Sache von damals zusammenhängen? Erre schüttelte den Kopf. Nein. Aber ich weiß, dass unser sozialer Wohltäter in den letzten Monaten Flüchtlingen Nachhilfeunterricht gab. Mädchen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren, um genau zu sein. Rambock nickte. Ja, ich erinnere mich, da gab es sogar einen Zeitungsbericht. War doch sehr ungewöhnlich, dass ein Mann wie er, der zuvor immer gegen Flüchtlinge hetzte, plötzlich sein großes Herz entdeckte und Asylwerbern helfen wollte. Tja, er wird schon seinen Nutzen daraus gezogen haben, sagte die Spinne. Rambog nickte und unwillkürlich fiel ihm der Sperma ein. Hast du etwas über die Puppe herausgefunden? fragte er. Harry grinste. Das war eine leichte Übung. Es gibt in der Stadt nur eine, die so etwas macht. Big Mama. Rambog nickte. Habe ich mir fast gedacht. Ich habe schon viel von ihr gehört, bin ihr aber noch nie selbst begegnet. Dann sitzt du eindeutig zu viel hinter dem Schreibtisch. Du solltest mehr in der Rodlich-Szene ermitteln. Würde ja wohl ohnehin auf Spesenrechnung gehen, feigste die Spinne. Ich habe bei Big Mama vorgefühlt. Sie erwartet dich. Rambock stand auf. Ich schulde dir einen Gefallen, sagte er. Die Spinne lächelte dünn. Du schuldest mir einen großen Gefallen, sagte sie. Der Kommissar nickte bekümmert. Einen großen Gefallen, wiederholte er. Ihm graute vor dem Tag, an dem er diese Schuld würde einlösen müssen. Drei Stunden später saß Rambock Big Mama gegenüber. Er hatte sich zuvor über sie schlau gemacht. Sie war als Mädchen aus Haiti ins Land gekommen, lebte jahrelang als U-Boot und arbeitete sich in einem Buffenpor. Jetzt war sie Staatsbürgerin, Besitzerin von fünf Bordellen, 50 Jahre alt und fett. Rambock konnte sich nicht erinnern, je so einen Koloss gesehen zu haben. Er vermutete, dass sie weit über 200 Kilo auf die Waage brachte. Nicht einmal Hansen wird das je toppen können, murmelte der Kommissar, Gedanken verloren. Big Mama trug ein Kleid, das so groß war wie ein Zelt, knallrot und mit großen Blüten bestickt. Das Gesicht der Frau passte gar nicht zu ihrem Körper. Es war zart, ebenmäßig und von einer fast überirdischen Schönheit, die Rambock regelrecht den Atem verschlug. Es schien beinahe so, als hätte ein perverser Arzt den Kopf eines Engels auf den Leib eines Walrosses gepflanzt. Big Mama ließ Rambocks Musterungen lächelnd über sich ergehen. Nun, fragte sie nach einer Weile, »was führt Sie zu mir, Herr Kommissar?« Rambock zog ein Foto der Puppe hervor, die man bei Sonnenstein gefunden hatte, und reichte es ihr. »Stammt die von Ihnen?« Big Mama versuchte gar nicht zu leugnen. »Die Puppe ja, die Nadel und der Anzug nicht.« »Wozu dienen diese Puppen?« »Sie sind ein Andenken an meine Heimat Haiti und, sie lächelte verführerisch, man kann damit leicht Liebeszauber wirken. Rambog ließ sich nicht irritieren. Und Todesflüche? fragte er. Wer sollte so etwas wollen? beantwortete sie seine Frage mit einer Gegenfrage. Genau diese Information erhoffe ich mir von Ihnen, sagte er. Ein Mann ist vermutlich wegen dieser Puppe gestorben. Ich will wissen, wer sie gekauft hat. Ihre Miene wurde plötzlich hart. Sonnenstein hat den Tod verdient, sagte sie. Rambog nickte. Also haben Sie sie ihm selbst geschickt. Sie schüttelte den Kopf und sagte leise, wissen Sie, was er diesem Flüchtlingsmädchen angetan hat? Er hat sie missbraucht. Wieder und wieder und wieder. Und er hat ihnen gedroht. Sollten sie ihn verraten, werde er dafür sorgen, dass sie und ihre Familien aus dem Land geworfen werden. Das ging viele Wochen so, bis sich schließlich eines der Mädchen doch einer Verwandten anvertraute, die schon länger und legal im Land ist. Der