Ich fange jetzt an. Sehr geehrte Gäste des heutigen Abends, sehr geehrte Beiträgerinnen und Beiträger der vorliegenden Rampe, des vorliegenden Rampeheftes und vor allem sehr geehrte Evelyn Grill. Wir begrüßen Sie alle herzlich im Stifterhaus anlässlich der Präsentation der diesjährigen Porträtausgabe der Rampe, gewidmet Evelyn Grill, Kulturpreisträgerin des Landes Oberösterreich für Literatur 2017. Dieses Porträt wurde mit viel Engagement herausgegeben von Doktorin Alexandra Millner, die ich sehr herzlich willkommen heiße. Und sorgfältig gestaltet von Mag. Gertrude Blöchel, herzlich willkommen. Es enthält Beiträge zahlreicher Literaturwissenschaftlerinnen sowie AutorInnen aus dem In- und Deutschsprachigen Ausland, die sich eingehend mit dem Werk Eveline Krehls auseinandergesetzt haben. Das sind in alphabetischer Reihenfolge, ich lasse die Titel jetzt hier weg, Christina Gerlein, Marianne Gruber, Christa Gürtler, Florian Huber, Ursula Klingenböck, Alexandra Millner, Annette Peent, Eveline Poltheinzel, Christian Schacherreiter, Hermann Schlösser, Christian Steinbacher, Silvana Steinbacher, Daniela Striegel und Martha Wimmer. Einige von Ihnen sind, glaube ich, heute Abend gekommen. Ich habe noch nicht alle erblickt. Auf jeden Fall war der Herr Tuswaldner schon hier. Ja, da hinten ist er. Ich möchte Sie alle nochmal sehr, sehr herzlich willkommen heißen und natürlich auch die Vortragenden des heutigen Abends. In Evelyn Grylls letztem Roman, Der Nachlass, erschienen 2022, erzählt die Protagonistin eine alte Frau, die den Corona-bedingten Lockdown zurückgezogen in ihrer Wohnung zubringen muss, von einem Nachlass in ihrem Keller. Es handelt sich um ein privates Archiv, gut versteckt zwischen Papieren und Mappen, das Briefe enthält. Diese Briefe, die eine Geschichte von Verfolgung und Vernichtung in der NS-Zeit erzählen, sind wertvolle Familien- und zeitgeschichtliche Dokumente. Ihre Sichtung und die Wiedergabe der Korrespondenz werden zu einer zentralen Passage im Roman. Archivmaterial allerdings ganz anderer Art, aus dem Privatarchiv der Autorin Evelyn Grill ist auch in die vorliegende Rampe eingeflossen. Fotografien aus unterschiedlichen Lebensphasen, Hefte der Schülerin Evelyn mit handgeschriebenen Schriftstellerbiografien und persönliche Informationen zu ihrer Schreibbiografie machen die Auseinandersetzung mit der Autorin lebendig. zeigen, dass Grill bereits in ihren literarischen Anfängen über ein erstaunliches Gespür für Witz und Ironie verfügte, mit welchem sie die männlich-patriarchale Gesellschaft pointiert vorführt. Wir danken Evelyn Grill für die Zurverfügungstellung dieser unersetzlichen Materialien aus ihrem Archiv und für die freundliche Kooperation mit der Herausgeberin und mit dem Stifterhaus. und für die freundliche Kooperation mit der Herausgeberin und mit dem Stifterhaus. Als Dankeschön und mit aufrichtiger Wertschätzung für ein erstaunlich vielfältiges und vielschichtiges Werk möchte ich ihr daher die druckfrische Ausgabe des ihr gewidmeten Rampeporträts jetzt überreichen. Bitte schön. Ich übergebe nun das Wort an die Herausgeberin, Mag. Dr. Alexandra Miller, die die Rampe nun ausführlicher vorstellen wird. Ich wünsche allen Anwesenden einen schönen Abend und freue mich sehr, dass wir nach doch einer längeren Zeit, in der wir uns mit dem Werk Evelin Grill auseinandergesetzt haben, nun das schöne Ergebnis präsentieren können. präsentieren können. Evelyn Grill hat in 36 Jahren 14 Bücher veröffentlicht. Im Schnitt ist das, wie unschwer zu errechnen ist, jedes zweite Jahr ein Buch. Das ist eine wirklich erstaunliche Menge. Tatsächlich aber gab es ab 2005 ein Jahrzehnt, in dem ein Roman pro Jahr erschien. Ein Roman pro Jahr. Das ist wirklich toll. Und das geht ja nicht um die Quantität, das geht ja nicht um die Anzahl, aber das Erstaunliche ist, dass jeder Roman ein eigenes Universum aufmacht und du offenbar lange Zeit an vielen Themen dran warst und sie dann doch mit einer großen Entschlusskraft auch immer abgeschlossen hast und veröffentlicht hast. Längere Pausen der Veröffentlichungen gab es nur aufgrund von Übersiedelungen, das kann man irgendwie rückschließen, wenn man die Biografie mit der Bibliografie parallel liest. Denn die als Evelyn Holzapfel in Garsten geborene Autorin lebte ab 1970 eineinhalb Jahrzehnte mit ihrer Familie in Linz, wo sie neben dem Familienmanagement Jus studierte, Fremdsprachen lernte und ernsthaft zu schreiben begann. Mit ihrem zweiten Mann, dem Germanistikprofessor und Rilke-Experten Joachim Stork, verbrachte sie drei Jahrzehnte in Deutschland, und zwar hauptsächlich in Freiburg im Preisgau, wo sie Kunstgeschichte studierte und ihre produktivste Zeit hatte. 2017 kam Evelyn Grill wieder nach Linz zurück, im Koffer neue Ideen für die nächsten Romane. Ihre Prosatexte, zuerst waren es Erzählungen, dann Romane, wurden in namhaften Verlagen veröffentlicht, die meisten bei Surkamp und Residenz und erhielten eben neben zahlreichen Preisen eine große Beachtung in internationalen Medien und seitens der Literaturwissenschaft. Und heute wird Evelyn Grill in diesem fährlichen Rahmen eben mit dem Porträt der Zeitschrift Rampe beschenkt, in der ihr literarischer Werdegang in persönlichen Erinnerungen und Gesprächen, in literarischen Hommagen und literaturwissenschaftlichen Beiträgen reflektiert wird. Dabei zeigt sich die thematische Bandbreite ihrer Texte, ihre inhaltliche Komplexität und narrative Qualität. Erkennbar wird zudem, wie sorgfältig die Autorin recherchiert, wie sie jedes einzelne Wort sparsam und gezielt einsetzt, wie sie dramaturgische Spannungsbögen aufbaut und gekonnt Pointen setzt. Bei allem Feingespür für den neuralgischen Punkte der Gesellschaft ist immer erkennbar, welch großen Gefallen die Autorin an der spielerischen, humorvollen und auch sarkastischen Gestaltung ihrer Plots findet. Ich möchte sie nun kurz durch den Band über Evelyn Grill führen. Anfang und Schluss des Kompendiums bilden