Was ist das Grundthema heute? und da geht es um eine Sache, die ich dann selbst irgendwie gut nachvollziehen konnte. Und das glaube ich auch viele Queers in Städten kennen, dass sie irgendwo am Land aufgewachsen sind und sie denken, da möchte ich nicht bleiben, weil da dieses Anderssein halt einfach nicht akzeptiert wird. Und dann ziehen sie in die Stadt. Und in der Stadt ist es halt viel leichter, da sind mehr Leute, da gibt es eine Community, da kann man sich vernetzen. Und dann rückt halt dieses Zuhause immer weiter in die Ferne. Und in diesem Buch geht es um jemanden, der in Berlin lebt, aber ursprünglich aus Franken ist, also einer Gegend in Bayern. Und der erfährt, dass er wieder nach Hause soll, weil was passiert ist. Denn die liebe Oma ist im Krankenhaus. Und das rüttelt ihn mal wach. Wie es aber dazu kommt und wie er das erfährt, ist in einer ganz, ganz spannenden Szene beschrieben, wo ich als Dragqueen natürlich sehr, sehr gut nachvollziehen kann, wie es da Backstage so läuft. Da kommen jetzt auch ein bisschen derbe Aussagen, ich hoffe, ihr seid darauf gefasst. Aber ich finde die Szene ganz, ganz witzig. Das Silbergold ist bei Tage betrachtet und manchmal sogar in der Nacht und in der Dunkelheit eindeutig ein zwielichtiges Establishment, zumindest nach bürgerlichen Maßstäben beurteilt. Hier wird gesoffen, geraucht, gefeiert und selbstredend auch geliebt. Auf der kleinen Bühne im hinteren Bereich stehen regelmäßig Trans und Hunden, Drag Queens und alles, was das Berliner Nachtleben sonst noch so hergibt. Präsentiert werden mindestens frivole, meist anrückige und oftmals trashige Shows. Kabarett, Chanson und Travestie, stets an der Grenze zum Erträglichen, aber eigentlich immer liebenswert, bösartig oder liebenswert-bösartig. Blickt man jedoch hinter die Fassade, wird schnell ersichtlich, wie viel mehr als eine simple Bar das Silbergold ist. Es ist eine Oase, eine Zuflucht für schräge Vögel, für Menschen, die nicht ins Schema passen oder sich zumindest am Wochenende aus vorgegebenen Schemata befreien. Für Simon war das Silbergold stets mehr als ein Beruf. Es war eine Berufung. Für mich wurde dieser Ort zu einem zweiten Wohnzimmer. Hier lernte ich nach meiner Ankunft in Berlin, eingeschüchtert und zugleich aufgeputscht, von der hungrigen Stadt Simon kennen. Besser gesagt, Simon de Sellerie, sein alter Ego. Hier gestand ich Gunnar meine Liebe, fragte, ob er mit mir zusammen sein wollte, bangend, wie seine Antwort aussehen würde. Hier hätte er beinahe seinen letzten Atemzug getan. Und über sechs Monate nach jenem dunklen Januarmorgen bekam ich hier, wo sonst, erneut einen Anruf, der Gewissenheit ins Wanken brachte. Es war überraschenderweise Sommer geworden und jeder, der jemals einen Sommer in Berlin verbracht hat, weiß, wie bereitwillig sich die Stadt nach den oftmals langen, von sibirischer Kaltluft geprägten Wintern der Schwüle hingibt. Wenn die Luft in den Straßen steht und ein Hitzeflimmern jede graue Hässlichkeit erträglich macht, verliebe ich mich stets aufs Neue in Berlin. Dann sind Dunkelheit und Frost vergessen. Die Tage verdöse ich, entweder in der Wohnung oder in meinem stickigen Büro in Mitte. Tage verdöse ich, entweder in der Wohnung oder in meinem stickigen Büro in Mitte. An den Abenden geht es bis weit nach Sonnenuntergang in die