... Musik... Schönen Nachmittag, Silvana Steinbacher begrüßt Sie herzlich bei Literatur im Dorf. Schönen Nachmittag, Silvana Steinbacher begrüßt Sie herzlich bei Literatur im Dorf. Welches Verhältnis besteht zwischen Literatur und den Naturwissenschaften? Zu dieser Fragestellung forscht Florian Huber an einer Universität in Lüneburg. Ich möchte mich heute mit Florian Huber über dieses Thema unterhalten, aber nicht nur, denn Florian Huber hat auch ein Buch geschrieben über Heimrat Beckers Nachschrift und er hat eine Monografie zusammen mit einer Kollegin veröffentlicht über die Werkstatt Plaschka. Ich freue mich jetzt sehr, dass Florian Huber da ist. Mich würde interessieren, worauf hast du denn deine Forschungen fokussiert? Ich würde denken, ich fokussiere mich vor allen Dingen auf die Beziehung zwischen Wörtern und Dingen. Die Welt ist ja angefüllt mit Dingen, mit Objekten, aber auch mit Phänomenen, die nicht ausschließlich sprachlich verfasst sind. Was mich vor allen Dingen beschäftigt in der Auseinandersetzung mit Literatur, aber auch in der Auseinandersetzung mit Wissenschaften ist, wie nichtsprachliche Phänomene in Sprache übersetzt werden und was im Zuge dessen mit diesen Phänomenen passiert, wie die andere Gestalt annehmen, dadurch, dass über sie erzählt wird, dass über sie geschrieben wird, dass über sie gesprochen wird. Und wie ist da jetzt der Konnex zwischen Literatur und Naturwissenschaften? der Konnex zwischen Literatur und Naturwissenschaften? In den Naturwissenschaften haben wir sehr, sehr viel mit Objekten zu tun, die nicht aus Sprache bestehen. Gleichzeitig leben aber natürlich auch die Naturwissenschaften von einer Praxis der Publikation und des Besprechens von nichtsprachlichen Phänomenen. Und insofern haben wir es immer mit einer solchen Übersetzungsleistung zu tun. Und es geht vielleicht nicht so sehr nur darum, etwas abzubilden, etwas zu beschreiben, wie es tatsächlich ist, sondern in diesem Versuch, etwas zu beschreiben, so wie es erscheint, entsteht eben auch etwas Neues dadurch, dass es sprachlich gestaltet wird, nimmt dieses Phänomen eine andere Form an, wird es auf eine andere Art und Weise bearbeitbar. Gibt es da jetzt eigentlich schon so etwas wie eine Kommunikation zwischen den Naturwissenschaftlern und, ich weiß nicht, Autoren oder auch Germanisten? Ich würde denken, dass es ein Dialog ist, der vor allen Dingen auch seitens der Literatinnen und Literaten geführt wird, weil es auch damit zu tun hat, dass sich mit den Wissenschaften natürlich auch eine große Faszinationsgeschichte und unterschiedlichste Gegenstände verbinden, die dann wieder Eingang finden in die Literatur, als Stoff, als Thema, als etwas, das den Inhalt der Literatur informiert und durchaus auch als etwas, das auch methodische Spuren in der Literatur hinterlässt. Kann man zum Beispiel auch beobachten in den aktuellen Debatten um künstliche Intelligenz, wo auch der Versuch gemacht wird, Verfahren aus den Wissenschaften für die Literatur produktiv zu machen, zu adaptieren. Gleichzeitig ist es aber, glaube ich, schon auch so, dass das, was in der Literatur stattfindet, auch zurückwirkt auf die Arbeit der Wissenschaften, auf die wissenschaftliche Theoriebildung einerseits, andererseits aber auch auf die wissenschaftliche Praxis. Einerseits, wie ich gesagt habe, leben Naturwissenschaften ja auch davon, Praxis. Einerseits, wie ich gesagt habe, leben Naturwissenschaften ja auch davon, ihre Resultate mit anderen Wissenschaftlern zu teilen und sie vielleicht auch darüber hinaus einem größeren Publikum zu vermitteln. Also da kommt auch das Erzählen ins Spiel. Andererseits ist es ja so, dass Wissenschaftlerinnen ja auch mit einer bestimmten Biografie ausgestattet sind. Und diese Biografie ist natürlich auch geprägt von ihren sonstigen Leseerfahrungen, von ihrem Umgang mit Literatur. Und dieser Umgang mit Literatur motiviert wahrscheinlich schon auch in motivischer Hinsicht genauso wie in formaler Hinsicht zu einem anderen Zugang in den Wissenschaften. Einerseits, indem man versucht, seine Erzählungen auf eine bestimmte Art und Weise zu gestalten. Also jetzt in den Naturwissenschaften? In den Naturwissenschaften selbst. Andererseits aber auch, bei Wissenschaft, gerade dort, wo sie sich auch der Entstehung von Neuem verpflichtet fühlt, natürlich auch immer von der Imagination und von der Fiktion bestimmt ist. Von der Suche in etwas Ungefähren und Unbestimmten, etwas, das noch nicht feststeht, das noch nicht bekannt ist. Insofern findet dieses Nachdenken über den Raum des Imaginativen und die Gestaltung des Imaginativen auch Platz in den Wissenschaften und nicht nur in der Literatur. Umgekehrt ist es aber, glaube ich, auch so, dass Literatur ganz spezifische Erkenntnisse produziert, zumindest dort, wo sie nach meinem Verständnis, dass Literatur ganz spezifische Erkenntnisse produziert. Zumindest dort, wo sie nach meinem Verständnis den Namen Literatur verdient. Erkenntnisse, die nicht aufgehen in der Arbeit der Wissenschaften, die aber auch eine Berechtigung haben, wenn es darum geht, etwas über die Welt und ihre Beschaffenheit in Erfahrung zu bringen. Es geht also nicht nur darum, etwas zu reproduzieren oder nachzubilden. Es geht auch darum, etwas Neues zu schaffen. Es ist ja doch auch so, das habe ich beobachtet oder beobachtet man, dass vor allem im künstlerischen Bereich, also jetzt nicht nur in der Literatur, die Natur einen sehr, sehr