zwei poetologische Texte, in denen die Schreibweisen Evelyn Grills im Fokus stehen. Eröffnet wird mit einem ausführlichen Gespräch mit Silvana Steinbacher, in dem ein Einblick in die Schreibwerkstatt Grills geboten wird. Den Abschluss bildet eine kurze Schreib- und auch Lesebiografie basierend auf den Ausführungen der Autorin. Der Band ist in sieben Abschnitte gegliedert. Erstens die frühen Texte. Christa Gürtler setzt sich hier mit den Frauenfiguren auseinander. Wir werden gleich mehr darüber hören. Ursula Klingenböck analysiert die Konstruktionen von Diskriminierung und Abilität beziehungsweise Disabilität in der Erzählung Wilma. Also diese Erzählung aus dem Jahr 1996 war es auch, die Evelyn Grill den literarischen und internationalen Durchbruch verschaffte. Im zweiten Abschnitt steht vor allem der Roman Der Sammler aus dem Jahr 2006 im Zentrum. Anton Tuswaldner spannt hier den Bogen zwischen den frühen, mittleren und späten Texten und arbeitet exemplarisch einige thematische Besonderheiten heraus, zitriert es eben um den Roman Der Sammler. Daniela Striegel zeigt in ihrer Lesart von Der Sammler den Text als Modellversuch über gesellschaftliche Hierarchien und Diskurse. Christian Gerlein stellt in ihrer Analyse des Textes das Phänomen des Sammelns und seine Extremvariante des Vermüllungssyndroms in den Mittelpunkt. Der dritte Abschnitt ist mit den sogenannten Kunstromanen befasst. Darunter verstehen wir die drei Romane, also Vanitas oder Hofstädters Begierden aus dem Jahr 2005, Schöne Künste aus dem Jahr 2007, Das römische Licht 2008. Hermann Schlösser gibt einen Überblick über die Darstellung von bildender Kunst und dem Kunstbetrieb in den Romanen. Auch das werden wir im Anschluss genauer hören. gibt einen Überblick über die Darstellung von bildender Kunst und dem Kunstbetrieb in den Romanen. Auch das werden wir im Anschluss genauer hören. Martha Wimmer fokussiert in ihrer Lesart von Schöne Künste auf die Kriminalhandlung und beleuchtet den Tatort Museum. Und Florian Huber taucht in das Leben der Bilder im Roman Das römische Licht ein. Der vierte Abschnitt ist mit den späten Texten befasst. Christian Schacherreiter stellt das Antwerpener Testament aus dem Jahr 2011 als Generationenroman vor und verfasst auf Basis einer Art Familienaufstellung eine Familienchronik der Verhängnisse, wie er es nennt. In meinem eigenen Beitrag werden die beiden rezenten Romane Der Begabte aus dem Jahr 2019 und Der Nachlass aus dem Jahr 2022 im Hinblick auf den Zusammenhang von Raum, Körper, Isolation und Erinnerung als Psychogramme gelesen. Marianne Gruber, die langjährige Leiterin der Österreichischen Gesellschaft für Literatur in Wien, lässt ihre erste und ihre bislang letzte Begegnung mit Evelyn Grill anlässlich zweier Lesungen Revue passieren. Es folgen im fünften Abschnitt zwei Laudationes und eine Hommage. Die Laudatio von Evelyn Polt-Heinzel anlässlich der Verleihung des Kulturpreises des Landes Oberösterreich an Evelyn Grill im Jahr 2017 und jene von Annette Peent anlässlich der Verleihung des Reinhold-Schneider-Ehrenpreises für Literatur im Jahr 2020-21 in Freiburg im Preisgau. Die literarische Hommage zum Anlass von Evelyn Grills 80. Geburtstag im letzten Jahr stammt von Christian Steinbacher. Ein rein literarischer Abschnitt ist der sechste Abschnitt, der drei frühe Erzählungen von Evelyn Grill umfasst. Fluchtbewegungen aus der Arbeitswelt einer Nurhausfrau, so lautet der Titel dieser Erzählung aus dem Jahr 1982, der zuerst im Wiener Frauenverlag erschien und zwar in dem Band mit dem beachtlichen Titel Arbeite, Frau, die Freude kommt von selbst. Dann die zweite Erzählung trägt den Titel Rosenzeit. Das ist jener Text, mit dem Evelyn Grill 1986 beim Ingeborg-Bachmann-Preis vorlas oder antrat. beim Ingeborg Bachmann-Preis vorlas oder antrat. Und die letzte der drei Erzählungen, Besuch bei der Augenzeugung aus dem Jahr 1999, wurde anlässlich der Festschrift für ihren Mann Joachim Storck aus Anlass seines 75. Geburtstags verfasst. Aus diesem Text wird Evelyn Grill heute vorlesen. Es ist, wie schon gesagt, erstaunlich, wie deutlich Grills literarische Handschrift bereits in diesen frühen Texten hervortritt. Im siebten und letzten Abschnitt bietet der Band mit einer Biografie und Bibliografie Informationen zu Leben und Werk der Autorin. Zudem möchte ich auf das Bildmaterial, die vielen Fotos aufmerksam machen, die uns die Autorin großzügig zur Verfügung gestellt hat. Diesbezüglich bin ich nicht nur dir, Evelyn Grill, selbst, sondern auch deiner Tochter Susanne Scheutz zu sehr großem Dank verpflichtet. Es war auch ein sehr großes Vergnügen, sehr interessant. Ich habe sehr viel gelernt und es waren sehr, sehr schöne Stunden, die wir aus diesem Anlass miteinander verbringen konnten. Dankeschön. Wunderschön gestaltet wurde der Band von Gertrude Blöchel. Danke auch dir. Und akkurat korrigiert von Michaela Thomas-Stammler. Liebevollst und in jeder Hinsicht betreut von Claudia Lehner. und begleitet, unterstützt und überhaupt erst ermöglicht von der Leiterin des Stifterhauses, Doktorin Petra Maria Dallinger. Und Ihnen allen gebührt mein herzlicher Dank und nicht zu vergessen all den oben genannten Beiträgerinnen und Beiträgern, ohne die die Seiten ja leer geblieben wären. beiträgerinnen und beiträgern ohne die die seiten ja leer geblieben wären gut nun wünsche ich uns einen schönen abend gemeinsam mit dem werk evelin grills und dieser dieser porträt ramp über die ich mich wirklich sehr freue es werden jetzt zwei beiträge im detail vorgestellt einer der erste von christian gürtel und der zweite von hermann Schlösser und im Anschluss darauf, daran wird Evelin Grill aus dem Text lesen. Und ich möchte jetzt Christa Gürtler zu mir bitten und sie kurz vorstellen. Christian Gürtler ist gebürtige Linzerin, lebt in Salzburg. Sie ist Literaturwissenschaftlerin, Literaturkritikerin und Literaturvermittlerin. Sie war Lehrbeauftragte an der Universität Salzburg, Geschäftsführerin des Salzburger Literaturforums Leselampe, Kuratorin des Wiener Literaturfestivals Literatur im März, Mitbegründerin und Kuratorin des jährlichen Literaturfests Salzburg, Organisatorin und Durchführende der Salzburger Stefan-Zweig-Poetik-Vorlesung und hat wirklich unglaubliche Verdienste geleistet in Bezug auf die österreichische Literatur von Frauen. Also das ist wirklich Grundlagenforschung, von der wir alle profitieren. Frauen, also das ist wirklich Grundlagenforschung, von der wir alle profitieren. