Ja Verena, mit großer Freude stehe ich heute mit dir an der Sackbar. Du bist für mich Spezialistin, du hast die Intensivs mit dem Thema Sterblichkeit auseinandergesetzt und hast tolle Angebote, Projekte entwickelt zum Thema Tod. Eines Tages werden wir sterben und alle anderen Tage werden wir leben. Und dieser Satz von Henning Mankell bringt es für mich so auf den Punkt. Im Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit haben wir einen anderen Blick aufs Leben. Und über den Tod können wir spekulieren, aber mit dem Bewusstsein, dass wir eben einmal sterben werden, Aber mit dem Bewusstsein, dass wir eben einmal sterben werden, können wir das Leben anders betrachten und schauen, wie will ich das eigentlich haben und wie gestalte ich alle diese Tage. Ja, wenn du leben willst, dann musst du über den Tod reden. Du hast Medien- und Kommunikationswissenschaften studiert und warst dann Bestatterin und jetzt hätte mich wirklich interessiert, wie geht es dir das aus, wie hat es dir am Friedhof verschlagen? Genau, das ist eigentlich kurz erzählt. Also ich habe eben studiert ganz normal und habe damals noch nebenbei Leichtathletik gemacht, Speerwerfen, habe das professionell betrieben und habe damals halt irgendwie so einen Job nebenbei gesucht und habe mir gedacht, gehen wir zur Bestattung, die suchen ein Kontaktpersonal und genau so bin ich dann bei der Bestattung gelandet und das ist eigentlich dann immer mehr geworden die Arbeit und das hat mir, das kann man sagen, eigentlich Spaß gemacht, ich habe das faszinierend gefunden und habe damals dann zu meinem Chef gesagt, naja ich hätte noch ein paar mehr Ideen von Medien- und Kommunikationswissenschaften, nachdem das Gewerbe in Österreich zur damaligen Zeit nur so ein bisschen verstopfter war und Homepage und so gibt es nicht wirklich. Habe ich gesagt, da könnte man ja was machen, ein bisschen moderner und kreativer. So bin ich dann bei der Bestattung gelandet und habe dort acht Jahre gearbeitet, wirklich von der Pike auf gelernt, von Abholungen bis zum Ende alles gemacht, von Trauerreden, Trauerbegleitung, alles was dazugehört zum Bestattungsgewerbe. Spannend. Und wie waren die Reaktionen von deiner Familie oder von deinem Umfeld, von deinen Freunden? War für die das ganz... Ja, für einige war es ganz normal. Die haben zu mir nur gesagt, ich bin so ein lustiger Mensch und bist du da auch so lustig? Ja, ich bin da auch so lustig. Und ja, eigentlich positiv eher. Und ja, manche wollten halt da nichts hören davon. Also wenn man sie getroffen hat irgendwo, war eher so, nein, erzähl ich auch nichts davon. Andere, die waren total begeistert, die wollten total viel wissen. Und ja, also ich glaube, so wie vielleicht bei jedem Beruf auch ein bisschen, aber eher positiv. Ja, spannend. Bei mir ist in meinem Leben schon immer wieder aufgefallen oder ist immer klarer für mich rausgekommen, dass über den Tod reden oder dass Tod einfach ein großes Tabu in unserer Gesellschaft ist und das ist auch das, was mich so reizt an dem Thema. Und ja, ich bin eben schon zweimal bei dir an der Sackbar gestanden, einmal bei der Leonhard und dann an Barbara Friedhoff und magst du jetzt ein bisschen mehr oder konkreter, sagbar erzählen, wie bist du auf das gekommen? Genau, also eben Bestattung, das war total super und ich habe da wirklich viel gelernt und auch mit vielen Menschen zu tun gehabt und so. Und das hat mich ja trotzdem selber im Leben weitergebracht. Also wenn da Menschen vor dir sitzen, die trauern, man lernt trotzdem auch immer was dazu. Aber irgendwie hat mir immer was gefällt, so ein bisschen. Und ich wollte immer schon so ein bisschen was Künstlerisches, vielleicht Kreatives mit reinbringen. Und eben, wie kann man vielleicht das Thema auch den Menschen näher bringen? Weil, wenn man ja schon verstorben ist, ist es eher schwierig, das Thema anzusprechen. Und eben der Einstiegszitat halt, eben, wir leben dazwischen. Und das war so die Grundidee, also die Leonhard hat ja die Ausschreibung gehabt, Baum und meine Idee war eben dann vom Baum zum Sarg und dazwischen liegt eben das