großen Stellenwert hat momentan. Würdest du das auch darauf zurückführen, dass die Natur ja mehr und mehr gefährdet ist? Ja, aber was sich, glaube ich, mit dieser Gefährdung der Natur auch verbindet, ist die Einsicht, die jetzt tatsächlich auch, glaube ich, in einer breiten gesellschaftlichen Umgebung angekommen ist, dass Natur eben nicht nur etwas Natürliches ist, sondern so wie der Mensch die Natur begreift und versteht und erlebt, ist sie immer auch kulturell gestaltet und überformt. Und insofern ist diese Grenze zwischen Natur und Kultur, zwischen Naturwissenschaften und Kulturwissenschaften, aber eben auch zwischen Natur und Literatur oder Kunst immer schon eine durchlässige, immer schon nicht so klar zu ziehen. immer schon eine durchlässige, immer schon nicht so klar zu ziehen. Also du hast erwähnt, dass auch die Naturwissenschaftler auf der Suche sind, wie sie sozusagen auch erzählen jetzt im Großen und Ganzen. Das heißt, sie interessieren sich ja dann auch für die Art und Weise, wie Literaten Geschichten erzählen. Oder ist das so ganz abwegig, wenn man das so schlussfolgert? Nein, das ist, glaube ich, nicht abwegig. Und das hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass Naturwissenschaftler in der Regel schon sehr genau auch darum wissen, dass das, womit sie arbeiten, Modelle sind, dass es Repräsentationen sind, manchmal bildliche Repräsentationen, manchmal solche, die sich in der Sprache der Mathematik ausdrücken, aber eben auch sprachliche Repräsentationen der Phänomene und nicht in der Natur selbst, sondern es ist eine zugerichtete Form der Natur. Und wie diese Zurichtung beschaffen ist, wie die vonstatten geht, die, denke ich, auch ein notwendiger Prozess ist in dieser wissenschaftlichen Forschung, darüber erzählt glaube ich auch die literatur als die auseinandersetzung mit literatur kann auch dabei helfen sich dieser zurichtungen bewusst zu werden und zu verstehen wie sie funktionieren wie würdest du jetzt deine erkenntnisse definieren oder worauf, also was ist so dein Ziel dieser Forschungsfrage? Ich glaube, das Ziel besteht tatsächlich darin, solche Spezifika der jeweiligen Erkenntnisform herauszuarbeiten. Und das gelingt dabei eben nur dadurch, dass man den Blick nicht nur auf die Literatur oder literarische Texte richtet, sondern eben auch auf die arbeit anderer wissenschaften und damit verbindet sich glaube ich schon auch zumindest wäre das meine erfahrung aus der bisherigen auseinandersetzung mit dieser thematik die einsicht dass es nicht die eine form der wissenschaftlichen erkenntnis oder der literarischen erkenntnis gibt sondern dass sie auch sehr viel mit dem jeweiligen Gegenstand zu tun hat. Dass zum Beispiel die Praxis der Lebenswissenschaften, mit denen ich mich in erster Linie beschäftige, ganz anders beschaffen ist wie die Praxis der Physik oder der Mathematik. Du hast ja auch, also an einem Projekt, an dem du gearbeitet hast, sind die naturkundlichen Modelle der Werkstatt Blaschka. Also das heißt, Ende des 19. Jahrhunderts haben die böhmischen Glaskünstler Leopold und Rudolf Blaschka in Handarbeit tausende sehr naturnahe Glasmodelle von Meerestieren und Pflanzen geschaffen. Und vielleicht bevor wir darüber sprechen, würde ich bitten, dass wir vielleicht einige uns anschauen. würde ich bitten, dass wir vielleicht einige uns anschauen. Also so schauen diese Glasmodelle aus, die ja wirklich also richtig naturnah sozusagen sind. Was hat dich an diesen Glasmodellen fasziniert oder wie bist du auf diese Arbeit eigentlich gekommen? Das verdankt sich eher einem Zufall. Diese Objekte existieren nach wie vor in sehr vielen naturkundlichen Sammlungen auf der ganzen Welt. Und mich daran vor allen Dingen interessiert hat zu Beginn, ist tatsächlich die Frage, was diese Objekte eigentlich zu sehen geben, was sie eigentlich darstellen. Ich denke, die naheliegendste und einfachste Antwort ist ja, dass sie Tiere und Pflanzen zeigen. Ich würde aber denken, dass das in verschiedener Hinsicht zu kurz greift. Das tun sie auch. Aber was sie jeweils zu sehen geben, ist, glaube ich, nicht unabhängig von dem Kontext der jeweiligen Sammlung, in der sie erscheinen. wie im Harvard Natural History Museum, wo es sehr viele andere dieser Glasmodelle und auch die von dir jetzt erwähnten Pflanzenmodelle zu sehen gibt. Da sollte man vielleicht dann doch biografisch was auch sagen. Du bist 1981 geboren, bist in Traun aufgewachsen und wie ist dann weitergegangen? Du hast dann Philosophie studiert oder bist nach Wien gegangen oder wie ist es dann weitergegangen? Genau, also ich habe zuerst einen Zivilersatzdienst gemacht an der Gedenkstätte Theresienstadt, was glaube ich auch sehr viel zu tun hat mit meiner Auseinandersetzung mit dem Schriftsteller Heimrath Becker, die jetzt schon kurz Erwähnung gefunden hat. Und im Anschluss habe ich Philosophie in Wien studiert, habe mich aber im Zuge des Philosophie-Studiums vor allen Dingen auch für Ästhetik interessiert und für diese Frage Grund, dass ich mich dem Thema der Blaschka-Modelle zugewandt habe. Also nicht unwesentlich ist, soviel ich weiß, dass du dir ja auch ein Studium der Biologie hättest vorstellen können. Genau. Und die Entscheidung dann für die Philosophie, hast du aus welchem Grund dann doch getroffen? Ich glaube, weil das Philosophie-Stürmer es tatsächlich auch gestattet hat, mich diesen unterschiedlichen Gegenstandsbereichen anhand einer bestimmten