Herzlich willkommen an diesem schon frühlingshaft sonnigen Dienstagnachmittag bei einer weiteren Ausgabe der Sendereihe der Stachel im Fleisch hier aus dem neuen Studio von Dorf TV in der Kunstuniversität Linz. Ja, die von Covid-19 ausgelöste globale Krise hat sich ja auch in Österreich tief in Politik und Gesellschaft eingeschrieben und der Ausnahmezustand bestimmt jetzt schon seit immerhin einem Jahr den Alltag, der vor allem durch doch zum Teil drastische Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gekennzeichnet ist. Wochenlange Ausgangsbeschränkungen, Schließungen der Kultur- und Kunsteinrichtungen, auch die Gastronomie bleibt uns verwehrt. All das hat doch zu vielfach zu Frustrationen, Wut und Perspektivlosigkeit geführt, was wiederum das Vertrauen in die Demokratie und die staatlichen Institutionen doch auch schwinden ließ. Institutionen doch auch schwinden ließ. Besonders beunruhigend empfinden viele Menschen aktuell die wirtschaftliche Entwicklung und damit auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Mehr als eine halbe Million Menschen ist aktuell in Österreich arbeitslos gemeldet. Das sind sehr, sehr beunruhigende Zahlen und obwohl die Bundesregierung Milliardenbeträge aufwendet, um die Wirtschaft irgendwie am Laufen zu erhalten, ist es so, dass doch viele mit großer Sorge der Zukunft entgegenblicken. Die heutige Sendung widmet sich ja fast auf den Tag genau mit dem Beginn des Lockdowns vor einem Jahr im März 2020 der Frage, was ist eigentlich seither geschehen, inwieweit hat das Krisenmanagement tatsächlich richtige Maßnahmen ergriffen, um diese Pandemie in Schranken zu weisen, das auch vor einem internationalen Vergleich und ich freue mich, dass ich dazu zwei Gäste bei mir im Studio willkommen heißen darf, gleich neben mir Iris Voltran, Sozialrechtsexpertin an der Arbeiterkammer Oberösterreich und neben ihr sitzen vielen Bekannten natürlich Josef Weidenholzer, emeritierter Professor für Soziologie, aber natürlich auch vielen noch in Erinnerung als ehemaliger Abgeordneter zum Europäischen Parlament. Ja, ich freue mich sehr, dass Sie heute hier sind, herzlich willkommen und wir nehmen dann auch gleich diese spannende Frage nach einem Jahr Corona-Krise gleich mal in Angriff. Frau Woltern, ich beginne mit Ihnen. Wenn wir uns zurückerinnern, vor genau einem Jahr, da wussten wir ja in Wahrheit nicht, was da auf uns zukommt. Damals hieß es eine große Pandemie, wie wir es seit 100 Jahren nicht kannten. Damals standen zu Beginn auf alle Fälle mal jede Menge Ängste und Befürchtungen, vielleicht auch Hoffnungen, wenn Sie zurückblicken und nochmal Ihr eigenes Inneres sozusagen abrufen, wie Sie damals dieser Krise entgegengeblickt haben. Wie hat sich das dann tatsächlich für Sie persönlich im Laufe dieses einen Jahres dargestellt? Ja, grundsätzlich für mich ist natürlich auch total spontan gekommen, diese Pandemie. Das heißt, man muss ja sagen, Beginn 2020 haben wir eine neue Regierung gehabt. Wir haben eben eine türkis-grüne Bundesregierung gehabt. Wir waren eben sehr erwartungsvoll. Was macht denn diese neue türkis-grüne Regierung einmalig in Österreich? Wie geht es weiter? Man hat ja gesehen, am Arbeitsmarkt die Arbeitslosenzahlen sinken. Und dann die ersten Berichterstattungen. Es gibt eben auch schon ein Covid-infiziertes Pärchen in Tirol. Ich glaube, das waren diese ersten Meldungen, wo man im Februar war, das ist Februar 2020. Davor waren schon einige Fälle in Italien und dann ist eigentlich Schlag auf Schlag gegangen. Das heißt, die Regierung hat dann eigentlich mit Mitte März einen ganz strengen Lockdown verhängt und auch bei uns natürlich, sage ich jetzt mal von der Arbeiterkammer, haben wir natürlich ein sehr zentrales Thema gehabt, der Arbeitsmarkt. Wir haben relativ schnell einen massiven Anstieg der Arbeitslosenzahlen gehabt auf rund 570.000 im April. Parallel ist auch diese neue Kurzarbeit von den Sozialpartnern erarbeitet worden. Es war eigentlich, sage ich jetzt mal, eine sehr spontane Entwicklung. Und mit dieser Gewaltigkeit hat eigentlich keiner gerechnet, dass sich eben am Arbeitsmarkt das so schnell etabliert. Und die Erwerbskarrieren, die eigentlich, wo man dachte, die sind sicher und eigentlich stabil, von heute auf morgen die Menschen ihren Job verloren haben. Also es war eigentlich eine, ich sage jetzt mal schon, eine Schockreaktion und man hat nicht erwartet, dass eben diese Bilder, die man ja schon Wochen davor um Weihnachten in China gesehen hat, dass die dann eigentlich relativ schnell in Europa ankommen. Die ersten Bilder waren ja dann Italien und Spanien, wo man dann schon wirklich ganz, ganz dramatische Bilder gehabt hat von den Krankenhäusern und Spitälern, wo dann wirklich mit dem ersten Lockdown auch ein bisschen die Ängste gekommen sind, wie gefährlich ist dieses Virus. So habe ich das jetzt praktisch erlebt. War, sage ich jetzt mal, eine dramatische Situation, würde ich mal sagen. Herr Weidenholzer, wie ist es Ihnen ergangen in diesem einen Jahr mit der Pandemie? Naja, es ist eigentlich gerade jetzt so nachgedacht. Ungefähr vor einem Jahr hatte ich eine große Geburtstagsfeier. Es war mein 70. Geburtstag. Sehr viele Leute, alles. Niemand hätte dort gedacht, es war am 6. März, also niemand hätte dort gedacht, dass sowas passieren würde. Natürlich wusste man schon davon. Eine Woche später war das Ganze schon mitten im Laufen. Wenn man in die Geschäfte gegangen ist, haben die Leute nicht mehr Klopapier gekauft und solche Dinge. Also Panikreaktionen und dann ist es eh so weit gewesen, dass eigentlich bis zum heutigen Datum unser Leben sich ganz grundsätzlich geändert hat. Und ich meine, wenn ich mir so überlege, ich weiß nicht, wenn das wieder einmal vorbei sein wird. Also ich weiß nicht, wenn das wieder einmal vorbei sein wird. Und da bin ich überzeugt, dass das doch bald der Fall sein wird, wenn wir alle geimpft sind irgendwie. Ich weiß nicht, wie ich auf andere Leute zugehen werde. Also es hat solche Verhaltensweisen geändert. Normalerweise war ja ein Mensch, der keine Distanz gehalten hat und immer die Leute gleich angegriffen hat. Ich habe gelernt, mich zurückzuziehen und meinen Abstand einzuhalten, geschweige denn, ihm die Hand zu geben. Also so Dinge, die man Jahrzehnte gemacht hat, haben sich verändert, wie sich das auf Kinder auswirken wird. In der Familie meines Sohnes hat die ganze Familie Corona gehabt. Also der Kleine, der mir auch etwas erzählen kann am Telefon, sehen kann ich auch nicht. Der beschreibt halt seine Ängste. Diese ganzen Dinge weiß ich nicht, wie sich die kulturell auswirken werden. Das ist wirklich eine Jahrhundertkrise. So wie es die spanische Grippe war, dort war halt nur der zufällige Zusammenfall mit dem ende des ersten weltkriegs und hungersnot und und so weiter jetzt hat man das nicht so isolieren können es wäre spannend hat diese zeit heute unter dem gesichtspunkt der grippe zu analysieren mal ist dann immer wieder heute ja der spanischen grippe gestorben, 1920 und so in Wirklichkeit. Aber es ist eine Jahrhundertkrise, das will ich damit sagen. Und niemand weiß eigentlich, was das wirklich an Auswirkungen längerfristig haben wird. Kurzfristig, glaube ich, haben wir sehr wohl Auswirkungen, auf die wir viel zu wenig schauen. Und da bin ich eigentlich sehr froh, dass wir ein bisschen diesen Fokus heute auch auf Arbeitslosigkeit haben, weil ich glaube, das ist die unmittelbarste Konsequenz eigentlich dieser ganzen Krise. Herr Werdenholz, ich