Vielen Dank. Herzlich willkommen zum heutigen Veranstaltungs- und Vortragsabend zum Thema inklusive Citizenship, Staatsbürgerschaft und Wahlrecht neu gedacht. Dieser Abend wird organisiert von der Initiative DEM21, die oberösterreichische Initiative für mehr Demokratie, in Kooperation mit dem Wissensturm der VHS Linz. Da darf ich mich schon mal ganz besonders bei der Katja Fischer bedanken für die Kooperation und auch bei DorfTV, die diese Veranstaltung heute auch aufzeichnen werden. Und ich darf auch eine Vertretung aus der Politik begrüßen, Erich Wahl, SPÖ-Landtagsabgeordneter. Vielen Dank, herzlich willkommen. Diese Veranstaltung können wir durchführen dank der finanziellen Unterstützung der österreichischen Gesellschaft für politische Bildung. Ja, und ich darf auch ganz herzlich begrüßen unseren Vortragenden heute, Rainer Bauböck. Herzlich willkommen. Und die Moderation Martin Wassermeyer von DorfTV. Herzlich willkommen. Und die Moderation Martin Wassermeyer von DorfTV. Herzlich willkommen. Ja, ich möchte mich hier gar nicht lange aufhalten und die Bühne auch gleich freigeben. Wir werden jetzt einen Vortrag hören von Rainer Baubeck. Danach gibt es ein Interview mit Martin Wassermeyer. Und es wird auch die Möglichkeit geben, nachher noch in die Diskussion mit einzusteigen oder auch Fragen zu stellen. Ja, ganz kurz zu Rainer Bauberg. Er ist Co-Direktor des Global Citizenship Observatory am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und Obmann der Kommission für Migrations- und Integrationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seine Forschungsinteressen umfassen normative politische Theorie, demokratische Staatsbürgerschaft, Unionsbürgerschaft, Migration, Nationalismus und Minderheitenrechte. Im hinteren Bereich haben wir auch einige Bücher, unter anderem auch von und mit Rainer Bauböck, die Sie hier gerne auch käuflich erwerben können. Ja, das war es auch schon von meiner Seite. Ich übergebe jetzt das Mikrofon an Rainer Bauböck für seinen Vortrag. Vielen Dank. Ja, vielen herzlichen Dank für die Einladung, auch einmal in Linz zu diesem Thema zu referieren. Danke an den Wissensturm, danke an Migrare, danke an Demokratie21, an DorfTV. Ich freue mich sehr, dass diese Veranstaltung auch übertragen wird und aufgezeichnet wird und hoffe, dass das Thema damit ein breiteres Publikum erreicht. Ich beginne mit einem Bild, das Ihnen vielleicht bekannt vorkommt. Das ist der österreichische Verfassungsgerichtshof, die Richter und Richterinnen. Und was Sie hier sehen ist, in diesem Halbkreis, gibt es hinten auch Schriften. Ich weiß nicht, ob Sie das entziffern können, aber hier steht links eine Tafel, Österreich ist eine demokratische Republik und rechts steht, Ihr Recht geht vom Volk aus. Ich mache jetzt kein Quiz, aber Sie wissen möglicherweise, das ist der Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes. Das ist sozusagen das Wichtigste, was in der Verfassung drinnen steht und da wird etwas behauptet. Das Recht geht vom Volk aus. und da wird etwas behauptet. Das Recht geht vom Volk aus. Und dazu hat dieses Verfassungsgericht auch einige Entscheidungen treffen müssen, weil es stellt sich ja die Frage, was ist dieses Volk und wer gehört zu diesem Volk dazu? Und das ist das Thema, um das es heute gehen soll. Wie bestimmt man, wer Teil dieses Volkes ist, von dem das Recht ausgeht? Also, wenn man das etwas genauer ausbuchstabiert, dann siehtagt, dass er bei Wahlen in Österreich nicht wahlberechtigt ist. hat er das Recht zu wählen und der Verfassungsgerichtshof hat ihm Recht gegeben und gesagt, nirgendwo in der Bundesverfassung steht, dass das Wahlrecht nur von denen ausgeübt werden kann, die sich in Österreich befinden oder dort einen Wohnsitz haben und hat es ausgeweitet auf die Auslandsösterreicher und Auslandsösterreicherinnen. In einer zweiten Entscheidung Anfang der 2000er Jahre, 