Methodik zuzuwenden. Und das war mir, glaube ich, immer wichtig, nicht so sehr festgelegt zu sein auf einen Gegenstand, sondern vielleicht eher auf eine bestimmte Suchbewegung oder eine bestimmte Methode. Insofern hat das Philosophiestudium für mich auch bedeutet, mich sehr intensiv mit Literatur auseinanderzusetzen und nicht nur mit den Texten der Philosophiegeschichte. Du hast eben Heimrat Becker schon erwähnt und du hast da jetzt, ich glaube, vor kurzem, es ist noch nicht allzu lang, der Schreiber schreibt, ist von dir herausgekommen, das Buch. Also du schreibst im Vorwort, was ich schon sehr interessant finde, den Besuch dieser Veranstaltung verdanke ich einen veränderten Blick auf den Literaturbetrieb. Das heißt, du bist 2000 anlässlich eines Symposiums zu Bäckers Verdiensten im Stifterhaus gegangen und hast ihn dort auch kennengelernt. Aber das ist ja eigentlich eine sehr starke Ansage. Was hat dich da sozusagen, was hat diese Veränderung veranlasst? Naja, ich glaube, was ich damit meine ist, dass ich davor vor allen Dingen Literatur, so wie die meisten Leserinnen und Leser vor allen Dingen über die Lektüre von Büchern kennengelernt habe und durchaus auch über den Besuch von Lesungen. Was frappierend war im Zuge dieser Veranstaltung, die ja auch anlässlich von Beckers, ich glaube, 70. Geburtstag stattgefunden hat oder im Nachgang dieses Geburtstages, dass es nicht nur Lesungen gegeben hat, sondern dass es sehr viele Laudationes gegeben hat im Rahmen dieser Veranstaltung, dass Geschenke überreicht wurden. gemacht hat, dass Literatur eben auch etwas zu tun hat mit der Kommunikation mit anderen Menschen, dass Literatur auch ein Medium ist, um mit anderen in ein Gespräch zu treten. Und dass es vor allen Dingen auch sehr viel um diese soziale Interaktion geht, dass das Schreiben vielleicht nicht nur in der einsamen Tätigkeit am Schreibtisch besteht, sondern sich auch dem Gespräch mit anderen verdankt. Dass das also nicht nur etwas Nachgeordnetes ist, sondern, wie ich fand, bei dieser Veranstaltung deutlich wurde, etwas ist, das auch den Schreibprozess selbst informiert. Dass zum Beispiel die Becker'sche Nachschrift so aussieht, wie sie aussieht, weil Becker gleichzeitig Verleger war, weil er immer im Gespräch mit anderen Autorinnen war, weil vielleicht auch die Ideen, die in die Nachschrift eingeflossen sind, weniger originär sind, als ich das damals angenommen hatte. Und das gilt wahrscheinlich für jede Literatur. Dazu muss man vielleicht sagen, Heimrat Becker ist ja 2003 in Linz verstorben, hat also auch lange hier gelebt und war wirklich auch entscheidend hier für die Stadt. Also in mehrfacher Hinsicht, wie du das ja auch schon angesprochen hast, als Autor und Verleger. Und er hat, was würdest du sagen, war in seiner Nachschrift so das Originäre eigentlich, wie er sich dieser Thematik gewidmet hat? gewidmet hat. Und das Originäre besteht, glaube ich, schon darin, dass die Nachschrift, so wie ich es vorhin für meine eigene Arbeit skizziert habe, auch ein solcher Versuch ist, darüber nachzudenken, was es bedeutet, mit Literatur Erkenntnisse zu produzieren, nicht nur bereits gewonnene Erkenntnisse zu vermitteln und sie nochmal darzustellen, sondern auch darüber nachzudenken, was es bedeutet, wenn man das Schreiben als literarische Erkenntnisform ernst nimmt. Und Becker tut das vor allen Dingen dadurch, dass er Bezug nimmt auf bereits geschriebene Texte, auf schriftliche Zeugnisse der Shoah beschäftigt. Aber ich glaube eben nicht nur mit der Shoah, sondern vor allen Dingen auch mit den unterschiedlichen medialen Formen ihrer Repräsentation nach 1945, aber auch während des noch stattfindenden Geschehnisse und eben auch mit der Frage danach, wie diese Geschehnisse überliefert werden, wie sie erzählt werden, wie die Wissenschaft sie darstellt, wie Zeitzeuginnen über diese Geschehnisse im Nachgang reflektieren, wie wir als Nachgeborene diese Geschehnisse wahrnehmen. Und dementsprechend besteht die Nachschrift auch nicht aus von Becker geschaffenen Texten, sondern sie speist sich vor allen Dingen aus Zitaten, aus anderen Texten, die Becker gelesen hat, die gleichzeitig auch seine eigene Auseinandersetzung mit der Thematik abbilden. Also er verzichtet da auch zum Beispiel auf ein fiktionales Ich, ganz und gar, um eines zu nennen. Ja, es wird nicht Ich gesagt, aber es tritt schon diese Figur des Schreibers auf, die ich auch deshalb ins Zentrum meiner Auseinandersetzung gestellt habe. Deswegen taucht die bei mir im Titel auf. Und das ist, glaube ich, auch eine interessante Bewegung, die sich hier vollzieht. Einerseits rückt hier jemand auch ein in die Geschehnisse der damaligen Zeit, als jemand, der sie selbst erlebt hat, der sie aber nicht nur passiv erlebt hat, sondern als Mitläufer des Nationalsozialismus auch mitgestaltet hat. Becker war im Alter von 16 Jahren Volontär der Linzer Tagespost und hat mehrere propagandistische Artikel im Sinne des NS-Regimes verfasst für die Tagespost. Er war Angehöriger der Hitlerjugend und er hat im Nachhinein, nach 1945, versucht, diese Zeit, diese Mitverantwortung an der nationalsozialistischen Gewalt- und Vernichtungspolitik kritisch zu reflektieren. Und das gibt er, glaube ich, auch in der Nachschrift durch diese Figur des Schreibers zu erkennen. Als jemand, der selbst im Dritten Reich geschrieben hat, der aber eben auch dadurch, dass er vom Ich zur Perspektive des Schreibers wechselt, auch