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die österreichische Literatur, Gender Studies, Literatur von Autorinnen und hier vor allem Ingeborg Bachmann und Elfriede Jelinek, aber auch viele andere. Zuletzt hat sie mit Helga Mitterbauer und Martin Wedel die fünfbändige Werkausgabe von Elfriede Gerstels Werk herausgegeben, mit Uta Degnerusgabe von Elfriede Gerstels Werk herausgegeben mit Uta Degner, einem Band über Elfriede Jelinek, Provokationen der Kunst und einen Band über Katrin Röckler, also zu ihrem Leben und Werk mit dem Titel Gespenstischer Realismus. Und sie wird uns nun ihren Beitragrag zur zur rampe über ebbing grill vorstellen dieser beitrag trägt den titel weinen schreien lachen zu evelin grills frühen frauenfiguren Ja, danke Alexandra für diese Vorstellung und vielen Dank auch, dass ich dabei sein konnte bei diesem Rampe-P paar Worte noch zu meiner Geschichte sozusagen mit Evelyn Grill. Ich bin aufmerksam geworden auf die Autorin nach Erscheinen von Wilma in den 90er Jahren. Es war ein kleiner Surkamp-Taschenbuchband, der mir in die Hände gefallen ist und ich habe diesen Text bewundert. Es ist ein Text, der in Hallstatt spielt, wo eine Frau mit Behinderungen im Mittelpunkt stellt und ich habe bewundert, diese Schonungslosigkeit in der Darstellung dieser Gesellschaft, dieses Ortes, dieser Frau, die Ironie, die Selbstironie auch, den schwarzen Humor, der schon in dieser zweiten Publikation von ihr so ganz zentral ist, diese messerscharfe Sprache, mit der sie diese Unzumutbarkeiten des Lebens immer wieder seziert. Und mich hat dann fasziniert, dass das eigentlich in allen Büchern gleich geblieben ist, bis zum letzten Danachlass. Ich kenne ganz wenige Autorinnen, die schon mit den frühen Texten, du hast jetzt davon gesprochen, dass es noch frühere gibt, wo man das alles auch schon findet, aber dass man so konsequent dabei bleibt, das hat mich immer fasziniert an ihrer Literatur. Ihre Bücher haben, ich habe viele von diesen Büchern von ihr gelesen, haben mich auch begleitet. Ich konnte dann, Alexandra hat es ja schon erwähnt, ich war lange Jahre auch dann im Literaturforum Leselampe tätig und habe Evelyn Grill immer mit ihren neuen Büchern eingeladen und vorgestellt. Wir haben uns dann auch einmal bei einer Tagung in Tschechien getroffen, in Ustinadlade, da erinnere ich mich auch noch sehr gut daran. Und ich erinnere mich, und das ist auch etwas sehr Besonderes eigentlich daran, dass immer wenn ich im Stifterhaus in einer Funktion aufgetreten bin oder sehr, sehr oft, war Evelyn Grill im Publikum. oft, war Evelyn Grill im Publikum und das war für mich nicht selbstverständlich, dass wir uns so eigentlich immer wieder alle paar Jahre getroffen haben, weil egal, ob ich was moderiert habe, einen Vortrag gehalten habe oder was auch immer es war, fast immer war sie da und wir sind dann meistens nachher auch noch in die alte Welt miteinander gegangen. Also soweit mal die persönliche Geschichte und die literarische Rezeption. Ja, Alexander hat schon gesagt, Weinen, Schreien, Lachen, Reaktionen, körperliche Reaktionen auf Unzumutbarkeiten. Ich habe meinen Beitrag in drei Teile geteilt und habe mich mit drei frühen Erzählungen beschäftigt, mit den Frauenfiguren. Der erste Abschnitt heißt Weinen und Lachen und beschäftigt sich mit dem Roman Winterquartier. Der zweite Abschnitt heißt Schreien und ist der Erzählung Wilma gewidmet. Und der dritte Abschnitt heißt Lachen und ist der Erzählung ins Ohr gewidmet. Und diesen Abschnitt möchte ich jetzt vortragen, vorlesen. Evelyn Grills ironischer Blick trifft in gleicher Weise ihre Frauen- und Männerfiguren. Denkbar ungewöhnlich ist das Ausgangsszenario ihrer Erzählung ins Ohr aus dem Jahr 2002. Zum 20. Hochzeitstag lädt der Ehemann zu einem feinen Abendessen, erhebt sein Glas und verkündet, dass er die Absicht habe, sich von seiner Ehefrau zu trennen und dass er auf die Jahre anstoßen möchte, die beide nun getrennt verbringen werden. Mag. Elfriede Schweiger ist 52 Jahre alt, als sie von ihrem Mann verlassen wird, nicht etwa wegen einer anderen und jüngeren Frau, sondern weil er, ein Beamter der Hofrat, Veterinärmediziner, der täglich vor dem Abendessen und bis zum Schlafen gehen am Computer solitär spielt, sich nach Ruhe und Abgeschiedenheit sehnt. Während er in ein lächerliches Drecksnest, so kommentiert es die Ich-Erzählerin, ins Müllviertel zieht, beginnt sie sich von ihrer Rolle als Hausfrau, Ehefrau und Mutter zu emanzipieren. Sie steht vor ihrer Anwaltsprüfung, besteht sie und beginnt in einer eigenen Kanzlei in Kremsmünster zu arbeiten. Die Erzählung ist die Telefonbeichte einer Frau ins Ohr einer guten Freundin, Zuhörerin, Leserin, die ununterbrochen spricht und ihren Namen Schweiger konterkariert. Die Rechtsanwältin, die erst auf dem zweiten Bildungsweg studiert hat, lässt die Zeit ihres Aufbruchs Revue passieren. hat, lässt die Zeit ihres Aufbruchs Revue passieren. Sie erzählt in ihrem Monolog ohne Selbstmitleid über ihre Hoffnungen, Ängste und Enttäuschungen, verdrängt ihr Alter und die körperlichen Veränderungen in den Wechseljahren nicht. Mit ihrem inkonsequenten Verhalten legt sie ihre Widersprüchlichkeit bloß. Denn nichts ist in Evelyn Grills Groteske so falsch wie das Richtige, denn von allem, was die Juristin Elphi sagt, ist das Gegenteil auch wahr. Ihr Weg zur Hölle ist mit Selbsterkenntnis gepflastert, so Samuel Moser in seiner Besprechung in der Neuen Zürcher