Biergärten und Parks, an den Landwehrkanal oder die Spree, später vor die Bars und Kneipen in Nollendorf, Kiez und Kreuzberg. Und am Wochenende erwarten einen im Umland hunderte von Seen mit ihrem kalten, klaren Wasser. Besonders liebte ich die Zeit, während der Sommerpause, wenn viele Berliner in den Urlaub flüchten, die Touristen die Stadt meiden und all die Wichtigtuer, die Politiker, Lobbyisten und Funktionäre mit ihrer Entourage geflohen sind. Das leergefegte Regierungsviertel gehört dann endlich dem Volk. Einer meiner Lieblingsplätze, um nachts ein Bier zu zischen, war nahe der Kronprinzenbrücke am Spreebogen, wo die schlichten, futuristisch anmutenden Verwaltungsbauten des Bundestags auf Augenhöhe mit den sanften Wellen des Flusses liegen. Oder ich streife beim Gassigehen mit Blanche über das Gelände der königlich-preußischen Porzellanmanufaktur im Tiergarten. Die alten Backsteinbauten und die Ofenhallen strahlen in der lauwarmen Dunkelheit etwas Erhabenes, fast Mystisches aus. Die Berliner Tundenlegende aus Neukölln, Edith Schröder, sagte einmal, Russland fange für sie als echte Westberlinerin auch über 25 Jahre nach dem Mauerfall noch immer direkt hinter der Friedrichstraße an. Nun, das mag für den Winter gelten, wenn die peitschenden Ostwinde über den Alexanderplatz und durch die Häuserschluchten fegen. Zum Ausgleich beginnt im Sommer das mediterrane Südeuropa, schon südlich des Hohenzollernkanals. beginnt im Sommer das mediterrane Südeuropa, schon südlich des Hohenzollernkanals. Es war inzwischen geübte Tradition, dass alljährlich eine neue silbergoltsche Interpretation von Shakespeare's Sommernachtstraum aufgeführt wird. Die drei Termine waren bereits über Wochen im Voraus verkauft und die kleine Bar platzte bei den Aufführungen aus allen Nähten. Selbstredend darf man sich unter dieser Darbietung kein klassisches Theater vorstellen. Stattdessen gibt es Glitter, Glitzer, Federn und Trash in zwei Akten, wobei wir uns eine Menge künstlerische Freiheiten bei der Interpretation des Stoffes gönnen. In diesem Jahr sollte Elfenkönig Oberon unsterblich in den Athener Herzog Theseus verliebt sein und schickte Puck als seinen Götterboten an dessen Hof, wo sich Theseus seinerseits in den Hof nahm verguckte und ihn als seinen Sexsklaven beanspruchte, während sich Amazonenkönigin Hippolyta einer Geschlechtsumwandlung unterzieht und so, dass das empfindlich austarierte Gleichgewicht aus den Lot bringt. Anhänger klassischer englischer Literatur mag es angesichts solcher dramaturgischen Verrenkungen grauen, aber niemand kann sich beschweren, nicht vorgewarnt worden zu sein. Das Trash-Spektakel wird als Sommernachts-Albtraum angekündigt. In den vergangenen Jahren spielte ich stets eine tragende Rolle. Spektakel wird als Sommernachts-Albtraum angekündigt. In den vergangenen Jahren spielte ich stets eine tragende Rolle. Diesmal beschränkte ich mich allerdings auf eine koordinierende Funktion hinter der Bühne. Ein Platzanweiser während der Apokalypse konnte keinen schweren Job anhaben. Professionelles Chaos ist für den Zustand der engen Umkleide eine wohlwollende Umschreibung. Zehn Darsteller, die meisten in ausladenden Fummeln und Kostümen, quetschten sich in den Raum, drängten sich vor den Spiegeln, tranken, schnupften, gackerten. Verzweifelt versuchte