bleibe jetzt auch gleich bei Ihnen. Sie haben gesprochen von einer Jahrhundertkrise. Davon können wir erstmal ein Jahr abhaken. Ich erinnere mich noch, die Pandemie war, glaube ich, noch nicht mal drei Wochen alt, vier Wochen alt in Österreich. Es gab schon erste Bücher dazu auf dem Markt. Das waren allerdings wirklich auch publizistische Schnellschüsse. Interessanterweise halte ich jetzt ein Buch in Händen, das Sie herausgegeben haben. Das halte ich jetzt auch mal in die Kamera, das ich keineswegs als einen publizistischen Schnellschuss bezeichnen möchte. Es ist geradezu ein Schmöker. Es ist ein Sammelband von vielen Expertinnen und Experten aus verschiedensten Zusammenhängen mitgetragen, mit Beiträgen, die sie dazu verfasst haben. Interessanterweise haben sie dafür mit Virenregime einen Titel gewählt, der mir jetzt, ich habe das auch recherchiert, keineswegs so geläufig erscheint. Interessanterweise aber hat er doch eine starke Wirkung, eine starke Aussagekraft. Ich frage Sie jetzt mal, mit welcher Intention sind Sie als Herausgeber eben gemeinsam mit Thomas Schmiedinger an dieses Buch herangegangen? Haben Sie dieses Buch in Angriff genommen in der Hoffnung, dass es eigentlich schon bald mit dieser Pandemie auch in Österreich zu Ende sein wird? Oder ist das eher als eine wissenschaftliche Einstimmung gedacht, dass wir uns noch auf eine lange, lange Krise gefasst machen müssen? Ja, vielleicht zum Entstehen dieses Buches. Wir wollten eigentlich kein Buch herausgeben zunächst, sondern wir haben regelmäßig telefoniert, das tun wir jetzt auch. Und wir haben uns eigentlich mit dem Irak beschäftigt und mit Dingen, die wenige Leute da jetzt im Detail kennen. Und unsere Telefongespräche sind immer weniger um das Thema, dem wir uns eigentlich widmen wollten, gegangen, sondern um die Krise. Und irgendwann einmal sagt der Thomas Schmiedinger, mach mal, du hättest Lust, überlegen wir, machen wir gemeinsam ein Buch dazu, weil wir ja mit anderen Kollegen auch geredet haben und so, war eigentlich die Idee, quasi unsere Blase, die Leute, mit denen wir in Kontakt waren, das ist halt auch eine zufällige Auswahl der Autorinnen und Autoren oder die wir von früher kannten, Iris zum Beispiel kenne ich noch aus Uni-Zeiten, also wir haben einfach so aus diesem Zusammenhang heraus eine Gruppe an Diskutanten zusammengestellt, mit denen wir zwar zunächst nicht direkt, aber einer von uns mit denen irgendwie im Schneeballsystem diskutiert haben. Und im Westlichen ist das das Buch. Das war natürlich durch meine Tätigkeit und durch unser Interesse stark auf außerhalb Europas gerichtet, auf die EU gerichtet, also nicht nur auf Österreich, weil wir eh mehr erfahren haben von Kollegen, die gesagt haben, ja bei uns in Italien, schau, das ist so und so. Also das war eigentlich so der Hintergrund. Das hätte man vielleicht auch systematischer machen können. Es war in erster Linie das Kriterium, wo wir ihn gekannt haben. Und dann ist also so eine Diskussionsblase entstanden. Ja, Titel suchen wir immer. Wir haben dann beide, der Thomas und ich, haben dann den Albert Camus wieder gelesen und haben quasi auch so eine Krise herbeifantasiert. Haben dann noch Titel gesucht, das hat uns auch nicht so gefallen und dann haben wir irgendwie gesagt, naja, wie gehen denn die Länder damit um? Also das ist quasi wie ein Regime und dadurch ist das dann eigentlich entstanden. Es ist auch interessant dann im Vergleich zu sehen, die Einladung ist ja gegangen Mai, Ende Mai oder Mitte Mai, so irgendwie haben wir dann, dann das Deadline war Ende Juni, das ist ein bisschen überzogen worden, wo das Ganze noch nicht so klar war, wie die Länder, da war eigentlich die Meinung, die EU wird kaputt gehen, Italien wird es überhaupt nicht zusammenbringen, Österreich wird der Weltmeister sein, also solche Dinge, das hat sich ja doch ein bisschen verändert im Laufe dieses einen Jahres. Und im Nachhinein kann man natürlich sagen, man hätte viele andere Leute einladen können. Uns war es aber wichtig, eine Diskussion herbeizuführen, die wir intensiver gehabt haben mit den Autoren, weil wir ja die Texte korrigiert haben, weil wir es teilweise übersetzt haben und so. Aber insofern war es eigentlich eine ganz spannende Beschäftigung. Was mir sehr leid geht, dass die Präsentation, die wir öffentlich geplant haben, bei der Wiener Buchmesse, die konnte nicht stattfinden, weil da schon wieder der Lockdown begonnen hat. Wir haben eigentlich nur alles virtuell, das hat sich dann doch relativ gut verkauft, aber wir haben eigentlich nur virtuell das präsentieren können. Nie die Gelegenheit gehabt, jetzt wirklich mit den Autorinnen und Autoren wirklich eine Live-Diskussion zu haben. Das ist alles verschoben auf später. Es wird irgendwann einmal Präsentation in Linz geben, in Wien und in Brüssel und was weiß ich. Aber wer weiß. Das ist so zu diesem Buch. ich bin da sehr dankbar, es hat niemand was dafür bekommen, alle Leute haben gratis gerne beigesteuert, es war so richtig auch eine Begeisterung dahinter, jetzt bringe ich mich ein und werde das erklären, was bei mir passiert ist und welche Ängste ich habe und welche Probleme ich sehe. Frau Voltran, Sie haben gemeinsam mit Ihrem Kollegen Dennis Tammesberger von der Arbeiterkammer Oberösterreich einen meines Erachtens besonders wichtigen Beitrag auch zu diesem Buch geleistet. Sie haben geschrieben über progressive Arbeitsmarktpolitik angesichts von Corona. Bevor wir dann auf verschiedene Details diesbezüglich zu sprechen kommen, möchte ich mit Ihnen ganz kurz noch was anderes ins Blickfeld rücken. Vor allem junge Menschen, auch in Österreich, sind aufgewachsen mit einer Politik, die Ihnen seit Jahr und Tag vermittelt, wir müssen sozusagen auch, was staatliche Leistungen betrifft, Ausgaben, wir müssen sozusagen den Gürtel enger schnallen, wir müssen die Daumenschrauben zudrehen, weil sonst können wir uns überhaupt keine sozialen Systeme mehr leisten, Pensionen sind nicht gesichert, dieses und jenes und das ist ja so ein Kanon, den alle auch sehr stark verinnerlichen. Ganz plötzlich gibt es dann mit Beginn des Lockdowns im März vergangenen Jahres jede Menge Pressekonferenzen von Bundeskanzler abwärts, die gesagt haben, also wir werden da ganz tief in die Taschen greifen, koste es, was es wolle. Das produziert doch bei ganz vielen Menschen, gerade auch bei Jungen, eine, ich sage das jetzt mal so, eine kognitive Dissonanz, sozusagen ein völliger Widerspruch von einer Politik, das serviert zu bekommen, die Sie eigentlich ganz anders kennengelernt haben. Wie spielt das auch psychologisch eine Rolle, wie Menschen jetzt auf diese sehr massive soziale Krise auch zugehen? Erstens muss ich gleich mal widersprechen. Ich glaube, nur bestimmte politische Gruppen haben irgendwie gesagt, man muss jetzt den Gürtel enger schnallen und den Sozialstaat irgendwie zurückstutzen. Aus Arbeiterkammer-Sicht und als Interessensvertretung der ArbeitnehmerInnen sehen wir das natürlich nicht so. Ich habe ja von den Regierern gesprochen. Natürlich von Türkis Blau. Konkret war es natürlich jene Regierung vor Türkis Green, die haben das natürlich gemacht, die haben es praktiziert, da hat man eben schon gesehen. Die Sozialhilfe haben sie ja eingeführt mit massiv negativen Auswirkungen und sie hätten ja massiv dramatische Pläne gehabt, auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung, sie wollten ja die Notstandshilfe abschaffen und in die Sozialhilfe überführen, also von