anzeigt, dass er heute mit einer bestimmten Distanz auf diese Geschehnisse blickt. Ohne sich von dieser Verantwortung frei zu machen in seiner Literatur, macht er doch deutlich, dass er inzwischen ein anderer geworden ist und in ein anderes Verhältnis zu diesen Ereignissen, zu seiner eigenen Verantwortung getreten ist. Du hast es in deinem Buch, der Schreiber schreibt, unterziehst du die Nachschrift einer Neubewertung. Und was mir zunächst aufgefallen ist, du teilst dein Buch in fünf Kapiteln, nämlich ganz schlicht in Sprechen, Lesen, Zitieren, Ordnen, Schreiben. Wie bist du an dieses Buch herangegangen? Was war überhaupt für dich die Intention, dieses Buch zu schreiben? Die Intention des Buchs war, glaube ich, schon, dass es zwar eine Auseinandersetzung mit Heimrat Becker gibt und durchaus auch eine intensive Auseinandersetzung, dass aber die Perspektive der Geschichtswissenschaften bislang in dieser Auseinandersetzung eigentlich keinen besonderen Platz beanspruchen konnte. Und mein Versuch zielt tatsächlich darauf, einerseits die Nachschrift als Literatur ernst zu nehmen, andererseits aber auch über die Betrachtung des literarischen Texts Überlegungen anzustellen, wie die Arbeit der Geschichtswissenschaften beschaffen sind und wo vielleicht auch sich Berührungspunkte einstellen zwischen der Arbeit der Literatur und der Arbeit der Geschichtswissenschaften. Und dass dieses Buch eben auch dahingehend einen bestimmten zeitlichenzialismus. Und vor allen Dingen zeigt die Nachschrift eben auch, dass Becker eine bestimmte Auseinandersetzung innerhalb der Geschichtswissenschaften, die Debatte um die angemessene Darstellung der Shoah, sehr genau beobachtet hat und diese Auseinandersetzung der Geschichtswissenschaften auch seiner Literatur ganz wesentlich informiert hat. Das war ja eine Zeit, muss man ja dazu sagen, wo sich Österreich offiziell eigentlich noch nicht so wirklich aus seiner Opferrolle auch befreit hat. Ja. Du bist ja sehr vielseitig, finde ich. Du hast auch als sehr junger Mann den Rimbaud-Preis für junge Literaten bekommen, der schnell wieder eingestellt wurde, warum auch immer. Hat sich das Schreiben bei dir dann weiterentwickelt? Ja, und ich würde aber auch gar nicht für mich sagen, dass dieses wissenschaftliche Schreiben oder das Verfassen von Literaturkritiken tatsächlich für mich so stark unterschieden ist von diesem fiktionalen schreiben also es war ja literarisches schreiben genau als tatsächlich ist dieser fiktionale anteil natürlich etwas was das literarische schreiben unterscheidet von der wissenschaftlichen arbeit ansonsten würde ich doch sagen dass das was mich in der Literatur interessiert hat oder immer noch interessiert, auch Eingang findet in meine wissenschaftliche Arbeit. Also das heißt, du setzt das Schreiben fort, also das literarische Schreiben? Ja. Schon? Ja. Und ich glaube eben auch, um nochmal auf die Frage von vorhin zurückzukommen und auch auf Heimrat Becker, warum mich überhaupt dieses Verhältnis von Literatur und Naturwissenschaften beschäftigt oder von Literatur und den Wissenschaften insgesamt. Das hat auch damit zu tun, dass es, glaube ich, zu wenig ist, wenn man sich für Literatur interessiert, mit Literatur befassen möchte, ausschließlich literarische Texte, ausschließlich Literaturtheorie zu rezipieren. Es liegt, glaube ich, in der Natur der Sache, dass Autorinnen und Autoren sich für eine Vielfalt anderer Themen und Fragestellungen interessieren und dass dieses jeweilige Interesse natürlich auch in irgendeiner Form Eingang findet in ihre Literatur. Also ich glaube, um Literatur adäquat zu beschreiben, um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Literatur zu treiben, ist es auch notwendig, sich für andere Themen, für andere Fragestellungen zu interessieren. Aber du bist ja auch Verlagslektor. Jetzt würde mich natürlich interessieren, welcher Aspekt ist dir bei einem Text wichtig, den du zur Hand nimmst? Also wenn ich so von mir ausgehe als Leserin, also für mich ist ein Text, ein Text interessiert mich dann, wenn ich einen originären Moment finde, wenn ich so das Gefühl habe, dieser Text eröffnet mir in irgendeiner Form neue Räume. Ich weiß nicht, kannst du das teilen oder wie würdest du das für dich definieren? Ich würde dem, glaube ich, zustimmen. Es geht, glaube ich, schon darum, dass ein Text auch den schon vorhandenen Texten oder zumindest den für mich vorhandenen Texten etwas Neues hinzufügt. Worin dieses Neue besteht, weiß man per Definition ja vorab nicht. Insofern möchte ich von einem Text schon auch überrascht werden. Insofern ist es wahrscheinlich auch schwierig, Kriterien für gute Literatur festzuschreiben. Ich würde, glaube ich, eher behaupten wollen, dass es solche Kriterien gibt, dass es notwendig ist, solche Kriterien zu entwickeln, dass diese Kriterien aber immer nur dem jeweiligen Text geschuldet und angemessen sein können und sollen. Es ist, glaube ich, zu wenig zu sagen, weil jetzt auch die Rede war vom Gefühl, auch wenn es bestimmt anders gemeint war, es gefällt mir, es spricht mich an. Das ist, glaube ich, nur der erste Impuls. Das sagt aber sehr wenig über einen Text. Das gilt, glaube ich, für die Arbeit der Wissenschaften genauso wie für ernsthafte literarische Auseinandersetzungen. Es interessiert mich letztlich nicht, ob der Autor gefunden hat, ob die Autorin gefunden hat. Das ist ein interessantes Thema. Das ist ein guter Text. Das muss sich