2004, hat das Verfassungsgerichtshof aber die Grenzen dieses Volkes, das da berechtigt ist, das Recht zu bestimmen in Österreich, wieder enger gezogen. ein Gesetz verabschiedet hatte durch das Drittstaatsangehörige. Also Sie wissen, das sind die Nicht-EU-Bürgerinnen, wahlberechtigt geworden werden, allerdings nur auf der Ebene der Bezirksvertretungen. In Wien und auch in Graz gibt es gewählte Bezirksvertretungen und da ging es um die Frage, ist das nicht etwas, was in Wien selbst entschieden werden kann, aufgrund der Landesverfassung, oder ist das eine Frage der Bundesverfassung? Und das hat die ÖVP beeinsprucht und ist zum Verfassungsgerichtshof gegangen. Und dann hat die ÖVP Recht bekommen. Und das Verfassungsgericht hat gesagt, Drittstaatsangehörige dürfen bei keinen allgemeinen Wahlen in Österreich das Stimmrecht haben. dürfen bei keinen allgemeinen Wahlen in Österreich das Stimmrecht haben. Jetzt ist die Frage, was steckt da dahinter, was für eine Auffassung vom Volk, die sozusagen in der österreichischen Verfassung verankert wird und vom Gericht interpretiert wird. Noch einmal, ganz entscheidend, was heißt, das Recht geht vom Volk aus? Das heißt nicht, dass wir alle, die wir zum österreichischen Volk gehören, jetzt irgendwie Rechte schreiben können und dass die dann irgendeine Geltung haben, sondern das heißt im Prinzip, dass die Organe der Gesetzgebung, das heißt das Parlament, der Nationalrat und der Bundesrat, durch das Volk ermächtigt werden, Gesetze zu machen und wie werden sie ermächtigt? Durch allgemeine Wahlen. Das heißt, damit ist schon dieser Zusammenhang hergestellt, wer wahlberechtigt ist, das ist eine mögliche Definition, der oder die gehört zum österreichischen Volk. Zweitens hat dann das Verfassungsgericht eben in dieser Entscheidung 1989 gesagt, das Volk besteht aus der Gesamtheit der Staatsbürger und Staatsbürgerinnen. Alle, die diesen Status haben, gehören dazu. Und sie dürfen wählen, wenn sie das wahlfähige Alter erreicht haben, das in Österreich dann einmal gesenkt worden ist von 18 auf 16 Jahre. Allerdings gleichzeitig, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, der gehört auch nicht zu diesem Volk, wie es die Verfassung und das Verfassungsgericht definiert. Das sind Einwohner, aber das sind nicht Teile des österreichischen Volkes. Ich habe schon erwähnt, nicht alle Staatsbürger und Staatsbürgerinnen sind wahlberechtigt, also die unter 16 nicht. Insofern ist das noch einmal eine Einschränkung. Aber ganz wichtig, der Verfassungsgerichtshof hat auch gesagt in dieser Entscheidung, wo es um das Wiener Wahlrecht gegangen ist, das Volk muss immer dasselbe sein. Auf der Bundesebene, auf der Landesebene, also wenn es Landtagswahlen gibt, auf der Gemeindeebene, die Bund und Land und Gemeinde sind ja in der Bundesverfassung geregelt, aber sogar auf der Bezirksebene in Wien, die überhaupt nicht in der Verfassung geregelt ist, weil das eine allgemeine Wahl ist zu einer Vertretungskörperschaft im Bezirk. Deswegen können Drittstaatsangehörige nicht beteiligt sein. Und schließlich muss auch das Verfassungsgericht eine Ausnahme anerkennen. Die EU-Bürger und Bürgerinnen sind nämlich wahlberechtigt auf der kommunalen Ebene. Interessanterweise in Wien aber nicht. Warum? Weil Wien nicht nur eine Gemeinde ist, sondern auch ein Land. Und bei Landtagswahlen sind sie eben nicht wahlberechtigt. So weit, so kompliziert. Landtagswahlen sind sie eben nicht wahlberechtigt. So weit, so kompliziert. Worum es heute gehen soll, das sind nicht diese juristischen Details, sondern was das für Folgen hat, wenn man das Volk so definiert. Und die Folge ist, dass es in Österreich, weil es eine sehr, sehr starke Einwanderung gibt, Österreich ist eines der wichtigsten Einwanderungsländer in Europa. Und weil der Zugang zur Staatsbürgerschaft sehr restriktiv geregelt ist, einen massiven Ausschluss vom