Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur dritten Veranstaltung im Rahmen unserer Reihe aktuell, zeitlos, visionär, die Weltanschauung des Adelbert Stifter hier bei uns im Stifterhaus begrüßen. In dieser Reihe, die wir anlässlich unseres 30-Jahr-Jubiläums konzipiert haben, wollen wir zeigen, dass sich Stifter mit existenziellen Fragen und Problemstellungen auseinandergesetzt hat, die nach wie vor, wenn auch unter anderen Begrifflichkeiten, vielfach diskutiert werden und dass er Lösungsansätze bietet, die es wert sind, in unserer Gegenwart durchdacht zu werden. Wir befragen in dieser Reihe der Herr zeitgenössische Autorinnen und Autoren zu ihren Überlegungen zum jeweiligen Thema des Abends. Am 16. Februar war Reinhard Kaiser-Müllecker zum Thema Wahrnehmung zu Gast, am 20. April Elia Trojanow zu Diversität und Gleichheit und wir freuen uns, dass die Autorin Sabine Scholl sich bereit erklärt hat, sich heute mit uns gemeinsam mit dem Thema Resilienz und Widerstand auseinanderzusetzen. Ich begrüße Sabine Scholl sehr herzlich. Herzlich willkommen. Gesamtmoderator der Reihe ist der Literaturwissenschaftler und Historiker Dr. Gerhard Zeilinger. Ebenfalls herzlich willkommen. Ich werde nun wie an den vorangegangenen Abenden am Beginn in einer 15- bis 20-minütigen Einführung versuchen, Stiftersüberlegungen zum Thema, heute also zu Resilienz und Widerstand, darzulegen. Im Anschluss daran wird nach einer kurzen Einführung durch Herrn Dr. Zeilinger Sabine Scholl etwa 20 Minuten aus ihrem eigenen Werk lesen und danach werden die beiden ein Gespräch führen. In den vorangegangenen Veranstaltungen haben wir schon davon gehört, dass Stifter sich als Naturforscher, Menschenforscher und Pädagoge verstand, dass seine Grundfrage stets war, wie ein geglücktes Leben gelingen kann und dass seinen Lösungsansätzen immer eine Analyse der generellen Bedingtheit des Menschen zugrunde liegt. Es gibt viele so Stifter, auch das haben wir gehört, was allen Menschen gemeinsam ist. Etwa, dass alle Menschen hilflos geboren werden, einen mehr oder weniger bildbaren Verstand, eine tigerhafte, aber auch eine himmlische Anlage haben, auch einen freien Willen und dass alle den Naturgesetzen und dem Sittengesetz eine Art Moralkodex unterlegen. Eine existenzielle Bedingtheit gibt es noch, das wird in den Erzählungenstifters deutlich, die bei allen Menschen grundsätzlich gleich ist und davon haben wir noch nicht gehört und das ist heute unser Anknüpfungspunkt, nämlich, dass jeder Mensch prinzipiell gefährdet und sein ganzes Leben lang immer wieder widrigen Umständen ausgesetzt ist, dass er zugleich aber auch eine innere Kraft bzw. Fähigkeit besitzt, die hilft, diese Widrigkeiten zu bewältigen. In immer neuen Anläufen zeigt Stifter, wie verletzlich die menschliche Existenz in jeder Hinsicht ist, wie bedroht von Naturgewalten wie Gewitter und Hagelschlag, von Eisbrüchen, reißenden Flüssen, unaufhörlichem Schneefall, von Gletschern und Felsabgründen, aber auch von Krankheit oder körperlichen und geistigen Gebrechen, von Krankheit und Tod eines geliebten Menschen, von gesellschaftspolitischen und politischen Fehlentwicklungen, von einer unfähigen Regierung oder aber auch von Einzelmenschen, die einem Böses wollen und Gewalt antun. Nicht zuletzt ist der Mensch aber auch bedroht durch sich selbst, seine tigerhafte Veranlagung und seine Unvernunft. Der Mensch lebt also in ständiger Spannung, ein Umstand, der das Gesamtwerk Stifters durchzieht. Die Stifterrezeption zeigt, dass diese ständige Auseinandersetzung Stifters mit dieser Grundbedingtheit des Menschen vielfach übersehen und er aufgrund seiner genauen Naturbeschreibungen als langweilig und menschenabgewandt beurteilt wurde. Man denke an Friedrich Heppels auf Stifter gemünztes Gedicht, deren erste drei Zeilen lauten, Zitat, wisst ihr, warum euch die Käfer die Butterblumen so glücken? Weil ihr die Menschen nicht kennt, weil ihr die Sterne nicht seht. Schaut ihr tief in die Herzen, wie könntet ihr schwärmen für Käfer? Schwärmen für Käfer. Thomas Mann dagegen erkennt dieses elementare, katastrophale in Stifters Texten und nennt Stifter gerade wegen dessen Blick auf die existenzielle Gefährdung des Menschen in einer viel zitierten Stelle seines Romans, im Roman Die Entstehung des Dr. Faustus. die Entstehung des Dr. Faustus, also er nennt Stifter einen der merkwürdigsten, hintergründigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur. Stifter bleibt bei der Schilderung der vielfachen Gefährdung des Menschen nicht stehen. Als Pädagoge versucht er zu zeigen, dass es und welche Möglichkeiten es für den Menschen gibt, mit den Widrigkeiten des Lebens umzugehen. Und das führt uns zu unserem heutigen Thema Resilienz, ein derart fast inflationär gebrauchter und kontrovers diskutierter Begriff aus der Psychologie für die Fähigkeit des Menschen, Probleme, Veränderungen und traumatische Erfahrungen zu bewältigen, beziehungsweise ein Begriff für den Prozess, in dem ein Mensch auf Probleme und Veränderungen mit Anpassung des Verhaltens reagiert. Ich möchte hier nicht näher auf die Geschichte der Resilienzforschung eingehen und auch nicht auf ihre unterschiedlichen Theorien. Das würde den Rahmen sprengen. Nur so viel. Die Resilienz oder die Psychologie unterscheidet zwischen Faktoren, die die Resilienz begünstigen, wie etwa hohe Selbstwirksamkeitserwartung und oder unterstützendes soziales Umfeld, Auslösern, die die Resilienz einfordern und den Konsequenzen, die der jeweilige Mensch aufgrund der Auslöser zieht. Gemeint sind die Veränderungen im Verhalten oder in den Einstellungen. in Verhalten oder in den Einstellungen. Wendet man sich Stifter zu, so ist in zahlreichen seiner Erzählungen zu sehen, dass er an eine innere Kraft bzw. Fähigkeit des Menschen, vergleichbar mit der eben skizzierten Resilienz, glaubt und die hilft, widrige Ereignisse und Situationen zu bewältigen. Sie kann, so wird Stiefters Überzeugung in seinem Werk sichtbar, durch vielerlei Faktoren gestärkt, aber auch geschwächt werden. Idealerweise wird diese Fähigkeit in der Kindheit durch eine Haltung der Umgebung gefördert, die eine Selbstermächtigung des Kindes ermöglicht, also eine Haltung, die das Kind dabei unterstützt, etwas selbst zu tun oder die das Selbsttun zumindest zulässt. An der Erzählung das Heidedorf aus dem Jahr 1840 können Stifters Überlegungen beispielhaft dargelegt werden. In der Journalfassung, also der ersten veröffentlichten Fassung der Erzählung, lässt Stifter den Erzähler gleich im ersten Kapitel über die Kindheit von Felix anmerken, Zitat, glücklicher Natursohn. Der Leser erlaube mir die Bemerkung glücklicher Natursohn. Diejenigen werden deine Lage begreifen und selig zurückfühlen, die nicht das Unglück hatten, schon in zartester Kindheit von einer roten Meister umrungen worden zu sein, die täglich an ihnen erzogen, ohne zu erkennen das Bedürfnis und das schöne Gold des Kinderherzens. Zitat Ende. Der Knabe Felix bewegt sich innerhalb festgesetzter Regeln frei und selbstbestimmt. Die Eltern trauen ihm zu, einen ganzen Tag allein mit den Tieren auf der Heide zu sein und Entscheidungen aufgrund eigener Wahrnehmungen zu treffen. Er darf beim Hüten der Tiere Erfahrungen sammeln und sich erproben. Er darf selbstständig seine Fähigkeiten entfalten und seine Grenzen kennenlernen. Am Abend kehrt Felix dann in ein liebendes Elternhaus zurück. An Felix und seinem Lebensweg, er entscheidet sich nach vielen Jahren des Reisens und der Ausbildung fern der Heide als Dichter zu leben, wird Stiefters Überzeugung deutlich, dass die dargestellte Art von Erziehung zu Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und Ausgeglichenheit führt zur Stärkung der inneren Kraft als Grundvoraussetzung für das Entwickeln von Strategien zur Bewältigung von Problemen jeglicher Art. Dass Stifter dieser pädagogischen Überzeugung sein Leben lang treu geblieben ist, zeigt seine Erzählung Zwei Witwen aus dem Jahre 1862. 