Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer von DorfTV und liebe Hörerinnen und Hörer des Freien Radios Freistaat, ich darf Sie ganz herzlich begrüßen zu unserer April-Ausgabe der Sendung Im Blickpunkt Soziales und Bildung. Mein Name ist Roland Steidl und ich darf ganz herzlich begrüßen dich, Hans Gruber, als mein Gast und Fachmann für die Thematik, die wir heute miteinander im Wesentlichen, also im Zentrum besprechen möchten. Man könnte sagen, wir kümmern uns heute ein bisschen um die Seele, um die Seele von bestimmten Gruppen von Menschen, aber vielleicht sind auch Dinge dabei, die unser aller Seelenleben und Seelenheil betreffen können. Du bist Seelsorger, Profi-Seelsorger seit mehr als fünf Jahrzehnten und tust das eigentlich noch immer. Ich sage jetzt da ganz einfach mal so heraus, du bist 1938 geboren, 1938 geboren, also 82 Jahre alt und noch immer tätig. Du bist damit der älteste Studiogast, den ich je hatte. Umso schöner, dass du, gerade habe ich dich gesehen, wie du mit dem Fahrrad vorgefahren bist, vor dem Studio, also offensichtlich noch ziemlich fit. Danke für die Einladung. Guten Morgen. Ja, Gott sei Dank bin ich noch auf eigenen Beinen und lege die meisten Wege in Linz mit dem Fahrrad zurück. Ja, du bist 1938 geboren. Mir ist sofort eingefallen bei dieser Zahl, das ist immerhin sieben Jahre vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Hast du irgendwelche Erinnerungen eigentlich noch an den Krieg oder die Zeit auch danach? Nicht manche Leute sagen, ja das war eine harte Zeit oder ich weiß nicht, wie ist das bei dir? Ich habe 1944 die Schule begonnen und bin ein halbes Jahr in die Schule gegangen. Im Februar 1945 wurde die Schule geschlossen und mit Flüchtlingen angefüllt. Es war dann ein Flüchtlingshaus. Und ich habe über dieses Ereignis ein Schuljahr verloren. Erlebt habe ich Tiefflieger und bin als kleiner Bub gerannt um mein Leben, obwohl das völlig sinnlos war, aber uns wurde das so eingebläut. Im Übrigen war ich geborgen in einer Familie, bin ich in einem Schmiedehaushalt aufgewachsen. Mein Vater war im Krieg, mein Großvater hat dann mit Mühe und Not die Werkstätte am Leben gehalten. Das sind meine Erinnerungen. Und dann kamen die Amerikaner und für uns Kinder war die größte Sensation, dass wir einen Neger gesehen haben. Ein Soldat war also ein Afroamerikaner. Es wird ja auch erzählt, als die Amerikaner kamen, dass oft die Kinder ganz ganz viele Süßigkeiten und so geschenkt bekommen haben. Hast du das auch erlebt? Nein, im ersten Anlauf nicht. Im ersten Anlauf? Später dann, ja. Später dann schon, ja. Da sind wir schon beim zweiten Thema. Du bist ja ursprünglich gar nicht beruflich als Theologe und Seelsorger eingestiegen, sondern du bist eigentlich ins väterliche oder ins Familienunternehmen eingestiegen und hast Hufschmied gelernt. Ja. Erinnerst du dich daran noch gut? Wie lange hast du das ausgeübt? Vier Jahre, also drei Lehrjahre und ein Gesellenjahr. Ich sollte den Betrieb meines Vaters übernehmen, das war so geplant. Das war eine einigermaßen familiäre Katastrophe, dass ich als Erbe und Weiterverarbeiter von der Werkstätte mich dem Theologiestudium zugewandt habe, weil ich zunächst einmal die Matura nachholen musste. aber zunächst einmal die Matura nachholen musste. Ich habe mir gedacht, wie kommt man als Hufschmied zur Theologie? Und dann dachte ich mir, naja, Hufe sind ja so ein Zeichen, ein Symbol für Glück. Und wahrscheinlich warst du auf der Suche nach dem Glück, nach dem Waren. Also warum hast du Theologie begonnen? Das ist eine nette Idee mit dem Hufessen. Entscheidend war für mich die katholische Jugend, in der ich aktiv war, und ein junger Priester, der mich sehr beeindruckt hat. Und so kam neben dem religiösen Erlebnis die Idee, so einen Beruf möchte ich auch ausüben wie dieser Kaplan, der uns geführt hat. Das war Mitte der 50er Jahre dann? Ja. So etwa. Genau. Und dann hast du hier in Linz Theologie studiert. Ja, also zunächst musste ich zur Matura kommen. Ah ja, genau. Das war die Abendmittelschule, damals hat es geheißen die Arbeitermittelschule, mit neun Semestern, jeweils Montag bis Freitag von halb sieben bis zehn Uhr. Und dann 1961 war die Matura und dann war der Weg frei für das Priesterseminar. Und dann bist du sozusagen wirklich Priester geworden, bist als Priester geweiht. 