Wahlrecht gibt. Ein großer Teil der Wohnbevölkerung wird vom Wahlrecht ausgeschlossen. Ich habe mir da eine Karte rauskopiert, die im Standard erschienen ist, anlässlich der letzten Nationalratswahlen. Und da sehen Sie dann dunkle eingefärbt die Bezirke, wo über 30 Prozent der Bevölkerung vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Also das ist ein wirkliches Problem. Es gibt Staaten, die haben restriktive Staatsbürgerschaft, aber wenig Einwanderung. Es gibt Staaten, die haben viel Einwanderung, aber leichten Zugang zur Staatsbürgerschaft und zum Wahlrecht. Österreich hat beides, restriktive Staatsbürgerschaft und massive Einwanderung. Und daher ein gewaltiges Problem, was den Ausschluss vom Wahlrecht betrifft. Um das in Zahlen kurz darzustellen. betrifft. Um das in Zahlen kurz darzustellen, es gibt in der Zwischenzeit ja bei fast jeder Wahl in den Medien Debatten über dieses Demokratiedefizit, aber es wird eben nicht beseitigt und es wächst ständig. Aus demografischen Gründen auch wird das immer größer. Bei den letzten Wahlen waren 6,4 Millionen Staatsbürgerinnen wahlberechtigt, etwas weniger als bei der vorigen Wahl im Jahr 2016, obwohl die Wohnbevölkerung gewachsen ist, in der Zwischenzeit auf 9 Millionen. Unter 1,4 Millionen Menschen über 16 Jahren, das heißt, die alt genug wären, um wählen zu können, sind in Österreich von allen Wahlen ausgeschlossen. Das sind circa 18 Prozent im Bundesdurchschnitt. Das ist auch im internationalen Vergleich ein extrem hoher Wert. Jetzt kann man sagen, was ist das Problem? Warum ist das so wichtig? Und das möchte ich hier in vier Punkten kurz zusammenfassen. Erstens, und das ist offensichtlich, die Menschen, die da ausgeschlossen werden, die haben das, was man so ein bisschen schönfärberisch in Österreich Migrationshintergrund nennt oder Migrationsgeschichte nennt, überwiegend. Sie selbst oder ihre Eltern sind aus anderen Staaten gekommen und haben eben nicht die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen. Und diese Menschengruppen haben ja bestimmte Interessen, die jetzt nicht nur betreffen ihren Status als Ausländer und Ausländerinnen, sondern auch Interessen als Menschen in bestimmten Berufen konzentriert sind, in bestimmten Wohnbezirken konzentriert sind. Berufen konzentriert sind, in bestimmten Wohnbezirken konzentriert sind. Und diese Interessen werden einfach schlicht viel weniger berücksichtigt als die Interessen anderer Teile der diese Möglichkeit besteht für die Ausgeschlossenen nicht. Zweitens gibt es auch so etwas wie Anreize, die Politik auf der anderen Seite zu betonen, nämlich die migrations- oder ausländerfeindliche Politik. Dort sind mehr Stimmen zu holen. Die Menschen, die gegen Migration eingestellt sind und die Staatsbürgerschaft besitzen, sind ein wesentlich schlagkräftigeres Wählerpotenzial, sogar wenn sie weniger Menschen umfassen als die Menschen mit Migrationshintergrund und da geht es um das Wahlrecht. Drittens, und das ist jetzt interessant, es geht nicht nur um die Interessen der Migranten und Migrantinnen, sondern auch um die Interessen der gesamten Bevölkerung, weil eben die Migrationsbevölkerung andere charakteristische Merkmale hat. Sie sind überwiegend jünger, sie sind einkommensschwächer und sie sind überwiegend in den Städten konzentriert, so wie Linz, Wien, Graz und so weiter. Und das bedeutet, dass in der Zusammensetzung des Nationalrats oder auch der Landtage dann diese strukturellen Interessen nicht repräsentiert werden und abgebildet werden. Um Ihnen das an einem plastischen Beispiel zu erläutern. das an einem plastischen Beispiel zu erläutern. Wien hat mehr Einwohner als das Land Niederösterreich, hat aber, glaube ich, vier oder fünf Mandate weniger im Nationalrat als das Land Niederösterreich. Also Sitze, die dem Bundesland zugeordnet sind. Also da kommt es zu einer Verzerrung, einer Überrepräsentation