1962. Anhand der parallel geführten Darstellung der Erziehung der getrennt voneinander lebenden Geschwister Otto und Klara durch ihre jeweils verwitweten Großmütter Ludmilla und Crescenzia wird deutlich, welchen Erziehungsstil Stifter gut heißt und in welchem er Gefahren sieht. Stiftergut heißt und in welchem er Gefahren sieht. Crescenzia versucht, die Bedürfnisse von Clara zu erkennen und zu stillen. Sie beschäftigt sich viel mit ihr, erzählt ihr Geschichten, lehrt sie das selbstständige Verrichten von kleinen Tätigkeiten, geht mit ihr viel in der frischen Luft, ist bemüht, ihr auch kleine Vergnügungen zu bereiten, Zitat, verlangte aber auch Arbeit und beugte sich nie vor Trotz, Zitat Ende. Crescenzia lehrt Klara, als diese größer geworden ist, allein von der Schule nach Hause zu gehen und pflichtbewusst ihre Hausaufgaben zu machen. Klara muss auch während ihrer Ausbildung an einer Arbeitsschule im Haushalt und bei der Gartenarbeit helfen. Klara entwickelt sich durch diesen Erziehungsstil zu einem hilfsbereiten, gelassenen und lebensdüchtigen Menschen, der gelernt hat, Gegebenheiten, die nicht zu ändern sind, zu akzeptieren und kleinere und größere Probleme allein zu bewältigen. Ludmilla dagegen verwöhnt Otto, so sehr sie nur kann, sie hält das auch für Liebe. Er erhält von ihr das beste Spielzeug und das schönste Bettchen. Als Heranwachsender muss er stets bei ihr zu Hause bleiben, damit er vor anderen wilden Buben geschützt ist. Er darf den Schulweg nicht alleine zurücklegen. Seine aufkeimenden Aggressionen werden von Ludmilla hingenommen. Seine eigentlichen Bedürfnisse werden ignoriert und mit käuflichen Dingen wie schöner Kleidung und Ähnlichem kompensiert. Otto wird als junger Mann immer unbändiger. Er schwänzt die Schule, er hält es später nie lange bei einem Lehrherrn aus, er wird verschwenderisch, ja sogar gewalttätig. Er beginnt zu trinken und zu spielen, er verschuldet sich, raubt eine alte Frau aus und muss ins Gefängnis. Die nunmehr ablehnende Reaktion von ehemaligen Freunden und Bekannten nach seiner Entlassung, sowie seine eigene Scham, erträgt er nicht, er begeht Selbstmord. An Otto macht Stifter in einer Überzeichnung deutlich, welche negative Auswirkungen fortgesetzte Fremdbestimmung nicht einfordern von Regeln, das Nicht-Ausleben-Können eigentlicher Bedürfnisse auf den Menschen haben können. Otto konnte sich im Gegensatz zu Klara nie eigenständig entfalten und so ein Selbstwertgefühl, eine Selbstachtung, aber auch eine Selbstkontrolle aufbauen. Seine innere Kraft war geschwächt, Resilienz ihm nicht möglich. Zurück zur Erzählung des Heidedorf. Waren es bei Otto die ablehnende Haltung der Umgebung und die Scham für seine Tat, die Resilienz erfordert hätten, so sind es bei Felix der ausbleibende Regen, der die geliebte Heide verdorren lässt. Ein Umstand, der die Existenz der Heidebewohner bedroht. Erzählung ist es vor allem aber die briefliche Ablehnung eines Heiratsantrags, die der nach vielen Jahren ins Heidedorf zurückgekehrte Felix wegen seiner selbst gewählten Stellung als Dichter erhält. Die Reaktion von Felix auf diese Ablehnung wird in der Erzählung folgendermaßen beschrieben, Zitat, meine selbstgewählte Stellung, sagt er endlich, sich emporrichtend und in tiefen Schmerzen war es wie eine zuckende Seligkeit, die ihn lohnte. Felix hat seine Fähigkeiten entwickelt und seinen Beruf, seiner Begabung entsprechend und unbeeinflusst von der Familie ausgesucht, das gibt ihm die Kraft, die Kränkung der Ablehnung zu ertragen. Zur Linderung der Folgen der Dürre schreibt Felix an wohlhabende Freunde, die er sich erworben hat in der Hauptstadt um Hilfe. Felix' Vater entwickelt unabhängig davon eine Strategie der Existenzsicherung, die allerdings nicht umgesetzt werden muss, da ein sanfter Landregen die Türe beendet. Wenn Stifte, wie wir an der Figur des Otto gesehen haben, auch immer wieder das Scheitern schildert, ein besonderes Beispiel dafür wäre etwa die Figur Abdias in der gleichnamigen Erzählung, der so viele Widrigkeiten meistert, nach dem Tod seiner geliebten Tochter jedoch wahnsinnig wird. Die Auseinandersetzung damit würde eine ganze Abhandlung einfordern. Wenn also Stift auch immer wieder das Scheitern schildert, so gibt es in Stiftes Erzählungen doch neben Felix und Clara noch viele andere Figuren, die als Vorbilder für Resilienz gelten können. Als Ermutigung dafür, sich von widrigen Lebensumständen nicht beugen oder gar brechen zu lassen, all diese Figuren entwickeln die für sie passende Bewältigungsstrategie. Da ist der sanftmütige Obrist in der Erzählung die Mappe meines Urgroßvaters, der den Tod seiner Gattin überwindet, indem er sie fortan als Ideal und Vorbild für sein weiteres Leben im Herzen trägt. auch seinem Verleger Gustav Heckenast nach dem Verlust dessen erster Frau Rieser neben Gottergebenheit und Gottvertrauen anrät. Da ist der Pfarrer im K. in der Erzählung der arme Wohltäter, später Kalkstein, der unter starker Lernschwäche leidet und sich als junger Erwachsener aus freiem Willen mit Selbstdisziplin und Fleiß alle Lerngegenstände nach und nach selbst beibringt, sodass er den Beruf des Pfarrers ergreifen kann. Da ist Hans in der Erzählung der beschriebene Tenling, der von seiner geliebten Hannah wegen eines vornehmen und vermögenden Mannes verlassen wird. wegen eines vornehmen und vermögenden Mannes verlassen wird. Er widersteht der aufwallenden Versuchung zur Rache und nimmt sich schließlich der verwaisten Kinder seiner Schwester an. Da ist Maria in der Erzählung zwei Schwestern, die, nachdem ihre Familie das Vermögen verloren hat, eigenständig und mit großer Tatkraft eine Art Mustergut aufbaut und so ihre Familie versorgt. Da ist Brigitta in der gleichnamigen Erzählung, die trotz Kränkungen in der Kindheit sich zu einer starken, unabhängigen Frau entwickelt und nach der Trennung von ihrem Ehemann als alleinerziehende Mutter ebenfalls ein Mustergut aufbaut. Und da ist der Beamte im Ruhestand, Stefan Heil-Kuhn, in der Erzählung der Waldbrunnen, der versucht, Fröhlichkeit und Gesundheit, die er durch Kränkungen im Amtsleben, im Freundeskreis, im Freundeskreis von seiner Frau und seinen Kindern erfahren hat, durch das Trinken von Heilwasser und durch Bewegung in guter Waldluft wiederzugewinnen. Und so gäbe es noch viele Beispiele. Ich kann in der Kürze der Zeit nur einige nennen. All diese Figuren verharren nicht im Unglück, sondern richten den Blick in die Zukunft. Idealerweise wuchsen sie wie Felix und Maria in einem liebenden Elternhaus mit Vater und Mutter auf. Viele von Stifters Figuren wachsen aber in dysfunktionalen Familien auf, sind so wie Stifter selbst früh halbweisig geworden oder haben früh beide Elternteile verloren. Brigitta wiederum wurde von ihren Eltern nicht so angenommen, wie sie es gebraucht hätte. Stift als Beobachtung als Menschenforscher ist es, dass Selbstermächtigung wichtig, sie aber auch ohne ausdrückliche Unterstützung der Umgebung möglich ist. Ein wenig gesondert zu betrachten von Gefährdungen durch sogenannte Schicksalsschläge wie Krankheit oder Tod aufgrund von Krankheit, Unfällen oder den Einfluss von Naturgewalten sind bei Stifter die Gefährdungen durch Affekte und Leidenschaften anderer Menschen und nicht zuletzt der eigenen. Als Schutz des Menschen vor diesen Affekten sieht Stifter das Sittengesetz, das sanfte Gesetz, wir würden die Menschenrechte sagen, das darauf abzielt, dass, Zitat, jeder geachtet, geehrt, ungefährdet neben dem anderen bestehe. Wir haben in der letzten Veranstaltung Wir haben in der letzten Veranstaltung davon ausführlich gehört. Egoismus und gegen Maßlosigkeit Einzelner, gegen Ungerechtigkeit, Ungleichbehandlung bestimmter Menschengruppen, gegen Gewalt und menschenverachtende Politik, aber auch gegen Eifersucht, Neid, Missgunst, Zorn und Rachegefühle in einem selbst, also gegen seine eigene tigerhafte Veranlagung. Stifter fordert diesbezüglich, wie wir auch an Hans in der Erzählung der beschriebene Tendling gesehen haben, absolute Selbstkontrolle. Resilienz, die ja auch eine Art Widerstand ist und Widerstand im Sinne von aktiver Ablehnung bis hin zur Gehorsamsverweigerung, aber erwachsen, so Stifter, aus derselben inneren Kraft. Gestärkt wird die Fähigkeit zum Widerstand ebenfalls durch das eigene Selbstwertgefühl, durch das Gefühl der Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Selbstkontrolle. Grundlage dafür ist wiederum eigenständiges, vernünftiges Denken. Hinzu kommt noch das Gewissen, die Stimme des Siebengesetzes. Eigenständiges Denken führt auch zu innerem Widerstand gegen die automatische Übernahme des jeweiligen Zeitgeistes. Ein Thema, das bereits in den beiden vorangegangenen Veranstaltungen dieser Reihe angesprochen wurde und das Stift das ganze Amtsleben und Schriftstellerleben durchzieht. Als zwei Beispiele für die Auseinandersetzung mit Widerstand werden auch die bereits erwähnte Erzählung »Die Mappe meines Urgroßvaters« sowie »Der Nachsommer« und die Erzählung »Vit Vitico zu nennen. In der Mappe meines Urgroßvaters ringen die beiden Hauptfiguren der Binnenerzählung, der Obrist und der Ich-Erzähler Augustinus, ganz grundsätzlich mit der je eigenen tigerhaften Veranlagung. Der Obrist rät Augustinus in diesem Zusammenhang ein Tagebuch zu führen, dieses drei bis vier Jahre versiegelt zu halten und nach diesem Zeitraum zu öffnen