auch in irgendeiner Form vermitteln und mitteilen. Ich glaube, dass das jede Autor wird oder jeder Autor meint, sein Text wäre interessant. Das weiß ich gar nicht. Ich glaube, Literatur lebt ja schon auch, gerade wenn sie es ernst meinen, mit diesem Erkenntnisanspruch, von dem ich vorhin geredet habe, von einem bestimmten Zweifel, auch vom Versuch, auch davon, dass sie nicht immer gelingt. Und vielleicht ist die Literatur, die mich interessiert, auch eher diejenige, die nicht in allen Punkten gelungen ist, die auch ihre Schwächen und ihre Leerstellen kennt. Wobei ich mir vorstelle, nach dem, was du gesagt hast, so dieses Originäre, von dem ich auch gesprochen habe, Es ist ja unglaublich schwierig. Es gibt so unendlich viel neue Literatur jedes Jahr oder jede Saison. Und bei dieser Menge an Literatur, die verfasst wird, immer wieder was Neues oder was Originäres hinzuzufügen, ist enorm schwierig, stelle ich mir vor. Neues oder was Originäres hinzuzufügen, ist enorm schwierig, stelle ich mir vor. Ja, und gleichzeitig ist es, glaube ich, schon so, dass diese Fülle an Neuem auch eine neue Orientierung bietet. Also ich glaube, kaum jemand schreibt, ohne andere Texte zu lesen, ohne andere Texte zur Kenntnis genommen zu haben. Und das tut natürlich auch etwas mit dem Geschriebenen. Das schafft auch neue Möglichkeiten, originell zu sein, sich zu unterscheiden. Weil dieser Horizont, vor dem man schreibt, jeweils ein anderer ist. Auch der verändert sich ja historisch. Sehr viel von dem, was für mich vielleicht wichtige Literatur war, wird nach meiner Beobachtung, wenn ich jetzt in das Lektorat denke, von heutigen Schreibenden nicht mehr unbedingt gelesen, nicht mehr unbedingt zur Hand genommen. Umgekehrt ist es aber so, dass dafür andere Texte hinzukommen oder andere Texte an diese Stelle getreten sind. an diese Stelle getreten sind. Klar, ich glaube auch, dass die Digitalisierung enorm viel verändert hat. Wenn man jetzt die eher jüngere Generation betrachtet, es besteht ja so, dass es die Tendenz ist, eher kürzere Texte zu lesen. Es ist gar nicht mehr so, dass der Atem diese langen Texte, die wir vielleicht noch gelesen haben, und zwischen uns ist auch eine Generation, aber die wir vielleicht gelesen haben, auch noch zu lesen von den ganz Jungen. Also was meinst du, hat sich da auch gewandelt in der Digitalisierung oder wo kann das hingehen? Wo es hingeht, weiß ich nicht. Und ich weiß auch gar nicht, ob sich so viel gewandelt hat. Also ich verstehe diese Beobachtung zu sagen, es wird alles kurzlebiger, die Texte werden kürzer. Aber ich glaube, das ist nur die eine Seite. Nach meiner Beobachtung gibt es umgekehrt ja dadurch auch wieder ein wachsendes Bedürfnis, längere Texte zu produzieren, sich bewusst Zeit zu nehmen, auch längere Texte einer intensiven und genauen Lektüre zu unterziehen. Ich glaube nicht, dass es so einseitig ist. Und ich tue mir auch schwer damit, solche Trends ausfindig zu machen. Ich glaube, das gelingt erst in der Retrospektion. Und ich finde es zunächst einmal auch nicht verwunderlich, dass die Art und Weise, wie Texte entstehen, aber auch wie sie gelesen werden, einem Wandel unterliegt. Das war, glaube ich, immer so. Und das hat ja auch sein Gutes, weil dadurch, glaube ich, schon auch Texte, die uns vermeintlich nichts mehr sagen, neue Bedeutung erlangen können, weil dadurch das Alte auch in neuem Licht erscheint und vielleicht auch etwas anderes Altes, was jetzt lange nicht gelesen wurde, wieder interessant erscheint. Vielleicht ist jetzt auch wieder die Zeit, diese aphoristische Literatur stärker in den Blick zu nehmen und nicht nur die langen und umfänglichen Werke. Das wäre vielleicht so eine Hoffnung, die sich damit auch verbindet mit diesem Wandel. Und das ist vielleicht dann doch etwas, das ich auch kritisch sehen würde, dass diese Kurzlebigkeit es vielleicht auch mit sich bringt, dass die Literatur nicht nur einer Mode unterliegt. Das hat sie, glaube ich, immer getan, dass das aber auch dazu führt, dass die Texte nur eine sehr kurze Halbwertszeit besitzen, dass sie sehr schnell als alt und veraltert angesehen werden, dass wir sehr auf Neuerscheinungen konzentriert sind und sehr wenig Texte betrachten, die schon einige Jahre alt sind. Und da rede ich noch gar nicht davon, mehrere Jahrhunderte in der Literaturgeschichte zurückzugehen. Das betrifft, glaube ich, auch schon die Literatur der 80er und 90er Jahre. Und das hat, glaube ich, nicht nur etwas damit zu tun, dass diese Literatur vielleicht nicht unseren Ansprüchen genügt. Das hat schon auch etwas zu tun mit einer bestimmten Geschichtsvergessenheit, die man beobachten kann. Ich glaube, du hast einmal gesagt, das siehst du auch nicht so ganz negativ. Wo würdest du da den positiven Aspekt sehen? Ich glaube schon, dass Literatur auch die Aufgabe hat, in die gesellschaftliche Debatte einzugreifen. Das heißt eben, wie ich vorhin gesagt habe, nicht nur etwas zu reproduzieren und wiederzugeben, sondern auch etwas gestalten zu wollen. bedeutet eben auch, sich mit neuen Formen der Medialität auseinanderzusetzen, auch sich damit auseinanderzusetzen, dass die Zeit heute anders vergeht, als das vor 100 oder vor 50 oder vor 20 Jahren der Fall war. Und darin besteht, glaube ich, schon auch eine Chance der literarischen Auseinandersetzung. Das ist nicht nur ein Problem, auch wenn es manchmal so erscheinen mag. Du warst ja, da möchte ich auch noch darauf