der ländlichen Bevölkerung gegenüber der städtischen Bevölkerung. Und schließlich, und das ist das Wichtigste, es entsteht sowas wie ein allgemeiner Legitimitätsverlust. Also wenn Menschen, die dauerhaft den Gesetzen unterworfen sind, von Wahlen zur Gesetzgebung ausgeschlossen sind, dann geht das Recht eben nicht mehr von der Bevölkerung aus, die die Gesetze befolgen muss, sondern von einem Volk, das irgendwie merkwürdig exklusiv definiert wird. Und das ist sehr, sehr schwer zu rechtfertigen. Soweit zur Einleitung und jetzt möchte ich Ihnen ein kleines Gedankenexperiment anbieten und die Frage stellen, wie sollten denn Demokratien auf Migration reagieren? Wer hat denn einen Anspruch, dazu zu gehören und wer nicht? Und da möchte ich zunächst einmal ganz neutral darstellen, was sind die verschiedenen Optionen? Was stellen Sie sich für Herausforderungen für Demokratie durch Migration? Stellen Sie sich zunächst einmal vor, ein Land, das so irgendwie ist wie eine Insel. Österreich ist ja bekanntlich einmal von einem Papst als Insel der Seligen bezeichnet worden. Stellen Sie sich vor, Österreich wäre eine Insel und es gäbe keine Migration. Überhaupt keine. Was dann wäre, ist, es gibt eine Wohnbevölkerung und die Wohnbevölkerung ist identisch mit den Staatsangehörigen. Und die Staatsangehörigen wohnen alle im Bundesgebiet. Und von diesen wohnhaften Staatsangehörigen haben zumindest jene, die älter als 16 Jahre sind, das Wahlrecht. So schaut dann kein Demokratiedefizit, weil es keine Migration gibt. Und weil die Frage der Staatsbürgerschaft sich gar nicht stellt, weil die haben sie alle per Geburt und müssen sich nicht einbürgern lassen. Jetzt bringen wir mal die Migration in diese geschlossene Gesellschaft hinein. Was passiert durch Migration? Sie haben zunächst einmal eine, es kommt jemand zur Wohnbevölkerung dazu. Das sind jetzt nicht Staatsangehörige, sondern Menschen, die von außen kommen und sich hier niederlassen, ihren Lebensmittelpunkt haben, aber noch nicht Staatsangehörige, sondern Menschen, die von außen kommen und sich hier niederlassen, ihren Lebensmittelpunkt haben, aber noch nicht Staatsangehörige sind. Zweitens, durch Migration entsteht ja auch Auswanderung. Es wandern Leute ab, die gehen weg. Das heißt, es gibt dann Staatsangehörige, die nicht mehr im Inland sind, sondern im Ausland sind. Und die Demokratiefrage ist jetzt, in dieser Konstellation, wer hat einen Anspruch darauf, in der Demokratie repräsentiert zu sein und das Wahlrecht zu haben? Eine Möglichkeit ist, man ignoriert Migration, wie das Österreich sozusagen bis 1990 gemacht hat, bis zu diesem Urteil des Verfassungsgerichtshofs und sagt, wahlberechtigt sind die wohnhaften Staatsangehörigen. Weder die Österreicherinnen im Ausland noch die Nicht-Österreicherinnen im Inland haben das Wahlrecht. Das wäre sozusagen eine traditionelle und exklusive Lösung. Die zweite Möglichkeit wäre zu sagen, und das gilt in Österreich eben ab 1990, das Wahlrecht ist an die Staatsbürgerschaft gekoppelt. Die Staatsbürgerschaft nehmen die Leute mit, wenn sie ins Ausland gehen. Sie verlieren sie ja nicht dadurch. Das heißt, es sind alle Wahlberechtigte, die Staatsbürgerschaft haben, egal wo sie wohnen. Das ist sozusagen eine transnationale Form der Definition des Wahlvolks. Es ist grenzüberschreitend. Es hat nichts mehr zu tun mit dem Territorium im strikten Sinn. Dann gibt es die Möglichkeit zu sagen, das Wahlvolk eigentlich sollte aus demokratischen Prinzipien, sollten alle Wahlrechte haben, deren Interessen betroffen sind von der Gesetzgebung. Und das kann man ja behaupten, sowohl für die, offensichtlich für die, die sich im Inland niederlassen, aber vielleicht auch für die, die ins Ausland gegangen sind und die eine Biografie haben, die sie mit dem Herkunftsland verbindet und die daher auch wählen wollen. die sie mit dem Herkunftsland verbindet