Zeitung. Lakonisch und satirisch protokolliert Grill die Beziehungs- und Liebesversuche ihrer Antiheldin, die schließlich sogar zwei Verehrer, die sich jedoch beide nicht als ideale Partner erweisen, zur Wahl hat. Der eine ist Mazda-Verkäufer mit sechs Appeal, der andere ein wenig erfolgreicher Notar in Bad Ischl. Wolfram, den sie Wolf, mein wildes Tier, nennt und der elf Jahre jünger ist als sie, terrorisiert sie zwar, aber sie kann nicht von ihm lassen. Der andere Theodor spielt am liebsten mit ihr Schach oder geht mit ihr spazieren. Sie fühlt sich dabei, Zitat, wie beim Freigang vom Altersheim. Dabei hätte ich diesen Mann so dringend benötigt, um meinen Terrorwolf zu vergessen. In der digitalen Kommunikation per E-Mail bedient sich der eine der Worte von Dichtern wie Rainer Maria Rilke, der andere benutzt Wortverzwergungen wie Katzi, Mausi, Bussi. Und da ist auch noch der erwachsene und langsam immer fetter werdende Sohn Mandy, der zwar in Innsbruck studiert, aber am Wochenende ins mütterliche Reich zurückkehrt und keine Anstalten macht, sich eine Freundin zu suchen. Ex-Mann und Sohn verbindet, dass Elfriede Schweiger von beiden die Wäsche reinigt und bügelt. beiden die Wäsche reinigt und bügelt. Schon in der Eingangsszene reagiert die Protagonistin auf die Trennungsankündigung des Ehemanns mit einem Lachen. Ich schrie vor Lachen und Walter zischte, hör auf, aber ich konnte nicht aufhören. Da begann auch Walter zu lachen, damit es nicht so auffiel, denn ein lachender Mann, das ist etwas Normales, aber kreischende Weiber haben etwas Anrüchiges und das hat man nicht so gerne in diesen noblen Restaurants. Frauen dürfen hier bestenfalls kichern, aber so scheppernd und anhaltend lachen, nein, das war peinlich. Da konnte ich endlich aufhören, ich verstummte, wischte mir noch die Tränen aus dem Gesicht, die ich gelacht hatte, und er sah mich finster an und ich spürte ein wenig gekränkt sein, weil ich seine Absicht, mich zu verlassen, als solchen Witz betrachtete, dass ich vor Lachen fast erstickt wäre. Elfriede Schweiger überschreitet in dieser Situation die rollenkonforme Geschlechterzuschreibung, denn lautes Lachen in der Öffentlichkeit gehört sich nicht für Frauen. Es gilt als vulgär und unseriös. Das Lachen ist für die Protagonistin eine subversive Reaktion der Stärke. Der Ehemann wird der Lächerlichkeit überführt. Sie nimmt seine Ankündigung nicht ernst, hält sie für einen Witz. Allerdings lässt die Formulierung, dass sie vor Lachen fast erstickt wäre, keinen Zweifel daran, dass der Preis für die Souveränität des Lachens auch eine Selbstbeschädigung nicht ausschließt. In einer anderen Passage der Erzählung ins Ohr trifft der Lachanfall der Protagonistin den Bad Ischler Notar. Immer trägt er Unterhosen mit Bein. Die haben für mich etwas Libido-Tötendes. Als ich ihn fragte, trägst du immer solche Unterhosen, sagte er selbstverständlich. solche Unterhosen, sagte er selbstverständlich. Dennoch saß er neulich auf meiner Couch mit einem Kekken-Slip, auf dem sich Rennautos tummelten und ich konnte mich vor Lachen nicht einkriegen, die Tränen sind mir über die Wangen gelaufen und ich musste ihm meinen Lachanfall mit einem Witz plausibel machen. Aber ich darf nicht lästern, denn ich habe selbst für St. Pölten jede Menge Dessous gekauft. Ach, St. Pölten. Es hat sich ausgelebt zwischen St. Pölten und Steyr. Mehrfach wird in der Erzählung das Lachen als Akt der Befreiung inszeniert, vor allem in der Beziehung zwischen der Protagonistin und dem Notar. Ich lachte lange und laut und dieses Lachen befreite mich und verwirrte ihn und ich fand uns beide lächerlich. Die Erzählerin schont sich, wie in diesen Beispielen deutlich wird, selber nicht und bezeichnet sich als angepasste, vertrottelte Frau. Doch das Lachen der Frauenfiguren kann bisweilen auch kippen und unversehens sitzt sie in ihrer Wohnung und heult. Das Lachen ermöglicht der Erzählerin Distanz, genauso wichtig ist aber dasische Monolog die Funktion einer, wie ich meine, feministischen Selbstermächtigung ohne Widerrede und voller Komik. Die Erzählung ändert mit dem Kapitel Ohrgeräusche sehr ergebnisoffen. Es sind mehrere Beziehungsoptionen möglich. Es taucht auch noch ein Staatsanwalt auf. Die neue Schamlosigkeit. In ihrem Essay »Frauen verstehen keinen Spaß« begrüßt Margit Schreiner in Texten von Autorinnen eine neue Schamlosigkeit, die darin besteht, Dinge, Menschen und Verhältnisse beim Namen zu nennen. Dies gilt nicht nur für Sexualität und Körperlichkeit, sondern auch für Philosophisches. Es gibt keine Trennung in High und Low. Diese Literatur zeichnet sich darüber hinaus so aus, Zitat, durch die Neigung zu Autobiografie und Philosophie, durch Vermischung von Persönlichem und Abstrakten. Es wäre vor allem eine humorvolle Literatur, eine Literatur der Verdrehung aller Tatsachen, wie es einem schwindelt. Das können Frauen. Schreiner zählt zu diesen Autorinnen unter anderem Ingeborg Bachmann, Jona Barnes, Elfriede Jelinek, Gina Kaus, Dorothy Parker, Maria Pettiani Ich finde, dass in dieser Reihe nicht nur Margit Schreiner selbst, sondern auch Evelyn Grill sehr gut passen und dazu noch viele andere Autorinnen, unter anderem Marlen Haushofer. Evelyn Grill scheut sich nicht, genau hinzuschauen auf die bizarren und dunklen Seiten menschlicher Existenz. Ihr unbestechlicher Blick auf die Geschlechter bringt diese tatsächlich so durcheinander, dass einem nicht nur schwindelt, sondern man eine neue Sicht auf die Verhältnisse gewinnen kann, wie es nur die Literatur eben vermag. Dass in ihren Büchern Ironie, Selbstironie und Komik ihren Platz haben, beweist nachhaltig, dass Frauen doch Spaß verstehen. Vielen Dank. Als nächster wird Hermann Schlösser seinen Beitrag für die Rampe kurz vorstellen. Bitte, darf ich dich herausbitten? Hermann Schlösser ist gebürtiger Wormser, er lebt in Wien. Er ist Germanist und Anglist, Literaturwissenschaftler und Journalist, war bis 2018 Feuilleton-Redakteur bei