1966 abgeschlossen das Studium und zum Priester geweiht. Und mein Wunsch war immer, nachdem ich selbst Arbeiter war, dass ich irgendwie in einem Selbstwirksbereich arbeiten könnte, in dem Arbeiter vorkommen. Ich habe auch gerade gedacht, du bist im Grunde genommen auf einer anderen Ebene deiner Herkunft treu geblieben. So könnte man es sagen. Vielleicht nicht zum Glück deines Vaters, aber doch im Grunde genommen auf einer anderen Ebene treu geblieben. Wie geht das Arbeiten den Menschen? Die ersten fünf Jahre meiner Berufstätigkeit war ich an Kraftwerksbaustellen. Ich war Kaplan an der Baustelle Mitterkirchen-Wallsee, Donaukraftwerk. Und dann Willerings-Ottenheim. In den Sommerferien habe ich immer vier Wochen mitgearbeitet an der Baustelle, um mit den Arbeitern Kontakt zu bekommen. Und da habe ich immer geteilt, einerseits als Hilfszimmerer Schalungen aufzustellen und die zweite Hälfte war dann immer in der Baustelle geschmiedet, die es an jeder Baustelle gibt. Na, wir kommen vielleicht auf die konkreten Dinge zurück von Betriebsseelsorge. Verstehe ich relativ wenig, aber ich finde es einen sehr spannenden Ansatz. So etwas gibt es ja, ich bin evangelisch, so etwas gibt es ja eigentlich, im evangelischen Bereich hört man das nicht, dass es Betriebsseelsorge gibt. Das ist, glaube ich, schon eher von der katholischen Seite her. Ich weiß nicht, ob es in Deutschland wäre zum Beispiel. Aber noch eine Frage vielleicht vorher. Du hast dann noch Soziologie studiert. Was hat dich dann noch zur Soziologie getrieben? Meine Priesterausbildung war ungeheuer konservativ und gesellschaftsfern. Und nach zwei Jahren Baustelle hatte ich das Gefühl, ich muss theoretisch noch was nachholen. Und das hat gut gepasst, dass in Linz die Hochschule eröffnet wurde 1966. eröffnet wurde, 1966. Und so konnte ich 1968 inskribieren und habe in fünf Jahren dann nochmal Soziologie studiert. Das war ja im Grunde genommen, kann man sagen, zeitgeschichtlich war das ja eine ganz wichtige Zeit, die 68er-Bewegung, nicht letztendlich auch die gesellschaftlich verkrusteten Strukturen in Deutschland sowieso, aber teilweise ja sogar auch in Österreich, ziemlich aufgebrochen hat. Und einen frischen Wind, der ja sowohl in Deutschland wie in Österreich dann auch relativ stark Richtung Sozialdemokratie ausgeschlagen hat, gebracht hat. Die Revolution in der Linzer Hochschule war relativ bescheiden, aber immerhin auch und für mich neu, dass Studenten mit einem Megafon in die Vorlesung kommen und stören und ein Sit-in verlangen und so weiter. mich nochmal mit Karl Marx zu beschäftigen, weil meine unmittelbaren Kolleginnen und Studienfreunde im Großen und Ganzen Marxisten waren und ich hatte die Not, da mitreden zu können. Und ich habe erstmals in meinem Leben Originaltexte von Karl Marx gelesen. Du hast gerade gesagt, ich habe mich noch mal mit Karl Marx beschäftigt. Hast du dich schon vorher mal mit ihm beschäftigt? Im Priesterseminar habe ich ihn kennengelernt als Glaubensfeind. Einer, der die Kirche zerstören will. Es war, das Kapital von Karl Marx war noch auf dem Index. Also ein Buch, das man nicht lesen hat dürfen als Katholik. Und erst 1965, 1966, nach dem Konzil, das in Rom stattgefunden hat, wurde dieses unsinnige Verbot aufgehoben. Aber meine Einführung in Karl Marx war noch eine schreckliche. Ich habe es gerade in einem Buch gelesen, das fand ich ganz interessant, über Karl Marx. Also ein anderer Autor, auch in einem spirituellen Kontext, hat gesagt, eigentlich ist ja die marxistische Lehre zutiefst in der christlich-jüdischen Tradition verankert. Er hat ja mehr oder weniger, vielleicht kann man das so sagen, die Erlösungslehre dieses religiösen Komplexes säkularisiert. Also wir kriegen das Paradies auf Erden auch anders hin. Wir kriegen es hin. Ja, das ist auch etwas vereinfacht ausgedrückt. Wir kriegen das Paradies auf Erden auch anders hin. Wir kriegen es hin. Ja, das ist auch etwas vereinfacht ausgedrückt. Aber ich habe erst in meinem Soziologie-Studium erfahren, dass das Hauptwerk von Karl Marx ein ökonomisches ist und kein kirchenfeindliches. Und diese Ökonomie war so genial, dass sie bis heute eigentlich als Grundfeste der Kapitalismuskritik angesehen werden muss. Ja, jetzt haben wir mal so einen kleinen Durchgang. Ich könnte dich zum Schluss noch fragen, was dein Leben anlangt, bevor wir dann zur Betriebsseelsorge kommen. Du bist heute noch immer aktiv. Auf das Buch werden wir dann auch noch zu sprechen kommen. Du hast 50 Jahre Gefangenenseelsorge in einem Buch bearbeitet. Das erschien 2019. Das heißt, du bist jetzt, wenn du noch immer tätig bist, hast du gesagt, also als Freiwilliger, nicht als Ehrenamtlicher, bist du über ein halbes Jahrhundert, hier steht beinahe lebenslänglich, bist du in der Seelsorge tätig. Und was machst du heute, wenn das so ist? Was heißt ehrenamtlich in der Seelsorge tätig sein? Ja, ich bin nur in drei Bereichen tätig. Einerseits noch in der Betriebsseelsorge. Ich unterstütze meinen jüngeren Nachfolger. Das ist kein Priester mehr, sondern ein Leihentheologe. Und hin und wieder ist es nötig, dass ein alter Pfarrer noch Seelsorge betreibt in diesem Bereich. Zweitens helfe ich noch ehrenamtlich mit im Gefangenenhaus. Das beschränkt sich auf Gottesdienste, die ich halte. Und das Dritte ist, dass ich in einem Altersheim, im