zurückkommen, vor einigen Jahren gab es dieses Großprojekt der Alten Schmiede. Die Alte Schmiede in Wien ist eine Städte für anspruchsvolle künstlerische Veranstaltungen, um es so knapp zusammenzufassen. Und vor einigen Jahren erschien der Band Was ist gute Literatur, dem so ein mehrjähriges Projekt voranging. Und du warst einer der Mitherausgeber dieses Bandes. Interessant ist ja, es waren da acht Paare, also Schriftsteller und Schriftstellerinnen, Literaturkritikerinnen und Kritiker und Verleger. Ich glaube, ohne die weibliche Form war das. Also es waren so 16 Personen, nehme ich an, und es waren wahrscheinlich 16 Antworten, oder? Also ich kann es mir so vorstellen. Ja, wobei ich schon auch glaube, dass das Besondere an diesem Projekt war, dass diese Antworten eben nicht festgefügt waren, sondern dass sie auch aus dieser Korrespondenz erwachsen sind. Dass sie auch entstanden sind im Austausch mit jemand anderem. Und das ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt, wenn man an die Auseinandersetzung mit Literatur denkt. Dass Literatur eben auch, wie ich gesagt habe, versuchen sollte, in die gesellschaftliche Debatte einzugreifen. Das heißt, die Öffentlichkeit zu suchen. Dass Literatur, die sich der Öffentlichkeit entzieht, aber umgekehrt vielleicht wenigstens nach meinem Verständnis auch keine Literatur ist. Es ist zu wenig, für sich selbst zu schreiben, sondern man schreibt natürlich immer für ein Publikum und das betrifft auch den Austausch darüber, was gute Literatur ist. Es bedarf, glaube ich, auch immer einer gesellschaftlichen Ausverhandlung. Es bedarf immer des Gelesenwerdens. Es bedarf immer eines anderen Blicks auf den eigenen Text, der ja spätestens auch dadurch entsteht, dass ich den Text selbst zu Papier bringe und mir dadurch vielleicht etwas anderes klar wird als das, was ich intendiert habe, als ich mit der Niederschrift begonnen habe. Aber es ist, glaube ich, ganz entscheidend, dass Literatur ein solches Forum darstellt, der Auseinandersetzung. Und dahingehend, um nochmal die Frage von vorhin aufzugreifen, bietet, glaube ich, die Digitalität auch eine große Chance. Es ist, glaube ich, eine neue Möglichkeit, diese Öffentlichkeit zu suchen und zu finden, abseits der schon vorhandenen und ja immer noch bewährten Strukturen innerhalb des Literaturbetriebs. Also auch eine Form zu publizieren, ohne Bücher entstehen zu lassen, ohne an gedruckte Texte zu denken und auch eine andere Form über Literatur zu diskutieren. Ich habe einige gelesen und es waren wirklich sehr, sehr interessante. Also das waren immer zwei, die miteinander kommuniziert haben und was waren die sozusagen, die, das ist jetzt schwierig, aber was kam so als Essenz heraus oder kann man da etwas herausfiltern? Gab es sehr viel übereinstimmende Antworten oder war es also sehr entgegengesetzt? Ich glaube nicht, dass es so viel Übereinstimmung gibt. Und ich glaube, dass das auch gut so war und ist und dass es auch gar nicht intendiert war, von dem Veranstalter oder auch von uns nicht, die wir dieses Projekt betreut haben, einen solchen Konsens zu erzielen. Es geht, glaube ich, tatsächlich darum, deswegen war es auch wichtig, das Korrespondenzprojekt zu realisieren, zu zeigen, dass es um ein permanentes Gespräch geht, dass es auch um eine bestimmte Vorläufigkeit geht, wenn man danach fragt, was gute Literatur ist, dass es vielleicht nicht darum geht, verbindliche Kriterien festzuschreiben, sondern dass Literatur, wie wir vorhin gesagt haben, ja ganz entscheidend auch davon lebt, diese Kriterien zu transzendieren, neue Kriterien zu finden. Und vielleicht braucht es genau dafür Kriterien, um überhaupt dieses Neue zu erkennen, um überhaupt zu sehen, was etwas Neues ist, bedarf es natürlich zunächst einmal auch eines bestimmten Rahmens. Ich möchte noch ein bisschen, ja. Um vielleicht noch etwas hinzuzufügen, ich glaube, was sich tatsächlich durch alle Korrespondenzen gezogen hat, und das ist, glaube ich, auch kein Zufall, ist diese Vorstellung, dass man mit Literatur Erfahrungen machen kann. Dass es sich nicht darauf beschränkt, Information zu konsumieren. auch dazu dient, uns zu verändern, indem es uns zum Nachdenken anregt, indem wir aber vielleicht auch nicht nur konfrontiert sind mit neuen Welten, mit neuen Informationen, mit Dingen, die wir noch nicht wissen, sondern ein Stück weit auch Bestätigung erfahren, auch dort, wo wir es vielleicht nicht erwartet haben, dass wir also unsere eigenen Gedanken und Überlegungen auch in Büchern wiederfinden, dass etwas in uns resoniert. Ich möchte noch ein paar, ein bisschen noch verweilen auf deiner Arbeit auch als Verlagslektor und Literaturkritiker. Was meinst du, welche Eigenschaften sollte ein guter Verlagslektor haben? Oder was ist für dich wichtig? Ich glaube, dass Neugier ein ganz wichtiger Zug ist, der Lektoratstätigkeit. Also nicht so festgefahren zu sein, weil wir über Kriterien gesprochen haben, was gute Texte sind, was relevante Themen sind, welche Erwartungen man an Literatur hat, sondern vielleicht auch eine bestimmte Offenheit mitzubringen für andere Zugänge, an die man noch nicht gedacht hat. Und es ist für mich vor allen Dingen auch wichtig, in der Arbeit als Lektor dem jeweiligen Anspruch des Autors, der Autorin gerecht zu werden. Nicht unbedingt dem Anspruch, den ich an die Texte stellen würde. Also nicht auszugehen von meiner Position als Schreibender. Wie verfasse ich meine Texte? Was