dieser Seite von Türkis Blau ist es eindeutig so und ich glaube die türkise Regierung jetzt plant natürlich auch schon nach der Krise irgendwelche Einsparungsgeschichten im Bereich der sozialen Sicherung. Da fallen wir schon eine ganze Latte an Themen ein. Das degressive Arbeitslosengeld ist Thema, hat der Minister Koch ja eh schon irgendwie angedacht. Der Vizekanzler Kogler hat es ja auch schon irgendwie sogar während der Krise einmal debattiert, dann ist er wieder zurückgerudert. Dann haben wir immer wieder die Problematik und die Debatten zur vorzeitigen Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters, was natürlich sehr negativ ist, vor allem für Frauen, weil wir haben ja keineswegs eine Gleichstellung der Frauen am Arbeitsmarkt und diverse andere Geschichten. Auch die Reform im Gesundheitssystem, die österreichische Gesundheitskasse war natürlich auch sehr negativ im Bereich der sozialen Sicherung. Also man hat gesehen, vor der Krise waren immense Kräfte da, den Bereich der sozialen Sicherung zu reduzieren, beabsichtigt zu reduzieren und natürlich auch zu privatisieren. Und diese Tendenz haben wir natürlich immer noch da, weil wir ja einen großen Regierungsplayer aktuell noch in der Regierung haben, die eben natürlich das auch so wünschen. Und man sieht eben, ohne Sozialstaat hätten wir natürlich jetzt ein massives Problem. Also wir sehen vor allem die Arbeitslosenversicherung. Hätten wir die Notstandshilfe nicht, hätten alle Langzeitbeschäftigungslosen, müssten die jetzt praktisch beim Land jetzt den Antrag stellen auf Sozialhilfe. Also das hat massive Auswirkungen. Wir sehen es jetzt auch massiv in der Pflege. Das heißt, die 24-Stunden-Betreuerinnen haben ja lange Zeit nicht einreisen können. Da war es natürlich dramatisch. Wer pflegt die Menschen zu Hause? Also da haben wir eine große Baustelle. Kinderbetreuung ist natürlich auch ein immenses Thema. Also ich glaube eher, dass wir jetzt durch die Krise sehen, wie wichtig eben die soziale Sicherung ist und dass sie gestärkt gehört. Und wir erleben aber leider, ich vermute, dass leider die herrschende Bundesregierung, vor allem die Türkis, nichts daraus lernen. Und der Blümel hat ja schon gesagt, ab 2023 werden wir schauen, wie wir diese Krisenkosten finanzieren. Also da wird uns sicher noch einiges auf uns zukommen. Und deswegen müssen wir eigentlich alle Kräfte mobilisieren, um die soziale Sicherung zu stärken. Weil davon profitieren wir auch die Krankenhäuser. Die Spitalsbetten wollten sie auch kürzen und reduzieren. Hätten wir diese Intensivbetten in diesem Ausmaß nicht, hätten wir eine dramatische Situation. Und die Jungen natürlich, die sehen es auch jetzt, das heißt, ich sage jetzt mal im Bereich Arbeitsmarktpolitik, das heißt, diese überbetrieblichen Lehrstellen für Jugendliche, die sind natürlich immens wichtig, wenn der erste Arbeitsmarkt diese Lehrstellen nicht zur Verfügung stellt. Also ich glaube, die profitieren immens davon. Und ich glaube nicht, dass die Jungen nicht, dass ihnen das Sozialsystem nicht wichtig ist. Ich glaube, sie erleben es ja hautnah, dass ohne so eine soziale Sicherung es dramatisch werden wird. Herr Weidenholzer, aufgrund Ihrer Erfahrungen verfügen Sie natürlich über jede Menge Wissen auch, was Politik betrifft. Sie natürlich über jede Menge wissen auch, was Politik betrifft. Nochmals zurückerinnernd an den ersten Lockdown im Frühjahr 2020. Da war ja erstaunlich, als die Regierung die ersten doch auch sehr drastischen Maßnahmen kommuniziert hatte, ist ja die Zustimmung der Regierung gegenüber ja durchaus beachtlich in die Höhe gestiegen. Das waren ja ein bisschen ungekannte Werte. Mittlerweile sieht das natürlich ganz anders aus. Viele Menschen haben sich bei dieser Regierung gut aufgehoben gefühlt, haben sich in Sicherheit gefühlt. Worauf ich jetzt hinaus will, ist eigentlich mit Ihnen ein bisschen diesen Begriff der Politik zu differenzieren, weil was wir natürlich hier erlebt haben, ist das, was wir als Gemeinhin als Exekutive verstehen, diese Regierungspolitik. Gleichzeitig hat das Parlament schon sehr, sehr früh geklagt, bei den Entscheidungen außen vor gelassen zu werden. Wie haben Sie Politik da in diesem Zusammenhang beobachtet, beziehungsweise, weil immer wieder auch die Rede ist, die Politik steht vor so großen Herausforderungen. Ist das wirklich auch dringend geboten, Politik hier näher zu differenzieren? Wo haben Sie Stärken gesehen in Österreich? Wo haben Sie Stärken gesehen und wo haben Sie doch auch Schwächen gesehen? Ich glaube, das Positive war einmal, dass man relativ rasch reagiert hat. Jetzt kann man darüber diskutieren, warum das der Fall war, ob der Bundeskanzler nur dem Netanyahu gefolgt ist und so weiter. Ich möchte es gar nicht auf diese Ebene bringen, sondern man sollte ja jetzt in dieser Krise nicht in eine Hickhack geraten. Und die Versuchung ist ja riesengroß, das zu tun. Also ich würde sagen, die erste Phase war tatsächlich so, dass man relativ rasch reagiert hat, dass man vernünftig reagiert hat, dass man die Entscheidungen begründet hat und das hat natürlich auch dazu geführt, dass die Bevölkerung das akzeptiert hat. Der Vorteil war, dass, ich schließe an was die Iris gesagt hat, dass der Sozialstaat noch nicht kaputt war. Das heißt, es hat noch Fundamente gegeben. Wir haben mehr Spitalsbetten gehabt als die Italiener oder die Franzosen. Österreich hat dann sogar zeitweise auch Intensivpatienten genommen. Das heißt, wir haben eigentlich noch von dieser alten Substanz gezehrt. So weit, so gut. Ich glaube, die Probleme haben dann irgendwie angefangen, wie die Beliebtheitswerte da waren. Das ist die große Versuchung. Der Gesundheitsminister mehr oder fast so beliebt wie der Bundeskanzler. Also diese ganzen Dinge haben dann zu Reaktionen geführt, die zunehmend auch die Bevölkerung irgendwie nicht mehr mitgenommen haben. Wenn ich da an diesen Besuch im kleinen Walsertal erinnere zum Beispiel, der irgendwie inszeniert war. Also die Realpolitik, die notwendig gewesen wäre, wurde durch reine Machtpolitik ersetzt. Also quasi, wer kann jetzt aus der Krise wie schnell positiv hervorgehen. Und Sie erinnern sich ja noch an diese eine Pressekonferenz des Bundeskanzlers mit dem Licht am Ende des Tunnels, wo alles Mögliche ja verkündet wurde, wo Österreich vielleicht wirklich eine zweite Technische Universität kriegt, weil es in diese Erzählung dort so gut gepasst hat. Aber das ist sozusagen dann passiert. Dann passiert es. Und seit dem Zeitpunkt steuert dieses politische Wohl, wenn man es von der Exekutive betrachtet, irgendwie führungslos. Man gibt dem nach, wo man glaubt, da komme ich am besten durch. Sie haben vollkommen recht, diese Politik ist ja nicht nur jetzt Exekutive. Die Exekutive hat sich immer mehr an der Machtpolitik orientiert, sondern das ist ja auch eine Frage der Legislative des Parlaments. Es ist eine Missachtung des Parlamentarismus an den Tag gelegt worden. Man hätte genauso gut zum Beispiel ein dauerndes Standing Committee einrichten können oder irgendwas, wo man auch die Opposition mit einbezogen hätte. Das wäre eigentlich notwendig in so einer Krise. So Jahrhundertkrisen sind meistens Regierungen, ist es durchaus normal, dass es eine Art von Konzentrationsregierung gibt oder ein Zusammenspiel der Kräfte gibt. Auf das hat man nicht Wert gelegt. Was mich am meisten irritiert hat, wenn ich mir so überlege, was ich so an Krisen erlebt habe in meinem Leben, da gab es ja viele