Basimar, die einzige Lesbe im Ensemble und diesjährige Regisseurin des Albtraums, etwas Ruhe und Ordnung in den Laden zu bringen. Vergebens. Das lag vielleicht auch daran, dass Basima selbst nicht nur unter schrecklichem Lampenfieber litt, sondern schon unter normalen Umständen stets der wirklichen Welt entrückt wirkte. Was will man letztendlich von einer Künstlerin erwarten, die zu allem Überfluss in ihrem wahren Leben Polizeipsychologin ist und am Wochenende mit Schnurrbart und Koteletten durch das Berliner Nachtleben zieht? Auch Simon war keine große Hilfe. Wenn er in sein alter Egon Simon de Sellerie schlüpft, verwandelt er sich in eine kreischende vulgäre Diva erspaltete, sobald er die feuerrote Perücke aufsetzte und ein paillettenbesetztes Kleid überstreifte, einen Teil seiner Persönlichkeit förmlich ab. Ein faszinierendes Phänomen. Ich hatte Miss de Salary betrunken und schwankend in der Umkleide verschwinden und Simon in Jeans und T-Shirt kurz darauf ebenso nüchtern wie zurechnungsfähig heraustreten sehen. 30 Minuten bis zur Show, rief Basima, um einen strengen Tonfall bemüht und erfolglos gegen Lady Gagas dröhnend laut aufgedrehtes Born This Way anschreiend. Ich muss jetzt erstmal kacken, erklärte Miss Kalaschnikova, noch schöner und ohne jede Hektik. Das wird wieder eine Stinkbombe, kreischte Missy Fattyboy protestierend und während sie verzweifelt versuchte, den Reißverschluss ihres Kleides zuzubekommen. Ich produziere keine Bomben, sondern Würste und ich habe es im Gefühl. Ich ließ mich unvorsichtigerweise zu der Frage hinreißen, was ich mir darunter vorzustellen hatte, bereute es jedoch kaum, dass ich die Worte aussprach. Ein lautes, teils angewidertes Gackern waberte durch die Garderobe. Ich kam mir vor wie Kermit bei den Puppets, der verzweifelt bemüht war, trotz Chaos und Anarchie eine vernünftige Show auf die Beine zu stellen. Spiel dich hier bloß nicht so auf, du kleine Kampflesbe. Ich befürchtete kurz, die Situation könnte eskalieren. Nichts ist gefährlicher als eine nervöse und angespannte Kalaschnikova. nichts ist gefährlicher als eine nervöse und angespannte Kalaschnikova. War sie in der entsprechenden Eskalationsstufe angelangt, konnte niemand vorhersagen, wen die nächste Gewehrsalbe treffen würde. Basima ließ sich nicht auf das verbale Aufrüsten ein, hauchte der Dragqueen stattdessen einen Kuss auf ihr Dekolleté und erteilte dann weiter ungerührt Anweisungen. Sie war schließlich die Regisseurin und jeder musste das akzeptieren. Daran ließ sie keinen Zweifel. Zugegeben, ich hatte ebenfalls anfangs mit Basima meine Probleme. Sie wirkte auf mich stets wie eine diebenhafte und zugleich etwas verpeilte Prinzessin. Ihr Name war eben Programm. Angeblich hatten ihre Eltern eine durchgeknallte Hippie-Braut und ein algerischer Gastarbeiter sie nach einer arabischen Adeligen benannt. Vielleicht lag meine Aversion schlichtweg auch darin begründet, dass ich Psychologen grundsätzlich misstraue. Und sie war nun mal eine perfekte, furchtbar klischeehafte Vertreterin ihres Berufsstandes. Wahrscheinlich entschied sie, sich als junge Frau für dieses Studium in der Hoffnung, sich selbst zu heilen. Doch da sie nun mal Gunnas beste Freundin war, musste ich mich notgedrungen mit Basima arrangieren. Auch wenn ich eifersüchtig auf die oftmals verschwörerisch