Borromeusheim noch mitarbeite. Aber das ist ja im Grunde genommen auch schön und erfüllend, nicht? Ja, ich möchte auch nicht zu Hause herumsitzen und nicht wissen, womit ich die Zeit vertreiben soll. Du könntest auf Kreuzfahrt gehen. Übrigens, für einen Theologen gar nicht so schlecht, eine Kreuzfahrt. Ja, also danke für diesen ersten Teil. Ich denke schon, wir steigen jetzt in das Thema Betriebsseelsorge ein. Du hast schon angefangen und gesagt, du warst bei diesen Donaukraftwerken beteiligt und man arbeitet dort mit. Ich vermute mal zunächst, dass für Arbeiter die Gegenwart eines Theologen vielleicht erst einmal ein bisschen irritierend ist. Ja, natürlich. Und man muss, wenn man so will, ihr Vertrauen gewinnen. Ja. Der Baustelleiter hat, als ich mich vorgestellt habe, gesagt, ich wüsste zwar nicht, was Sie da hier tun sollen, aber wenn Sie mir die Leute nicht aufhalten, können Sie ruhig herumgehen. Nein, aber das Erste ist einmal ein ganz normaler Kontakt. Und es war eine Aufteilung zwischen Seelsorge, wie wir neu beginnen wollten und mussten. Und auf einer Baustelle wurde damals kein Läumungszeugnis verlangt. Überall, wenn man in der Föst im Stickstoffwerk arbeiten beginnen wollte, musste man ein Leumannszeugnis mitbringen. An der Baustelle konnte jeder mitarbeiten, der kräftig war und versprochen hat, anzupacken. Insofern war das schon eine Vorbereitung für meine Gefangenenseelsorge, weil ich sehr viele Leute getroffen habe, die irgendwann schon Bekanntschaft mit dem Gefängnis gemacht hatten. Ein Drittel meiner Arbeit war Sozialarbeit, habe ich gesagt. Darum ist es gegangen, Briefe zu verfassen, Vorsprachen vorzubereiten, einen Weg zu ebnen mit der eigenen Familie. Und sechs Tage wurde gearbeitet und dann waren vier Tage frei, damit die Leute, die von weit weg hier im Tätig waren, nach Hause fahren konnten. nicht bei den Kindern zu sein, hat oft zu Problemen geführt und manchmal wurde ich mit hineingezogen, um ein familiäres Problem zu lösen. Die Seelsorgsgespräche haben sich auf den Sinn des Lebens bezogen. Oft nach dem zweiten Bier oder nach dem dritten Bier, dass übersinnliche Gespräche in Fahrt kamen. Und das war schon wichtig auch, denn allein, dass ein Pfarrer hier leibhaftig auftritt, ist schon eine Frage. Und wofür und wozu und wo komme ich her? Dann hat es oft schwere Unfälle gegeben. Es gab drei in Mitterkirchen, weil es eh drei Todesfälle, wo ich dann in ihrer Heimatgemeinde den Gottesdienst gehalten habe. Das ist ja eine Infragestellung der anderen Arbeiter. Wenn ich erlebe, dass ein Kollege bei dieser Arbeit, ich meine jetzt Kraftwerksbau an der Donau stirbt, ist das ja auch eine Rückfrage. Kann mir das nicht auch passieren? Ja, natürlich. Anhand dieser schweren Ereignisse gab es natürlich dann immer Gespräche. Aber es hat auch im Laufe der Zeit Anfragen gegeben, ob ich die Hochzeit halten könnte. Oder er hat ein Kind und ist aus der Kirche ausgetreten. Der Dorfpfarrer weigert sich, das Kind zu taufen. Und über diese Sperren bin ich einfach drüber gestiegen und habe dann die Taufe in eine Pfarre verlegt, in der ich Einfluss hatte. Ja, schön. Vielleicht noch eine Frage. Du hast also ganz offensichtlich auch die Freizeit mit den Leuten geteilt. Wenn du sagst, nach dem zweiten oder dritten Bier, das wird ja wahrscheinlich nicht während der Arbeitszeit gewesen sein. Mein Vater war Maurerpolier und Bauführer. Er hat auch mit vielen Leuten zu tun gehabt, die so an der Grenze der Legalität dann dort von den Subunternehmen halt eingestellt wurden. In den 60er Jahren war sie, da war ich auch schon auf der Welt, bis in die 70er ist so auf Baustellen schon sehr viel Bier getrunken worden. Ja, Alkohol war natürlich immer ein Problem, beziehungsweise auch eine Belohnung, wenn der Polier gekommen ist und gesagt hat, wenn die Schalung heute noch steht, steht eine Kiste Bier. Also der Polier hat dann besondere Leistungen auch noch mit Bier bezahlt. Und das ist heute undenkbar. Also auf Baustellen gibt es kaum mehr Alkohol. Es waren ja damals, du hast gesagt, sechs Tage wurde gearbeitet, vier Tage hatten sie frei. Das war natürlich eine Sondersituation. Vielleicht hier, ich erinnere mich, Anu, in den 60er Jahren ist locker natürlich auch noch am Samstag gearbeitet worden bis mittags, nicht? Sowieso also in den allgemeinen Arbeitsfeldern, du wirst ja nicht nur beim Kraftwerksbau dabei gewesen sein. Und dann gab es halt massenweise Überstunden. Ich erinnere mich, mein Vater, die haben Akkordarbeit gemacht, aber Länge mal Breite. Das waren ja im Grunde die 60er Jahre, waren ja noch Aufbauzeit. Die Baustellenarbeiter haben landläufig ausgedrückt viel verdient, aber indem sie Überstunden gemacht haben. Die haben nicht 150 Stunden in der Woche gearbeitet, sondern oft 200. Im Monat? Ja, im Monat. Und also insofern war der gute