und durchzulesen. Eine Strategie, die helfen soll, sich selbst besser kennenzulernen und sich dadurch besser kontrollieren zu können. Eine andere Strategie, die in der Erzählung vorgeführt wird, ist die, sich der eigenen Fähigkeiten zu besinnen, sie bestmöglich zu entfalten und nicht nur in den eigenen, sondern wie der Arzt Augustinus auch in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Wie Stifter immer alles ganz grundsätzlich durchdenkt, so durchziehen sein Werk auch Fragen, die unmittelbar mit der Frage nach der Legitimität von Widerstand zusammenhängt, nämlich die Fragen nach der Legitimität von Herrschaft und nach der Gehorsamspflicht. In vielen Erzählungen wird Letztere als Frage nach der Pflicht von Kindern ihren Eltern oder Vormündern gegenüber verhandelt. Im Nachsommer ist sie für den Freiherrn von Riesach und seine große Liebe Mathilde die lebensbestimmende Frage. An dieser Erzählung wird deutlich, dass Stifter den Gehorsam gegenüber den Eltern befürwortet. Den Abbruch der Beziehung zwischen dem Freiherrn und Mathilde schildert er als Missverständnis in der Kommunikation zwischen den Liebenden und als Konsequenz eines unreifen, unkontrollierten Affekts. Der Pflicht der Kinder zum Gehorsam ihren Eltern gegenüber stellt Stifter allerdings die Pflicht der Eltern ihren Kindern gegenüber zur Seite, nämlich die Pflicht, den Kindern in einem gesetzten Rahmen möglichst viel Freiraum und Entscheidungsfreiheit zu ermöglichen, ein im Nachsommer in der Erziehung Heinrich Trehndorfs, dem eigentlichen Erzähler, verwirklichtes Ideal. Seine Erkenntnis, dass Erwachsene nicht aufgrund ihres Alters zwangsläufig weiser sind als Kinder, zeigt Stifter in der Figur Julianes in der bereits genannten späten Erzählung der Waldbrunnen. Das Schulkind Juliane erzieht sich, dass sie sich von ihrer alleinerziehenden Mutter unverstanden fühlt, mehr oder weniger selbst. fühlt, mehr oder weniger selbst. Sie lehnt auch das Angebot des vornehmen Beamten im Ruhestand, Stefan Heil-Kuhn, zu umfassender Bildung und zu einem wohlhabenden Leben zunächst ab, obwohl sie ihm Vertraut und Zuneigung empfindet, dass er sich weiter um ihre Großmutter kümmern will. Auf diese Weise wird deutlich, dass der in seinem Selbstverständnis gute Pädagoge Stefan Heil-Kohn selbst noch etwas lernen muss und kann, nämlich vom Kind Juliane, was selbstlose Liebe ist. Mit der Frage des staatsbürgerlichen Gehorsams und des Gehorsams Vorgesetzten gegenüber, setzt sich Stifter ganz explizit in seiner Erzählung Wittiko auseinander. Wittiko als sehr vernünftig und selbstständig denkender junger Mann mit guter Erziehung, der immer bemüht ist, das Rechte und Gute zu tun, stellt sich als Dienstmann und Krieger des Herzogs Wladyslaw gegen den Willen seines unmittelbaren Vorgesetzten und gibt, um das Kriegsziel mit möglichst wenig Blutvergießen zu erreichen und die allgemeine Entscheidungshoheit des Herzogs ignorierend, seinen Reitern den Befehl, eine Wendung zu machen und dies ermöglicht den bereits eingeschlossenen Feinden die Flucht. Dies ermöglicht den bereits eingeschlossenen Feinden die Flucht. Vitico wird daraufhin vom Herzog zwar bestraft, der Herzog und seine Getreuen lassen jedoch auch erkennen, dass sie die Beweggründe Viticos verstehen und billigen. Vitico aber beschäftigt selbst die Frage weiterhin, ob er recht gehandelt habe. Er befragt deshalb den Bischof Silvester, der meint, Ungehorsam sei nie zu rechtfertigen. In einem späteren Gespräch mit dem höchsten kirchlichen Würdenträger in der Erzählung, dem Abgesandten des Papstes Kardinal Guido, lobt dieser allerdings Wittigos Friedfertigkeit und bestärkt ihn schließlich in seiner Denk- und Vorgehensweise mit den Worten, Zitat, Folge dem Gewissen und du folgst den Dingen, was wir wohl als Überzeugungsstifters werden dürfen. Der Mensch ist also in der Frage des Gehorsams und Widerstands allein dem siebten Gesetz verpflichtet, das sich mit der Stimme des Gewissens äußert. Der Mensch ist zum Widerstand somit aufgerufen, wenn das Siebten Gesetz verletzt wird, wenn die Menschenrechte verletzt werden. Stifter schreibt in seiner Vorrede zu den bunten Steinen, dem gesamten Gesetz, Zitat, wenn aber jemand jedes Ding unbedingt an sich reißt, was sein Wesen braucht, wenn er die Bedingungen des Daseins eines anderen zerstört, so ergrimmt etwas Höheres in uns. dass er ein Mensch neben dem anderen bestehe und seine menschliche Bahn gehen könne. Und wenn wir das getan haben, so fühlen wir uns noch viel höher und inniger, als wir uns als Einzelne fühlen. Wir fühlen uns als ganze Menschheit. Zitat Ende. Zusammenfassend kann man sagen, dass Resilienz und Widerstand in Stifters Erzählungen sehr häufig thematisiert wird. Ich konnte das Thema nur anreißen, es ist schon lang, aber es ist so viel. Ich konnte vieles nicht berücksichtigen. Stifter sieht den Menschen zwar als in vielerlei Hinsicht gefährdet an und weiß auch, dass jeder Mensch scheitern kann. Er glaubt aber auch daran, dass der Mensch in sich im Sinne der Resilienzforschung die Fähigkeit entfalten und entwickeln kann, Widrigkeiten zu ertragen und Probleme zu lösen. Gefördert werden kann diese Fähigkeit im Kindesalter, wie wir gehört haben, durch die Erziehung zu Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit. Diese Fähigkeit gibt dem Menschen auch das Selbstvertrauen und die Zivilcourage zum Widerstand, zu dem jeder Mensch bei der Verletzung des Sittengesetzes, also der Menschenrechte, aufgefordert ist. Widrigen Lebensumständen ausgesetzt sind auch viele der vor allem weiblichen Hauptfiguren in den Werken der Autorin Sabine Scholl und auch sie leisten auf vielfältige Weise Widerstand. Der Blick Sabine Scholz liegt dabei immer wieder auf struktureller Gewalt. Ein Begriff, den der Friedensforscher Johann Galtung 1971 in den Diskurs eingebracht hat. Beispiele dafür sind etwa Sexismus, Rassismus und Nationalismus, Klassismus und Altersdiskriminierung. Wir freuen uns nun schon sehr auf Lesung und Gespräch und auf einen spannenden Abend. Ich bedanke mich bei den Mitwirkenden und bei Ihnen allen für Ihr Kommen und wünsche uns einen schönen Abend. Ich gebe jetzt das Wort. Sehr gut. Danke. Ja, vielen Dank, Regina, für deine wunderbare und wie immer sehr fundierte Einführung in den heutigen Abend. Du hast ja schon betont, der Begriff Resilienz, das ist ein Modewort geworden und ich habe mich unlängst gefragt, seit wann gibt es den Begriff eigentlich in unserem Sprachschatz, seit wann verwenden wir den? Hat es den auch schon zu Zeiten Stifters gegeben und ich habe sicherheitshalber in etlichen Wörterbüchern, Fremdwörterbüchern des 19. Jahrhunderts nachgestehen, da ist er natürlich nicht verzeichnet. Stifter kann den Begriff also gar nicht gekannt haben, aber, und das hast du sehr richtig heute uns vor Augen geführt, er trifft sehr auf Stifter zu und er trifft ganz besonders auf Sabine Scholl zu, die auch ich herzlich begrüßen möchte. Sabine Scholl widmet sich in ihrem sehr vielfältigen Werk vom Essay bis zum Roman dem Thema Widerständigkeit. Da gibt es sehr starke soziokulturelle Aspekte, einen deutlich feministischen Ansatz. Das Schicksal von Frauen steht im Zentrum ihrer Literatur und wesentlich geht es auch um die literarische Verarbeitung von Geschichte. Ich brauche Sabine Scholl nicht eigens hier in Linz vorzustellen, möchte aber schon auf die Vielfalt in der Biografie im Werk hinweisen. Zum einen ist Sabine Scholl Literaturwissenschaftlerin und Vermittlerin. Sie hat an einigen ausländischen Universitäten gelehrt, Portugal, USA, Japan, Deutschland, Österreich natürlich. Viele Jahre war Berlin der Lebensmittelpunkt und seit 2019 ist es Wien. ist es Wien. Und zum anderen die Schriftstellerin Sabine Scholl mit einer mittlerweile langen Bücherliste über 20 Publikationen. Ich erwähne jetzt nur die letzten vier Bücher, die Essay-Bände Erfundene Heimaten und Lebendiges Erinnern. Da geht es um methodische Grundlagen, um narrative Strategien und die Romane O und Die im Schatten, Die im Licht. Aus diesem Buch werden wir heute etwas hören. Sabine Scholl ist zuletzt 2022 mit dem Literaturpreis der Stadt Wien ausgezeichnet worden, 2019 mit dem Landeskulturpreis Oberösterreich. Sie hatten 2018 den Anton-Wildgans-Preis und davor etliche andere Preise und Stipendien erhalten. Meine erste Frage vorweg, Sabine, weil das theoretische BD so eine große Rolle spielt. Kann man die Literaturwissenschaftlerin Sabine Scholl von der Schriftstellerin Sabine Scholl auseinanderhalten und soll man das überhaupt tun? Nein, ich glaube nicht, dass man das auseinanderhalten kann, weil es ist halt meine Ausbildung und es ist etwas, was ich sozusagen