der Wiener Zeitung, also der Beilage extra. Seine Schwerpunkte in der literaturwissenschaftlichen Forschung sind die deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts, Kulturgeschichte, Geschichte des Feuilletons. Ich darf auch vielleicht sagen aus unseren Gesprächen, ein Schwerpunkt liegt auch auf der Zeit, auf der Zwischenkriegszeit und dieser Beziehung Wien-Berlin. Buchpublikationen, die ich hier schwerpunktmäßig erwähne, sind die Werkbiografie von Casimir Edschmid aus dem Jahr 2007, dann ein Buch über das Künstlermilieu der 20er Jahre der Wiener in Berlin, 2011. Wormser Fundstücke, ein literarisches Lesebuch aus dem Jahr 2014 und 2020 erschienen, ist eine Studie über die Wiener Kleinbühnen der Nachkriegszeit unter dem Titel Welttheater auf engem Raum. Jetzt wird er uns seinen Beitrag ein bisschen näher bringen, ein bisschen vorstellen. Sie können ihn dann ja in der Rampe genauer nachlesen. Und sein Beitrag trägt den Titel Ganz schön hässlich. Die Darstellung der bildenden Künste und des Kunstbetriebs in drei Romanen Evelyn Grills. Bitteschön. in drei Romanen Evelyn Grills. Bitteschön. Dankeschön für die Einladung, die Vorstellung und Dankeschön vor allem auch für die Einladung, in der Rampo etwas schreiben zu dürfen. Das war für mich eine gute Gelegenheit, mich endlich mal mit den Büchern von Evelyn Grill ernsthaft zu beschäftigen. Ich habe nicht so eine lange Lesebiografie in diesem Punkt, aber ich möchte sagen, dass diese kurze Beschäftigung mit diesen drei Romanen mich sehr fasziniert hat. Romanen mich sehr fasziniert hat. Es geht um drei Bücher, die alle, die sich sehr voneinander unterscheiden, aber eins gemeinsam haben, nämlich es geht immer um die bildende Kunst und um ihre Rolle im Leben derer, die bildende Kunst anschauen, produzieren, kaufen, verkaufen. Wir haben schon gehört, dass Evelyn Grills Texte ironisch und satirisch sind. Das sind diese drei Bücher absolut auch. Es handelt sich um die drei Romane Schöne Künste. Das ist eigentlich ein anspruchsvoller Kriminalroman, in dem im Namen der Kunst ziemlich gemordet und gehasst und sonst was alles wird. Der andere Roman ist Das römische Licht. Das ist ein Künstlerinnenroman, wie der Titel schon sagt, spielt in Rom, Das ist ein Künstlerinnenroman, wie der Titel schon sagt, spielt in Rom, ist aber auch nicht nur mit edler Einfalt und stiller Größe beschäftigt, sondern mit sehr abseitigen Figuren und eine Spannung ist immer da zwischen den Schönen und den Hässlichen. Deshalb habe ich auch diesen Titel genommen, ganz schön hässlich, weil es gibt eine Spannung zwischen dem Schönen und dem Hässlichen, deshalb habe ich auch diesen Titel genommen, ganz schön hässlich, weil es gibt eine Spannung zwischen dem Schönen und dem Hässlichen und manchmal weiß man auch nicht, wer was ist. Der dritte Roman, beziehungsweise eigentlich der erste in meinem Aufsatz, ist der Roman Vanitas oder Hofstädters Begierden. Vanitas, die Eitelkeit der Welt. Und mit dem möchte ich jetzt hier noch etwas genauer vorstellen. Hofstädter ist ein Rechtsanwalt, der eigentlich Alois mit Vornamen heißt, aber ein ästhetischer Mensch ist und sich deshalb selber den Namen Louis zugelegt hat, was aber seine Ehefrau nicht abhält, ihn ständig Alois zu nennen. Und dann sind wir schon mitten im Ehedrama. Er versucht ein Leben nach den Regeln der schönen Künste zu leben. Er liebt die Malerei eigentlich mehr als die Menschen. Und das führt zum Beispiel dazu, dass er eigentlich, wenn er einen Menschen sieht, immer sofort das Bild im Kopf hat, dem dieser Mensch ähnlich sieht. Und naja, das kann eigentlich nicht gut gehen, weil eben doch zwischen Bild und Mensch ein gewisser Unterschied besteht, den er systematisch nicht sehen will oder kann. Und der Ästhet gerät dadurch in sehr lächerliche und zum Teil auch tragikomische Umgebungen lächerliche und zum Teil auch tragikomische Umgebungen in einer Welt, in einer Umgebung von Menschen, die alle so ein bisschen verrückt sind. Einen guten Roman erkennt man eigentlich daran, dass man einen Satz vorlesen kann und der ist an sich schon gut, selbst wenn man den Kontext nicht kennt. Und einen sehr guten Roman erkennt man sogar daran, dass man einen Satz nimmt, der nicht einmal besonders wichtig ist im Text und trotzdem sehr gut. Und einen solchen Satz möchte ich jetzt vorlesen und dann auch noch das, was ich dazu zu schreiben wagte. Also der Satz aus dem Roman Vanitas. Sie trug ausschließlich Hosenanzüge von Helmut Lang und ließ ihre Blusen bei einem Herrenschneider nach Maß anfertigen. Ansonsten gönnte sie sich keinen Luxus, sie trug keinen Schmuck, war nicht verheiratet, sondern lebte mit ihrer Mutter zusammen, die ihr offenbar sehr viel bedeutete. Ihre androgyne Erscheinung machte auf Olga sichtlich nachhaltig Eindruck, während Hofstetter durch ihr Gesicht an die mandeläugigen Frauenporträts von Modigliani erinnert wurde. Dr. Petra Harms, die hier bei aller zur Schau gestellten Souveränität nicht von ihrer Mutter lassen kann, spielt im Roman nur eine Nebenrolle. Aber am Ende der Passage treten die beiden Hauptfiguren in Erscheinung. Hofstetter, der an Modigliani denkt, wenn er seine Kollegin sieht, es ist eine Kollegin in seiner Anwaltskanzlei, und Olga Diotima Schachowskoy, seine Gattin, die nicht unempfänglich ist für die Reize eines androgyn-stilisierten weiblichen Körpers. Ursprünglich hieß Olga Cosima Fischer und war Schauspielerin. Olga Cosima Fischer und war Schauspielerin. Die Heirat mit einem moribunden russischen Großfürsten, der als Kunsthändler erfolgreich war, verschaffte ihr Geld und Einfluss nach dem erwartbar baldigem Ableben des Greisen Gemahls. Hofstetter regelte die Erbschaftsangelegenheiten der Witwe und verliebte sich dabei in sie. Bis dahin galt seine erotische Neigung einem Jüngling namens Salvatore, der so ätherisch edel war wie jener zarte, nackt daliegende Geliebte der Mondgöttin Selene, den der klassizistische Maler Anne-Louise Giraudet de