Verdienst oft begründet oder passiert mit einem gewaltigen, mit einer Überstundenarbeit. Was ja jetzt beim Kraftwerksbau wieder, um dahin zurückzukommen, gar nicht so verkehrt war, wenn die Leute eh nicht nach Hause konnten. Naja, es war schon auch eine Ausbeutstellung, wenn man die Leute 60 Stunden in der Woche arbeiten lässt. Würdest du aus deiner Erfahrung sagen, dass in den 60er Jahren wahrscheinlich sowieso und darüber hinaus, dass Arbeiter zu einem gewissen Grade auch ausgebeutet worden sind? Würdest du sagen, dass es heute noch sowas wie Ausbeutung gibt? Wir haben ja dann die ganze Phase gehabt, da war ich noch in Deutschland, ich nehme an in Österreich auch, wo zunehmend ja Fremdarbeiter kamen. Ich nehme an, in Österreich auch, wo zunehmend Fremdarbeiter kamen. In Zeiten, wo die Arbeitnehmer knapp sind, und das war in den 70ern, dass die Unternehmer auch Leute gesucht haben, konnten die Arbeiter auch Ansprüche stellen. Was ich heute erlebe, ist eine ungeheure Verdichtung der Arbeit. Also nicht so sehr die Überstunden, die gibt es natürlich auch, besonders in den Führungsschichten, mit den All-Inklusiv-Verträgen, wo man sagt, du kriegst so und so viel und in der Zeit muss es fertig werden. Mir als Unternehmer ist es egal, wie lange du brauchst, das Produkt muss am Tisch liegen. Das ist so die neue Art der Ausbeutung. Und im Homeworking sowieso. Also natürlich kann man sagen, das ist jetzt sehr bequem, indem man zu Hause sitzt und arbeiten kann. Aber im Großen und Ganzen liegt darin die Gefahr, dass man nicht mehr auf die Uhr schaut und auch unter Druck steht, das Produkt in einer gewissen Zeit abliefern zu müssen. Ich meine, die Gewerkschaft arbeitet ja daran, hierfür Regeln auch letztendlich zu schaffen, nicht wieder, weil das, denke ich, ist ja von vielerlei Psychologen und Soziologen auch bestätigt, dass die Bereitschaft zur Selbstausbeutung bei vielen Leuten heute sehr hoch ist. Also zur Selbstoptimierung sagt man nicht und dann dadurch auch zur Selbstausbeutung. Meistens gefährdet sind Verantwortungsposten. Zum Beispiel eine Marktleiterin in einem Supermarkt. Also die kommt mit 40 Stunden pro Woche nicht weg. Das ist ganz unmöglich. Und dafür wird sie bezahlt, hat einen All-Inclusive-Vertrag, wo die Überstunden pauschal abgegolten werden. Und dann wird natürlich verlangt, dass der Supermarkt läuft. Und dann fragt man nicht mehr, in welcher Arbeitszeit kommst du zurecht. Und das beginnt bei diesen Marktleiterinnen und geht dann bei verantwortungsvollen Posten auch bei den Chefinitäten. zum gesundheitsminister geht's auch nicht ja ein beispiel dafür aber viele leute die einen verantwortungsvollen Posten übernommen haben, sind gefährdet, dass sie Burnout bekommen. Eine Sache, von der man nicht einmal das Wort kannte, als ich begonnen habe. Aber typisch für diese neue Belastungsform ist dieses Burnout. Ja, danke mal bis hierher, Hans. Das ist unser erster Teil gewesen. Ja, danke mal bis hierher, Hans. Das ist unser erster Teil gewesen. Wir haben zwei, drei Lieder ausgesucht. Du hast dir gewünscht, als erstes, die Gedanken ziemlich alt. Und aus dieser Lage kommt das Lied, ihr könnt den Körper einsperren, aber die Gedanken nicht. Genau, das ist praktisch dann der Einstieg in unseren nächsten Teil. Also bitte Musik. Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten? Sie fliegen vorbei wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Kerker einschließen. Es bleibt dabei, die Gedanken sind frei. Ich denke, was ich will und was mich beglückt, doch alles in der Still und wie es sich schickt. Mein Wunsch und Begehren kann niemand verwirren, es bleibt dabei, die Gedanken sind frei. Das alles sind rein vergebliche Werke, denn meine Gedanken zerreißen die Schranken und Mauern entzwei. Die Gedanken sind frei. Ja, das war das Stichwort jetzt. Und sperrt man mich ein im finsteren Kerker. Das führt uns jetzt eigentlich zu unserem Hauptthema, könnte man sagen. Nicht der Gefangenenseelsorge. Du hast dazu ein Buch geschrieben. ich zeige es einmal her, das Buch kann man auch noch käuflich erwerben, nicht beinahe lebenslänglich, 50 Jahre Häfenpfarrer, in Deutschland würde man sagen Knastpfarrer wahrscheinlich. Ja, und du hast eine Vielzahl von Erfahrungen dort hineingenommen, auch einschließlich Kollegen, ja ich war überrascht, dass ich einige deiner Kollegen ganz gut kenne, nicht den Hermann Deisenberger und den Josef Kiesenhofer und den Thomas Pitters, aber über die reden wir jetzt hier nicht, sondern ich möchte ein bisschen, dass wir einen Eindruck kriegen, jetzt die Hörerinnen und Hörer und Zuschauerinnen und Zuschauer, was tut ein Gefängnisfahrer eigentlich? Was ist so seine Aufgabe? Und ja, das ist ja ein starker Ansatz. Ich habe mit Menschen zu tun, die hinter Gittern sind. Ich war selbst zweimal dort und habe das auch