Leben. Und warum dann die Bar? Also es hat dann dazu eben ein Spiel gegeben, Sarggespräche und wo kann man das am besten spülen? An einer Bar. An einer Bar wird kommuniziert, es wird über das Leben philosophiert. Und man kann nicht plaudern, man muss nicht alles ernst nehmen. Und genau, das Spiel war eben dann auch so die Idee, es sind Fragen drauf, eben zu verschiedenen Themen, ernst, witzig. Und dass man sich einfach drüber unterhält, locker und lässig. Und das Thema Tod sollte man eben nicht wegschieben. Wir werden alle mal sterben, das ist einfach die Tatsache. Und warum nicht schon während dem Leben damit beschäftigen, weil ich glaube, dann fällt es einem wahrscheinlich leichter. Ich habe das oft auch gesehen bei Angehörigen, die sich schon damit beschäftigt haben, vorher schon mal mit dem Tod, haben sich trotzdem in ihrer Trauer erleichtert, wie manche, die das vielleicht wirklich immer weggeschoben haben. Kann man jetzt nicht so pauschal sagen, weil Trauer ist so individuell wie das Leben. Aber ich finde einfach, wenn man sich darüber unterhält, schadet nicht. Ja, für mich war spannend, oder ich bin bestätigt worden in meinen vorigen Erfahrungen, dass wenn man sich dann mit Leuten, also im Testcafé war das oder ich habe selber einmal ein Projekt am Friedhof gehabt, dass es sehr viel Nähe sehr schnell entsteht zwischen den Leuten, wenn sie sich auf das Thema einlassen und zudem austauschen und das habe ich bei dir dann da auch jedes Mal erlebt, dass da gar nicht zum Spielen gekommen ist, sondern die Leute von selber einfach sehr lange miteinander geredet haben. Also bei der Leonhard, glaube ich, sind gleich mal zweieinhalb Stunden oder so weg geworden. Da habe ich mir gedacht, boah, schau. Genau, das ist halt der Sinn eben daran, eben vom Spiel und auch generell so. Ich glaube, du hast das ja mitgekriegt bei den Gesprächen. Man hat irgendwie so Einstiegsthemen gehabt, dann hat wer was erzählt, aber man ist relativ schnell wieder auf das Leben gekommen. Was. Was ist wichtig? Und man hat viel gelacht dabei, und das sollte es auch sein. Weil der Tod ist ja ernst genug in dem Sinn. Aber man kann den Tod trotzdem ein bisschen mit Humor angehen. Natürlich, wenn wer stirbt, ist es nicht lustig. Aber ich habe das auch gemerkt, ich war immer bei meinen Trauergesprächen, mein Ziel war immer, eher das Positive herauszuholen. Wie war der Verstorbene? Und wenn man dann gelacht hat darüber, vielleicht irgendwelche Episoden erzählt worden, dann war das auch so eine Erleichterung in der schweren Phase. Ja, es war schön zu sehen, dass das so gut angenommen worden ist. Vor Ort haben wir natürlich schon mitgekriegt, dass andere Leute sich ein bisschen irritiert gefühlt haben. Da stehen Leute vor dem Friedhof an einem Sarg und lachen. Hast du in den Gesichtern gemerkt, war für die sehr ungewöhnlich. Aber es war schön zu sehen, dass das so gut angenommen worden ist. Genau, aber das war auch das Ziel eigentlich von dem Projekt ein bisschen, von der Sackbar. Es ist jetzt schon ein bisschen provozierender, jetzt natürlich schon, dass das jetzt ein bisschen passt, aber eben, dass darüber gesprochen wird. Es sind auch viele vorbeigegangen, die haben zuerst ein bisschen skeptisch geschaut, haben dann einmal gefragt, was ist das überhaupt? Und sobald man dann erklärt hat, um was es geht, ist man ins Gespräch gekommen und sie sind stehen geblieben. Und das war das Schöne daran. Auch die Geschichten, die man erfahren hat. Das war bei den Leonhard-Menschen, die da waren, war das auch schön, dass die wieder an den Barbarafriedhof gekommen sind teilweise, weil sie sich noch einmal unterhalten wollten. Ich muss auch sagen, ich finde es schön, am Barbarafriedhof ist eine Dame extra gekommen, die hat dann eine Melone mitgenommen, weil die können wir da jetzt in der Bar verzehren. Das war dann irgendwie total schön. Das ist auch so mein Ansatz, an das Thema heranzugehen. Es sollte Spaß machen und man kann auch ernst darüber reden, aber man sollte auch viel lachen. Es hat alles Platz. Es hat alles Platz, genau. Man kann genau so warnen. Es waren