Der Berg, der wir sind. Bestandsaufnahme, Status Covid-19 Nummer 35, am 25. Jänner 2021. Irgendwann dann, Eura, irgendwann werden wir uns fragen, wie wir aus diesem Stadt-Land-Kluftschlamassel wieder rauskommen. Die Füße Skischuh schwer, aber die Nase immer oben, immer im Wind, der kein Wind of Change Berge an Lügen verschwinden, weil wir uns winden, winden, winden, wie es das grad genehme Lüfterl will. Auch wenn wir spüren mögen, dass jetzt dann doch zunehmend zieht, dass da was übers Land zieht, das mehr als bloß Gewitterfront, dass da was aufzieht, das nicht bloß grollt, dass da was aufgezogen wird, dass, wenn wir es nicht gemeinsam stoppen wollen, uns ganz einfach überrollt. Das Land und Stadt wieder eint, weil beide Blatt macht, dass Blatt schafft für Gedankengut, dass dieses Wort zu keinem Teil verdient. Da ist nichts gut an Social Media geschürter Hetze, da ist nichts gut an den Gedanken, die den Umbruch alles unterordnen. Dass das nicht gut gehen kann, hätte unsere Geschichte doch auch schon längst bewiesen. Wir, die Nation, die zu klein für gutes Toping ist. Wir, die Nation, die mal so groß war, dass ihr auch nichts erspart blieb. Wir, die Nation, die jetzt halt ihren Fernsehkaiser und dem Ballhausplatzkanzlerkaiser an den Lippen hängt. Wir sind doch ein Land, in dem alle alles werden können, wenn sie sich rechtzeitig für den rechten Weg in die richtige Partei entscheiden. Wir sind doch ein Land, das alles hat, was es verdient. Und in dem, wer dient, irgendwann dann auch belohnt, versorgt, bepostet werden wird. Irgendwann dann, Euder. Schon klar. Da kann's nicht immer super sauber hergehen. Schon klar. Die Transparenz haben wir noch nie groß auf unser Fahnerl geschrieben. Wir wursteln lieber halbseiten dahin. Wir wursteln gemütlich und lassen uns treiben vom Lüfterl, weil wir uns winden, winden, winden, wie es die politische Großwetterlage halt grad so will. Wir wursteln und winden uns durch jedes Skandälchen und Grieserl. Wir kriegen das hin und uns bringt nichts um, außer das Hyperkorrekte. Wir können mit allen und allem, außer mit dem Konjunktiv und Diminutiv bereinigen. Denn wir wissen, Perfektion gibt es nur im geschupften Pferdl, weil beim Tumsa ist halt Perfektion. Wir wissen aber auch, dass wir nah dran sind an der Perfektion, am Ideallandzustand. Wir wissen, dass alle, die nicht Österreicherinnen und Österreicher sind, zumindest gern in Österreich leben wollen würden. Und viele dürfen das ja auch. Viele machen das ja bereits, Tag ein, Tag aus. Und wenn wer den Skipass bezahlt hat, sind bei uns alle gleich. So ist Österreich. Auf der Piste sind wir alle gleich, nur wir halt besser. Beim Apres-Ski sind wir alle gleich besoffen, nur wir halt später. So offen ist Österreich für alle Kulturen und Devisen dieser Welt, weil wir uns winden, winden, winden und immer noch ein Platzal finden für ein Lifterl oder ein Hotellerl oder ein weltkulturerbezerstörendes Hochhauserl. Heben wir uns wieder anders ab. Raffen wir uns auf und zamm und betonieren wir die Stadt-Land-Kluft gemeinsam zu. Lasst uns das machen, bevor die Stadt-Land-Kluft zu groß ist, um mit einer landläufigen Vorstadt-Baumarkt-Parkplatzfläche versiegelt zu werden. Lasst uns das machen, bevor es eine Seilbahn braucht, um die Stadtlandkluft zu überwinden. Lasst uns winden, winden, alle Klippen überwinden, uns letztlich gestärkt, geeint, gewachsen, endlich wieder zusammenfinden, uns gegenseitig fesseln und mit Seilwinden aneinander binden. Denn seien wir uns ehrlich, Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Österreich, Niederösterreich, Steiermark, Burgenland und Wien, wir gehören zusammen. Denn kein Wasserkopf ohne Rumpf, keine Provinz ohne Zentrum, keine Klasse ohne Unterschiede, reichen wir einander die Hände und liegen wir uns wieder in den Armen. Erbarmen wir uns und reichen auch anderen die Hände und nehmen wir sie auch in unseren Reichtum auf. Eine Handvoll Kinder werden wir wohl unterbringen im Land der Bettenburgen. Zeigen wir der Welt, dass wir zwar ein kleines Land sind, aber Größe beweisen, wenn es um Menschlichkeit geht. Wir sind doch eine Tourismusnation. Das Gastgewerbe ist doch unser Metier. Bieten wir Gastfreundschaft auch jenen an, die nicht mit harter Währung bezahlen können, aber deren Eltern mit dem Leben bezahlen mussten, weil sie sich eine eigene, andere Meinung leisteten. Wir waren doch auch froh über den Marshallplan. Wir waren doch auch froh, am Land was zu essen gekriegt zu haben. Wir waren doch auch froh, in einem anderen Land aufgenommen worden zu sein, als wir kein Land, nur mehr eine Ostmark waren. Nun ist es an uns, erst die Stadt, Land, Kluft und dann die Berge von Vorurteilen und Ängsten zu überwinden, winden, winden. Es darf gerne ein bisserl dauern, das Überwinden, denn Hudeln ist auch nur Wursteln in Schnell. Gondeln wir also gemächlich einem hehren Ziel entgegen. Gondeln wir gemeinsam in neue Höhen, ohne weitere Berge mit Seilbahnen zu überziehen und zu verschieschaukeln, gondeln wir gemütlich über die Stadt, Land, Kluft. Und irgendwann dann, Euler, irgendwann gondeln wir wieder vereint auf den Kahlen und den Schneeberg, auf das Kittsteinhorn und den Rettenbachferner, auf den Grimming und den Stoderzinken, auf die Wild- und auf die Nockspitz, auf Bödele und auf die Planei, auf den Brenner und den Baston, auf den Hoch- und den Mittagskogel, auf den Künigl und auf den Arlberg. Ziehen wir gemeinsam an einem Seilbahnstrang und erfreuen wir uns wieder aneinander, springen wir über den Schatten des Berges und seien wir nicht bloß das Lüfterl, das um dessen Gipfel weht und seien wir nicht bloß das Kreuz, das auf diesem steht, springen wir über den Schatten des Berges, der wir sind und werden wir endlich die Kulturnation, die wir vorgeben zu sein. Fällt dir nicht noch ein wichtiger Nachsatz ein? Doch. Danke, Amanda Gorman, dass du der Welt gezeigt hast, was Boken Word Poetry kann. Markus Kölle bedankt sich fürs Zuhören. Das war die Montagsdebesche 35. Bis zum nächsten Mal.