anmutende Beziehung der beiden war und ihr die Geheimnisse neidete, die sie von Gunnar anvertraut bekommen hatte und von denen ich nichts wissen durfte. Zugleich war sie mir damals, das muss ich zugeben, an den dunklen Januartagen eine echte Stütze, die mich davor bewahrte, wahlweise auszurasten oder zusammenzubrechen oder beides zugleich. Zunächst wollte ich den Anruf meiner Mutter an jenem Abend nicht entgegennehmen. Doch etwas ließ mich zögern, sie einfach wegzudrücken. Vielleicht war es die ungewöhnliche Uhrzeit. In der Regel rief sie Sonntagnachmittags an, um Belanglosigkeiten auszutauschen. Geschichten über die Nachbarn, Klatschen und die angeblichen Skandale von Leuten, die ich, wenn überhaupt, nur dem Namen nachkannte. An einem späten Samstagabend saß sie hingegen in aller Regel vor dem Fernseher und ließ sich von einer schlechten, mäßig amüsanten Fernsehshow berieseln. Gerne angereichert mit debil lächelnden Schlagerstars und kantenlos retuschierten Volksmusiksternchen. Es musste also ein wirklicher Notfall sein, wenn sie so spät zu dieser Stunde noch anzurufen wagte. Entschuldige die Störung, begrüßte sie mich. Ihre Stimme war seltsam belegt. Sie hatte offensichtlich geweint. Ich sah meinen ersten Verdacht bestätigt. Blieb die Frage, wen es getroffen hatte. Ich weiß, du hast viel um die Ohren, fuhr sie schwerfällig fort. Es tut mir leid, aber ich wollte dich sofort anrufen und nicht warten. In meinem inneren Auge verschwand die kreischend volle Künstlergarderobe. Plötzlich stand ich wieder auf dem Savignyplatz. Eisig umhüllte mich die Januarnacht. Der Schnee fiel schweigend und still. Die Kälte nagte an mir, während mir Simon genauso zögernd und nach Worten ringend wie meine Mutter in diesem Augenblick das Unbegreifbare begreiflich machen musste. Ein ekelhaftes und beängstigendes Déjà-vu. Oma Erna, was ist mit ihr? Fragte ich mit einer ungeduldigen Schärfe in der Stimme, die ich sofort bereute. Es war ein Schlaganfall. Ist sie bitte nicht? Sie lebt. Papa hat sie gerade noch rechtzeitig gefunden. Es gab eine Operation. Jetzt liegt sie im künstlichen Koma, das Blutgerinnsel. Die Ärzte wissen nicht, ob Oma Erna, meine Oma Erna. Ich spürte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Ich hatte mir doch so fest vorgenommen, sie zu besuchen. Wie lange war es her? Fünf Jahre? Oder gar mehr? Robert, Schatz, die Stimme meiner Mutter, ehrlich beunruhigt, drang wie aus weiter Ferne an mein Ohr. Ich bin noch dran, ich kann gerade nicht, ich melde mich, danke für deinen Anruf. Ohne eine Antwort abzuwarten, legte ich auf, erhob mich bebend aus dem Sessel, sah mich selbst im Spiegel des Ankleidetisches. Aschfahl, jede Farbe war aus meinem Gesicht geblichen. Geht es dir gut, Darling? fragte Simon besorgt. Ich wehrte seine Versuche ab, mich zu stützen, taumelte hektisch durch den Seiteneingang in den Hinterhof. Meine Reaktion mag vielleicht verwundern. Schließlich war meine Großmutter mit jenseits der 90 in einem Alter, in dem sich jeder mit einer solchen Nachricht zumindest auseinandergesetzt haben sollte. Aber ausgerechnet jetzt? Hatte ich nicht genug Scheiße für ein einziges Jahr durchmachen müssen? Genügte es nicht langsam? Mir schien das Leben in dieser trügerischen, milden Sommernacht verdammt unfair. das Leben in dieser trügerischen, milden