und die daher auch wählen wollen. Also das wäre dann diese Lösung hier. Das wäre sozusagen ein doppelter Einschluss aller betroffenen Interessen, wenn Sie so wollen. Und schließlich gibt es auch eine andere Meinung und die sagt, eigentlich sollten nur diejenigen wählen dürfen, die den Gesetzen direkt und dauerhaft unterworfen sind. Und das gilt ja für die Österreicherinnen im Ausland. Und selbst wenn sie NASA-Raketenforscher sind, eigentlich nicht mehr. Die meisten Gesetze betreffen sie nicht. Daher sollten eigentlich alle, aber nur die, die im Inland dauerhaft leben, wahlberechtigt sein. Das wäre sozusagen eine postnationale Form des Wahlvolks, in der man Abschied nimmt von dieser Vorstellung der geschlossenen Nation, aber das auch nicht erweitert über die Grenzen hinaus, sondern sich auf das Territorium bezieht. Das Interessante ist, wir haben dazu auch ein bisschen empirisch geforscht in Florenz und was wir herausgefunden haben, keines dieser Modelle erklärt uns, was wir wirklich weltweit finden. Wir haben sozusagen Wahlrechte von Nichtstaatsbürgern und Ausgewanderten weltweit untersucht. Und was wir finden, es gibt einen interessanten Unterschied, der jetzt zusammenhängt mit der Ebene der Wahlen, zwischen nationalen Wahlen und kommunalen Wahlen, also Gemeinderatswahlen. Auf der nationalen Ebene finden wir weltweit einen sehr starken Trend, dass Menschen, die die Staatsbürgerschaft haben, aber im Ausland einen Wohnsitz haben, wahlberechtigt sind bei nationalen Wahlen, nicht bei anderen. Und auf kommunaler Ebene finden wir einen etwas schwächeren Trend, dass die Staatsbürgerschaft sozusagen postnational und das Wahlrecht entkoppelt wird. Das heißt, dass auch die Drittstaatsangehörigen oder die Nichtstaatsangehörigen Wahlrechte haben. Das ist in ganz Europa der Fall für die Unionsbürgerinnen, habe ich schon erwähnt. Aber es gibt in Europa alleine 14 Staaten, in denen bei Gemeinderatswahlen das Wahlrecht ganz von der Staatsbürgerschaft abgekoppelt ist. Da kommt es nur auf den Wohnsitz an. Völlig egal, aus welchem Land der kommt und welche Staatsbürgerschaft sie haben. Das sind jetzt nur ganz kurz zwei Weltkarten, wo Sie jetzt sehen, wie das ungefähr ausschaut von der Verteilung her. Also wir haben da noch einmal unterschieden, wer darf wählen und wer darf gewählt werden. Stimmrechte und Kandidaturrechte. Und was wir sehen bei den nationalen Parlamentswahlen 2020, alle grün eingefärbten Länder haben das Wahlrecht für die Auslandsbürgerinnen und die rechtsgrün eingefärbten, bei das Wahlrecht für die Auslandsbürgerinnen und die rechtsgrün eingefärbten, bei denen kann man auch kandidieren, wenn man einen Wortsitz im Ausland hat. Das ist also ein wirklich starker Trend. Schwächer ist der Trend bei den Gemeinderatswahlen. Das schaut so aus, dass in Europa sehr, sehr viele, also praktisch alle EU-Staaten, aber auch die Schweiz, auch Norwegen, auch Island, solche kommunalen Wahlrechte haben, wo es nicht auf die Staatsbürgerschaft ankommt. Und wir finden sehr viele Beispiele in Südamerika. Sogar die USA, was sehr wenige wissen, haben in einigen Bundesstaaten solche kommunalen Wahlrechte für nicht-amerikanische Staatsbürgerinnen. Das war der erste Teil. Da wollte ich Ihnen vorstellen, wie es ausschaut mit dem Wahlrecht. Jetzt die Schlussfolgerung für Österreich ist, Verfassungsgericht hat blockiert den Weg, die Wahlrechte zu erweitern über die Möglichkeit, den Drittstaatsangehörigen auch die Wahlrechte zugänglich zu machen. Die lesen die österreichische Bundesverfassung so, dass das schlicht und einfach nicht möglich ist. Was ist die Alternative dazu? Die Alternative ist, man bekommt das Wahlrecht über die Staatsbürgerschaft. Mehr ist es, in Österreich die Staatsbürgerschaft zu bekommen und damit zu diesem österreichischen Volk dazuzugehören, von dem das Recht laut Bundesverfassung ausgeht. Und wie ich da überlegt