Impf mich glimpflich Bestandsaufnahme Status Covid-19 Nr. 29 am 14. Dezember 2020 Es ist noch nie wer in mich eingedrungen. Okay, die Hausärztin mit diesen Holzspateln, wenn sie in den Rachen schauen musste, weil es da brannte, da reckte es mich verlässlich. Aber sonst? Niemand, nichts, nie ist je in mich eingedrungen. Es ringelt mich regelmäßig fast auf, wenn ich mit den Ohrenputzstäbchen zu tief in den Ohrkanal eindringe. Das fühlt sich so an, als rührte ich da unerlaubterweise etwas an, von dem ich mich tunlichst fernzuhalten hätte. Das Gehirn? Das Gehirn will nicht berührt, sehr wohl aber genutzt werden. Vor allem in Corona-Zeiten. Ich bin neugierig und unterfordert. Ich halte mich an Abstands- und Hygieneregeln. Ich bin aber auch unterwegs, wenn es erlaubt ist. Neulich habe ich in Vöcklerbruck ins Internet gelesen. Das war toll. Das Vöcklerbrucker Internet erwies sich als dückisch, aber egal, die Vöcklerbrucker Hotellerie erwies sich als gastfreundlich. Reisende im Dienst einer aktuell erlaubten Arbeit haben Anspruch auf Bewirtung und Versorgung. So las ich also gemeinsam mit Kollegen Peter Klein für Vöcklerbruck aus einem Buch, das im Frühjahr erschienen wäre, hätten im Sommer die Olympischen Spiele in Tokio stattgefunden, las im Winter über Sommersportarten, las in einem ehemaligen Krankenhaus vor keinem Publikum, um die Krankenhäuser und Intensivbettengarantie zu retten, auf das alle bald Skitouren gehen und Skifahren gehen und Skiunfälle bauen und unter Schneelawinen kommen können und dann in Krankenhäuser aufgenommen werden können. Alles für die Winterskisaison, denn Seilbahnen sind bekanntlich die U-Bahnen der Seitentäler und der Seitentäler-Lebensinhalt ist bekanntlich die Massentourismusindustrie. Vöcklerbruck aber liegt nicht seitlich. Vöcklerbruck liegt an der Vöckler- und an der Westbahn. Und wenn hier wer bewirten kann, dann der Auerhahn. Das Abendessen wurde nicht bis nach der Veranstaltung warm gehalten, es wurde von vornherein kalt gestellt. Kalte Platte, Brettlihause, eine Fleischlawine mit Gemüse, Deko, Beef, Speck, Bratenberge, frisch geriebener Grän, ein Senfsee, Alibi-Käsescheibchen, ein Salami-Heuferl und ein Essigocken-Fächerl, das Gegenteil eines Fitnessstellers, ein Hungertotschlag-Brettl, eine Landgasthaus-Unterlage für all das Zutrinkende, frisch gezapfte, praise the Beer Lord, regionale Biere nach Augenmaß, praise the Shot God, eingeschenkter Zwetschgen-Schnaps und wenige Stunden später beim Frühstück fast das gleiche nochmal, statt frischem Bier halt Dermoskannenkaffee und statt dreifachem Schnaps drei Eier im Glas. Ich war also unterwegs, hab was erlebt, hab was zu erzählen, hab Menschen getroffen, bin Zug gefahren und hab nichts dagegen mich testen zu lassen. Also auf zum Gratis-Corona-Massentest in die Stadthalle. Und ich bin überrascht, da nähern sich tatsächlich Menschenmassen ein Sternenmarsch aus allen Richtungen auf Lugners City und Stadthalle zu. Absperrgitter weisen den Weg durch den Märzpark, man kriegt komfortable Masken und wird freundlich begrüßt, man kriegt einen Infozettel und hat den Leitlinien zu folgen, man wird direkt einem Bundesheerschreiber zugewiesen und hat sich auszuweisen. Man wird an die grünen Männchen in Plastikmäntlichen weitergereicht. Dann der oder die im Vollschutzanzug und Weltraumwanderoutfit. Haben sie öfter Nasenbluten oder ein Lieblingsnasenloch? Habe ich nicht. Und schon ist es in mir, das Alien. Es dringt in mich ein. Das ist weit mehr als Nasenbohren. Das geht tiefer und tiefer. Da kitzelt wer mein Hirn will, da wer mein Hirn anstupsen, gar provozieren, meine Tränendrüsen produzieren fleißig. Ich grimassiere abartig. Die Nase wehrt sich und rinnt, dann entscheidet sie sich für Flucht und läuft, dem Schmerz davon und ist weg. Nicht die Nase, der Schmerz. Und Schmerz trifft's auch nicht ganz, es war ein kurzes Eindringen in einen Bereich, der in Ruhe gelassen werden will. Das Gehirn fühlt sich angegriffen durch das Abstrichstäbchen und noch was. Denn es läuft nicht nur die Nase, es läuft auch eine Frühstücksradiosendung und Andreas Gabalier spricht. Das ist schlimmer als ein Nasenabstrich und auch nicht so schnell vorbei, denn nun habe ich auf das Ergebnis zu warten. Ich wünsche mir einen Ohrenausknipsschalter, schreibe mich weg aus der Realität, versinke, Kugelschreiber geleitet in meinem Notizbuch bin, bis ich aufgerufen werde. Ein alter Militär ist der Verkünder. Köhle, bestanden, negativ. Der Witz des Tages, er hat ihn drauf. Tausendmal probiert, tausendmal ist nichts passiert. In Wien lassen sich gerade mal 14% testen. Lass das keinen Vorboten der Impfbereitschaft sein. Fällt dir mitten in der Weihnachtszeit nichts Fröhlicheres ein? Oh doch. Impf mich glimpflich, Baby. Aber impf mich maybe bald. Sagt Markus Köhle in der 29. Montagsdebesche vom 14.12.2020. Bis Weihnachten geht es auf jeden Fall noch weiter. Danke fürs Zuhören. Bis nächste Woche.