Rousseau-Triosson 1791 auf seinem Bild Schlaf des Endymion herbeifantasiert hatte. Das Buch wimmelt von Kunstzitaten der entlegensten Art. Bildverliebt wie die homosexuelle Leidenschaft begann auch Hofstädters heterosexuell-bürgerlicher Ehestand. Er wurde auf Olga Diotiman aufmerksam, weil er eine Ähnlichkeit zwischen ihr und einem Meisterwerk der Kunstgeschichte wahrzunehmen meinte. Sie glich in seinen Augen einer Madonna Tizians, die er regelmäßig im Wiener Kunsthistorischen Museum zu bewundern pflegte. Auf der aktuellen Website des Museums wird sie als Madonna mit Kind vor buntem Ehrentuch bezeichnet, des Museums wird sie als Madonna mit Kind vor buntem Ehrentuch bezeichnet, während sie in Grills Roman noch den mittlerweile als unkorrekt ausgeschiedenen Namen Zigeuner Madonna trägt. Aber wie auch immer benannt, Hofstetter war von dieser Gottesmutter mit ihren sanften und doch glühenden Augen bezaubert. Und er hatte sich an die Stelle des nackten Knaben gewünscht, den sie in Händen hielt. Diese ödipale Anhänglichkeit übertrug der damals 30-Jährige vom Bild auf die 15 Jahre ältere Olga, die er gleichsam als Mutterersatz heiratete. Der Sohn, der dieser Verbindung entsprang, Mario, ist ein derart ansehnliches Exemplar der Spezies Mensch, das sein Vater mehr als ein Gemälde herbeizitieren muss, um sein Wohlgefallen kunsthistorisch auszudrücken. Aber so verzückt er seinen Nachkommen auch anschaut, so wenig kümmert er sich um dessen Erziehung. Der vernachlässigte Mario wird abhängig von Alkohol und Medikamenten und er wirft sich nutzlosen Entwöhnungskuren. Da sind wir dann schon ein bisschen mehr beim ganz schön Hässlichen. Schließlich erstickt er an den Speisen, die seine Freundin, eine an Adipositas leidende junge Frau, in ihn hineinstopft, weil sie ihre Abmagerungskur besser erträgt, wenn sie andere Menschen füttert. Solche Geschichten kommen recht viele vor in dem Buch. Die Eltern sind von diesem tragikomischen Ende angemessen erschüttert. Die Mutter zitiert Schillers Nänier, auch das Schöne muss sterben. Der Vater betrachtet gerührt die Leiche und findet, nie sei sein Sohn so ergreifend gewesen wie als Toter. Er liebt nun einmal die unbeweglichen Bilder mehr als das veränderliche Leben. Das war jetzt ein Eindruck aus dem Buch Vanitas und ich denke, Sie haben schon gemerkt, dass es da nicht gerade um ganz alltägliche Geschichten geht. im kunsthistorischen Sinn, also als ein Buch, das alles in die Extreme treibt, das Schöne wie das Hässliche, das Grausliche wie das Angenehme. Und was am Ende dabei rauskommt, ist eben, wie der Name sagt, Vanitas, Eitelkeit. Ja, das muss ich doch verraten am Schluss. Dieses Bild des schlafenden Endymion, das der Hofstetter so liebt, wird von seiner bösartigen Frau verkauft. Und an die Stelle, wo es über dem Sofa hing und dann ein weißer Fleck ist, wird ein barockes Vanitas-Stilleben hingehängt, barockes Vanitas-Stilleben hingehängt, das voll ist mit Emblemen der Vergänglichkeit und des Todes und der Eitelkeit. Und es ist sicher kein Zufall, dass der Roman und dieses Bild demselben Titel haben. Danke. Vielen Dank, Hermann Schlösser, für den Einblick in seinen Beitrag. Also ich hoffe, Sie sind schon sehr neugierig auf diesen Band, den Sie dann später hier auch im Büchertisch käuflich erstehen können. Und ich bitte jetzt quasi als Höhepunkt der Präsentation der Rampe, Evelin Grill, aus dem Text Besuch bei der Augenzeugin vorzulesen oder den Text zu lesen, ist der gesamte Text aus dem Jahr 1999. Bitte schön. Text zu lesen, ist der gesamte Text aus dem Jahr 1999. Bitteschön. Okay. Besuch bei der Augenzeugin. Leider steckte Isa, meine entzückende kleine Frau, voller Kaprizen. Sie hatte mich nach Paris zu meiner mit internationalen gelehrten Kapazitäten bestückten literaturwissenschaftlichen Tagung begleitet, hatte allen Vorträgen im dunklen, fensterlosen Vortragssaal scheinbar gespannt gelauscht, hatte für alle vortragenden Korrifäen, namentlich die zahlreich erschienenen japanischen, angemessene und charmante Worte der Zustimmung gefunden, war aber, wie ich am Ende der Tagung feststellen musste, in Gedanken doch nur bei ihrer Marotte gewesen. Diesen, ihren jüngsten Tick, sie nannte ihn eine leidenschaftliche Neigung, hatte sie gehofft, wie sie mir im Taxi entgegenhielt, in Paris befriedigen zu können. In Paris befriedigen zu können. In Paris, als ob ich zur Grillenpflege nach Paris gekommen war. Ich hatte hier meine Pflicht zu erfüllen. Die Erwartung der Nachwelt war mein moralischer Imperativ, dem ich meine Aufgabe schuldete, die letzten Geheimnisse meines Dichters zu lüften. Ich hatte mich lebenslänglich der Wissenschaft verbunden, während meine Frau jedes halbe Jahr hegte sie eine andere Schrulle, die sie als Leidenschaft zu bezeichnen pflegte. Die Richelieu-Stickerei, meine Leidenschaft, hatte es vor zwei Jahren geheißen. Ein halbes Jahr später hatte sie mit Passion, Hebräisch zu erlernen versucht, weil danach war sie heftig dem ökologischen Gartenbau erlegen. Und nun, ausgerechnet in Paris, war sie auf dem Gotik-Trip. Die gotischen Kathedralen hatten ihre Aufmerksamkeit von den gelehrten Vorträgen über den großen Dichter abgelenkt. Wahrscheinlich war ihr Kopf angefüllt mit Strebepfeilern, Fialen, Triforien, Maßwerk, Glasfenstern, Spitzbögen und Zollenheiligen. Immer weiter rückten ihre innigen Neigungen von den meinen ab, grub sie mit ihnen unter unsere eheliche Harmonie ihre tückischen Maulwurfsgänge. Seit unserer Hochzeit vor zehn Jahren habe ich nicht aufgehört zu hoffen, dass einmal das Dichtersgenie, das zu ergründen meine Lebensaufgabe war, auch meine Frau zu faszinierter Betrachtung hinreißen würde. Bisher vergeblich. Ja, es schien, dass sich ihre rapid wechselnden Interessensgebiete immer weiter von meinem Jahrhundertpoeten entfernten. Heute war es die Gotik, morgen, wer weiß, würde es die Raumfahrt oder gar die Japanologie sein. Ich war in Paris des Dichters wegen, meine Frau wegen der Gotik. Da sich