die Literatur sehe ich als einen großen Komplex und ich kann darin selbst schreiben, Literatur machen, aber ich kann eben auch mit jungen Leuten oder mit Menschen darüber sprechen, die selbst auch schreiben wollen und oder ich kann Werke, die andere geschrieben haben, analysieren und darüber sprechen und in einen Austausch treten. Also für mich gehört das alles zusammen. Gehört das alles zusammen? Und es ist auch oft so, dass ich parallel arbeite, also dass ich, wie auch bei diesem Buch, wo ich mich mit der Geschichte auseinandersetze, parallel dann auch sozusagen essayistisch oder theoretisch zu anderen Autoren gearbeitet habe, die auch das gemacht haben. Also ich brauche anscheinend immer auch eine analytischere Auseinandersetzung mit meinen Themen oder mit meinen Verfahren. Eine Schnittstelle zu Stifter, und da will ich jetzt näher auf dein Werk hinkommen, sehe ich in der Behandlung von Identitäten, in einer natürlich völlig unterschiedlichen Behandlung. sehe ich in der Behandlung von Identitäten in einer natürlich völlig unterschiedlichen Behandlung. Im 19. Jahrhundert war die Welt noch sehr überschaubar, da hat man sich über kulturelle Identität keine großen Gedanken gemacht, weil das meistens ja alles sehr national aufgeteilt war, obwohl es dahinter natürlich ein sehr buntes Mehrkulturen-System und Vielsprachigkeit gegeben hat, viel mehr als heute. Stifter war ja ein Kind der Donaumonarchie. Bei dir, Sabine, geht es vielfach um Pluri-Identitäten und ich möchte da zitieren, was auf der Homepage Literaturport, was man da zu dir finden kann, weil sich das für heute Abend, denke ich, gut eignet. Zitat, Scholl arbeitet am Entwurf einer neuen Gesellschaft, in welcher Mischkultur als selbstverständlich und kreativ betrachtet würde. Das Suchen und Finden einer schwankenden, weil sich verändernden Pluridentität in der und durch die Erinnerung sind leitmotivische Prioritäten in Scholz' Schreiben. So wird etwa die dokumentarisch belegte Biografie, die eine Textsorte, in der traditionell die Fixierung von Identitäten stattfindet, in einem von der Autorin als nähen bezeichneten Prozess generisch, inhaltlich und sprachlich verfremdet. Zitat Ende. Du gehst in der Regel von biografischem Material aus. Bestifter sind die Menschenbilder überwiegend fiktional, während du eine Autorin bist, die immer recherchiert und jetzt nicht per se etwas erfindet. Das heißt, du zeichnest Identitäten nach, konstruierst sie aufgrund von Vorlagen. Ist das etwas ganz anderes, als Stifter gemacht hat, der Identitäten mehr oder weniger erfunden hat, wenn man überhaupt von Erfinden sprechen kann? erfunden hat, wenn man überhaupt von Erfinden sprechen kann? Ja, also ich glaube, was der Unterschied ist, dass eben, was du vorher gesagt hast, dieses Zulassen der mehrfachen Identitäten oder sozusagen der verschiedenen Perspektiven einer Person, die mir wichtig ist. Und ich hatte bei der Lektüre von Stifter so das Gefühl, dass es schon immer darum geht, sozusagen so eine Geschlossenheit herzustellen. So etwas, was sich gut halt dann in eine Gemeinschaft fügt oder in eine Gesellschaft fügt. Und dass es so viele allgemeine Regeln gibt, die halt dann diese Figuren befolgen sollen, um sich zu vollenden. Und bei mir ist es eigentlich so, dass ich nicht an diese Vereinheitlichung sozusagen glaube, wenn ich eben verschiedene Menschen kennenlerne. Also es geht ja immer darum, dass ich Menschen kennenlerne. Also es geht ja immer darum, dass ich Menschen kennenlerne und die mir auch Geschichten erzählen, also zusätzlich zu den historischen Recherchen, wo ich ja auch die Menschen kennenlerne, indem ich immer mehr und mehr Material finde dazu. Aber ich glaube, entstanden ist das Ganze schon so durch mein Leben in so einem mehrkulturellen Umfeld, wie zum Beispiel in Chicago so gewesen ist. Und ich habe dann eben versucht, dieses vereinheitlichende Bild von Persönlichkeit oder Charakter aufzubrechen, sozusagen zu schauen, muss es denn immer so sein, dass man sich nur für dieses oder jenes entscheidet, sondern kann man nicht auch zum Beispiel an zwei verschiedenen Orten ganz wichtige Beziehungen haben, man muss jetzt nicht immer nur diese eine Heimat haben oder diese eine Sprache haben oder diesen einen Beruf haben, sondern also die Beweglichkeit unserer, sagen wir mal, vielleicht angefangen verstärkt des 20. Jahrhunderts bringt ja einfach auch ganz andere Notwendigkeiten mit sich. mit sich, also ich denke jetzt nur an die Migration, also da kann man ja auch nicht sagen, ja, also jemand aus Bangladesch, der muss jetzt immer dort bleiben, soll er halt dort sterben, wenn es eine Überschwemmung gibt, sondern das gehört für mich sozusagen auch zu einem Menschenrecht, sozusagen zu entscheiden, ja, ich gehe jetzt dorthin, wo ich vielleicht bessere Lebensmöglichkeiten habe und dadurch gehe ich zum Beispiel nach London und dann gibt es dort eine Bangladesch-Community und wir leben dann in so einer Art Mischform von dem, was wir mitgenommen haben und dem, was wir dort vorfinden und so weiter und so weiter. Und dann über die Generationen verändert sich das wieder. und so weiter. Und dann über die Generationen verändert sich das wieder. Also das ist sozusagen meine Art von Realismus, wenn wir jetzt schon wieder auf Stifter zurückkommen wollen. Also das ist das, was ich beobachte, das sind Menschen, die mich umgeben und ich versuche halt Strukturen zu finden und Muster zu finden und eben, und es ist ja nicht einfach jetzt zum Beispiel mit mehreren Identitäten oder mehreren Sprachen zu leben, das ist ja schon auch kompliziert, aber ich versuche das sozusagen anzunehmen und zu sehen, wie könnte das denn gehen. Adalbert Stifter ja nicht gekannt hat, obwohl sich er immer als Deutschböhmig gefühlt und bezeichnet hat, aber ich glaube, er hat Tschechisch nicht können. Eben, nicht? Ja, ja. Also, aber es gibt schon sozusagen die Figur des Anderen oder eben dieser, was wir im Vorgespräch schon erwähnt haben, eben diese Menschen, die von irgendwo anders her kommen und eben wild sind oder dunkler sind. Also das kommt schon bei ihm vor. Also es ist nicht so, dass alle gleich ausschauen und alle sich gleich verhalten. Also das Verständnis war auf alle Fälle gegeben. Ja. Kommen wir zurück an den Ausgang, den gemeinsamen Anknüpfungspunkt Resilienz. Und da passt ja ganz ideal dein letztes Buch, Die im Schatten, Die im Licht, aus dem du jetzt eine Passage lesen wirst und am Schluss dann einen zweiten Text, der in das Umfeld dieses Buches gehört, der aber bis heute nicht, bis dato nicht veröffentlicht wurde. Also da werden wir eine Premiere erleben. Ich will zu dem Buch an und für sich nicht viel sagen. Es wurde im Vorjahr hier im Stifterhaus ja präsentiert, nur so viel. Es geht um Einzelporträts von insgesamt neun Frauen. Es sind zeitgeschichtliche Lebensbilder. Diese Frauen sind Opfer der Umstände, aber auch Täterinnen und es sind Frauen, die Mut bewiesen haben und eine, auf die der Begriff Resilienz ganz sicher zutrifft, das ist Rosi aus See. Bitte. Ja, und da ist sozusagen der Widerstand deshalb nötig, weil die Menschenrechte verletzt werden. Also das trifft sich jetzt mit dem, was wir vorher gehört haben. wir vorher gehört haben. Ich lese da die Passage kurz nach dem Krieg, wie sie noch einmal darüber spricht, was so passiert ist kurz vor Kriegsende. Also die Männer sind entweder im Berg drinnen oder im Berg droben gewesen, im Tal, am See, im Dorf, im Haus, haben wir Frauen geschaut, dass das Leben weitergeht während dem Krieg, für die Kinder und das Vieh in einem Fort beschäftigt. Wir haben gemacht, was wir machen haben müssen und das war es nicht, weil uns einer was angeschafft hat und ich erzähle das nur noch einmal und danach ist Schluss. In Zukunft halte ich den Mund, wollen eh alle, dass ich endlich ruhig bin. Kurz bevor es vorbei war, also wo sie draufgekommen sind, dass sie den Krieg verlieren, war das Durcheinander groß. Weil sogar die, die vorher für die Nazi waren, haben auf einmal beim Widerstand dabei sein wollen und das sogar schriftlich verlangt. Wir haben die Papiere unterschrieben, aber denkt, haben wir uns was anderes. Vorher sind die brav hinter die Nazi hergerinnt und haben was gehabt davon, denen ist es nicht schlecht gegangen. Der Lehrer in der Volksschule hat geweint und den Kindern vom Heldentod vom Führer vorgejammert, hat erlaubt, dass sie früher heimgehen zum Trauern. Die großen Herren in Berlin haben sich umbracht, damit sie nicht gestraft werden. Das war gar nicht couragiert, das war erbärmlich. Im Hotel am See hat der Eichmann einen Steireranzug gestohlen, damit er sich leichter davonmachen kann über die Almen