Dinge, innenpolitisch, außenpolitisch, aber da hat man immer auch die Zivilgesellschaft mit einbezogen. Da hat es einen Aufruf gegeben, helft es mit, tut es mit. Ich vermisse das vollkommen. Außer dem quasi institutionalisierten Zivilgesellschaft, dem Roten Kreuz, hat es eigentlich wenig Beteiligung gegeben. Wo waren die Freiwilligen zum Beispiel, wo es darum gegangen wäre, den Eltern zu helfen, die ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken können. Wie viele Leute gibt es? Ich habe selber mit welchen geredet. Ich möchte was tun. Ich habe einen Computer daheim. Aber es gab keine Möglichkeiten, sich einzubringen, das will ich sagen. Also die Zivilgesellschaft hat in dieser Krise auf diesem überhaupt nicht zugegangen. Und jetzt komme ich zu unserem Buch, das Interessante ist zum Beispiel, dass Italien, von dem der Bundeskanzler gesagt hat, es wären seine Systeme kaputt, dass Italien die Zivilgesellschaft mobilisiert hat. Und Italien ist aus der Krise relativ rasch herausgegangen, weil man wirklich Bürgerinnen und Bürger mittun hat lassen. Das ist bei uns überhaupt nicht der Fall gewesen. Das heißt, es ist ein sehr differenziertes Bild. Die Krise ist ja noch nicht vorbei, wir sind ja noch mittendrin. Aber ich habe eher so das Gefühl, dass wir vieles von dem Kapital, das am Anfang da war, verloren haben. Und jetzt ist es halt immer mehr die Unglaubwürdigkeit. Die Leute akzeptieren das nicht mehr. Die sagen, ich werde eh wieder angelogen und so weiter. Also es entsteht so eine gewisse Nachlässigkeit, was in der ersten Phase überhaupt nicht der Fall war. Wie das dann weitergehen wird, wie gesagt, ist noch schwer offen. Es könnte genauso gut sein, dass diese Anti-Corona-Demonstrationen, die ja immer aggressiver und schriller werden, das erinnert mich ein bisschen an 2015, wo mit Pegida im Osten Deutschlands auch solche Gruppen plötzlich aufgetaucht sind und nachhaltig dann das Klima beeinflusst haben. Das heißt, ich weiß nicht, wie das dann weitergeht. Ich glaube nur, dass gerade jetzt wichtig wäre, wirklich mit dem Argument Politik zu machen, also wirklich auf die Vernunft rückzugreifen und das fehlt mir ein bisschen momentan leider. einmal aus der historischen Situation betrachtet, muss man sagen, schauen wir, dass wir alle miteinander jetzt versuchen, da rauszukommen und vor allem auch die Spätfolgen zu sehen, wo die Arbeitslosigkeit, die Frau Woltrand gerade aufgezeigt hat, eines der gravierendsten Probleme ist. Das kriegen wir nämlich Jahrzehnte nicht weg, wenn wir da nicht jetzt was machen. Frau Woltrand, das greife ich gleich auf, um mich wieder an Sie zu wenden. Im Allgemeinen herrscht ja von Arbeitslosigkeit so ein durchaus auch konservativ geprägtes Bild vor, das sei im weitesten Sinne selbst verschuldet. Jetzt haben wir aber, wenn wir zurückblicken ins vergangene Jahr, einen derartigen Anstieg hin zu einer Massenarbeitslosigkeit wahrnehmen müssen, beobachten müssen. Da kann man eigentlich von einer individuellen Verantwortung gar nicht mehr reden. Das ist völlig absurd. Jetzt, weil sicherlich auch das Publikum, das uns heute zusieht, mit vielen Begriffen und so weiter, nicht so geläufig ist wie Sie, lassen Sie uns versuchen, ein paar so Dinge aufzudröseln und sozusagen ein bisschen verständlich darzustellen. Wir haben zum einen dieses Problem der enorm hohen Arbeitslosigkeit. Gerade aber auch in der Krise wurde gelobt dieses Modell der Kurzarbeit. Kurzarbeit, soweit ich es verstanden habe, ist allerdings ein Instrument, das man jetzt nicht so sehr auf lange Sicht anwenden soll oder anwenden kann, sondern das eben sozusagen kurzzeitig mal so eine Krisenzeit überbrückt, Unternehmen die Möglichkeit bietet, bei sozusagen bleibend für das Unternehmen selbst nur noch geringe Kosten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten zu können. Da ist mir jetzt wichtig, Ihre Perspektive zu erfragen. Wie hat das eigentlich funktioniert? Hat sich Kurzarbeit tatsächlich so, wie sie gerühmt wurde, nach einem Jahr bewährt? Ist das etwas, was man tatsächlich vorweisen kann? Oder die Arbeitslosenzahlen sind ja trotzdem enorm hoch. Das bleibt ja weiterhin so. Hat das da nicht gegriffen? Wo ist da jetzt eigentlich der Haken drin? Ja, fangen wir mal zu Beginn an. Kurzarbeit hat es ja vor der Krise auch schon gegeben. Das heißt, das AMS soll bei Betrieben, wo es eben wirtschaftliche Probleme gibt, Kurzarbeit beihilfen, wenn eben die Arbeitnehmerinnen vorübergehend ihre Arbeitszeit reduzieren. Das hat es vor der Krise schon gegeben, das waren halt Aktivitäten, die in einem sehr überschaubaren Ausmaß in Anspruch genommen wurden und natürlich auch bei der Finanzmarktkrise 2008, 2009 wurde die Kurzarbeit nicht in diesem Ausmaß genutzt, wie es jetzt ist. Was wir natürlich durch diesen Lockdown ab März und der erste Lockdown und dann auch jetzt dieser zweite und dritte Lockdown, da hat es natürlich eine Schließung von großen Branchen gegeben, wie Handel, Gastronomie, Tourismus, körpernahe Dienstleistungen, also einen ganz großen Bereich, wo man einfach nicht gewusst hat, wann erfolgt wieder die Öffnung und so weiter. Und das Mittel der Kurzarbeit ist, eben Beschäftigungsverhältnisse zu erhalten. Das heißt, dass die Menschen ihre Dienstverhältnisse bei ihrem Arbeitgeber eigentlich, dass die aufrechterhalten bleiben und dass der Arbeitgeber diese Menschen nicht kündigt oder entlässt oder irgendwie einfach das Dienstverhältnis beendet. Und durch diese Kurzarbeitsbeihilfe werden natürlich auch die Einkommen der Menschen stabilisiert. Wir haben gerade bei der Kurzarbeit sehr hohe Nettoersatzraten, viel höher als im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Da liegen die Raten je nach Bruttolohn zwischen 80 und 90 Prozent. Beim Arbeitslosengeld liegen sie bei rund 55 Prozent. Das heißt, wir haben also einen sehr großen Vorteil. Einerseits werden die Beschäftigungsverhältnisse in den Betrieben erhalten. Man hat jetzt auch gesehen, die Branchen machen zu und sperren auf, je nach Infektionslage und da ist es wichtig, dass diese Menschen im Betrieb erhalten bleiben. wenn sie irgendwelche Produktionsbetriebe anschauen. Bei manchen ist eben nur sehr wenig möglich. Das heißt, Kurzarbeit ist kombiniert mit einer Reduktion der Arbeitszeit im Betrieb. Das ist der große Vorteil einerseits, Dienstverhältnisse zu erhalten in den Betrieben über einen längeren Zeitraum und auf der anderen Seite natürlich die Einkommen der Menschen zu stabilisieren. Also sie haben eben mehr Einkommen, als wenn sie arbeitslos wären. Und natürlich, wenn man arbeitslos ist und man ist länger arbeitslos, das haben wir schon vor der Krise gesehen. Das heißt, wir haben jetzt durch die Krise auch einen massiven Anstieg der Langzeitbeschäftigungslosigkeit. Wir haben rund 141.000 Menschen, die österreichweit langzeitbeschäftigungslos sind. Das heißt, wenn ich über ein Jahr arbeitslos bin, ist es ganz, ganz schwer, wieder einen Job zu finden. Das heißt, wenn ich über ein Jahr arbeitslos bin, ist es ganz, ganz schwer, wieder einen Job zu finden. Das heißt, ohne irgendwelche Unterstützung und Intervention wird es für manche einfach sehr schwierig werden, wieder in den Arbeitsmarkt sich zu integrieren. Und deswegen ist es besser, die Beschäftigung in den Betrieben zu behalten. Und natürlich, warum jetzt so lange? Und ich plädiere auch dafür, wir haben jetzt praktisch ab März bis Ende Juni die vierte Kurzarbeitsphase, also die ist immer wieder verlängert worden, weil man immer