trinken im park bestandsaufnahme status covid-19 nummer 49 am 2. Mai 2021 wir haben uns umgestellt es fühlt sich an wie früher wir kaufen brav im laden ein tragen das gut aber nicht heim wir tragen es direkt in den park wir treffen uns dort. Mit richtigen Menschen. Wir gehen trinken. Trinken im Park. Trinken im Park ist das neue Ding. Das machten wir zuletzt als Studierende, als das Geld noch sehr, sehr knapp war. Das machten als Erwachsene bis zur Pandemie nur professionell Trinkende unterschiedlichster Motivation. Das machen jetzt alle. Trinken im Park macht uns alle gleich. Trinken im Park ist ein Solidarisierungsakt. Ich trinke im Park, du trinkst im Park, sie, ihr, wir alle trinken im Park und haben Spaß dabei. Wir lernen die mit Abstand auf der Nachbarbank Trinkenden kennen. Wir brusten ihnen zu. Wir stören uns nicht an ihren Dosen. Wir sind toleranter geworden, was das Dosenbiertrinken betrifft. Es lassen sich einfach mehr Dosen als Flaschen tragen. Wir trinken dennoch Flaschenbiere. Wir freuen uns, dass der Neffe in den schwierigen Distance-Learning-Schulmonaten das Öffnen der Bierflasche mit dem Feuerzeug gelernt hat. Manche lernen das ein Leben lang nicht, er kann's mit elf. Es ploppt, er lacht, wir applaudieren. Alle freuen sich. Alle freuen sich beim Trinken im Park. Wir sehnen uns alle nach einem offenen Bier und geöffneten Gastgärten, aber nur sehr, sehr wenig. Denn Gastgärten sind auch nur profitorientierte Parks mit unfreundlicher Bedienung. Parks sind Selbstbedienung unter freiem Himmel. Parks sind Selbstbestimmungsräume. Bist du im Park, hast du das Konsum zwanglos gezogen. Parks sind gelebte Demokratie. Parks sind funktionierende, sich selbst regulierende Mikrogesellschaften auf Zeit. Denn ja, die Schließzeiten des Parks können wir akzeptieren. Wir konnten nur nicht akzeptieren, dass in der ersten Welle die Parks in Wien gänzlich geschlossen wurden. Das darf nie wieder vorkommen. Offene Parks müssen städtisches Grundrecht sein. Ohne Lungen kein Leben, ohne Auslaufraum kein Leben. Ein notgedrungenes Leben im Park allerdings gilt es zu vermeiden. Ein Dach über dem Kopf muss diese Stadt für alle bieten können. Der Park soll nicht über Lebensraum für Arme, sondern muss Lebensraum für alle sein. Was er, sie, divers im Park dann mit dem Leben macht, ist individuelle Interessenssache. Da trinken im Park, dort pumpen im Park, da Hausaufgaben im Park, dort Pizza im Park, da Ballsport im Park, dort Knutschen im Park. Hauptsache Bewegung, Hauptsache Bewegung und Leben unter freiem Himmel. Ja, der Park in der Stadt ist ein Mikrokosmos. Der Park ist gerade das Grün, das die Welt bedeutet. Wir parken, also sind wir. Wir sind Parkuelle. Wir erobern den Raum und das Wort Parken. Automobile, Parken ist gestern, Persönlichkeiten, Parken ist heute. Wir Parkuellen sind Gemeinwohlgesinnte, sind für das gute Leben für alle. Wir Parkuellen sind die Basis und der Schlüssel für eine bessere Gesellschaft. Ja, das Trinken im Park ist immer auch ein Politisieren im Park, ein Diskutieren und Debattieren, ein Visionieren und Philosophieren im Park. Wir haben uns umgestellt. Es fühlt sich an wie früher. Es fühlt sich gut an. Wir trinken im Park und diskutieren über Impfgeschwindigkeit und Impfdosen, Dosen- und Flaschenpfand, über den grünen Pass und das 1-2-3-Ticket, über Urlaub in Österreich, Urlaub am Balkon, Urlaub in Ermangelung eines Balkons im Park, Urlaub im Bett, Urlaub als Lebenskonzept und Trinken im Park als Urlaub vom Corona-Alltag. Und wir haben alle was zu sagen. Und wir kommen alle zu Wort. Und wir hören einander zu und wir lernen voneinander. Und das nächste Mal hören wir es auch vom Nachbarparktisch ploppen und sehen Kinder und Erwachsenen Augen leuchten und wir nicken und prosten einander zu und sind zuversichtlich, ohne abgedroschene Metaphern verwenden zu müssen. Sehr schön. Fällt dir vielleicht noch was Schönes ein? Schon. Es wird schon, es wird schon wieder, es wird schon wieder werden, es wird schon wieder werden, nur diesmal, diesmal besser, besser für alle, sagt Markus Köhle in der Montagsdebesche Nummer 49 vom 2. oder 3. Mai 2021. Nächstes Mal Jubiläum. Danke fürs Zuhören.