und das tote Gebirge. Im Dorf hat es bis zum Schluss einige gegeben, die dem kalten Brunner geholfen haben, damit er sich in der Jagdhütte oben am Berg verstecken kann. Haben ihn und ein paar von der SS aufgebracht. Falsche Papiere hat er gehabt, der Herr Obergruppenführer, da war in Berlin längst zu unsicher. Hat sich geschlichen und wie die Amerikaner nach Aussee gekommen sind, hat der Moser denen verraten, wo sie ihn unterbracht haben, den kalten Brunner. Wird schon nicht zu seinem Schaden gewesen sein. Der Moser hat zusammen mit dem Förster die Amerikaner aufgeführt, weil den Weg muss einer kennen. Beim Augstsee steigst du ein, gehst in Richtung Bräunigzinken, den Steig auf, der muss schwindelfrei sein, dann steht bald die Jägerwand vor dir, schroff und steil. Wenn du nicht wissen tätst, dass es weitergeht, hättest du umkehren. Du musst aufpassen, dass du nicht stolperst. Endlich kommst du zur Augstwiesen. Ab da geht es wieder flacher. Gegen Ende zu führt der Weg durch die Latschen. Danach ist es nicht mehr anstrengend und von Weitem siehst du die Hütte. Sogar mit Veranda. Wie sie den Kaltenbrunner geschnappt haben, ist noch Schnee gelegen, obwohl im Tal bereits Frühling war. Im Mai. Oben gab es viel Schnee. In der Nacht sind sie weg und erst in der Früh, es hat getagt, waren die Amerikaner bei der Hütte. Der Kommandant war als Bergsteiger verkleidet, in Lederhosen, Trachtenjanker, Hut und Bergstuhl mit Steigeisen. Die sollten glauben, dass er ein Einheimischer ist, der sich verirrt hat und Schutz braucht in der Hütte. Die Soldaten haben sich versteckt. Viele von denen sind gar nicht durchgekommen bis zur Alm. Ohne Steigeisen sind sie ausgerutscht. Hingefallen, haben sich verletzt. Und wie der Kommandant an der Hüttentür klopft hat, hat ein Mann aufgemacht in lange Unterhosen. Die haben noch geschlafen, feiert vorher, weil später haben die Soldaten eine ganze Kiste mit Champagnerflaschen gefunden in der Hütte und französische Süßigkeiten. Natürlich Waffen und Munition und einen Haufen Geld. Persönliche Gegenstände haben sie rechtzeitig im Ofen verbrannt. Der hat noch geraucht. Zuerst haben die Männer nicht ausgewohnt, aber der Amerikaner hat einen Brief von der Gisela dabei gehabt, der Geliebten vom Kaltenbrunner, mit der Bitte, dass sie aufgeben sollen. Den haben sie gelesen und sind mit Hände hoch aus der Hütte. Der Kaltenbrunner hat dann, als wäre er ein Mediziner, hat einen falschen Ausweis vorgezeigt und den Doktorkoffer, den er dabei gehabt hat, ist stur geblieben. Dann sind sie runter ins Dorf, stundenlang haben nicht gemuckt. Wie sie zum Mittag ankommen sind beim Volkshaus, sind alle hin zum Schauen. Auch die Gisela. Sie ist dem Kaltenbrunner um den Hals gefallen, erleichtert, dass der noch lebt. Und so haben die Amerikaner gewusst, dass sie den Richtigen erwischt haben. Zugeben hat er trotzdem nichts und bereut schon gar nicht. Bis zum Schluss hat er behauptet, dass er nie Befehle unterschrieben hat, damit die Juden in den Tod geschickt werden, behauptet, dass er nie Befehle unterschrieben hat, damit die Juden in den Tod geschickt werden, dass er nie ein KZ besichtigt hat. Dabei ist er auf den Fotos. Viele Nazis waren in den Hütten im Auseerland versteckt und die Amerikaner haben am Anfang geglaubt, dass sie nicht aufhören wollen zum Kämpfen. Alpenfestung hat es geheißen. So ein Blödsinn. War ja schon zu spät. Die Nazi haben im Grund nur ihre Wertsachen in Sicherheit bringen wollen für später oder sich in Ruhe überlegt, was sie aussagen, damit sie mit ein paar Jahren im Gefängnis davonkommen. Danach, wenn das Ärgste vorbei ist, haben sie sich vorgestellt, schaufeln sie wieder alles aus und machen sich ein schönes Leben. ein schönes Leben. So wie der Schatz vom Kaltenbrunner im Gemüsegarten unterhalb vom Haus von der Christel. Da haben mehrere die Beete heimlich umgraben, weil seine Geliebte, die Gisela, dort unterbracht war und die Zwillinge, die sind gerade zwei Monate vorher im Kuhstall auf die Welt gekommen. Nichts da mit Klinik und Oberarzt. Die Nazi haben möglichst weit weg wollen. Südamerika war ja beliebt. Hauptsache nicht vor Gericht kommen. Und ein paar von denen sind für immer verschwunden. War schon bei den jüdischen Villen so? Sicherlich. Bei den Bildern ist ziemlich viel zusammengekommen. So an die 6000 hat es geheißen für das Führermuseum in Linz. Mit Raupen haben sie die Kunstwerke schnell zum Salzberg aufgefahren, weil für die normalen Fuhrwerke war viel zu viel Schnee. Es war rutschig und das viele Holz für die Regale und die Kisten hat genauso in den Berge rein müssen. Dort haben einige von den Tischlern aus der Gegend zum Schluss eine ziemliche Arbeit gehabt. Hals über Kopf hat es gehen sollen. Allein fünf Kilometer Kabel, hat mir mein Mann erzählt, nur damit sie genug Licht einig kriegen in die Stollen. Später, wie die Amis da waren, war ein jeder derjenige, der die Bilder gerettet hat, praktisch in letzter Minute, der die Bomben verhindert hat. Und wenn er nur die Fuhrwerke von Weitem beobachtet hat, weil jeder will ein Held sein, zumindest im Nachhinein, wenn man alles nicht mehr so genau prüfen kann. Viele von denen haben es ja wirklich so hintret, die meisten sogar. Manche aber hat es erwischt. Den Sohn vom Besitzer von der Postalm, der war ein fanatischer Nazi, den haben sie gleich im Löschteich ertränkt. Er war zu den Arbeitern im Lager drunten so brutal, dass sie nicht warten haben wollen auf ein Urteil. Keiner hat später was zugeben. So leben wir eben dahin mit Mördern. Die schönen Villen, die sie am Anfang von den Juden ergattert haben, sind wieder leer gestanden. Weg war er, der Bluthund von der Villa Trapp. Im ersten Stock haben sie ein abhörsicheres Zimmer gefunden. Der Himmler war genauso zu feig, sich schnappen zu lassen, hat sich umbracht, zirkali. In Schloss Fuschel sind die Amerikaner einzogen. Die Bauern haben ihre Grundstücke rundum zurückgekriegt, die ihnen die Nazi weggeschnappt haben, weil sie glaubten, sie brauchen mehr Platz. Zum Schluss waren die ziemlich narisch, haben einen Verfolgungswahn gehabt. Wir, die wir gegen die Nazi gewesen sind, waren danach plötzlich die Roten oder gar die Kommunisten, weil sie haben wieder einen Feind gebraucht, das war schwer für uns. Und leider haben wir auch untereinander gestritten. Ich muss sogar einen Prozess gegen den Sepp führen, wegen Diebstahl. Er hat den Baggerl Pfundnoten im Heustadel versteckt und behauptet, ich hätte es ihm gestohlen. Deswegen darf ich eigentlich nichts sagen. Dabei habe ich ihm geholfen nach der Flucht aus dem Lager, habe ihm gewarnt, einen Schlosseranzug und Essen gebracht. Er war ja bei mir angelaufen und wegen mir hat er in der Villa untertauchen können und kein Wort davon in seiner Geschichte. Ich komme gar nicht vor in seiner Version. Auf einmal war ich unsichtbar. Meine ganze Arbeit. Das Buch hat er nicht einmal selber geschrieben, sondern ein Deutscher. Das meiste davon war eh erfunden. Keine saubere Geschichte. Dafür habe ich jetzt eine Klage am Hals. Probleme wegen dem Sepp habe ich ja schon seinerzeit gehabt. Seine Mutter hat glaubt, ich habe ein Verhältnis mit ihm. Die hat das so hingestellt, dass ich ihn verführt habe. Dabei habe ich Brotmarken gesammelt, damit ich ihm was zum Essen bringen kann. Der Sepp hat sofort wieder einen guten Postenkrieg nach dem Krieg. Oder der Geiswinkler, der war später der größte Held von allen, hat sich genauso einen Roman über seine Taten schreiben lassen. Die Autos, die der sich dann leisten hat können, da haben sich ja viele gefragt, woher. Ihre Spuren haben die Nazi im letzten Moment verschwinden lassen. Messgeräte in den See geworfen, Schluss war mit Sprengungen unter Wasser. Zig Male sind die Fuhrwerke zum See und zurück, um Beweise zu versenken. Die Soldaten haben Silberplatten und Platin gekriegt. Weil Geld für den Sold war keins mehr da. Und jetzt gehen welche herum und behaupten, ich hätte profitiert, weil ich in den Villen geputzt habe und gewusst habe, wo die Wertsachen sind. Deswegen will ich nicht mehr darüber reden. Das ist halt so. Und eigentlich sind ja die Männer in ihrem Versteck am Berg oben sogar sicherer gewesen als wir Frauen unten im Dorf. Wir waren immer unter Beobachtung. Wir haben tagtäglich schwindeln und heimlich tun müssen. Jederzeit hätte uns einer erwischen können oder denunzieren. Und die tapferen Kämpfer vom Widerstand wären verhungert. Man fragt sich ja, warum jetzt allein die Männer die großen Helden sind. Aber die meisten von uns haben halt nicht Englisch geredet. Wer Englisch können hat, hat sofort seine Geschichte erzählt und die Amerikaner haben alles glaubt. Wir