ist mein Anspruch an das, was ich tue? Sondern schon den Anspruch der anderen ernst zu nehmen in diesem Moment. Und ich glaube, dass gute Texte sich vor allen Dingen auch dadurch auszeichnen, dass sie einen solchen Anspruch formulieren. Dass der auch sichtbar wird für die Leserinnen und Leser. Und das zeigt sich nach meiner Erfahrung auch sehr schnell, wenn man beginnt, ein Manuskript zu lesen. Das zeigt sich meist schon auf den ersten Seiten. Und es ist, glaube ich, auch wichtig, die Qualitäten, die in einem Text vorhanden sind, durch das Lektorat zu akzentuieren, noch besser zur Geltung zu bringen. Es geht vielleicht nicht so sehr darum, alle Fehler zu tilgen, sofern es nicht um sachliche Fehler oder orthografische Fehler geht. Ich glaube, dass ein Text auch dadurch interessant wird, dass er vielleicht nicht in allen Momenten perfekt ist. Aber ich denke mir, als Autor oder Autorin muss man ja eigentlich sehr, muss man es bereichernd eigentlich finden, wenn man diesen kompetenten, objektiven Blick auf den eigenen Text hat. Siehst du das so? Oder empfindest du das so? Ich würde nicht sagen, dass es ein objektiver Blick ist. Ich glaube, es geht auch nicht um einen objektiven Blick. Ich glaube, es verbindet sich mit dem, was ich vorhin gesagt habe. Es kommt vor allen Dingen darauf an, nicht nur zu sagen, warum etwas gut ist oder nicht, sondern auch begründen zu können, warum man es so viel richtig hält oder eben nicht. Und sofern das gewahrt ist, in diesem wechselseitigen Verhältnis ist es, glaube ich, auch eine gute Beziehung, von der beide Seiten profitieren. Also ich lerne dadurch sehr viel, auch für meine eigene Arbeit. Und gleichzeitig ist auch meine Erfahrung, dass die Autorinnen und Autoren sehr glücklich damit sind, dass es jemanden gibt, der sich mit ihrem Text so intensiv auseinandersetzt. auseinandersetzt. Zumal es ja heutzutage auch nicht immer und nicht überall selbstverständlich ist, dass überhaupt ein Lektorat eines Textes stattfindet. Insofern ist es natürlich auch für beide Seiten ein großes Privileg, dass dem Platz gegeben wird, dass das heute nicht mehr selbstverständlich ist. Also ich bemerke schon auch in Literaturkritik, wo du ja auch tätig bist sozusagen, dass Literaturkritik sehr oft auch darin besteht, dass das Buch, um das es geht, einfach irgendwie inhaltlich nacherzählt wird und nicht sehr viel mehr. viel mehr. Worin besteht für dich, also auch wenn du ein Buch zur Hand nimmst und dann dieses Buch als Literaturkritiker dich mit diesem Buch beschäftigst, was ist für dich auch wichtig? Das hat für mich schon auch etwas mit der Form zu tun und nicht nur mit dem Inhalt. Aber ich würde auch denken, dass es zunächst einmal ein Stück weit unabhängig davon ist, dass Bücher doch auch eine bestimmte Atmosphäre evozieren, im besten Fall. Dass sich auch ein bestimmter Rhythmus, bestimmter Duktus vermittelt über die Lektüre. Dass es eben nicht so sehr darauf ankommt, was man sagt, sondern auch, wie es gesagt wird. Und dieses, wie es gesagt wird, ist natürlich dann, wiederum würde ich schon denken, im besten Fall, nicht unabhängig davon, von welchem Gegenstand, von welchem Thema, von welcher Erfahrung hier die Rede ist. Und im besten Fall ist es schon so, dass ich auch von einem Text irritiert werde. Nicht unbedingt vor den Kopf gestoßen, obwohl das auch vorkommt. Mich interessieren, glaube ich, vor allen Dingen auch Texte, die zunächst einmal ein bestimmtes Missverstehen oder Unverständnis bei mir auslösen. Texte, die ich mir nicht ganz erklären kann, die nicht so handhabbar auf den ersten Blick erscheinen, die etwas zu denken geben, die vielleicht auch eine Arbeit, eine Auseinanders wo ich denke, so kann man das nicht machen, das überzeugt mich jetzt nicht. Und gleichzeitig ist dann aber doch im besten Fall auch ein ernsthaftes Anliegen erkennbar, wo ich auch verstehen möchte, warum dieser Text jetzt so gearbeitet ist, obwohl ich auf den ersten Blick denke, dass man es so nicht sagen kann, nicht sagen sollte. Und das würdest du dann hervorheben als Literaturkritiker? Oder ich weiß nicht, schreibst du dafür Zeitungen in erster Linie? Ja, das ist, glaube ich, schon noch etwas, das die literaturkritische Arbeit informiert. Aber ich würde auch sagen umgekehrt, dass das auch ein Grund ist für mich, andere Kritiken zu lesen und auch Bücher zu lesen, die mich auf den ersten Blick nicht interessieren. Vor allen Dingen auch Bücher, die positiv oder besonders negativ besprochen werden, um zu verstehen, wie jemand anderer zu diesem Urteil gelangt ist. Und manchmal ist es auch so, dass sich mir das wenigstens auf den ersten Blick nicht erschließt, warum ein Buch so besonders bemerkenswert sein soll oder so besonders missraten. Und das ist aber, glaube ich, auch etwas, das meine Leseanstrengung provoziert. Etwas, das mich auch zur Auseinandersetzung reizt. Vielseitiger siehst du dich jetzt eigentlich oder ist das so die Intention jetzt in deinem weiteren Leben, dass du dich auf ein Gebiet doch beschränkst oder bist du sehr zufrieden mit dieser Vielseitigkeit? meiner Arbeitsweise entgegenkommt. Dass das, was mich interessiert, glaube ich, nicht so sehr einem bestimmten Gegenstand verpflichtet ist, sondern doch eher einer bestimmten Haltung gegenüber diesen unterschiedlichen Themen und Dingen. Insofern empfand ich das immer als sehr befruchtend und bereichernd, mich auch für andere Themen, auch für andere Disziplinen