Zufall wollte es, dass sie bei mir arbeitet. Und weiter? fragte der Kommissar. Die Spinne hat herausgefunden, dass Sonnenstein sehr abergläubisch war. Ging am Freitag den 13. nie aus dem Haus, trug immer eine Hasenpfote zur Abwehr böser Flüche bei sich. Da haben wir beschlossen, ihm einen Schrecken einzujagen, damit er die Mädchen in Ruhe lässt. Zur Polizei konnten wir nicht gehen. Bei seinen Beziehungen wären die Mädchen als Huren abgestempelt worden, die einen angesehenen Bürger beschuldigen und man hätte sie und ihre Familien abgeschoben. Also haben wir ihm ein paar unmissverständliche Botschaften geschickt. Zuerst einen toten Vogel, dann eine tote Maus und schließlich einen echten Schlumpfkopf. Immer von einer blutigen Nadel durchbohrt. Er hat wirklich Angst gekriegt und hat deshalb eines der Mädchen fast zu Tode geprügelt. Hatte gedroht, sie umzubringen, wenn das nicht aufhört. Er war panisch, hat sie uns erzählt, als sie widersprechen konnte. Und da war uns klar, dass wir ihn an den Eiern haben. Also haben wir ihm die Puppe vor die Tür gelegt und das Schwein ist abgetratzt. Big Mama lächelte. Glauben Sie mir, Herr Kommissar, die Welt ist jetzt ein hellerer Ort. Haben Sie Sonnenstein mit einem Todesfluch belegt? fragte Rambock. Auf dem Zettel waren komische Zeichen. Glauben Sie denn an Voodoo-Magie? Rambock schüttelte den Kopf. Eigentlich nicht, sagte er. Big Mama lächelte. Dann besteht unser Vergehen also nur darin, ihm eine Wachspuppe geschickt zu haben. Wollen Sie uns dafür einsperren? zu haben. Wollen Sie uns dafür einsperren? Der Kommissar zuckte mit den Schultern. Ich versuche, die Umstände seines Todes zu klären. Big Mama nickte. Ich denke, tief in seinem Inneren wusste er, dass er eines Tages für seine Untaten würde zahlen müssen. Als er die Puppe sah, wurde die Angst übermächtig und sein Herz versagte. Rambock musste zugeben, dass sich das plausibel anhörte. Und doch, noch einmal, haben sie ihn verflucht. Big Mama schüttelte den Kopf. Die Mädchen haben es getan. Sie haben dafür sogar sein Sperma gesammelt. Oberkommissar Hansen schüttelte den Kopf. Ich glaube kein Wort von dem, was Sie mir da erzählen. Sonnenstein war ein ehrenwerter Mann. Zu so etwas wäre er nie fähig gewesen. Rambock antwortete nicht, sondern ließ die bleiernde Stille, die diesen Worten folgte, im Raum hängen. Schließlich räusperte sich Hansen unbehaglich. Nur einmal angenommen, es wäre wahr. Warum sollten wir dann jetzt noch mit diesen Vorwürfen in die Öffentlichkeit gehen? Das können wir doch seiner Frau nicht antun. Sie muss das nicht erfahren. Und diese Mädchen, können wir uns sicher sein, dass sie ihn nicht verführt haben? Die haben ja ganz andere Moralvorstellungen als wir. Im Übrigen hat Sonnenstein seine Strafe, wenn er sie denn verdient hat, schon bekommen. Rambock dachte an die Witwe, die so gar keine Trauer gezeigt hatte und war sich sicher, dass sie wusste oder zumindest ahnte, was ihr Mann trieb. Er hat die Strafe verdient, sagte der Kommissar. Dafür haben wir keinen Beweis. Wir haben die Puppe mit seinem Sperma drauf. Das muss ja woher kommen. Ich glaube nicht, dass er es im Supermarkt durch die Gegend geschleudert hat. Hansen lächelte selbstzufrieden. Ach ja, die Puppe, tja, da muss ich Ihnen leider eine bedauerliche Mitteilung machen. Sie ist verschwunden. Vermutlich hat sie jemand im Labor versehentlich weggeworfen. Sie wissen ja, wie schludrig die dort arbeiten. Ich werde das zum Anlass nehmen, dort mit dem eisernen Besen auszufegen. Rambock starrte ihn an. Sie haben die Puppe verschwinden lassen, warf er Hansen vor. Der Oberkommissar wirkte nur einen Moment lang verertappt. Dann brüllte er. Was