Frauen haben eben immer stillhalten müssen, das haben wir uns so angewöhnt. Zuerst, damit wir nicht verraten werden und nach dem Krieg war es nicht viel anders. Dabei war ich anfangs froh, wie die Amerikaner endlich kommen sind, haben mich auf ein bisschen Ruhe gefreut, nicht mehr jeden Tag unterwegs auf dem Fahrrad. Mein linker Fuß ist zum Schluss immer schlechter worden, weil was wir gemacht haben, war gefährlich. Nicht auszudenken, was meiner Familie passiert wäre, wenn ich hochgegangen wäre. Wir waren so tief im Untergrund, dass wir nie mehr herausgekommen sind. Und dann hat es so ausgeschaut, als hätten wir nichts unternommen gegen die Nazi. Weil die Nazi lauter waren als wir nach dem Krieg. Die jungen Dirndl vom Dorf sind neben den Jeeps hergelaufen, haben ein paar Blumen gerupft und den Amerikanern über den Kopf geschmissen. Sobald sie stehen geblieben sind, haben sie sich denen um den Hals geworfen. Und es war danach nicht wirklich ruhiger, weil der Krieg so viele Menschen ausgegrissen hat, aus dem, was sie vorher gewesen sind. Ich habe ja noch Glück gehabt, dass ich an einem Ort blieben bin. In Aussee haben sie nur ein Hotel am See, ein paar Lagergefangene unterbracht. Abgemagert, räudig, kaputt. Während drüben in Gastein hat es geheißen, waren weitaus mehr Überlebende zur Erholung. Aus den Lagern oder Vertriebene. Bergluft ist ja heilsam. Oder in Ischl sind sie herumzogen. Die Hotels dort sind sowieso leer gestanden, hat sich ja kein normaler Mensch leisten können. Viele von den Besitzern haben sich aufgeregt, haben lieber Touristen wollen, keine Flüchtlinge. Aber es war eben keine Zeit für Urlaub. Flüchtlinge. Aber es war eben keine Zeit für Urlaub. Weil die Juden und die Politischen in den Lagern so schlecht behandelt worden sind, haben manche das zurückzahlen wollen, was ich ja verstehen kann. Aus Rache sind sie über die Apfelbäume hergefallen, haben sich Birnen von den Ästen gerissen, Zwetschgen gestohlen oder sind ins Kaffeehaus, haben Torten und Kaffee bestellt und nicht gezahlt. Vielleicht haben sie einfach Hunger gehabt oder was nachholen müssen. Im Lager haben sie ja nicht viel gekriegt. Viele Hotelbesitzer haben aus den Zimmern geräumt, was nicht niet- und nagelfest war. Teppiche, Lampen, Vorhänge, haben halb kaputte Betten vom Dachboden geholt. Alles weglassen, was gemütlich ist. Das reicht für die Primitiven, haben sie gesagt. Die kennen ja nicht einmal den einfachsten Bedienung. Und wenn man was dagegen sagt, tun die so, als würden sie kein Deutsch verstehen. Weil manche Überlebende haben so eine Mordswut gehabt, nach dem, was ihnen antan worden ist in den Lagern. Die haben die Stoffe auf den Sofas zerschnitten, obwohl das Sofa oder die Bettbank, wie wir sagen, ihnen nichts getan hat. Es hat eben denen gehört, die es zulassen haben, dass so viele von ihren Familien umgebracht worden sind. Und dann waren die Leute vom Dorf es den Juden neidig, dass sie von den Amerikanern besser versorgt worden sind als sie selbst. Die geben denen ja alles, was nur geht, hat es geheißen. Mehr als uns, haben die Leute gesagt. Die kriegen sogar Butter, Kondensmilch, Schokolade, Kaffee, Eier. Geschenkt. Einfach umsonst. Und dann verkaufen die, die früher im Lager gesessen sind, den Einheimischen die Sachen schwarz. Ganz ungeniert. für teures Geld. Das bringt natürlich böses Blut. Aber ich kann es mir schon vorstellen. Ich habe ja mit eigenen Augen zugeschaut, wie die Juden vertrieben worden sind im 38er Jahr und was sie verloren haben. Das waren richtige Herrschaften, Opernsänger, Fabrikanten, Subretten, Professoren, Dichter. Alle assimiliert. Und das sage ich jetzt nur ein einziges Mal und sonst nie wieder. Ich habe die Namen von denen nie vergessen, die ihr Haus an die Nazi abgeben haben müssen. Und ich erzähle das, weil es mir lieber wäre, dass sie wiederkommen und dass die jetzigen Bewohner, die sich in den schönen Häusern einnisten, verschwinden. Ich wünsche mir, dass alles so ist wie vor dem Krieg. Einige von den jüdischen Herrschaften aber sind sicherlich tot. Zum Beispiel der Königsgarten, von dem habe ich gehört, dass er umkommen ist im Lager. War ein feiner Herr, ein Fischer, ein sportlicher, ein olympischer Fechter. Andererseits ist die Elsa, meine Freundin, die Frau vom Pastor, wieder auftaucht nach dem Krieg, obwohl sie ja für tot erklärt war. Das war vielleicht ein Schreck, weil sie ist damals gar nicht in den See gegangen. Das war nur ein Trick. Sie hat das für ihre Kinder getan. Mich haben sie schön täuscht. Kurz nach der Kapitulation, da ist die Elsa mit ein paar Amerikanern zurück nach Aussee. In einem Jeep, ganz in Schwarz, in Kostüm und Hut. Richtig elegant. Die Amerikaner haben sie chauffiert. Sie hat die ganze Zeit, über wo sie weg war, als Krankenschwester im Passau draußen gearbeitet. Mit dem Ausweis ihrer toten Schwester ist sie nicht aufgeflogen. Ich habe mich gefreut, dass sie lebt. Vielen im Dorf war es aber gar nicht recht, dass sie wieder da war. Die waren da alles erböse, weil sie betrogen worden sind, haben sie gesagt. So eine Schwindlerin, haben sie doch recht gehabt, dass die Frau vom Pastor keine Saubere ist, hat es geheißen. Sogar der Lehrer, der ihre Kinder derart malträtiert hat, dass sie nicht mehr zur Schule gegangen sind, ist kurz vor Schluss beim Pfarrerhaus aufgetaucht und wollte eine schriftliche Bestätigung, dass er sich nichts Schlimmes hat zu Schulden kommen lassen. Einen Persilschein hat er gekriegt vom Pastor. Viele haben das gebraucht, damit sie keine Schwierigkeiten haben, wenn die Amerikaner hier regieren. Keiner hat zugeben wollen, dass er die Elsa gequält hat. Alles Einbildung, haben die Leute gesagt. Ihr Mann war natürlich froh und erst die Kinder, wie sie auftauchte, ist. Gleich haben sie alle so getan, wie wenn nie was gewesen wäre während dem Krieg. Und wenn du nur was andeutet hast, sind sie fuchsteufelswild worden, weil keiner hat sich erinnern wollen. Und die Elsa hat weiter Angst, weil was wird passieren, wenn die Amerikaner fort sind? Wer wird mir was nachtragen, sagt sie. Die, die gegen sie gehetzt haben, wohnen ja immer noch da. Vielleicht will sie doch noch Berlin, sagt sie, aber Berlin ist kaputt, nur mehr Ruinen. So sind wir Frauen nach und nach zu Schatten worden. Nur die Berge, die Steige, der See wissen was von uns und unseren Gängen. Das Rückgrat kommt von die Fisch her, heißt es. Deswegen ist es so schwach, so wie die Berge früher unter dem Wasser waren, so waren das auch wir. Und aufrecht gehen ist eine schwere Aufgabe für den Menschen. Die Hermine muss ohne ihren Mann zurechtkommen. Dem, der ihn verraten hat, ist nie was passiert. Damit muss sie weiterleben, dass sie dem vielleicht jeden Tag über den Weg rennt, ohne dass sie das weiß. Die Kathi, der sie die Werkstatt genommen haben, weil der Bürgermeister glaubt hat, er kann eine Riesenfirma mit Trachtenstoffen aufziehen, lebt irgendwo in Amerika. Ihr Mann ist lang schon tot. Manchmal fange sogar ich an zu vergessen. Glaub mir selber nicht mehr. Es muss ja weitergehen nach den schrecklichen Jahren. Da hilft keine Feindschaft. Egal was passiert ist, wir müssen miteinander auskommen. Wir kleinen Leute können nicht einfach fort, wenn uns was nicht passt. Das musst du aushalten. Außerdem bin ich eine Frau und die Männer haben sich geschämt, dass sie sich weniger traut haben als ich, obwohl ich so zart bin und mit meinem schlechten Fuß. Dadurch bin ich unverdächtig blieben. Ich will keinen in Verlegenheit bringen und mir nichts nachreden lassen. Die Rosi, die ist doch ein Kummerl, heißt es dann. Das ist das Ärgste. Daher Schluss, Aus, Ende. Ich erinnere mich nicht mehr. Zu den heiligen Zeiten setze ich meinen Gäuserer auf, den dunkelgrünen, wie einen hellgrünen Schnur aus Seide, den habe ich mir geleistet. Weil ich lasse mir nicht mehr anschaffen, was ich anziehen darf oder nicht. Weil putzt werden muss immer, gleich wer regiert. Wenn wir alle den Mund halten, kommt es einem bald vor, als wäre nie was passiert. Nicht wahr? Weil auch die Berge stumm sind und der See schluckt eh alles hinunter. Danke. Ja, diese Rose begegnet uns im Roman auch in einigen Kapiteln davor. Es ist eine sehr eigenständige, eine politisch denkende Frau, also das Gegenteil vom Klischee, dass Frauen sich aus Politik nichts machen, dass sie politisch unbedarft bleiben, bleiben müssen, weil das eben Männersache sei. Die Rose ist ganz anders und das hat auch damit zu tun, dass sie erlebt hat, wie man den Juden alles weggenommen hat, wie die Einheimischen nicht nur zugesehen, sondern sich regelrecht bereichert haben. Mich würde interessieren, wie bist du auf diese Rose