wieder gehofft hat, dass die Krise vielleicht doch schon früher vorbei ist und die Infektionszahlen man in den Griff kriegt, war leider nicht so. Jetzt ist sie gerade wieder verlängert worden, die Kurzarbeit von März bis Ende Juni 2021. Natürlich, wenn sich die Infektionszahlen nicht verbessern, wird man es vermutlich auch noch bis Ende des Jahres verlängern müssen, um eben die Dienstverhältnisse zu erhalten. Und wenn man sich die Zahlen noch anschaut zu Kurzarbeit, den Höchststand an Kurzarbeit haben wir gehabt im Mai 2020 mit rund 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Dann haben wir parallel gehabt rund 500.000 Arbeitslose. Hätten wir die Kurzarbeit nicht gehabt, hätten wir fast 2 Millionen Arbeitslose gehabt in Österreich. Das wäre ein Wahnsinn. Jetzt haben wir rund 480.000 Menschen in Kurzarbeit. Jetzt haben wir rund 480.000 Menschen in Kurzarbeit. Also ich finde, das ist ein tolles Mittel der Arbeitsmarktpolitik, um Beschäftigung zu halten und Arbeitszeit eigentlich zu verkürzen. Aber dennoch, ich glaube, diese Frage stellen sich auch tatsächlich viele Menschen. Dennoch haben nicht alle Unternehmen von diesem Instrument der Kurzarbeit Gebrauch gemacht, weil ja doch so viele Menschen in Arbeitslosigkeit geschickt wurden. Leider, leider. Also wir hätten natürlich gern gehabt, dass viel mehr Menschen die Kurzarbeit nutzen hätten können. Ja, aber natürlich hängt es auch vom Arbeitgeber. Deshalb hängt es natürlich auch vom Arbeitgeber ab, ob er natürlich auch glaubt, aufgrund der Arbeitsmarktlage die Menschen auch nachher noch beschäftigen zu können. Im Tourismus beispielsweise, was nicht Tirol, wo man dann sagt, okay, was jetzt nicht Wintersaison ist bei mir nicht möglich, weil alles zugesperrt ist, dann wird es natürlich schwer sein, hier Menschen auch über die Kurzarbeit zu beschäftigen. Aber sinnvoll wäre es natürlich gewesen, arbeitslose Menschen, Menschen nicht arbeitslos werden zu lassen, sondern ihnen die Kurzarbeit zu ermöglichen. Und schwierig ist natürlich diese Differenz von der Leistungshöhe. Wie ich habe schon gesagt, die Nettoersatzrate ist bei der Kurzarbeit sehr hoch und beim Arbeitslosengeld auch sehr gering, mit den 55 Prozent. Und natürlich diese Arbeitslosigkeit, die wir jetzt haben, ist eigentlich völlig unplanbar gewesen. Wie ich auch schon gesagt habe, man sieht, dass Erwerbskarrieren einfach sehr fragil sind. Mit dieser Krise hat eigentlich kein Mensch rechnen können. Und diese Menschen sind jetzt eigentlich schon sehr, sehr lange in der Arbeitslosigkeit mit einem sehr angeringenden Einkommen. Deswegen auch unsere Forderung, diese Nettoersatzrate von 55 auf mindestens 70 Prozent anzuheben, um natürlich aufgrund der Krise und natürlich auch langfristig gesehen, dass die arbeitslosen Menschen eben eine höhere Existenzsicherung haben. Und wir haben auch vor der Krise schon gesehen, dass eben ganzjährig Arbeitslose massiv armutsbetroffen sind. Rund 50 Prozent der ganzjährigen Arbeitslosen sind eben armutsbetroffen. Was heißt Armutsbetroffenheit? Das weiß ja auch kein Mensch, was das heißt. Das bedeutet, dass ein Mensch, wenn er alleine lebt, weniger als 1.286 Euro netto zur Verfügung hat. Dann spricht man von Einkommensarmut. Und wir haben es jetzt nicht nur bei den Arbeitslosen, sondern auch bei den prekär Beschäftigten. Und wenn auch prekär Beschäftigte in Kurzarbeit sind, dann haben sie natürlich auch immens hohe Einkommensverluste. Und auf diese Gruppe hat die Politik meines Erachtens viel zu wenig geachtet. Wir haben eben sehr viele Wirtschaftshilfen, was natürlich wichtig ist, aber eigentlich hätte man auch für die Arbeitslosen bessere soziale Sicherung etablieren müssen. Nicht nur diese Einmalzahlungen, die grundsätzlich ja positiv sind, aber eigentlich zu wenig. Und wir sehen jetzt, jetzt sind wir fast schon im beginnenden zweiten Jahr der Krise, da braucht man einfach eine stabile soziale Sicherung für die Arbeitslosen. Das heißt eine Erhöhung dieser Nettoersatzrate. für die Arbeitslosen. Das ist eine Erhöhung dieser Nettoersatzrate. Herr Weidenholzer, an Sie auch als Europapolitiker, als ehemaliger Europapolitiker. Österreich ist jetzt seit 1995 Mitglied der Europäischen Union. Etwas provokant gefragt, was hat uns diese Mitgliedschaft während dieser Krise tatsächlich gebracht? Sehr viel. Ich glaube, ohne Europa wären wir alle übereinander hergefallen, hätten wir überhaupt kein Instrument gehabt, wie wir mit dem Umgehen ein bisschen sehen, wie das jetzt bei diesem Impfnationalismus. Jetzt kann man natürlich sagen, ja, und mit Recht sagen, dass vieles nicht richtig gemacht wurde und dass man unterschiedliche falsche Vorstellungen gehabt hat, aber Faktum ist, hätte es diese gemeinsame Beschaffungspolitik nicht gegeben, wäre man in Europa nicht so weit gekommen und auch global nicht, weil Europa ist ja trotz allem der zentrale Punkt, dass Impfstoffe in andere Kontinente geliefert werden und so weiter. Also Europa hat eigentlich uns sehr vieles gebracht. Man hätte sich besser aufeinander abstimmen müssen. Also die Tendenz, aber das hängt nicht nur mit Europaskepsis zusammen, sondern ganz generell ist es halt so, wenn ich ein Problem habe, dann mache ich überall rund um mich zu und hoffe, dass es mich verschont. Das ist aber bei so einer Seuche nicht möglich. Das heißt, ich bräuchte gemeinsame Instrumente. Diese gemeinsamen Instrumente hat es zu Beginn der Krise nicht gegeben. Man hat beim Maastricht-Vertrag darüber diskutiert, ob die Gesundheitspolitik vergemeinschaftet wird. Das hat man nicht. Unter anderem waren die Briten der Grund dafür. Das heißt, man hat jetzt erst begonnen zu sagen, wir brauchen eine gemeinsame Gesundheitspolitik, was ja richtig gewesen wäre. Da hätten wir viel früher auch viel besser reagieren können. Die ersten Reaktionen zum Beispiel im Februar, wir haben schon geredet, wo man so gehört hat, da passiert was, da hat die Kommission sogar eine Pressekonferenz gegeben mit zwei Kommissaren Ende Jänner vorigen Jahres und von dieser Pandemie gewarnt, die da aus China zu uns kommen wird. Das Problem war nur, es war am gleichen Tag, wo der Brexit tatsächlich passiert ist. Das heißt, medial war das übertönt. Dann hat es in Kroatien, wo ja die Kommissarin kommt, eine Regierungskrise gegeben. Das heißt, der Gesundheitsministerrat ist zwei Wochen verschoben worden aus diesem Grund. Und so Mitte Februar war der Gesundheitsministerrat, wo die EU vorgeschlagen hat, die Einreise aus China und anderen Teilen außerhalb der EU drastisch zu reduzieren. Das wurde abgelehnt, unter anderem von Österreich noch zu dieser Zeit. Das sind alle Leute, die nach Italien, von Chinese New Year über Wien, Handflogen nach Mailand und so weiter. Eine gemeinsame politische, europäische Politik hätte wahrscheinlich vieles von dem verhindern können. Man kann nicht immer sagen, was wäre gewesen, wen. Aber dieses Beispiel zeigt, dass es eigentlich sehr wichtig wäre. Und auch das Ergebnis der Krise ist ja, dass sich die Europäische Union eigentlich nicht auseinander dividieren lassen hat, sondern gerade am Höhepunkt der Krise im Juni ist man plötzlich so weit gegangen, dass man Dinge gemacht hat, die man vorher immer ausgeschlossen hat, nämlich gemeinsame Schulden aufzunehmen, um also den Wiederaufbau zu finanzieren. Also quasi ein Tabubruch für europäisch. Österreich hat ein bisschen hinterhergejammert, aber ist letztlich dann auch mitgegangen. Also ich würde sagen, es braucht einfach eine