Sommernacht verdammt unfair. Und ich hasste mich selbst. Hatte ich denn trotz allem nicht dazugelernt? Ich hätte es inzwischen wirklich besser wissen müssen. Warum schob ich mich immer noch und immer wieder der Dinge, die ich eigentlich längst hätte tun wollen und müssen? Von mir her. Worauf wartete ich? Auf den nächsten Schicksalsschlag? Darauf, erneut einen Strich durch die Rechnung bekommen zu müssen? So oft hatte ich einen Besuch in meiner Heimat, bei meiner Familie oder zumindest bei Oma Erna aufgeschoben, hinausgezögert, vertagt. Und warum? Aus Feigheit oder lediglich aus Bequemlichkeit? Im Hier-und-Jetzt-Leben gab mir Basimer vor einigen Monaten als therapeutischen Rat mit auf den Weg, nachdem ich mich standhaft geweigert hatte, einen Kollegen von ihr zu konsultieren. Die blöde Pute. Wusste sie nicht, was für ein verflucht schwerer Vorsatz das war? Mehr noch, ein unmöglicher Vorsatz. Zumindest für mich. Ich war dazu verdammt, im Heute zu scheitern, wurde ein um das andere Mal vom Morgen ausgetritzt. Wut stieg in mir empor. Diesmal nicht. Es war verfrüht, eine Nachruft auf Oma Erna zu halten. Sie war zäh und widerspenstig. Das hatte ich stets so sehr an ihr gemocht. Sie würde es uns allen zeigen, den Ärzten, meinen Eltern, ihren wenigen noch lebenden Freunden, meiner Schwester, mir selbst. Und vor allem den Morgen. Und diesmal würde ich nicht warten. Kein Aufschieben mehr. Bei Oma Erna wuchs ich quasi auf. In ihrem Arm schlief ich ein. An ihrer Schulter weinte ich mich aus. Von ihr bekam ich meine erste Ohrfeige. Sie war da, kontinuierlich, pausenlos. Mein ganzes Leben, alles andere, war bisher schlicht unverstellbar. Kurz ergriff mich die Angst davor, abermals zu warten, verdammt zu werden, an einem Krankenhausbett auf Leben oder Tod zu lauern. Ich schob diesen Gedanken energisch beiseite. Diesmal war alles anders. Diesmal würde alles anders werden. Und hatte ich Gunnar nicht sowieso versprochen, ihm endlich meine Oma vorzustellen, meine Heimat zu zeigen, all das Liebenswerte und all das Dunkle. Wenn nicht jetzt, wann dann? Vielleicht niemals. Mit einem lauten Quietschen wurde die Tür zum Silbergold aufgestoßen. Greischendes Lachen und Musik drangen nach draußen, halten kurz im engen, schachtähnlichen Hinterhof wieder, ehe Simon heraus trat und die zufallende Tür mit einem lauten Knall das Leben nach drinnen verbannte. und die zufallende Tür mit einem lauten Knall das Leben nach drinnen verbannte. Alles in Ordnung, Robert? fragte er. Im fahlen Licht der flackernden Hinterhofbeleuchtung wirkte seine groteske Erscheinung wie einem billigen Horrorfilm entsprungen. Ich hatte ihn mitten aus seinem Umwandlungsprozess gerissen. Sein graues Haar war bereits mit einem Netz am Kopf angeklatscht, aber die Perücke fehlte. Nur sein rechtes Auge wurde von künstlichen Wimpern und Lidstrich geziert und an vier seiner zehn Finger leuchteten bereits pinkfarbene Plastiknägel. An einem Ohr baumelte der obligatorische mit funkelnden Glasedelsteinen besetzte Ohrring. Halb Raupe, halb Schmetterling. Ich versuchte zu lächeln. Man war bei mir zum letzten Mal wirklich alles und wahrhaftig in Ordnung. Ich zuckte resigniert und zustimmend zugleich mit den Schultern. Ich werde in den nächsten Tagen ausfallen. Kein Problem, sagte er schlicht, schien nicht weiter nachzubauen. Nur