gesehen. Und das hat mir schon ein ganz komisches Gefühl erfasst, als ich sah, wie ordentlich Leute weggesperrt werden. Das ist ja wie ein großer Tresor, der dann hinter jemandem zugemacht wird, damit er ja nicht heraus kann. Ja, ich möchte mit etwas Grundsätzlichem beginnen. Die Freiheitsstrafe, also der Entzug der Freiheit als Strafe, ist nicht so alt, wie man denkt. der Schuldbunker oder eine Anhaltung von Leuten, also heute würde man sagen, untersuchungshaft. Die Leute mit Freiheitseinzug zu bestrafen kann man erst, wenn die Freiheit ein allgemeines Gut ist. der ohnehin unfrei ist, hat es wenig Sinn, mit Freiheitsstrafe zu belegen. Insofern gibt es erst etwa seit 200 Jahren die Freiheitsstrafe in unserer Welt. als man begonnen hat, den Menschen die Freiheit zu schenken. 1848 wurde erst die Grundherrschaft für Bauern aufgehoben. Also einen Soldbauern mit Freiheit zu bestrafen, wäre unsinnig gewesen. Es sei denn, er hat Schulden gehabt und man hat ihn dann gequält oder so, man hat ihn angehalten für die Folter. Also insofern ist Freiheitsstrafe etwas relativ Neues und fußt auf dem Artikel von 1848, die Menschenrechte. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person. Das ist 1848? 1948 in der UNO beschlossen worden, die Menschenrechte. Und der Artikel Nummer 3 garantiert die Freiheit des Menschen. Wenn diese Erfahrung von Freiheit vorhanden ist als ein Wert, dann kann ich ihm diesen Wert entziehen. Und das ist dann die Freiheitsstrafe. Also das einmal grundsätzlich. Die Freiheitsstrafe wird sehr verschieden angewandt. Der erste Teil ist ein Drittel der Gefangenen im Linzer Gefangenenhaus, weil es ein landesgerichtliches Gefangenenhaus ist. Also ein Drittel bis zur Hälfte der Leute sind in Untersuchungshaft. Hälfte der Leute sind in Untersuchungshaft. Sie werden also angehalten bis zur Verhandlung oder in der Zeit der Untersuchung, wie der Name schon heißt, bis der Richter sich ein Bild gemacht hat, was überhaupt dahintersteckt. Der zweite Teil der Gefangenen, die in Linz angehalten werden, sind Strafabsitzugshaus wie Stein an der Donau, Garsten oder Suben. Das sind die Langzeitgefangenenhäuser. Du warst aber immer in Linz, sozusagen. Ich war nur in Linz und habe diese Langzeitvollzugsanstalten nur bei Besuchen kennengelernt, aber nicht aus meinem Arbeitsplatz. Also insofern fehlen mir manche problematische Erfahrungen, die in so Langzeitvollzugsanstalten stattfinden, Vollzugsanstalten stattfinden, wo durch diese Langanhaltung soziale Probleme entstehen oder Sozialbeziehungen aufgebaut werden. Man weiß zum Beispiel, dass es kein Gefangenenhaus in Europa gibt, in dem es nicht Drogen gibt. in Europa gibt, in dem es nicht Drogen gibt. Also man kann ein Gefangenenhaus nicht so dicht machen, dass nichts hineingeschwindelt wird. Das gibt es nicht. Nichts Wichtiges zumindest. Ja. Du hast gesagt, diese Gruppen. Ich glaube, hast du noch eine dritte Gruppe? Du hast von zwei Gruppen gesprochen, die im Gefangenenhaus sind? Ja, also diese zwei Gruppen, die Untersuchungshaft und die Absitzung der Strafe. 18 Monate, genau. Der Thomas Peters hat mir, also ich war ja zweimal dort und war sehr beeindruckt vom Gottesdienst dort. Also das ist schon gewaltig, wenn man weiß, da sind jetzt 30, 40 Leute im Gottesdienst und die haben alle halt irgendwie eine Strafe bekommen oder sind eben in Untersuchungshaft. Aber offensichtlich ist der Gottesdienst eine ganz wichtige Situation, wo die Leute sich treffen, wo sie irgendwie zusammenkommen, auch aus ihrer Zelle herauskommen können. So habe ich es erlebt und so hat mir es der Thomas damals erklärt. Ist es deine Erfahrung auch? Ja, der Gottesdienst im Gefangenenhaus hat natürlich eine etwas andere Bedeutung als in einer Sonntagsgemeinde, in einer Pfarre. Erstens kommt er aus der Zelle raus. Zweit man hat keinen Kontakt mit vielleicht mit einem Komplizen, mit dem er gemeinsam eingesperrt worden ist, der aber, der wird in einem anderen Stockwerk untergebracht. Im Gottesdienst ist es möglich, dass man auch einen Komplizen sieht. Er sitzt zwar zwei Bankreihen weiter drüben, weil das so organisiert wird, aber immerhin. Nächstens, drittens, ist es möglich, auch Frauen zu sehen. Es gibt die Möglichkeit, dass Frauen auch teilnehmen, im hinteren Teil der Kapelle. Und dann ist es natürlich attraktiv, eine Frau, vielleicht sogar jene, mit der man gemeinsam eingesperrt ist, zu sehen. Und ich möchte das nicht besitzen lassen, auf diesen Gründen in den Gottesdienst zu gehen. Es gibt dann schon auch echtes religiöses Anliegen. Und ich habe oft erlebt, dass Leute die Kommunion wirklich mit Andacht empfangen. die Kommunion wirklich mit Andacht empfangen. Oft etwas mit einem religiösen Hintergrund, den ich nicht so schätzen würde, dass auch die Kommunion als Mittel gesehen wird, dass der Richter besser gestimmt