zu interessieren und das auch sukzessive zu erweitern. Also es ist, glaube ich, eher umgekehrt sind, für die ich mich interessiere, von denen ich mir vorstellen kann, damit Zeit zu verbringen und daran zu arbeiten. Also jetzt etwas überspitzt formuliert, könnte man sich auch vorstellen, dass du dich in den nächsten, ich weiß nicht, fünf Jahren mit deinem Blick natürlich, ich weiß nicht, für Politik oder für Geschichte oder was ich oder Soziologie auch interessieren könnte. Das wäre jedenfalls denkbar. Und ich glaube, die Frage ist auch immer, vor welchem Hintergrund man das tut. Weil ich würde natürlich nicht sagen, wenn ich jetzt beginne, mich für Soziologie zu interessieren, dass das, was ich tue, der Arbeit eines Soziologen, einer Soziologin vergleichbar ist. Aber ich glaube, dass mit diesem Blickwinkel eben auch eine besondere Perspektive verbunden ist und die unter Umständen auch bereichernd und interessant sein kann. Gerade weil sie eben von außen kommt, gerade weil sie eben von einem anderen Hintergrund entwickelt wird, als die klassische soziologische Perspektive, würde ich aber nicht sagen, dass das in einem aufgeht oder dass es nicht wichtig ist, auch eine disziplinäre Verortung zu haben. Da stellt sich jetzt mir schon auch die Frage, gibt es Gebiete, die dich gar nicht interessieren? die Frage, gibt es Gebiete, die dich gar nicht interessieren? Eigentlich nicht. Also ich glaube nicht, dass es an ein Gebiet gebunden ist. Ich glaube, es hängt doch auch immer sehr stark davon ab. Es ist ja viel. Womit man das konkret zu tun hat. Ich würde zum Beispiel auch nicht sagen, so pauschal, dass ich mich für Literatur interessiere. Es gibt, glaube ich, erstaunlich viel Literatur. Ich will sie jetzt nicht nennen, für die ich mich nicht interessiere und auch nicht interessieren kann. Insofern ist das, glaube ich, auch ein bisschen schwierig zu sagen. Ich interessiere mich für Literatur, ich interessiere mich für Philosophie. Also du würdest nicht sagen, dass du dich für Literatur interessierst. Das ist aber erstaunlich. Doch, aber ich glaube eben nicht in seiner ganzen Breite, die das Feld vielleicht auch mit sich bringt, der Literatur. Und ich glaube, es ist auch vielleicht etwas, das mir besonders wichtig ist, auch um diese Begrenztheit zu wissen und die ernst zu nehmen und auch deshalb vielleicht diese literarische Perspektive mit anderen Perspektiven ergänzen zu wollen. diese literarische Perspektive mit anderen Perspektiven ergänzen zu wollen. Aber jetzt, wenn wir die momentane Situation betrachten, also das Projekt Plaschka, das ist abgeschlossen, du hast dieses Buch geschrieben, du forschst jetzt noch weiterhin an diesem Verhältnis zwischen Literatur und Naturwissenschaften und was sind so die Projekte, die in Zukunft liegen oder sind die noch nicht so definiert? Geschichte der Nachkriegs-Avantgarden. Und es ist mir aber eben auch in diesem Zusammenhang besonders wichtig, darin nicht nur ein literarisches oder künstlerisches Phänomen zu sehen, sondern tatsächlich auch zu versuchen, diesen Raum des Sozialen vielleicht auch nochmal neu zu erzählen, neu zu erkunden, der sich damit verbindet. Auch die Berufsbiografien der Autorinnen und Autoren dieser Generation nochmals in den Blick zu nehmen. Wir haben ja kurz über Heimrat Becker gesprochen, aber ich glaube, was sich aus heutiger Sicht ja vielleicht auch nicht mehr von selbst versteht, ist, dass viele der Schreibenden, für die ich mich interessiere, ja auch einen Brotberuf hatten, dass sie nicht ausschließlich Literatur produziert haben und dass dieses andere Engagement, diese andere Arbeit, sehr häufig ist es auch eine Arbeit im Sozial- oder Bildungsbereich gewesen, auch ihre Literatur geprägt hat. Und vielleicht auch umgekehrt, diese Auseinandersetzung mit der Kunst auch ihre Spuren hinterlassen hat in der Sozialarbeit, in der Architekturtheorie der 60er und 70er Jahre, um zwei Beispiele zu nennen, oder in der Ökologiebewegung dieser Jahre. Und das ist, glaube ich, ein Verhältnis, das mich sehr interessiert. Und vielleicht auch nochmal ein Versuch, über diese Fragestellungen nicht nur bezogen auf konkrete Gegenstände, sondern auch bezogen auf konkrete Orte nachzudenken. So wie ich vorhin gesagt habe, dass das, was die Blaschka-Modelle zu sehen geben, vielleicht nicht unabhängig ist vom Ort der Sammlung, ist es, glaube ich, auch mit der Literatur so, dass sie nicht nur einen zeitlichen Index hat, sondern dass sie auf eine bestimmte Art auch sehr ortsgebunden erscheinen kann. Und dass dieses Ortsgebundene vielleicht genauso interessant ist wie der universelle Anspruch der sich mit literatur oder mit kunst ganz allgemein verbindet also das wäre jetzt so ein projekt dass das schon sehr sehr greifbar ist oder oder wo du wo du schon einen einen auftrag hast zum beispiel ja das am projekt für das ich auf jeden Fall schon Material sammle. Und ich möchte auch beginnen, daraus in den nächsten zwei Jahren vielleicht ein Buch zu machen. Also Material ist genug vorhanden, aber es muss natürlich auch noch gestaltet werden. Ja, dann bedanke ich mich ganz herzlich bei dir fürs Kommen. Und wünsche dir da alles Gute. Und zu Gast war heute Florian Huber. Wir haben über sehr vielesschrift, das Buch, das er geschrieben hat und über seine Beschäftigung mit der Werkstatt Plaschka. Silvana Steinbacher wünscht Ihnen noch einen angenehmen Nachmittag. Machen Sie es auf jeden Fall gut. you