erlauben Sie sich? Noch ein Wort und ich werde Sie wegen Insubordination suspendieren lassen. Rambock ließ sich davon nicht beeindrucken. Er überlegte, ob der Oberkommissar in Gieselherr-Hildesheims Auftrag gehandelt hatte. Ja, bestimmt war es so gewesen. Hansen beruhigte sich und seufzte. Dann gab er sich gönnerhaft. Ich war einmal genau wie Sie, glaubte auch immer zu wissen, was richtig und was falsch ist. Aber das legt sich mit der Zeit. Sie werden noch begreifen, dass die Welt nicht schwarz oder weiß, sondern meist nur grau ist«, sagte er. Rambog schüttelte den Kopf. »Die Welt ist so gut oder so schlecht, wie wir sie machen«, widersprach er. Hansen strafte sich. Wie dem auch sei, der Fall Sonnenstein ist offiziell abgeschlossen. Es wird zu keiner Anklage kommen, weder gegen ihn noch gegen diese Big Mama, was ja in ihrem Sinne sein dürfte. Der Mann ist eines natürlichen Todes gestorben und damit Schluss. Seine Stimme nahm einen drohenden Unterton an. Ich warne Sie, die Sache ist zu groß für uns beide. Höhere Stellen sind da involviert. Wenn Sie Ihren Job behalten wollen, dann fügen Sie sich und kein Ton zur Presse. Rambock begriff, dass er auf verlorenem Posten stand. Es war Zeit, seine letzte Trumpfkarte zu spielen. Er hatte gehofft, dass das Gespräch einen anderen Verlauf nehmen würde, doch er hatte sich auch auf den Worst Case vorbereitet. Nun war er eingetreten. Ich werde Ihnen morgen einen vollständigen Bericht über den Fall Sonnenstein auf den Tisch legen, mit allen ekeligen Details. Wenn sie ihn nicht weitergeben, müssen sie das mit ihrem Gewissen ausmachen, sagte er. Es ist übrigens haargenau derselbe Bericht, den ich heute schon bei einem Notar hinterlegt habe. Was fällt Ihnen ein, begehrte Hansen auf? Rambock schnitt ihm mit einer kurzen Geste das Wort ab. Die Mädchen erhalten samt ihren Familien einen gültigen Asylbescheid und die höheren Stellen, von denen sie vorhin sprachen, sollen sich auch um eine Wohnung und eine Arbeit kümmern. Außerdem werden Sonnensteins Opfer kostenlos psychologisch betreut. Ist das alles nicht innerhalb von vier Wochen in die Wege geleitet, wird der Notar meinen Bericht veröffentlichen. Und mir ist gleich, was danach mit mir passiert. Sie mieser kleiner Erpresser, ich, brauste Hansen auf. Rambock unterbrach ihn erneut. Ach ja, was den Beweis betrifft, wir brauchen die Puppe nicht. Es gibt ein Video, auf dem man sieht, wie Sonnenstein eines der Mädchen vergewaltigt. Sie hat es zuvor geschafft, ihr Handy so zu positionieren, dass die Kamera alles aufgenommen hat. Hansen starrte ihn an. Sie blöffen. Rambock zuckte mit den Schultern. Wenn Sie meinen. Der Oberkommissar starrte ihn an. Dann warf er plötzlich den Kopf in den Nacken und begann laut zu lachen. Respekt, Herr Kommissar, sagte er, nachdem er sich beruhigt hatte. Sie lernen schnell, wie das System funktioniert. Eine Hand wäscht die andere. Was Sie fordern, wird geschehen. Wissen Sie, ich glaube, wir werden noch gute Freunde werden. Er streckte Rambock die Rechte hin. Der Kommissar zögerte, aber dann schlug er ein. Au, sagte Hansen, ließ los und rieb sich die Handfläche. Was war das? Rambock schüttelte den Kopf. Ich weiß nicht, was Sie meinen. Am nächsten Morgen wurde der Kommissar wieder ins Büro seines Chefs gerufen. Hansen saß mit schmerzverzerrtem Gesicht an seinem Schreibtisch. Ich habe ihre Forderungen weitergeleitet. Alles wird so ablaufen, wie sie es wollten. Damit ist diese unangenehme Sache ein für allemal vom Tisch, sagte der Hauptkommissar. Hansen sah an diesem Tag sehr schlecht aus. Geht es Ihnen nicht gut, fragte Rambock pflichtschuldig. Das ist der verdammte Ischiasnerv. Hat