Leute da, die haben gerade jemanden und wollten halt mit irgendwen plaudern. Und ja, es sollte alles seinen Raum haben. Ja, ich habe das eh bei den anderen Geschichten auch erlebt, der FriKaffee oder so, dass es wirklich das Bedürfnis gibt, wenn der Raum dann da ist, dann wird er eigentlich gut genutzt. Und darum ist es super, wenn man solche Räume schafft, wie du das gemacht hast. Ja, genau. Das ist dann eben mein Motto. Das ist dann so entstanden, dieses DEAF positiv. Das ist eben so eine Bewegung in Amerika. Und man sollte den Tod genauso positiv rangehen wie in allen anderen Aspekten des Lebens. Es wird über alles gesprochen, über den Tod aber nicht. Und ebenaraus ist dann auch die Entstehung entstanden. Der Tod reist immer mit uns. Er ist einfach immer da. Keiner weiß wie er ausschaut, was er wirklich macht, was er tut, aber er ist halt einfach da. Und vielleicht auch deswegen die Bar, die er reist, wo dann der Ort ist, wo man dann fragen kann vielleicht, Fragen stellen kann an den Tod. Ob wir es wirklich beantworten können, wissen wir nicht, weil zurückgekommen ist noch keiner, wie man immer so schön sagt. Zumindest wissen wir es nicht. Und ja, genau so ist es. Ja. Ich habe das Spiel noch nicht gespielt. Ich würde gerne eine Quartin ziehen, wenn es für dich passt. Ich muss mir nur meine Brille aufsetzen, das ist lesbar. Möchtest du unsterblich sein? Nein. Nein, möchte ich nicht. Das ist eine super Frage. Nein, möchte ich wirklich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass irgendwann einmal genug ist. Nein, nein. Wie ist es bei dir? Ich möchte auch nicht unsterblich sein. Aber die Frage ist super, weil die Bar war in Wien bei einer Praxiseröffnung, psychosoziale Praxisgemeinschaft. Und da war eben auch eine Ausstellung zum Thema Tod und da war die Bar halt auch. Und da haben wir über das Thema auch sehr intensiv, weil auch wer die Frage gezogen hat. Und das war auch total spannend. Also was ich auch super finde, wenn man dann so Fragen hat, so andere Ansichten haben wir hören. Und es kann sich auch seine eigene Meinung dann wieder ein bisschen ändern darüber. Oder man informiert sich dann mehr oder man denkt sich, okay, da war ich vielleicht doch ein bisschen eingefahren. Da hat es eben auch wen gegeben, der hat gesagt, er möchte halt unsterblich sein. Das wäre jetzt meine Frage gewesen, da hast du auch schon welche getroffen, die gesagt haben, ja. Aber da ist dann die Frage gekommen, wo einer dann gesagt hat, wenn du dann doch sterben willst, dann bist du jetzt unsterblich, dann kannst du nicht mehr sterben. Dann geht es nicht mehr. Und die Fragen wirken auch noch und können sich auch verändern im Laufe des Lebens. Was man vielleicht gerade erlebt hat, vielleicht selber, wer gerade gegangen ist, ob es einem gut geht oder nicht gut geht. Also es sind halt so lebensfragen die man sich vielleicht zwischendurch ein bisschen stören sollte magst du noch eine zier? ja Beschreibe, was der Tod für dich bedeutet. Ja, er hat für mich jetzt die Bedeutung, dass ich wirklich anders angefangen habe, auf mein Leben zu schauen. Eben, wie will ich meine Zeit verbringen? Was ist mir wichtig? Dass ich das genauso fix einplane wie die Dinge, die einfach zum Tun sind. Und es inspiriert mich auch immer wieder. Also in meine performativen Arbeiten habe ich das immer wieder einfließen lassen und auch eben bei Secrets am Barbara-Friedhof. Ja, Bereicherung. Ja, das ist ja für mich auch so ungefähr der Tod. Also für mich erinnert er immer daran, dass man leben sollte. Und eben auch während der Bestattungszeit oder jetzt bei Trauergesprächen oder so, es kann so schnell vorbei sein. Und es gibt halt wirklich wichtigere Dinge im Leben, wie dass man sich vielleicht gerade ärgert, dass der von der Ampel fahren jetzt nicht losfährt gleich oder es gehört auch trotzdem zum Leben. Und ja, aber es hält dann wieder so ein bisschen runter. Und das muss ich schon sagen, die acht Jahre da haben mich schon geprägt. Also das war schon so, so ein bisschen, dass man vielleicht geerdeter wird. Ich denke jetzt noch oft zurück, wenn ich