gekommen? Die hat es ja wirklich gegeben. Welche Quellen hast du da zur Verfügung gehabt und wie macht man aus einer solchen Quelle einen literarischen Text? mit seinen Freunden und Freundinnen aus dem Widerstand. Er war selbst im KZ, geführt hat, ich glaube, das war in den 70er Jahren, hat er da mit denen so Wanderungen gemacht und hat gleichzeitig Tonaufnahmen, die sehr, sehr schlecht sind. Also mittlerweile versteht man kaum etwas. Aber das ist, der war als erster, der daran gedacht hat, dass man das irgendwie festhalten muss und dann war es ganz kurz mal aufgegriffen, auch von der Frauenbewegung, es gab mal so einen Band über Frauen im Widerstand, der war glaube ich so Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, da war einiges über sie drinnen und dann gibt es einen Forscher, der von dort aus der Gegend stammt und der auch versucht hat, noch von allen möglichen Richtungen her Materialien zu sammeln. Also es ist ganz bruchstückhaft, was ich sozusagen als erste Quelle hatte. Und dann wusste ich natürlich, ich muss von allen Seiten her noch dazu Material finden, um sie lebendig zu machen. Und da habe ich natürlich dann auch Berichte von anderen, über andere Frauen gelesen oder eben diese Dokumentationen über diesen Widerstand. Also es ist sozusagen eine Kleinstarbeit. Oft ist es dann nur ein Satz oder irgendein Detail in der Kleidung, wo man dann aber seitenweise liest oder 20 Seiten liest dazu oder ein Interview sich anhört. Also es ist wirklich ein Puzzlen. Man entwirft dann so ein Puzzle und natürlich soll man das alles dann nicht mehr merken, dass es gepuzzelt ist. Die Nähte sollen dann eigentlich nicht mehr sichtbar sein, mit denen man das zusammengenäht hat. Viel Kleinarbeit. Das verstehe ich, ja. Was mich dann auch interessieren würde, zumindest ich habe es so ein bisschen am Ende als deprimierend empfunden, weil diese Frauen wie die Rose, diese stummen Heldinnen, die nachher irgendwie so aus der Geschichte fallen. Und sie sagt ja selber, auf einmal war ich unsichtbar. Weil da sind dann wieder die Männer, die das öffentliche Leben bestimmen, aber auch die Erzählung bestimmen. Und wie ist es dir dabei gegangen, sehen zu müssen, dass die Frauen auf einmal wieder in der zweiten Reihe stehen und dass auch diese Rosie dann irgendwo bereit war, sich selber zurückzunehmen. Sie spricht von einem Schlussstrich, wenn sie unter die unselige Geschichte ziehen will, weil ein bisschen ist ja da aus der Widerstandskämpferin eine fast Geschichtsverdrängerin geworden. Wenn man schweigt, dann ist eh nichts passiert, dann ist alles wieder gut. Das muss man aushalten, sagt sie. Und für mich bleibt da schon ein Fragezeichen, ein Widerspruch. Endet hier dann schon wieder die Resilienz? Ja, also das ist natürlich sehr heikel. Aber eine Sache, das ist natürlich auch alles recherchiert, deshalb habe ich mir nicht ausgedacht, dass das so ist, sondern eben wie gesagt, haben die männlichen Widerstandskämpfer sehr wohl gewusst, wie sie sich nachher inszenieren wollen und sollen, um eben Profit daraus zu schlagen. wollen und sollen, um eben Profit daraus zu schlagen. Und das ist natürlich dann auch in deren Interesse sozusagen, alles auf sich zu beziehen. Und ein weiterer Punkt ist natürlich auch, dass je kleiner man in den kleineren Ortschaften lebt, ist es ja tatsächlich so, dass man danach wieder miteinander leben muss. Also man kann ja nicht weg. Sie ist so eine einfache Frau, die hat jetzt nicht die Möglichkeit zu sagen, gut, dann gehe ich halt jetzt nach Wien und dann kann ich mein selbstbestimmtes Leben leben oder mehr meine Stimme finden oder darüber reden, sondern man ist Tag für Tag, lebt man mit diesen Menschen, die sozusagen die Feinde waren, zusammen und man muss eben, wenn man zu lange eben da herumstochert, wird das Leben absolut unerträglich und das ist natürlich mit auch ein Grund, warum die Verdrängung so gut funktioniert hat. Es ist ja auch bis heute so, dass man es nicht gern hat, wenn man in solchen Sachen hinein stochert, wie man dann hört. Also auch, weil natürlich dann die meisten leben dann nicht mehr, aber das sind die Nachfahren, das sind die Kinder und die Enkelkinder, die auch ihr schönes Bild von ihren Vorfahren nicht zerstört haben wollen, die auch sozusagen ihre Ruhe haben wollen. oder einzelne Gruppen, die sich dann dessen annehmen, eben auch ganz viele, was ich ja auch sehr toll finde, zum Beispiel Ludwig Lager ist ja ein Autor, der lebt tatsächlich in diesem Ort, der nicht besonders groß ist, aber er erforscht dort, was der Nationalsozialismus alles angerichtet hat. Aber das ist, ich glaube, einer der härtesten Wege, die man wählen kann. Er wird sich da nicht sehr beliebt machen. Nein, er macht sich nicht beliebt, er wird immer wieder geklagt. Also es ist wirklich eine, wir sind jetzt 80 Jahre nach Kriegsende, also das muss man auch noch dazu sagen. Und natürlich ist für mich das ganze Buch war, mein Anliegen war, überhaupt den Krieg zu zeigen aus der Perspektive der Frauen, verschiedene Perspektive der Frauen, weil eigentlich grundsätzlich das Erzählen vom Krieg oder die Geschichten vom Krieg eigentlich automatisch immer den Männern zugeordnet waren, weil es ja dann nur um Schlachtfeld und Strategie und Waffen und so weiter geht. Aber das stimmt ja gar nicht, es geht um sehr viel mehr auch. Es muss auch das Hinterland sozusagen bestellt werden und es sind auch viel mehr Frauen aktiv, tatsächlich eben vor Ort auch in Kriegsgeschehen gewesen. Und das war eigentlich meine, ich wollte den Krieg verstehen und ich dachte mir, ich kann den Krieg nicht verstehen, wenn ich nicht weiß, was die Frauen gemacht haben, was die für Möglichkeiten hatten oder eben keine, welche sie nicht hatten. Das war eigentlich so mein Hauptding. Es gibt einen sehr schönen Satz von dieser Rosi, oder den du ihr zumindest in den Mund legst. Aufrechtgehen ist eine schwere Aufgabe für die Menschen. Und das lässt mich natürlich an Adapet Stifter denken, der sich dieser Schwierigkeit genauso bewusst war, aber der die Utopie einer Gesellschaft hatte, in der das möglich ist. So, ich muss jetzt auf die Uhr blicken. Ich habe eigentlich vorgehabt, ich wollte mit dir jetzt so über das Frauen... Ich glaube, es ist besser, wir sprechen noch ein bisschen, anstatt dass ich nochmal was lese. Okay, dann verzichten wir. Gut, das wäre jetzt meine Frage gewesen. Irgendwas müssen wir jetzt weglassen. Dann würde ich ganz gern mit dir jetzt ein wenig über das Frauen- und Männerbild Bestifter reden, über weibliche Rollen und männliche Dominanz. Da kann man sich ja von zwei Sichtweisen her annähern. Da kann man einmal sagen, ja, das ist alles sehr traditionell. Manchmal wirkt das sogar ziemlich bieder. Und auf der anderen Seite zeichnet uns Stifter Frauen als ganz eigenständige Wesen, die sich dem herkömmlichen Bild entziehen und gesellschaftlich ganz woanders stehen. Und da war dein Vorschlag, dass wir uns hier auf eine späte Erzählung Stifters beziehen, der Waldbrunnen. Ein Text, der nicht nur für mich eine ganz erstaunlich moderne Pädagogik eröffnet und ein Text, der bei dir, wenn ich es richtig wiedergebe, auch deswegen auf Interesse gestoßen ist, weil du da einen biografischen Anlass für diese Erzählung siehst oder sehen könntest. Warum bist du gerade auf den Waldbrunnen gekommen? du gerade auf den Waldbrunnen gekommen? Eigentlich hauptsächlich wegen dieser Außenseiterinnenfigur, der weiblichen Außenseiterinnenfigur, die mich interessiert hat und die sozusagen in drei Variationen vorkommt. Also wieder sind es, ich habe es erst schon erwähnt, wieder sind es Figuren, die eine dunklere Hautfarbe haben. Und es ist nicht nur so, dass Stifter solche Frauen und Mädchen wahrgenommen hat, sondern er war fasziniert davon. Gerade in dieser Erzählung sagt er ja auch, dass das das Schönste ist, was er je in seinem Leben gesehen hat, diese zwei dunkelhäutigen Frauen sind. Und ich fand es sehr interessant, wie er das beschreibt gleich am Anfang, weil sie wird sozusagen wie mit Worten beschrieben, die man eher einem Kunstwerk, und es wird ja auch dauernd verglichen mit einem Kunstwerk, es wird sogar schöner als die Sixtinische Madonna und dann, er sagt nicht Marmor, aber sozusagen es kommen dann so Worte wie Statue und dann die Farbe einer Glocke, also Bronze oder sowas. Also das sind ganz, finde ich, sehr spannende Vergleiche, weil es eigentlich diese Frau so auf einen super Sockel stellt. Also eigentlich wird sie beschrieben fast, als wäre sie nicht lebendig, sondern eben wie eine Göttin, Göttin der Schönheit oder so. Und die andere Frau, das ist auch interessant, die auch gleich am Anfang vorkommt, die wird