die rechte, pink eingefärbte Augenbraue wölbte sich dann doch fragend und durchdringender, als Worte es je hätten ausdrucken können. Meiner Oma Erna geht's nicht gut. Ein Schlaganfall oder ein Blutgerinnsel im Hirn oder ist das das Gleiche? Ich habe meine Mutter nicht ganz verstanden. Sie liegt auf jeden Fall im Koma. Scheiße, antwortete er schlicht und zündete sich ein Joint an, inhalierte seufzend, bevor er an mich weiterrichtete. Dankbar griff ich danach und klammerte mich daran, als wäre es ein Rettungsanker in stürmischer See. Es ist wohl Zeit für mich, endlich, ich zögerte theatralisch, nahm einen tiefen Atemzug, nach Hause zu fahren, beendete ich schließlich den Satz fragend, wobei ich beinahe über meine eigenen Worte stolperte. Zu fremd hörten sie sich an, zu weit weg, zu beängstigend. Vielleicht tut dir eine solche Reise gut, wagte Simon sich, wie ich fand, ziemlich weit aus dem Fenster zu lehnen. Inwiefern könnte mir ausgerechnet so etwas gut tun, entgegnete ich schärfer und bissiger, als ich es vorgehabt hatte. Manchmal muss man sich mit der Vergangenheit konfrontieren, sich mit ihr abwenden, bevor man bereit für die Zukunft ist, antwortete er vielsagend. Ich lachte humorlos und sarkastisch, fand ich den Spruch reichlich unpassend, ließ es aber dabei bewenden. Ich verspürte keinerlei Lust, mich mit ihm zu streiten. Nicht heute Abend. Abgesehen davon sollte Simon, das konnte ich zu diesem Zeitpunkt allerdings genauso wenig wissen wie er, auf unheimliche Weise mit seiner Einschätzung gar nicht zu falsch liegen. Das ist vom Anfang aus dem Buch und nachdem sich das mit dem Tippen leider ein bisschen ungünstig herausstellt, lasse ich die weiteren stellen. Aber worum es dann noch geht. Der Robert fährt nach Hause und besucht die Großmutter und dort sieht er die ganze Szenerie wieder. Er sieht die Plätze, in denen er als Jugendlicher war, in denen er seine Zeiten mit den Freunden verbrachte, vor allem mit einem, nämlich Micha, seiner ersten Jugendliebe. Und dieser Micha, der lebt auch noch dort. Im Gegensatz zu Robert lebt er aber nach wie vor ungeoutet und hatte ein Leben, wie es Robert in Berlin längst zurückgelassen hatte. hat er ein Leben, wie es Robert in Berlin längst zurückgelassen hatte. Und dieser Robert ist dann immer im Zwiespalt. Kommen da wieder Gefühle auf für seine Jugendliebe? Für diesen Mann, den er immer mochte, der aber in einer ganz anderen Lebensrealität steckt? Und dabei hat er doch Gunnar, seinen Partner, mit dabei, den er erst endlich Oma vorstellt. seinen Partner mit dabei, den er erst endlich Oma vorstellt. Und er verbringt Zeit, sieht manchmal auch diesen Micha, sieht andere Jugendbekannte und gegen Ende des Buches kommt raus, dass Gunnar, den er mit hat, in einer Urne ist. Denn Gunnar ist bereits gestorben und im Buch wird es so dargestellt, dass er den Gunnar, seinen Partnerorben und im Buch wird es so dargestellt, dass er den Gunnar seinem Partner nicht loslassen kann und sich, obwohl sein Partner bereits tot ist, immer noch fühlt, als würde er ihn betrügen. Was hier aufgearbeitet wird, sind schwule Beziehungen, aber auch Verlust und dass dieser Verlust bei diesen Beziehungen genauso real ist, wie es Menschen in heterosexuellen Beziehungen fühlen. Heldensommer von Roland Kramling. Wenn das Ihnen interessiert. Applaus