gemeinsame Politik, wenn man solche Entwicklungen bekämpft, die keinen lokalen Ursprung haben, sondern die quasi auf der Basis der Vernetzung der verschiedenen Länder haben. Was mir trotzdem auch sehr wichtig ist, dass wir uns auch überlegen, welche Anreize setzen wir künftig. Wir brauchen ja eigentlich ein großes Beschäftigungsprogramm, so wie die Amerikaner in den 30er Jahren mit dem New Deal sich aus der Krise heraus finanziert haben. Da fehlt es momentan noch völlig an Vorstellungen. Die Arbeitswelt in 20 Jahren wird eine ganz andere sein. Vor 30 Jahren hat es so die ersten Untersuchungen gegeben, wo man gesagt hat, Teleheimarbeit oder sowas. Heute ist Homework irgendwas ganz Selbstverständliches. Das wird die Basis wahrscheinlich auch künftiger Arbeit sein, in einem Ausmaß wird der ganzen Digitalisierung einen Aufschub geben. Das fehlt mir völlig, dass da einfach eigentlich eine Taskforce, eine europäische, eingerichtet würde, wo man sagt, okay, was heißt das jetzt? Wir wollen jetzt die nächsten 20 Jahre meistern. Da brauchen wir mehr Digitalisierung. Wie schaut das aus? Wie investieren wir? Wie können wir die Leute umschulen? Wie können wir den Jungen eine Chance geben? Es gibt europäische Länder, da sind 40 Prozent der Jugendlichen arbeitslos. Das ist ein Skandal, weil auf so einer Zeit kann ich keine Zukunft aufbauen. Diese Dinge vermisse ich völlig. Da redet niemand in Österreich drüber und Europa auch wenig. Frau Woltran, ich glaube, wer sehr wohl immer wieder darüber spricht, ist sozusagen Ihr Dienstgeber, die Arbeiterkammer, nicht nur hier in Oberösterreich, sondern auch bundesweit. Ich glaube, dass es auch mal notwendig ist, noch einmal genauer darzustellen, was es eigentlich bedeutet, beschäftigungslos zu sein. Und das, wenn eine ganz große Menge von Menschen davon betroffen ist. Wir sprechen ja sehr so beiläufig oft darüber, große Arbeitslosigkeit, wir haben ein Problem. Aber ich glaube, dass viele Menschen sich das gar nicht wirklich, wenn sie noch nicht persönlich davon betroffen sind, das gar nicht so plastisch greifen können, was das eigentlich heißt. Was heißt das mittelfristig bis längerfristig für eine Gesellschaft, für eine gesellschaftliche Entwicklung, wenn dermaßen viele Menschen nicht in Beschäftigung sind? Natürlich Armut, würde ich jetzt einmal sagen, wenn man über so längere Zeit kein Einkommen hat. Das heißt, die durchschnittlichen Leistungshöhen liegen eben beim Arbeitslosengeld in Österreich bei ca. 1000 Euro. Bei der Notstandshilfe sind wir bei rund 900 Euro. Das ist ja unterhalb der Armutsgrenze. Genau, die im Anschluss an das Arbeitslosengeld gebührt. Das heißt, wir haben eben ein sehr geringes Einkommen über einen sehr langen Zeitraum. Und was wir natürlich auch sehen, dass natürlich auch Arbeitslosigkeit Auswirkungen hat auf den Gesundheitszustand. Das heißt natürlich, Arbeitslosigkeit stresst natürlich auch. Das heißt, wir haben natürlich auch Problematiken im psychischen Bereich, wenn man länger arbeitslos ist. Aber ich möchte irgendwie beim Kollegen Weinerlster anschließen, weil ich auch diese Position von einem Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm ganz, ganz elementar wichtig erachte und das auch für uns in Österreich ganz wichtig wäre, dass wir praktisch auch im Hinblick auf eine Jobgarantie einfach Arbeit fördern, das heißt im Bereich der Gemeinden und im gemeinnützigen Bereich, da müsste man einiges tun und natürlich auch im Bereich der Qualifizierung. Weil, jetzt kommen wir wieder zurück zur Frage, die Menschen brauchen eine Perspektive. Wenn ich eben so lange arbeitslos bin und immer wieder Absagen bekomme, am ersten Arbeitsmarkt muss ich zum Beispiel, wenn ich langzeitbeschäft arbeitslos bin und immer wieder Absagen bekomme am ersten Arbeitsmarkt, muss ich zum Beispiel, wenn ich langzeitbeschäftigungslos bin, über ein Jahr irgendein Angebot bekommen, also ein positives Angebot bekommen, einmal wieder eine Beschäftigung annehmen zu können. Und da gibt es ja schon genügend Beispiele. Das heißt, wir haben ja in Oberösterreich auch sehr viele Betriebe im sozialökonomischen Bereich, wo eben Arbeit unterstützt wird und geschaffen wird und gefördert wird. Also das sind gute Initiativen oder auch, ich muss trotzdem sagen, die Aktion 20.000 oder auch jetzt die Forderung, die Aktion 40.000, dass man eben in den Gemeinden Beschäftigung schafft. Also ich glaube, für bestimmte Personengruppen haben wir auch schon vor der Krise erlebt, für die wird es immer schwieriger, dass sie am ersten Arbeitsmarkt einen Job finden. Das sind eben Menschen mit gesundheitlichen Problemlagen, die älter sind oder gering qualifiziert. Was ich glaube, auch sehr wichtig ist, wir leben in einer Umweltkrise. Also ich glaube, da sollten wir wirklich investieren. Da hätten wir jetzt auch eine Chance, dass wir mit dem Geld, was wir eh brauchen, wie wir Leute beschäftigen wollen, auch gescheite Sachen machen. Und Dinge für die Zukunft tun. Und da sehe ich wenig. Genau, also Qualifizierungsförderung in neue Jobs, also im ökologischen Bereich natürlich auch und im Bereich der Digitalisierung. Also ich glaube auch, dass es am Arbeitsmarkt natürlich auch einen massiven Strukturwandel gibt. Das heißt, die Arbeitsplätze verändern sich. Sie werden sich vermutlich auch verändern müssen aufgrund des Klimawandels. Da muss man schauen, welche Arbeitsplätze wird es in Zukunft geben, in welcher Form und welche Qualifizierungen brauchen diese Menschen. Und da gibt es unterschiedliche Angebote. Das heißt, das AMS hat ja neben dem Fachkräftestipendium gibt es auch Stiftungsmöglichkeiten, aber es geht glaube ich auch wirklich darum, dass man eben sowohl Arbeitslose als auch Beschäftigte bei diesem Strukturwandel unterstützt. Bei diesem Buch geht es ja viel um Analyse und auch Ausblicke, wie sehr sich unsere Welt verändern wird. Wenn ich Ihnen zuhöre oder Ihnen beiden zuhöre, was ich da auch glaube deuten zu können, liege ich da richtig, dass sich da schon abzeichnet, das was viele ja schon seit Jahren und Jahrzehnten fordern, jetzt doch eine Trennung von Existenzsicherung und Erwerbseinkommen, weil sich das einfach allalong so nicht mehr ausgehen wird? Wie ist das gemeint? In Richtung Grundeinkommen. Grundeinkommen ja diese... Ohne jetzt eine Grundeinkommens Grundeinkommen, ja diese... Ohne jetzt eine Grundeinkommendiskussion zu machen. Ich glaube, es ist eine eigene Runde. Ich bin keine Verfechterin vom Grundeinkommen, sage ich ganz ehrlich, weil ich der Meinung bin, dass die soziale Sicherung und das Sozialversicherungssystem da viel besser greift. da viel besser greift. Andererseits durch das Einzahlen von Sozialversicherungsbeiträgen ist man eigentlich als Arbeitnehmer viel besser abgesichert bei sozialen Risiken wie Arbeitslosigkeit, Unfall, Krankheit oder Invalidität. Beim Grundeinkommen ist man immer abhängig von der Politik. Aus meiner Sicht wird es vermutlich nicht hoch genug sein. Man hat sehr stark gesehen, wie schnell die Mindestsicherung weg sein kann und politisch eine Sozialhilfe da ist. Also ich glaube, dass das ein massiver Punkt ist. Und die Gefahr natürlich besteht, dass alle anderen sozialen Sicherungsleistungen, die ja sehr breit sind, das heißt wir haben ja, ich sage jetzt mal, immer noch einen gut ausgebauten Sozialstaat, wir haben Leistungen vom Pflegegeld bis zum bildungspolitischen Bereich, Stipendien. Ich glaube, dass eben sehr viele gute soziale Leistungen durch das Grundeinkommen dann