als Zigeunerin bezeichnet und wird eben wirklich auch so beschrieben, wie man sich die Esmeralda von Victor Hugo, im Klöckner von Notre Dame, das war anscheinend einfach so ein Bild der Zeit, wo viele sich damit beschäftigt haben und fasziniert waren. Und die ist aber stumm, die redet nichts. Und nur ihre Familie oder ihre Gruppe, die schreien halt so herum, aber auch in einer Sprache, die man nicht versteht. Also es sind sehr interessante Einführungen. Und dann gibt es noch die dritte. Das ist da ein Mädchen, ein dunkles Mädchen. Und das wird so in so einer Art fast hexenhaften Ambiente beschrieben, wo die Natur im Haus auch schon drinnen ist. Also da sind die Zweige und die Federn im Haus drinnen. Es ist sehr ungeschieden, während ja sonst bei ihm das Haus immer sozusagen so die Befriedung ist und draußen ist dann eben die Natur. Und da vermischt sich das so. Also es sind sehr ungewöhnliche Motive. Das hat mich interessiert. Aber da gibt es auch einen biografischen Hintergrund. Ja, also es gibt die Vermutung, dass es Fürst Pückler Muschau hat, der sehr viel gereist ist, der sehr viel gereist ist, hat auf einen seiner Reisen eine dunkelhäutige Sklavin gekauft und mitgenommen nach Europa und hat sie so in Wiener Salons auch vorgestellt und die war anscheinend auch sehr gebildet und sehr schön. Sie wurde sehr schön, sehr gebildet, sehr fein. Genau, und er hat sie als abessinische Prinzessin vorgestellt. Und dies aber dann bald darauf, mit 16, ist sie dann schon gestorben, weil sie natürlich das Klima nicht ertragen hat und so. Und das ist anscheinend so eine Geschichte gewesen, die halt in Wien in den Kreisen kursiert hat und es könnte eben sein, dass Stifter davon gehört hat und dass er diese Hauptfigur, die dann zur Hauptfigur wird, nach ihr geformt hat. nach ihr geformt hat und die Geschichte geht dann eben so, dass dieses eine wilde Mädchen, das anfangs ja als hässlich beschrieben wird, also hässlich und verschlagen und schlampig und boshaft, also mit den schlimmsten Worten, die man sich vorstellen kann. Und die wird aber dann die Schönste der Schönsten, weil eben der Patriarch sie Schritt für Schritt sozusagen an die Zivilisation oder eben an das Leben, das eben der Patriarch mit seinen Enkeln heranführt. Und so wird sie zur Schönsten. Und es wird aber auch aus dem eigenen privaten Umfeldstifters... What? Einspruch. Okay, okay, gut. Nein, ich wollte jetzt eigentlich auf das private Umfeldstifters kommen, weil da wird ja auch vermutet, wie Stifter eigentlich zu dem gekommen ist. Ja. Und nachdem ja auch in der Erzählung Katzensilber auch so ein braunes Mädchen vorkommt. Ja, also es gibt einen Aufsatz eines Literaturwissenschaftlers Zeitgenossen, der die Familie kannte, vor, der eben den Charakter der Ziehtochter als eben sehr ungebärdig und gefährdet, zügellos und so weiter beschreibt und dieser Literaturwissenschaftler entwickelt dann sozusagen die These, dass das so eine Art Bewältigungsstrategie war, dieses dunkle Mädchen, dass denselben, also dass Jana heißt und die Titochter hieß Juliana, dass das sozusagen eine Bewältigungsstrategie war, dass das sozusagen eine Bewältigungstrategie war, indem er dieses dunkle Mädchen einer anständigen Position zugeführt hat, indem sie dann eben heiratet. In der Wirklichkeit ist es leider böse ausgegangen. Und nur zur zeitlichen Einordnung jetzt, den Waldbrunnen hat Stifter so viel wir wissen 1864 geschrieben. Diese Ziehtochter, nicht aus einer Frau, die Juliane, hat sich 1859 das Leben genommen. Die ist aber zuvor, da war sie 18, die ist aber zuvor schon im Alter von elf Jahren auch einmal abgerissen und war da wochenlang abgängig und es scheint fast so, dass Stifter beide Male mit einer Erzählung darauf reagiert hat, eben mit Katzensilber, 1853 dann in den bunten Steinen veröffentlicht und im Waldbrunnen. Und in beiden Erzählungen ist ja von einem braunen Mädchen die Rede. In der zweiten Erzählung hat sie dann auch diesen Namen Juliana, dieser Ziehtochter. Was ich wirklich bemerkenswert finde, er hat das dann total ins Positive gewendet, weil 1859, wie sich die umgebracht hat, war tief erschüttert und hat sich Vorwürfe gemacht, als Erzieher versagt zu haben. Und in der Erzählung flüchtet er sich wirklich gerade aus der Wirklichkeit hinaus. Einzig in der Literatur, so hat es den Anschein, kann er den Konflikt, mit dem er nicht fertig wurde, mit dem vielleicht auch die Ziehtochter überfordert war, lösen mit pädagogischer Güte, mit Sanftheit und ganz erstaunlich, er konstruiert dann am Ende ein Happy End mit einer Eheschließung und dem Ausblick auf ein ideales Familienleben. Während vorher ja noch, das ist der Großvater, der mit seinen Enkeln dieses Mädchen kennenlernt und der aber selbst, wie wir erst auch schon gehört haben, so Schlimmes erlebt hat und eine Kränkung erlebt hat von den Menschen. Und sein großes Bedürfnis ist, jetzt nicht als Großvater oder als Beamter oder als Patriarch geliebt zu werden, sondern nur für das, was er wirklich ist. Und dieses Mädchen ist die Einzige, die das schafft. Also das ist eine sehr, sehr eigenartige Beziehung, die da aufgebaut wird. Und dann gibt er sie aber seinem Enkel zur Frau. Das ist dann so die stifterische Ideallösung, wie wir sie bei ihm ja oft vorfinden. Aber immerhin, und das muss man sagen, dieser fiktiven Julianer wird mit sehr, sehr viel Verständnis begegnet. Da wird einmal über sie gesagt, ich meine, dass man das Mädchen nicht zwingen soll und ganz ähnlich auch in Katzensilber, wo es über das braune Mädchen heißt, man müsse es so akzeptieren, wie es sei. Und das ist ja für Mitte 19. Jahrhundert ein total moderner Ansatz, eigentlich geradezu eine Absage an die herrschenden Normen der damaligen Pädagogik. Und da kann man schon sagen, Stifte ist einer, der zum Guten erziehen will, der die Menschen wörtlich, wie er da schreibt, veredeln möchte und ihnen gleichzeitig auch ihre Identität belassen möchte. Und gleichzeitig aber auch, wie in der Erzählung Katzensilber, wird über den Kopf des Mädchens hinweg beschlossen, nämlich wörtlich beschlossen, es zu erziehen. Da ist zwar von sanften Fäden der Liebe und Nachsicht die Rede, aber das Glück, das man dem Mädchen zuteil ermöglichen will, das wird ja doch von oben verordnet. Und das wollte ich dich noch fragen, siehst du das als Widerspruch? Kann das funktionieren oder wie resilient muss man sein, um das auszuhalten? Ich frage dich auch deswegen, weil du ja selber zwei Kinder großgezogen hast, natürlich in einer völlig anderen Zeit. Nein, ich möchte auch gar nicht auf meine Kinder eingehen, sondern auf mich selbst, nicht auf meine Kinder eingehen, sondern auf mich selbst, weil natürlich, wir haben gehört, dass Stifter sozusagen diese Ideale der Erziehung und seine Figuren, viele kommen aus dysfunktionalen Familien und ich komme auch eigentlich aus einem familiären Umfeld, wo es wirklich sehr viele Ungeklärte und wo sozusagen sehr viele, sagen wir mal so, aus einem Umfeld, das aus lauter Außenseitern bestand. Und wo das auch wahrgenommen wurde von der Umgebung. Und ich habe da so eine Resilienz entwickelt, dass ich dann irgendwann gemerkt habe, okay, wenn wir halt nicht so sind wie die anderen, dann will ich auch gar nicht. Dann will ich jetzt eigentlich ganz anders sein und will nämlich überhaupt nicht versuchen, dem anzupassen. Und ich glaube, das ist eine Haltung, die ich dort gelernt habe, eben weil ich gesehen habe, wir schaffen es sowieso nie. Also wir können nie so sein. Und auch mein Nachbar und die Nachbarin, sie können auch nie so sein, aus diesen und jenen Gründen. Also es entsteht sozusagen auch aus einer Dysfunktionalität, eine Art Widerstand sozusagen, sich davon nicht fertig machen zu lassen, sondern seinen eigenen Weg zu gehen. Das wollte ich jetzt eigentlich damit sagen. Ja, das ist eine sehr vorbildliche Einstellung und das würde ich jetzt gerne am Ende so stehen lassen. Mir ist leid um diesen zweiten Text. Da wäre so meine Widerstandskämpferin in Venedig gegangen. Aber wenn ich das fertig habe, diesen Text, dann kann ich ihn ja vielleicht mal hier vorstellen. Dann machen wir das mal. Das wäre sehr gerne und ich würde mir natürlich wünschen, dass wir den dann nicht nur hören, sondern irgendwann auch einmal lesen können. Vielleicht wird da mehr daraus. Ja, ja, ja, doch, ist geplant. Gut, ich bedanke mich für dein Kommen. Danke, danke auch. Ich danke dem Publikum und ich darf noch den letzten Abend in unserer Stifterei aktuell zeitlos visionär ankündigen, der wird am 16. November stattfinden mit Bodo Hell und Ihnen wünsche ich noch einen guten Abend. Danke. Applaus Ihnen wünsche ich noch einen guten Abend. Danke.