ist, dass die Strafe nicht so schwer ausfällt oder so. Also natürlich gibt es hier diese Religiösität. Ich gebe Gott etwas, damit er mir dann was zurückgibt. Aber was ja kein, nicht unbedingt ein großer Unterschied zu sonstigen Gemeinden sein muss. Ja, muss. Und natürlich gibt es auch eine Möglichkeit, die in Linz, weil das Kurzstrafige sind, nicht so ausgeübt werden kann, dass man den Gottesdienst von den Gefangenen selber mitwirken lässt, indem Texte vorgelesen werden, die sie verfertigt haben, indem Musikgruppen entstehen und die Gefangenen selber Musik machen. Das ist natürlich eine Sache, die viel besser möglich ist in Langzeitjustizanstalten. Aber immerhin gelingt das mitunter auch in Linz. Vielleicht jetzt einen Schritt weiter mal das Thema, du wirst ja sicherlich auch Einzelgespräche mit den Leuten geführt haben. Ich erinnere mich an einen Satz, der hat mich tief beeindruckt. Ich habe ihn auch schon oft zitiert. Da hat der Thomas Peters einmal gesagt, er möchte möglichst lange Gefängnisseelsorger bleiben. Ich glaube, er ist es jetzt zuletzt nicht mehr gewesen, weil er hat gesagt, es sei für ihn eine ganz zentrale Erfahrung, wenn man die Lebensgeschichte mancher Gefangenen hört und damit zu tun hat, dass man manchmal das Gefühl hat, es sind vielleicht nur ein paar kleine Zufälle, die dazu führen, dass du auf der einen Seite bist und der andere auf der anderen Seite. Also es gibt Lebensumstände, die wirklich durch Zufälle, durch Kleinigkeiten dazu führen, dass du plötzlich eine Gewalttat begehst oder irgendwie zum Dieb wirst oder wie auch immer. Bis hin zu Leuten, die ja, glaube ich, sogar sich gerne selbst anzeigen mit kleinen Diebstählen, damit sie wieder mal über den Winter mit einer kleinen Strafe durchkommen und halbwegs gut versorgt sind. Stimmt das? Also solche Leute habe ich wenig erfahren. Aber es gibt die Erfahrung aus früheren Zeiten, wo am Hauptplatz ein Bettler geschrien hat, unser Kaiser ist ein Trottel. Und dann ist er wieder drei Wochen im Gefangenenhaus gesessen und hat eine wärme Stube. Also diese Zeiten sind vorbei und es ist auch der Vagabondage, Paragraf 1974 in der Justizreform aufgehoben worden. Die Basis jeder Seelsorge ist das Gespräch. Das ist eindeutig. Gespräche kommen zustande einerseits, dass es der Gefangene selber wünscht. Eine zweite Möglichkeit ist, dass irgendjemand von außen kommt, ob es die Geliebte ist, die Mutter oder irgendwelche nahestehende Personen, die sagen, ich könnte jetzt nicht mit meinem Freund, der jetzt im Höfen sitzt, reden einmal. Und eine letzte Möglichkeit ist auch der Hinweis von Beamten, zum Beispiel, dass ein Gefangener selbstmordgefährdet ist. Und es war nicht selten, dass der Stockchef, das ist der Beamte, der das Stockwerk leitet, kommt und sagt, du könntest nicht mit denen mal reden, ich glaube, der ist selbstmordgefährdet oder der ist so depressiv, den müssten wir da mal ein bisschen herausholen. Also diese Möglichkeiten, dass die Leute selber einen Zettel schreiben, ich möchte mit dem Pfarrer reden, da gibt es ein eigenes Formular dafür, dass Beamte sagen, bitte Pfarrer, rede mal, oder dass von außen der Wunsch kommt. Und gibt es dann, würdest du sagen, doch typische Themen, um die es dann wirklich geht? Also würde man sagen, du hast vorhin einmal die Sinnthematik bei den Arbeitern genannt. Ist das vielleicht im Gefangenenhaus auch so? Warum bin ich jetzt hier nicht? Also welche Fragen bewegen Menschen? Meine Erfahrung ist, dass es gewisse seelische Kurven gibt. Eine Achterbahn gleich, wenn einer neu eingesperrt wird und es ist ein Erstdelikt, dass er erstmals ins Gefangenhaus kommt, ist er durchwegs depressiv und total am Ende. Und in dieser Phase ist ein Gespräch mit dem Fahrer einfach die Bewältigung dieser Depression. Oder ihn aufzubauen und sagen, das geht schon wieder, es geht weiter. Und vielleicht auch religiös, der Richter kann dich verurteilen, aber Gott verurteilt dich nicht. Jeder hat eine Chance, weil unter Umständen auch die Depression die Form hat, dass er sagt, was bin ich für ein schlimmer Mensch, keiner wird mich mehr mögen in meinem Leben und so weiter. Das ist der Tiefpunkt. Dann steigt die Kurve, die seelische Kurve, zur Verteidigungsstrategie. Dann kommt ein Gespräch mit dem Untersuchungsrichter und dann schaut die Vorbereitung der Verhandlung. In dieser Phase ist von Depression keine Rede, sondern er übt einmal, wie könnte ich vor dem Richter bestehen. In dieser Phase wurde ich auch oft angelogen, ohne dass ich am Anfang wusste, warum lügt mich der Gefangene so an. Und da bin ich draufgekommen, dass sie oft die Verteidigungsrede vor dem Richter beim Pfarrer üben. Und dann sagen, wenn es der Pfarrer grundlos aus meiner Sicht angelogen wird. Ist die Verhandlung vorbei, geht es meistens wieder bergab. Das Urteil ist in den allermeisten