ersetzt werden könnten. Das Grundeinkommen vermutlich nicht ausreicht. Und natürlich geht es auch darum, nicht nur monetär die Menschen abzusichern, sondern auch durch soziale Unterstützungsangebote, eben Arbeitsmarktpolitik, Beschäftigungsverhältnisse, dann eben bildungspolitische Interventionen, soziale Dienste im Bereich Kinderbetreuung und Pflege. Also ich glaube, das kann das Grundeinkommen nie ermöglichen. Also ich warne davor, weil es einfach den Sozialstaat vermutlich zerstören würde. Herr Weidenholzer, wir haben jetzt gar nicht mehr so viel Zeit auf unserer Uhr. Dennoch, Sie versuchen ja auch in Ihrem Buch so ein bisschen einen internationalen Vergleich, Überblick. Gibt es Staaten, sei es auch innerhalb der Europäischen Union, an denen wir uns in Österreich ein Beispiel nehmen sollten, an denen wir uns in Österreich ein Beispiel nehmen sollten, im Krisenmanagement, auch im Virenregime, auch etwas, wo man sagt, okay, das ist innovativ, da gibt es tatsächlich Ansätze, etwa auch im Sinne einer progressiven Arbeitsmarktpolitik. Das Problem ist natürlich immer, man muss schauen, wo die Ansätze in den Ländern gestanden sind. Wir sind relativ gut abgesichert in die Krise gegangen, andere sind von ganz unten hineingegangen. Aber ich glaube, es gibt schon eine Regel, die Regel heißt, nach Möglichkeit Fachleute im Vordergrund zu haben bei den Entscheidungen, also die Entscheidungen nicht aus machtpolitischen Überlegungen, gehen die Umfragen rauf oder runter, zu fassen. Da gibt es Unterschiede. Da gibt es Länder, wo das durch die Krise in Italien zum Beispiel, weil sie so weit unten waren, haben sie dann sehr stark auf Fachleute gesetzt und weniger auf das machtpolitische Gerangel. Die Einbindung der Zivilgesellschaft, über das wird viel zu wenig geredet. Also ich glaube, dass sehr viele Bürgerinnen und Bürger wirklich auch bereit gewesen wären, mitzutun mit ihrer ganzen Fantasie. Ich finde es einfach wirklich eigentlich schuftig, wie man groß der Sanzmütter, aber Eltern alleine lässt mit ihren Kindern, die sie nicht mehr auskennen. Wenn sie zufällig das Pech gehabt haben, dass sie digital im Haushalt nicht sehr gut ausgestattet waren, dann sind sie zwei Jahre zurückgefallen. Und da hätte es aber viele Menschen gegeben, die denen auch helfen hätten wollen. Das hat man nie in Anspruch genommen, das hat man nie abgerufen. Also die Lehrer haben wir allein gelassen, die halt dann sie immer gut eignen als Sündenbocker, aber in Wirklichkeit hätten sie gerade in der Situation auch Hilfe gebraucht. Also diese Mobilisierung der Zivilgesellschaft, die glaube ich ist erforderlich in so einer Situation. Ich glaube, dass es unheimlich wichtig ist, und da kommen wir nochmal auf diese Debatte mit Grundeinkommen und so, die öffentlichen Dienstleistungen zu stärken. Wir haben ja die letzten zehn Jahre öffentliche Dienstleistungen privatisiert. Und das hat es ehrlich gesagt, dort, wo noch Reste des Öffentlichen waren, hat es funktioniert. Das heißt, wir brauchen jetzt Diskussionen über öffentliche Dienstleistungen. Wie können wir das wiedergewinnen? Es macht eben keinen Sinn, alles am Markt zu übertragen. Es gibt Situationen, sehen wir jetzt bei den Masken, und wie viel gescheiter es gewesen wäre, wenn man das nicht irgendwelchen, vielleicht sage ich einmal, erschwindlichen Unternehmungen überlassen hätte, sondern wenn man das wirklich staatlich geplant hätte. Staat oder öffentlicher Auftrag ist von vornherein noch nicht schlecht, das ist im Gegenteil, es ist eine Grundvoraussetzung. Und das haben wir eigentlich in allen Ländern gesehen, wo das vorhanden war. In Italien auch, im Norden, wo die Lega Nord war, haben sie das kaputt gemacht gehabt. Bei Emilio Romano hat das noch funktioniert. Da hat sich die Krise auch anders entwickelt. Also diese Dinge sind wichtig. Und dann erlauben wir, es ist nicht mehr der Weltfrauentag heute, aber erlauben wir trotzdem eine Feststellung. Wenn man so schaut im globalen Vergleich, dann sind die Länder eigentlich so über den Daumen am besten durch die Krise gegangen, wo Frauen regiert haben. Female Leadership hat irgendwie eigentlich was Positives. Frauen waren in der Krise oft viel intuitiver. Ich will es jetzt nicht auf diese Frage der Geschlechterunterschiede bringen, aber weibliche Führerinnen oder female leaders, das ist jetzt eine schlechte Übersetzung, wie in Neuseeland, wie in Dänemark. Die haben eigentlich viel mehr die Kenntnis gehabt, wie kann ich jetzt mit so einer ganz prekären Situation umgehen. Es gibt kein einziges Land, wo eine Frau regiert hat, das ganz schlecht aus der Krise gegangen wäre. Das ist interessant. Also wenn ich das richtig verstanden habe, dann sehen Sie auch in dieser Krise, dieser einen Jahr Krise durchaus auch bestätigt, was wir viel gescholten auch als Marktversagen verstehen. Beziehungsweise formuliere ich die Frage anders um, Frau Voltran, ich frage Sie jetzt nicht, sehen Sie sozusagen eine neue sozialdemokratische Renaissance auf uns zukommen, sondern eher so eine Renaissance des Wohlfahrtsstaates? Sollte kommen. Das wäre wichtig, dass das kommen sollte. Manche sagen ja mittlerweile, und Bundeskanzler Kurz hört das ja auch in seinen eigenen Reihen der ÖVP, dass er ja quasi zu einem sozialdemokratischen Politiker mutiert ist, weil sozusagen Deficit Spending, naja, das ist ja, das kann man auch, Angela Merkel hört man das ja auch sehr, sehr oft, sie ist die CDU-Vorsitzende, die ehemalige als erfolgreichste Sozialdemokratin Europas, das war ja so ein Running Gag auch innerhalb der CDU, aber glauben Sie, dass da jetzt dieser große Schalter gekippt ist und sozusagen, dass jetzt wirklich mehr in das Bewusstsein eingeschrieben hat, ja, der Wohlfahrtsstaat ist eigentlich das Zukunftsmodell? Ich glaube, bei der breiten Bevölkerung schon. Weil sie einfach sehen, dass sie den Sozialstaat brauchen, vor allem jene, die zum Beispiel arbeitslos geworden sind. Die merken halt, dass das sehr wichtig ist, so ein Sicherungssystem zu haben oder auch im Gesundheitsbereich. Ich befürchte aber, dass die türkise Regierung, die türkise Kurzregierung, das nicht wirklich so sieht, weil eben schon Tendenzen da sind im Hinblick auf, ich habe es schon gesagt, degressives Arbeitslosengeld 2023, hat die Plümmer gesagt, da müssen wir praktisch den Gürtel enger schnallen und sparen. Ich befürchte eher nicht, aber aus meiner Sicht war es notwendig, dass man eben die soziale Sicherung stärkt und uns in diesem Bereich viel mehr macht. Man sieht auch die Notwendigkeit und dass man eben auf dem Markt, wie der Kollege Weiler zuvor gesagt hat, dass man nicht immer alles kaufen kann, weil die Menschen eben kein Einkommen haben, diese Leistungen zu kaufen. Und wir dadurch natürlich die Ungleichheit verschärfen in einer Gesellschaft mit fatalen negativen Folgewirkungen. Ich glaube, dass man eben den Sozialstaat stärken müsste. Sie wollten kurz... Man sieht es ein bisschen schon. In den USA ist ja tatsächlich die ganzen Maßnahmen, die ersten Maßnahmen dieser neuen Regierung Biden, sind interessant, wo man eigentlich genau in Richtung Wiederherstellung des Wohlfahrtsstaats diskutiert. Wo auf einmal der amerikanische Präsident sagt, ihm ist es wichtig, mit den Führern der amerikanischen Gewerkschaften über die Krise zu reden. Das hat es seit, auch unter Demokraten vorher nicht gegeben. Das hat natürlich geflügelt, wenn ein Demokrat natürlich gestärkt ist. Trotzdem, aber das ist auch ein Ergebnis der Krise. Und dass