zwischen beiden keine Brücke schlagen ließ, zumal mein Dichter sich ideologisch eher dem Barock verpflichtet gefühlt hatte, einigten wir uns auf einen Kompromiss. Zuerst die wissenschaftlichen Vorträge über den Dichter, danach die Gotik. Das kosmopolitische Symposium war sehr erfolgreich für mich verlaufen. Mein Renommee als Gelehrter war weltweit bestätigt worden. Meine Frau hatte jedoch, ohne auf mein Bedürfnis Rücksicht zu nehmen, den Applaus im Ausklingen genießen zu wollen, mich abrupt an mein Gotikversprechen gemahnt. Die Türen des Vortragssaals hatten sich noch nicht geschlossen, der Beifall war noch nicht verebbt. Ich hatte noch nicht alle begeisterten Hände geschüttelt. Als sie mir schon Notre-Dame, die Sainte-Chapelle und Cétenie ins Gesicht zu schleudern begann. mit einer Einladung zu einem üppigen Djeuner abgewehrt. Wir bestiegen ein Taxi. Ich atmete fürs Erste erleichtert auf. Rue du Jean Tassil, sagte ich zum Chauffeur. Aber gleich nach dem Essen entgegnete sie halb drohend, halb flehend. Unmittelbar danach zur Kathedrale von Sardinie. Gewiss beteuerte ich. Das Taxi hielt, wir stiegen aus, meine Frau schaute sich vergebens nach einem Restaurant um. Ich führte sie eilends vor ein hohes Jugendstilwohnhaus. Ich führte sie eilends vor ein hohes Jugendstilwohnhaus. Hier erklärte ich, in diesem Haus lebte die Geliebte des großen Dichters. In diesem Haus ging er in den Jahren 1920 bis 1922 ein und aus. Ja, er hatte sich im Atelier dieser Freundin, einer Malerin, die gleichzeitig seine Muse gewesen sein soll, sogar für ein halbes Jahr einquartiert. Na und, murrte meine Frau, und, fuhr ich fort, den Literaturprofessor freundlich beiläufig hervorkehrend, nun wohnt hier die Tochter der Geliebten des Dichters, die, ich machte eine rhetorische Pause, die letzte Überlebende ist, die ihn noch mit eigenen Augen gesehen, seiner Stimme gelauscht und seine Hände gefasst hat. Es heißt, sie habe als Schulmädchen auf seinem Schoß gesessen. Ja, es habe der Dichter mit ihr Hoppe Hoppe Reiter gespielt. Meine Frau, deren Charme auf Gesellschaften alt und jung bestricken konnte, stampfte zornig mit dem Fuß auf. Rasch drückte ich das Hausdor auf, schob sie in den dunklen Flur, zog sie um eine Ecke in den vergitterten Aufzug. Ich legte meinen Arm um ihre Schultern und flüsterte ihr ins Ohr. Ich habe Madame Marianne de Malocas-Lacroix unseren Besuch angekündigt. Sie freut sich sehr, dich kennenzulernen. Ich habe sie gebeten, dein Einverständnis voraussetzend mit uns das Djeuner einzunehmen. Nein, trotzte meine Frau und wandte sich von mir ab, indes der ratternde Fahrstuhl im siebten Stockwerk anlangte. Während ich die Störsche aus dem Lift zerrte, redete ich leise auf sie an. Die alte Dame weiß etwas, von bisher kein Literaturwissenschaftler eine Ahnung hat. Wenn es mir nicht gelingt, ihr das Geheimnis zu entreißen, wird sie es mit sich ins Grab nehmen. Sie nämlich kennt die Entstehungsgeschichte der großen, unvollendeten Ode, kennt den Grund, weshalb sie ein Torso geblieben ist. Am Totenbett, stell dir vor, soll ihre Mutter ihr diese brisanten Wahrheiten anvertraut haben. Bisher weigerte sie sich, darüber zu reden, schwieg sie beharrlich auch den weitest hergereisten Literaturhistorikern dagegen über. Mir aber hat sie als einzigen, zu dem sie Vertrauen hat, Hoffnung gemacht, sie werde endlich ihr Schweigen brechen. Und wenn du Liebste als meine Frau deinen Liebreiz, deinen Geist, deine Warmherzigkeit einsetzen könntest, mich unterstützen, gemeinsam mit mir, meine ich, dann werden wir, Iser platzte mich kurz und böse an, ich wollte gerade einen neuen Beschwichtigungssermon loslassen, als ich unvermutet ihr Gesicht erhellte. Sie lächelte und nickte. Oh, wie ich sie in diesem Augenblick liebte! Zum ersten Mal schien ich aus der sprunghaften Launenhaftigkeit meiner Frau, unter der ich bisher nur zu leiden hatte, Nutzen zu ziehen. Die letzte Zeitzeugin, Bedenke, flüsterte ich ihr zärtlich ins Ohr. Die vorletzte war im Alter von 95 Jahren erst vor einem Monat gestorben. Wir werden noch Zeit genug für die Gotik haben, beteuerte ich, während wir Hand in Hand einen Halbstock hinaufstiegen und an der Wohnungstür klingelten. Eine kleine Weile rührte sich nichts. Ich hatte die Hand schon wieder am Klingelknopf, als sich humpelnde Schritte näherten. Meine Frau schwieg. Sie geht am Stock, erklärte ich, seit sie sich den Oberschenkel gebrochen hat. Eine klapprige Greisin zwischen ihren Krücken schlotternd öffnete die Tür und grinste uns aus einem Murmeln ein Gesichtchen entgegen. Ich erschrak. Wie war sie seit meinem Besuch vor fünf Jahren gealtert? Sofort erkannte ich, dass es diesmal galt, eine allerletzte Gelegenheit wahrzunehmen. Diese Freude, der Herr Professor! Ein hüßelndes Stimmchen strengte sich an, den Besuch in die Wohnung zu bitten. Sie sehen gut aus, immer noch die alte Frische. Ich bemerkte Isers befremdeten Blick. Ach, winkte die Alte ab und rollte ihre Augen wie Murmeln. Mit mir ist es nichts mehr. Ich protestierte. Madame Thomas Lacroix ließ sich in ihren Polstersessel fallen und bot uns Plätze an. Als Meister der Captatio Benevolentiae bewunderte ich die Atelierwohnung, die ich von früheren besuchen kannte, die Aussicht auf die Dächer von Paris und wies meine Frau respektvoll auf die unzähligen aneinandergelehnten und aufeinandergestapelten, ungerahmten Bilder der Dichtergeliebten hin, mit denen der großzügige Raum vollgestellt war. Plötzlich griff meine Frau in das Gespräch ein. Sie gab vor, sich für die versammelten Arbeiten zu interessieren. Madame Thomas mühte sich aus ihrem Sessel und wankte zum nächsten Stapel. Sie gestattete Isa, die Bilder zu betrachten. Ich eilte herbei und versuchte mit meinem Kunstsachverstand das Gespräch in meine Richtung zu lenken. dass enthusiastische Ausbrüche beim Anblick des ersten kubistischen gemalten Bildes verschütterten meine fachliche Kompetenz. Madame lächelte beglückt. Ich betonte, auch der Dichter sei