Fällen strenger, als sich die Gefangenen erhofft haben. Da gibt es einen Rechtsanwalt, der einen aufbaut und sagt, das machen wir schon und da kommen wir schon durch. Und dann krie Vorbereitung auf den Strafvollzug. Ist es ein kleineres Delikt, dann bleiben die Leute im Linzerhaus, wo regelmäßiger Kontakt möglich ist. Oft ist es dann aber auch die Überführung in eine Langzeitanstalt. In manchen Phasen gibt es Gefangene, die das Bedürfnis haben, einmal alles herauszureden, was sich angesammelt hat. Der Pfarrer ist der einzige Mensch, der absolut nichts weitersagen darf, was er erfahren hat. Und diese Garantie ist oft die Ermutigung, einem Pfarrer etwas zu sagen, was kein Richter erfährt und auch vielleicht kein Sozialarbeiter. Ja, ich habe das manchmal als Beichte gesehen. Natürlich gibt es Leute, die sagen, sie möchten einmal beichten und dann sagen sie die ganzen Sünden seiner Frau und so, dass man die Mühe und Not hat, sein eigenes Leben ins Gespräch zu bringen. Also das sind sehr fluktuierende Gespräche. Ja, jetzt vielleicht noch, wir waren schon jetzt haarscharf an dieser Frage dran. In deinem Buch widmest du auch dem Thema Strafe, ja, ein eigenes Kapitel. Also wie würdest du das selber beurteilen? Erstens ist es ja bemerkenswert, dass du das 50 Jahre lang getan hast. Also du bist nicht müde geworden, diese Aufgabe auf dich zu nehmen. Und andererseits, glaube ich schon, wird man ja ständig dann mit der Frage konfrontiert, ist so eine Strafe überhaupt gerechtfertigt? Ist es sinnvoll, Menschen einzusperren und so weiter? Und du hast ja auch schon angedeutet, dass es dann ja eine Strafrechtsreform gab, angestoßen dann letztendlich auch durch die kommende SPÖ-Regierung. Vielleicht kannst du dazu noch ein bisschen was sagen. Also auch im Blick, deine eigene Sichtweise, ist Strafe über Jahre hinweg für Menschen, ist die letztendlich rechtfertigbar? Es gibt ja auch Gegenpositionen, man muss die Leute gut begleiten, man muss sie möglichst früh wieder integrieren und so weiter. Ja, ich habe 1968 begonnen und noch das alte System kennengelernt. Bis zur Strafvollzugsreform 1970 war es den Beamten per Gesetz verboten, mit Gefangenen ein normales Gespräch zu führen. Die Kommunikation hat reduziert sein müssen auf Anordnungen und Befehle aus. Und in dieser Zeit waren die Beamten im Jargon der Gefangenen die Einsperrmandeln. Gefangenen, die Einsperrmantel um. Sie durften nichts tun als aufsperren, zusperren, essen, verteilen und so weiter. Durch die Strafrechtsreform über den Minister Broder in der Regierungszeit der Sozialdemokraten gab es einmal eine Reform des Strafvollzugs und dann eine Reform des Strafrechts, das im Grundbestand die Paragrafen von 1803 hatte. Also es gab 170 Jahre keine grundsätzliche Strafrechtsreform in Österreich. Das ist unwahrscheinlich. Und da wurde dann einmal aufgeräumt, ordentlich. Und von einem Tag auf den anderen sind die Beamten angehalten worden, mit den Gefangenen therapeutische Gespräche, resozialisierende Gespräche zu führen. Also die alten Beamten, die haben die Hände über den Kopf zusammengeschlagen und haben gesagt, die Werner sind Trotteln, jetzt müssen wir mit denen reden. Und erst war es verboten. Also insofern habe ich einen gewaltigen Umbruch im Gefangenenhaus erlebt. Das alte System war auch das Abbüßen der Strafe. Hin und wieder schlägt das ja heute auch noch durch. Wie viele Jahre musst du denn abbüßen, sagt man. Obwohl das per Gesetz geregelt ist, dass die Strafe eine Resozialisierung zu sein hat. Also jetzt wird man eingesperrt, um zu einem angepassten, sozial angepassten Leben wieder hingeführt zu werden. Also die Strafe als Buße ist abgeschafft mit 1974. Aber das Strafbedürfnis bleibt, das ist oft ein leerer Buchstabe, denn der Resozialisierungserfolg im österreichischen Strafvollzug, und ich kenne etwas auch Deutschland, der ist sehr bescheiden. Und ich kenne etwas auch Deutschland, der ist sehr bescheiden. Ja, Hans, du hast ja noch ein Lied ausgesucht. Ich schaue so ein bisschen auf die Uhr. Wir machen noch mal eine Liedpause und dann führen wir das Gespräch wieder weiter. Was hast du jetzt als zweites ausgesucht? Die Moorsoldaten. Die Moorsoldaten. Das ist doch, glaube ich, ein Lied, das waren die Zwangsarbeiter im Nationalsozial. Im Konzentrationslager in einem Moorgebiet. Genau, die dann meistens in Norddeutschland oben waren. Die mussten Dorf stechen. Die mussten Dorf stechen, nicht? Ja, gut. Also hören wir das Lied bitte zwischendurch. Mhm. Soldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. Das sind sie, Moorsoldaten, und ziehen mit dem Spaten ins Moor. Hier in dieser öden Heide ist das Lager aufgebaut, wo wir fern von jeder Freude hinter Stacheldraht verstaut. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. Morgen ziehen die Kolonnenaten ins Moor. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. ins Moor. Heimwärts, Heimwärts, jeder sehnet nach den Eltern, Weib und Kind. Manche Brust nach ein Seufzer dehnet, weil wir hier gefangen sind. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. ins Moor. Auf und nieder gehen die Posten, keiner, keiner kann hindurch. Flucht wird nur das Leben kosten, vierfach ist umzäunt die Burg. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor. ins Lohn. Doch für uns gibt es kein Klagen, ewig kann's nicht Winter sein. Einmal werden froh wir sagen, Heimat, du bist wieder mein. Dann ziehen die Soldaten nichts mehr mit dem Spaten ins Moor. ins Leben. Ja, Hans, das war ja im Grunde genommen ein Kultlied, nicht? Das hat so zu einer bestimmten Arbeiterbewegung, eher linken Arbeiterbewegung dazugehört. Wir haben es auch viel gesungen, nicht? So in den 70er Jahren, denke ich, war das. Aber du hast jetzt zum ersten Mal gesagt gehabt, du möchtest noch etwas nachtragen zu unserem Gespräch vorher. Zur Einsperrhäufigkeit möchte ich noch etwas sagen. In der Deutschen Bundesrepublik werden auf 100 oder sitzen auf 100.000 Einwohner 75 Personen. In Österreich 110. Und das ist schon ein Unterschied. Also wir Österreicher haben eine gewisse Lust am Einsperren. Und noch eine interessante Zahl, in den USA sitzen pro 100.000 Einwohner 700 in Gefangenenhäusern, die von Privatpersonen betrieben werden. Also Firmen betreiben das Gefangenenhaus und die sind interessiert, dass sie voll sind und dass sie ein Geschäft machen. Also das noch als Nachtrag. Es sind sogar mehr Leute sitzen in den USA als in China in Gefängnis. Also die USA sind da wirklich Weltmeister. Ich denke ja, das muss ja für die Wachebeamten, die werden ja auch teilweise jahrzehntelang dort tätig sein, das muss doch für die auch irgendwie eine Belastung sein oder eine äußerst ungewöhnliche Situation. Ständig Menschen Tür aufsperren, rauslassen oder wie was ich und dann wieder zusperren und darauf achten, dass sie wirklich eingesperrt bleiben. Du hast jetzt gesagt, der Wechsel von nichts reden dürfen hin zu Resozialisierungsgesprächen. Wie geht es den Wachebeamten in dieser Situation? Also da habe ich einen positiven Bruch erlebt. Der Beamte Altentyps, der war wirklich auch selbst ein Gefangener. Der war wirklich auch selbst ein Gefangener. Sie mussten mit Jacke, geschlossenen Kragen, mit Kappe am Kopf, mussten sie Dienst machen. Die Kappe lag natürlich oft am Schreibtisch und dann hat ein Kollege gerufen, der Chef, und dann haben sie alle die Kappe aufgesetzt. Also ich habe diese Zeiten erlebt und das war schon schrecklich als Beruf. Und diese depressive Grundstimmung wurde dann oft versucht zu überbrücken der Alkoholismus der 60er Jahre wirklich ein Problem. Einmal habe ich am 1. Mai, nur einmal in meinem Leben, am 1. Jänner, Neujahrstag, einen Gottesdienst gehalten und da waren die Beamten so betrunken, dass es fast nicht möglich war. Gut, das war die Zeit und dann kam der positive Bruch, dass Beamten eine Ausbildung bekamen, Supervision eingeführt wurde und die Leute wirklich befähigt werden, Resozialisierung auszuüben. So erlebe ich die Beamten heute als ein ganz normaler Job. Allerdings ist natürlich auch die Justizanstalt ein Betrieb und ein Betrieb hat ein gewisses Interesse, dass er sich erhält. Also das Gefangenenhaus aufzulösen, wäre auch ein ökonomisches Problem und würde eine neue Arbeitslosigkeit schaffen. Das ist ein wichtiges Thema heutzutage. Vielleicht noch eine letzte Frage. Wir neigen uns schon dem Ende zu. Zwei Minuten noch, Hans. Welche Rolle spielt in dieser Tätigkeit oder hat gespielt, das ist ganz prägnant, das Thema Glaube und Religion für dich als Seelsorger? Für mich ist eine ganz zentrale Handlung Jesu das Heilen. Er hat geheilt und befreit von bösen Geistern. Das ist ja auch ein Teil der Heilung. Und in den Fußstapfen Jesu steigen heißt auch zu heilen und zu befreien. In diesem Sinn war das eine sehr dankbare Ebene für meine Seelsorge. Und rückschauend kann ich sagen, einige hundert vielleicht von Gefangenen in diesen 50 Jahren, denen ich helfen konnte, wieder besser auf den Beinen zu stehen, als ich sie sozial geheilt habe. Schön, ja. Das finde ich ein schönes Resümee, nicht? Für fast lebenslängliches Tun. Und ich danke dir, dass du bereit warst, hierher zu kommen und diese Sendung zu machen und wünsche dir für dein weiteres Tun, auch mit 82, alles, alles Gute und vor allem viel Gesundheit. Und danke dem Team für die Mitwirkung und für die Technik. Und ja, bin gespannt auf die Entwicklungen, die uns jetzt auch in Sachen Covid weiter betreffen werden. Auch das ist ja eine Form kollektiver Gefangenschaft. Ja, so könnte man sagen. Ich möchte mich auch bedanken für die Gelegenheit, über dieses Thema, das mein Lebensthema war und ist, etwas berichten zu dürfen. Gute, Dankeschön.