also in Amerika sehr stark nach Europa geschaut wird. Das ist zum Beispiel, vielleicht noch eine kurze Geschichte, weil mich die sehr berührt hat. Ich war in den USA einmal und wir waren da beim Sanders und da war so eine Gruppe von High School Students for Sanders und die waren natürlich sehr enthusiastisch, auch klar. Und dann sagte eine Frau zu mir, ich soll ja mehr erzählen über Dänemark, warum Dänemark. Ich sage, ja, weil der Bernie redet immer über Dänemark und wir wollen in Amerika auch sowas haben wie Dänemark. Also das ist so irgendwie das Signal, dass dort in den USA durchaus schon ein Umdenken ist, wo viele sagen, okay, so geht es auch nicht weiter, der Markt allein wird uns dann nicht mehr weiterhelfen. Wir brauchen wieder so gesamtstaatliche Maßnahmen wie unter Roosevelt in den 30er, New Deal. Wir müssen die Gewerkschaften mit einbeziehen. Wir müssen die Marktkräfte regulieren. Insofern bin ich nicht pessimistisch, nur es ist noch zu früh, eine Prognose abzugeben. Wir sind noch mittendrin, da kann noch passieren, da kann die große Katastrophe passieren. Da kann aber auch so ein Ausblick möglich sein. Wir wissen nicht, wie lange es noch dauern wird und uns beschäftigen wird. Was mich allemal interessiert, und damit sind wir auch schon in der Schlussrunde, Frau Woltran, ich beginne mit Ihnen, weil ich diese Frage immer wieder sehr gerne stelle, vor allem, wenn ich es mit Expertinnen und Experten zu tun habe, die selber ja auch ein bisschen forschen. Wir sprechen viel über Veränderungen im Zusammenhang mit der Krise. Inwieweit haben sich auch in Ihrer Tätigkeit bei der Arbeiterkammer Oberösterreich, wo Sie auch doch sehr viele Analyseverfahren auch vornehmen und so weiter. Inwieweit hat sich durch diese Krise für Sie selbst auch etwas in den Fragestellungen, an denen Sie arbeiten, verändert? Beziehungsweise was sind denn jetzt so die großen Themen, die Sie jetzt im nächsten Jahr oder darüber hinaus beschäftigen werden, im Zusammenhang mit dieser großen Krise? Natürlich Arbeitsmarkt ist natürlich das große Thema. Ich habe es schon gesagt, eben Schaffung von Beschäftigung, das heißt Beschäftigung und Qualifizierungsoffensive ist einfach das große Thema und natürlich wieder Wirtschaftswachstum. Das heißt natürlich, dass wir wieder in eine gewisse Normalität kommen und natürlich der Bereich der sozialen Sicherung im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Da haben wir ja schon geschaut, wie viel würde uns das kosten, wenn man diese Nettoersatzrate anhebt. Wir sind da auf praktisch 1,4 Milliarden an Kosten gekommen. Aber würde das sozusagen viel Geld zurückspielen? Würde natürlich zurückspielen, die Kaufkraft stärken und so weiter, die Wirtschaft würde wieder belebt werden. Also der Arbeitsmarkt ist sicher auch ein ganz großes Themenfeld. Für mich persönlich finde ich auch die Bildungspolitik ganz spannend, dass man eben Bildungspolitik als Sozialpolitik, das heißt, das ist glaube ich eine ganz zentrale Geschichte, wo man eben auch weiterforschen müsste, um Bildungsungleichheiten zu beseitigen. Dann natürlich für mich persönlich auch als Frau wichtig, die Gleichstellung von Männern und Frauen. Gestern war der Frauentag. Da sieht man einfach, dass wir da einfach schon sehr weit zurück hinken und durch die Krise natürlich ein Backlash erfolgt ist und die Frauen noch weiter zurückgefallen sind. Da muss man eigentlich wieder viel mehr tun, dass sie wieder in den Arbeitsmarkt kommen und ihre Position verbessern, weil das sind auch jene, die dann sowohl während des Erwerbslebens als auch im Alter dann armutsbetroffen sind. Also das fände ich ganz zentral. Und natürlich auch Digitalisierung. Wir haben von der Arbeiterkammer diesen Zukunftsfonds etabliert, wo eben auch Projekte einreichen können, um bei Digitalisierung unterstützt zu werden. Das ist ein großes Thema. Und natürlich auch der ökologische Umbau. Also der Klimawandel, die Dekarbonisierung, das ist glaube ich ganz zentral, weil jetzt haben wir ja die Covid-Krise hoffentlich bald überwunden. Dann haben wir natürlich auch wieder die nächste Herausforderung im Bereich Klimawandel und Digitalisierung. Es geht ja weiter. Also es kommt ja noch einiges auf uns zu. Wir sind ja noch nicht mittendrin, wir sind ja noch nicht ganz am Ende. Es holt sich immer wieder was auf. Gerade im Hinblick auf den Klimaschutz darf man natürlich berichten, dass heute ein historisch wichtiger Tag ist, denn erstmals wurde ein Klimarat eingerichtet in Österreich, war ja eine langjährige Forderung, wurde lange Zeit blockiert. Herr Weidenholzer, Sie haben jetzt das Schlusswort. Eigentlich könnte man meinen, Sie sollten irgendwie jetzt Ihren wohlverdienten Ruhestand genießen. Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie sozusagen ganz von politischem Nachdenken und so lassen können. Was sind denn so fürher, in ferner Zukunft auch auf diese Pandemie, diese Krise zugehen und ihr begegnen? Es sind zwei Dinge. Das eine ist, bei mir ist es wichtig, dass es da Generationen gibt von jungen Menschen, die eigentlich ein Pech gehabt haben. Die manche zwei Jahre vielleicht in keinem Schulgang sind oder unter fürchterlichen Umständen. Und diese Defizite muss man beheben. Diesen Menschen muss man helfen. Da, glaube ich, sollte man mehr tun, wenn immer ich etwas tun kann, jungen Menschen eine Zuversicht zu geben, ob das jetzt meine Enkel sind oder viele andere Jugendliche, dass man ihnen hilft bei Aufgabenstellungen, dass man da als Mensch zur Verfügung steht. Das ist mir sehr wichtig, weil die kennen wirklich nichts dafür, dass sie da einfach das grausliche Pech gehabt haben, ein Jahr zu haben, wo es mit der Schule überhaupt nichts war. Das ändert ja wahnsinnig viel. Als Europäer ist mir sehr zentral, dass Europa hat offensichtlich funktioniert. Es ist nicht auseinandergebrochen. Aber es gibt ja sehr viele Unterschiede und viele Gründe, warum das nicht ganz so gewesen ist. Ungarn, Italien, was weiß ich. Also meine intellektuelle Herausforderung ist, mich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen. Wie kann man dazu beitragen, dass es zu einer besseren Verständnis von uns in Europa kommt? Ich bin seit einiger Zeit sehr aktiv, ich kann jetzt staunen, in der Labour Party, wo wir vorbereiten, eine Kampagne der Europäischen Union wieder beizutreten. Rejoin EU. Und da diskutieren wir das auch sehr intensiv, wo es ja darum geht, wenn wir keine Antworten auf die Probleme in Europa haben, dann werden die Menschen in Großbritannien nicht bereit sein. Wenn wir aber wirklich gemeinsame Antworten finden, dann wird der Tag nicht ganz so fern sein, dass die Briten auch wieder Mitglied der Union sind. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das nehme ich doch glatt mal als ein echtes, gelungenes Schlusswort. Vielen herzlichen Dank Ihnen beiden, Iris Voltran, Arbeiterkammer Oberösterreich, Josef Weidenholzer, politisch aktiver Mensch, auch im Ruhestand. Ja, vielen Dank für diese doch sehr aufschlussreiche Diskussion. Großes Dankeschön natürlich auch an die Zuseherinnen und Zuseher von DorfTV, die wieder mit großem Interesse dabei waren. Ja, ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend und darf wie immer auch diese Sendung mit dem Ersuchen schließen. Einen schönen Abend und darf wie immer auch diese Sendung mit dem Ersuchen schließen. Bleiben Sie dem Sender Ihres Vertrauens, nämlich DorfTV, auch weiterhin gewogen. In diesem Sinne herzlichen Dank und auf Wiedersehen.