vom Talent ihrer Frau Mutter überzeugt gewesen. Isa tat hingerissen. überzeugt gewesen. Isa tat hingerissen. Diese Farben, dieses unerhörte Blau, die raffinierte Raumaufteilung. Madame erzählte, sie arbeite seit Jahren an einem Eurokatalog. Sie stehe ganz allein. Alle ihre Helfer hätten sie bestohlen. Man missbrauche ihr Vertrauen und nutze ihre Schwäche aus. Issa zeigte Empörung und Mitgefühl. Wiederum versuchte ich, auf der Welle ihrer Emotionen mein Anliegen mitwogen zu lassen. Auch der Dichter flocht ich ein, habe die Vertrauensseligkeit ihrer Frau Mutter gerügt. Doch ich wurde nicht wahrgenommen. Madame sagte stattdessen zu meiner Frau gewandt, sogar ein deutscher Museumsdirektor. Unglaublich, rief Iser voll Abscheu. »Unglaublich«, rief Iser voll Abscheu. Madame hüstelte und auch eine Journalistin aus Zürich, die versprach, alle Bilder zu fotografieren, hatte allerdings keine Kamera dabei. Ich musste mir von einem Freund einen Apparat ausleihen. Nach zwei Tagen war die Person verschwunden, mit ihr die Kamera und drei Ölgemälde. Sie gehört zur Rechenschaft gezogen, rief meine Frau. Ja, ja, seufzte Madame, leider kenne ich nur ihren falschen Namen. Oh je, tönte Isa, eine alte Frau wie ich ist leicht zu hintergehen, sagte sie. Lassen wir das. Sie sind die Letzte, die den Dichter persönlich erlebt hat, warf ich rasch ein. Ich hielt meine Stunde für gekommen. Sie haben eine große Verantwortung. Eine große Verantwortung, bestätigte Isa. Ich frohlockte. Zu früh. Eine große Verantwortung, wiederholte die Alte. Meine Mutter. Eine große Verantwortung. Für den Nachlass ihrer Mutter, ergänzte Isa ernst. Ich versuchte, meiner Frau Zeichen zu geben und stieß sie mit der Schuhspitze an. »Pardon«, sagte Isa und rückte von mir ab. »Es ist das Letzte, was ich in meinem Leben noch erreichen will«, sagte die Frau mit ihrer brüchigen Kreisenstimme. Ich musste Nachruhm meiner Mutter begründen. Ihr Werk darf nicht vergessen werden. italienischer Galeriebesitzer. Ich fragte rasch, wollten wir nicht endlich zum Essen gehen? Ach, solzte die Alte, ich habe vergessen, es Ihnen am Telefon zu sagen, ein Restaurantessen kommt für mich seit meiner Operation vor drei Monaten nicht mehr in Frage. Ich vertrage nur noch Bananen und Fencheltee. Als ich noch nach einem Ausweg aus dieser verfahrenen Situation suchte, verschwand Isa mit der Alten wahrscheinlich in der Küche. Daher hoffte ich, dass sie von Frau zu Frau für mich den Weg zum Geheimnis ebnen würde. Ich wartete auf meinem Stuhl und betrachte hier versonnen die mich umgebenden Relikte. Hier war nichts weggeworfen worden, alles war aufbewahrt. Wenn auch nicht geordnet, so doch geschammelt. Wenn auch nicht geordnet, so doch gesammelt. Es juckte mich in den Fingern. Isa kam zurück, legte ihren Zeigefinger an die Lippen und flüsterte. Sie habe Madame zu Bett gebracht. Sie sei vor Erschöpfung eingeschlummert. Ich wollte protestieren. Isa drängte mich aus der Wohnung. Wieder im Luft nach unten sah ich auf meine Uhr und erschrak. Es war ja allerhöchste Zeit, wir mussten das Déjeuner ausfüllen lassen. Zu lange hatten wir bei der Alten unsere Zeit vergeudet. Aus der letzten Augenzeugin war nichts mehr herauszuholen. Da stand fest, wir mussten uns beeilen, damit wir den nächsten Termin, die Einladung beim Tee zum langjährigen Gesellschafter des Fürsten, der einer der treuesten Mediziner und persönlichen Freunden des Dichters gewesen war, nicht verpassen. Freilich, der Fürst war bereits zehn Jahre tot, aber sein Intimus lebte und war bereit, auszupacken, was er von seinem Herrn über den Dichter unter dem Siegel der Verschwiegenheit erfahren hatte. über den Dichter unter dem Siegel der Verschwiegenheit erfahren hatte. Möglich, dass Brauchbares dabei war. Ich hielt ein Taxi ein. Auf einem Zettel hatte ich die Adresse von Maurice Herraud notiert. Ich reichte sie dem Chauffeur, während Isers es sich im Fondon des Wagens umfohren und des Wagens bequem machte. Sie lehnte sich zurück und sagte, endlich nach Sardinien. Ich schwieg, ich war enttäuscht. Einen gewissen Trost gab mir meine Überzeugung, dass der Alten das Geheimnis auch von keinem anderen mehr entrissen werden konnte. Iser fragte, ist es noch weit? Wir sind bald da, versicherte ich. In Saint-Denis? Nein, sagte ich. Dann noch zuerst Notre-Dame? Auch Auch nicht. Aber das ist ein Chapelle. Ich antwortete nicht, sondern fragte, hat dir die Alte unter vier Augen etwas Wichtiges anvertraut? Iser zögerte. Dann erwiderte sie langsam mit einem merkwürdigen Lächeln. Wie man es nimmt. Madame erwartet, sie warf einen Blick auf ihre Uhr, in zehn Minuten deinen Kollegen, denn Professor Okahira aus Nagasaki, sie musste sich vorher noch etwas ausruhen. Es war etwas zu lang. Ich glaube, ich habe das zu lang angelegt. Und kalt wird mir auch schon. Wunderbar gelesen, wunderbar. Es war sehr spannend, obwohl ich den Text schon kannte, aber ich habe ihn, so wie Sie ihn gelesen haben, noch einmal total mitfühlen können. Danke. aber ich habe ihn, so wie Sie ihn gelesen haben, noch einmal total mitfühlen können. Danke. Ja, nochmal herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wollte noch in eigener Sache eine ganz kurze Information anbringen. Ich wollte darauf hinweisen, dass die Lesung am 4. Dezember mit Alois Brandstätter leider krankheitshalber abgesagt werden muss. Das ganz kurz noch sozusagen Absatz dieses Abends. Weiters verweisen wir auf den Büchertisch, das wurde schon genannt, an dem Sie einerseits Publikationen von Evelyn Grill erwerben können, aber natürlich auch im Besonderen unsere Rampe, das Rampeheft. aber natürlich auch im Besonderen unsere Rampe, das Rampeheft. Und wie ich erfahren habe, signiert Frau Grill auch gerne auf Wunsch das eine oder andere Buch oder auch die Rampe. Wir laden einen noch ein wenig hier zu bleiben, das Gespräch zu suchen oder im Literaturcafé ein Gläschen zu trinken und wünschen Ihnen noch einen schönen Abend. Danke nochmal fürs Kommen.