Oliver Fritz, ich darf sie kurz vorstellen, ist Ökonom und seit 2001 als Ökonom tätig beim österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung. Wir würden jetzt zuerst gerne wissen von Ihnen, wie ist es überhaupt zu dieser Studie gekommen? Der Hauptzweck dieser Studie für das Ministerium selbst waren sicher die Verhandlungen mit dem Finanzministerium, in denen es eben um die verschiedenen finanziellen Unterstützungsleistungen gegangen ist und man geht besser zum Finanzminister mit einer Studie in der Tasche, in der der Finanzminister schwarz auf weiß sieht, dass die Kunst und Kultur nicht einfach etwas ist, das die Leute erfreut, sondern dass dieser Bereich eben auch eine wirtschaftliche Dimension hat. Es ging eben um die Bedeutung dieses Sektors und es ging im zweiten Teil darum, den Schaden abzuschätzen, den die Pandemie verursachen könnte. Und da sehen wir eben, dass wir hier für den Kernbereich Kultur eine Wertschöpfung von sieben Milliarden haben, beziehungsweise für den Kulturbereich insgesamt und eigentlich in der Studie betonen wir immer den erweiterten Kulturbereich von 9,8 Milliarden. Ich glaube, das ist auch diese Zahl, die öffentlich kursiert und die auch vom Ministerium bekannt wurde. Und das sind ungefähr drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ungefähr 150.000 Arbeitsplätze sind mit Kunst und Kultur nach unserer Rechnung verbunden. Es hätte ja diese Studie ohne Pandemie nicht gegeben. So ehrlich muss man auch sein. Das Interesse wäre nicht vorhanden gewesen. Das heißt, es ging für uns darum, den Schaden auszurechnen. Und wenn Sie jetzt diese Zahlen betrachten, also den Schaden, den haben wir mit 1,5 bis 2 Milliarden Euro beziffert. Wir haben gesagt, der Kunst- und Kultursektor verliert im Jahr 2020 zwischen 21 und 28 Prozent seiner Wertschöpfung. Diese Zahlen sind falsch. Die sind völlig falsch. Warum sind sie falsch? Das ist der Stand Mitte bis Ende April 2020. Wir haben damals schon gewusst, dass wir im Mai langsam wieder öffnen werden. Wir haben ja damals aber noch nicht gewusst, dass uns die Pandemie im Herbst wieder einholen wird und wir dann im November alles wieder schließen müssen. Das heißt, wir haben diesen Schaden berechnet auf Basis der Annahme, dass sich der Kultursektor langsam wieder erholen wird, dass natürlich im Sommer 2020 noch keine Großveranstaltungen möglich sein werden, aber dass bis zum Ende des Jahres sozusagen die Pandemie überwunden ist. Und auf dieser Basis haben wir diese eineinhalb bis zwei Milliarden errechnet. Es gibt kein Update der Studie, aber Sie können sich vorstellen, dass der Schaden jetzt natürlich weit mehr als diese zwei Milliarden Euro beträgt. Ich glaube schon, dass man davon ausgehen kann, dass man bis zu dreieinhalb bis vier Milliarden, würde ich jetzt schon sagen, dass ein Schaden wahrscheinlich entstanden ist. Ist denn da ein Argument, damit wir auf die Praxis dann auch kommen, für Akteurinnen, für Kultureinrichtungen, aus dieser Studie etwas rauszunehmen, das auf die Praxis zu übersetzen und damit auch umzugehen, um das in kulturpolitischen Gesprächen auch mit anzuführen. Ich glaube, diese Studie ist da eine erste Dokumentation der ökonomischen Bedeutung von Kunst und Kultur. Sie können das hernehmen und sagen, wir sind auch ökonomisch gesehen wichtig, obwohl ich die Reduktion auf die ökonomische Bedeutung von Kunst und Kultur gar nicht mag, sondern Kunst und Kultur hat ja eine Bedeutung, die weit über diese ökonomische Dimension hinausgeht, aber es ist eine Sprache, die die Politik spricht und versteht. Und wenn man mit Arbeitsplätzen, mit Wertschöpfung argumentieren kann, dann hat man mal die Tür offen, würde ich sagen. Dann kann man auch immer sagen, wie wichtig die Kultur und Kunst auch ist, wie wir es in der Studie geschrieben haben, identitätsstiftend, eine Bildungsdimension usw. Aber man hat jetzt endlich auch mit dieser Studie, glaube ich, schwarz auf weiß, mit dem WIFO-Stempel drauf sozusagen auch ein Argument, warum auch die ökonomische Dimension hier wichtig ist.