gestern in der Nacht plötzlich zu Schmerzen angefangen. Ist kaum noch auszuhalten. Er sah auf die Uhr. Das ist alles, sagte er, griff sich an den verlängerten Rücken und stöhnte. Ich muss jetzt zum Arzt. Rambo knickte und ging. In seinem Büro legte der Kommissar die Füße auf den Tisch und lächelte zufrieden. Gestern Abend war er noch einmal bei Big Mama gewesen und hatte sie um einen kleinen Gefallen gebeten. Er griff in seiner Jackentasche und zog daraus eine kleine Wachspuppe hervor. Sie trug einen Anzug, der genauso aussah wie jener des Hauptkommissars. Rambock tief vergnügt und holte eine Nadel aus seinem Schreibtisch. Es war jene, mit der er am Tag zuvor beim Händeschütteln Hansen gestochen hatte. An ihrer Spitze klebte ein wenig vom Blut des Hauptkommissars. Rambock lächelte zufrieden. Dann wiederholte er, was er nachts schon mehrmals getan hatte. Er stach die Nadel ins Gesäß der Puppe. Genau dort, wo bei einem Menschen der Ischiasnerv verläuft. Dankeschön. nerv verläuft. Dankeschön. Ich darf mich noch kurz zu dir setzen und ein bisschen reden über das, was da gerade passiert ist. Chemis sind sehr in momentan. Ja, das ist richtig, ja. Wie bist du auf dem Krimi, dazu gekommen, dass dass ein krimi schreibt das war eigentlich eine kollegin ist an mich herangetreten und gesagt sie möchte gern so ein sammelband machen über krimis und für mich war ein krimis damals eher neuland und es hat mich einfach gereizt da eine geschichte zu entwerfen. Also in Wirklichkeit sind drei Geschichten dann daraus geworden, die in diesem Buch sind. Ja, war eine spannende Erfahrung für mich. Ein neues Metier sozusagen. Genau, ein neues Metier zu erschließen, ja. Okay. Inhaltlich, es geht um Kindesmissbrauch, ein sehr schlimmes Thema, und es geht um ein nicht weniger schlimmes, vielleicht nicht ganz so schlimmes Thema, politische Ränke im Hintergrund. Da bist du ja sehr aktuell eigentlich. Ja, das Buch ist jetzt zwar schon drei, vier Jahre alt, aber ich meine, die Flüchtlingswelle und so, das war schon alles im Laufen. Es sind zwei Themen, ich wollte jetzt nicht irgendeinen Krimi schreiben, sondern irgendwo einfach aktuelles Thema aufgreifen. Ja, es sind zwei Themen, ich wollte jetzt nicht irgendeinen Krimi schreiben, sondern irgendwo einfach aktuelles Thema aufgreifen. Und beides, dass ich beides dann irgendwie verwebe, hat sich dann erst im Laufe des Schreibens sozusagen ergeben. Grundsätzlich war zuerst die Geschichte mit diesem älteren Schuldirektor, der heute dann im Bildungsministerium aufsteigt dank seiner Beziehungen und dann über eine Missbrauchsgeschichte stolpert. Das war so der Grundgedanke und das andere hat sich dann rundherum aufgebaut. Mit der Zeit hat sich das so ergeben. Und auch diese Aufstiegsvariante ist ja nicht unangenehm. Die ist ja, wie man weiß, da gibt es ja auch sehr viele Dinge, die da aufbrechen und vielleicht irgendwann einmal geklärt werden. Ja, das werden wir sehen, was alles geklärt wird. Ich denke mir, so Verbindungen und diese, das ist jetzt auch kein neues Phänomen, das hat es früher sicher auch schon gegeben, nur jetzt dringt vielleicht manches schneller an die Öffentlichkeit. Es gibt auch mehr Interesse daran. Es gibt natürlich auch mehr Interesse daran, ja. Das ist klar. Ich hätte ja auch geklärt, solche Dinge. Wenn vorwürfe da sind dann muss man sich lernen ganz einfach okay dann so wie zu dir hermann danke danke dass ich hier sind öfter in der vorlesestunde zu gast warst und freue mich wenn sie das nächste mal wieder einschalten in 14 tagen wenn es wieder um halb acht uhr an einem mittwoch. Schönen Abend und Vorlesestunde. Dankeschön, auf Wiedersehen. Danke, auf Wiedersehen.