mich vielleicht über irgendwas ärgere, es ist vielleicht gerade unwichtig in dem Moment. Wenn eine Frau reinkommt und sagt, ihr Mann ist in den Garten gegangen und er ist nicht mehr heimgekommen, weil er einen Herzinfarkt gehabt hat, das sind dann schon so Geschichten immer. Oder ein Jungvater mit Zwillingen fährt auf der Autobahn, Unfall, Tod. Dann ist das schon so, wo man sagt, das kann wirklich so vorbei sein. Man kann es halt nicht planen. Und ich denke, wenn man dann das Leben genießt und schaut, dass man jetzt lebt, dann kann man den Tod besser annehmen. Also das ist ja eben, wie gesagt, der Tod, ich glaube, jeder hat von uns schon mal irgendwen verloren, näher oder nicht nah genug. Und es ist ja immer wieder schwer genug, dann auf das einzugehen. Also ich weiß das selber, wie meine Oma gestorben ist. Das ist mir genauso in einem Ausnahmezustand, wo ich mir auch dann oft gedacht habe, du warst acht Jahre bei der Bestattung, eigentlich müsstest du das eh wissen. Aber es ist nicht so. Es ist nochmal anders, wenn es dich persönlich betrifft. Ja, genau. Das war dann, ja. Eine noch? Mach so. Ich nehme mal die. Welches Lied, Text, Melodie beschreibt dein Leben? Da komme ich jetzt vom Hundertsten ins Tausende, kann ich mir eine andere. Kann ich mir eine andere? Ja. Bitte. Und ich? Hast du schon mal jemanden beim Sterben begleitet? Nein, habe ich noch nicht. Habe ich ja noch nicht, aber wäre eine Herausforderung, der ich mich gerne irgendwann einmal stellen würde. Schon, ja. Ja. Also ich kann auch wieder nur auf meine Oma zurückkommen, weil meine Oma habe ich im Sterben begleitet und ich bin sehr dankbar darüber, dass ich die Erfahrung machen habe dürfen und dass ich sie halt wirklich begleiten habe dürfen. Und auch, glaube ich, was da auch viele Leute erzählen, die was in der Sterbebegleitung sind, dass da so ganz intensive Gespräche noch entstehen. Und mein Satz war immer noch für meine Oma, und das war auch mein Thema, das hat mir schon mal ein Angehöriger bei der Bestattung gesagt, warum ich überhaupt zur Bestattung gekommen bin. Der hat gesagt, mein Thema ist Loslassen. Und er hat gesagt, ich kann jeden Tag lernen von den Angehörigen, wie Loslassen geht. Und wie meine Oma dann gestorben ist, das war so ein paar Tage, bevor sie halt eben hinübergetben ist, das war so ein paar Tage bevor es eben hinüber getreten ist, hat meine Oma dann vor allem so zum weinen angefangen und ich habe ihr gesagt, Oma was ist denn jetzt los, warum weinst du jetzt? Und dann hat sie gesagt, so wirklich wortwörtlich, es ist schon scheiße, dass ich euch da zurücklassen muss. Und ich habe dann gesagt, Oma ich finde es scheiße, dass ich dich loslassen muss, ich muss wohl beide loslassen lernen. Und das hat mir halt auch gezeigt, auch der, der im Sterben liegt, muss loslassen, genauso wie wir loslassen müssen. Also das ist trotzdem ein Thema. Es ist wurscht. Es gibt da dann so eine Frage, was ist einfacher, gehen oder gehen lassen? Ich glaube, das ist auch so eine Frage, die schwierig ist. Es geht auch ums Loslassen, Tod und Leben. Aber das eine geht und das andere kommt. Ja und man ist trotzdem nicht vorgefeit, wenn man selber in der Situation ist, dass man wieder andere Emotionen, Gefühle hat, auch wenn man der Profi ist und das alles ständig organisiert. Ja. Ja. Mecherst du noch etwas? Ich habe jetzt gerade überlegt. Eig eigentlich habe ich jetzt keine Frage mehr. Gibt es noch etwas, was du jetzt noch sagen möchtest? Ja, dass es eben auch wichtig ist, dass man den Tod ins Leben lässt. Man muss sich nicht jeden Tag damit beschäftigen. Ich glaube, das ist auch nicht gut. Aber man sollte sich zumindest irgendwann einmal ein bisschen anfreunden, damit es eintreten wird. Und wenn man zwischendurch auch mit seinen Familienangehörigen mal so ein bisschen über das Thema redet, man erfährt auch viel von anderen und auch vielleicht über sich selber nämlich. Genau, und dann kann man dem Thema so ein bisschen gechillt daran gehen. Und Raum geben. Und Raum geben, ja. Ja, danke. Dann so viel Danke. Und dann lassen wir es jetzt gut sein. Thank you.