habe, was fällt mir da für ein Bild ein, dass das irgendwie darstellt, habe ich mir gedacht, ein Hürdenlauf. Das ist vielleicht das beste Beispiel, wo man noch dazu durchs Wasser laufen muss und sehr, sehr viele Hürden aufgebaut sind. Und nicht alle sind Athleten, die das schaffen. Es gibt im österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz für die Einbürgerung zumindest fünf solcher Hürden und die sind alle sehr, sehr hoch. Und wer an einer Hürde scheitert, ist sozusagen aus dem Rennen. Die erste Hürde ist Aufenthaltsdauer für gewöhnliche Einbürgerung zehn Jahre, für manche anderen Fälle nach sechs Jahren bei besonderer Integration oder wenn man in Österreich geboren ist oder für EU-Bürger und Bürgerinnen. Aber die Aufenthaltsdauer muss ununterbrochen sein, wenn man zwischendurch einmal irgendwelche Zeiten hat, wo man keinen Aufenthaltstitel hat, dann wird die Uhr zurückgestellt auf null. Menschen, die zum Beispiel in Herkunftsländer zurückkehren müssen, um sich um Angehörige zu kümmern, die pflegebedürftig sind, die fallen raus aus dem System, weil sie zu viele Unterbrechungen haben und die Aufenthaltskriterien nicht erfüllen. Zweite Hürde, die in Österreich besonders hoch ist, Einkommen. Der Kollege Falchers, mit dem ich zusammen dieses Buch geschrieben habe, hat das ausgerechnet. Das ist unglaublich. Es gibt, glaube ich, 60 Prozent der österreichischen Arbeiterinnen, die das Einkommenskriterium für die Staatsbürgerschaft nicht erfüllen würden, wenn sie sie nicht schon hätten. Also diese Einkommenshürde ist so hoch angesetzt, vor allem wenn das ein Haushalt mit mehreren Personen und Kindern ist, die dann mit eingebürgert werden sollen. Und zu diesem Kriterium, das in Österreich verlangt wird, muss man zusätzlich noch dazurechnen die Gebühren, die ebenfalls sehr hoch sind, und die Gebühren, die ebenfalls sehr hoch sind, und die Gebühren, die fällig sind, im Ausland um die bisherige Staatsbürgerschaft loszuwerden. Also sehr oft scheitert die Einbürgerung schlicht und einfach am Geld. Man kann es sich nicht leisten. Und was damit entsteht, ist so etwas wie eine soziale Selektivität, wie die Sozialwissenschaftler das ausdrücken. Die Chancen, die Staatsbürgerschaft zu bekommen, hängen auch davon ab, zu welcher Einkommensschicht man gehört. Dritte Hürde, Bildung, hängt natürlich auch eng zusammen mit dem Kriterium Einkommen, aber es gibt zusätzliche Hürden, Sprach- und Wissenstests, Sprachniveau B2, ein spezieller Wissenstest auf Bundesebene und zusätzlich auf Landesebene, für den man büffeln muss. Und das ist natürlich leichter, wenn man eine gute Schulbildung hat und gelernt hat, wie man lernt. Das ist schwierig für jene, die als unqualifizierte Arbeiter und Arbeiterinnen oder Geflüchtete gekommen sind, möglicherweise nicht alphabetisiert waren, bevor sie nach Österreich gekommen sind. Das heißt wieder soziale Selektivität anhand des Bildungskriteriums. Vierte Hürde, Unbescholtenheit. Man darf nichts angestellt haben. Das scheint sehr vielen selbstverständlich. Wir werden doch keine Kriminellen einbürgern. Aber in Österreich ist das so, dass sogar mehrere Verwaltungsdelikte, zum Beispiel Verkehrsstrafen, dazu führen können, dass man dauerhaft von der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen wird. Ich gebe Ihnen ein kleines Beispiel dazu, wenn ich noch Zeit habe. Eine estnische Staatsbürgerin, also Unionsbürgerin, die schon lange in Österreich lebt, wollte sich in Niederösterreich einbürgern lassen. Niederösterreich hat gesagt, drei Verkehrsdelikte, das ist ein kleiner gewesen, das geht noch irgendwie. Wir geben dir einen Zusicherungsbescheid, dass du die österreichische Staatsbürgerschaft bekommst, wenn du die estnische zurückgelegt hast, aber nicht vorher. Dann hat sie sich lange bemüht, auch mit viel Kosten und Aufwand, die estnische Staatsbürgerschaft loszuwerden. Als ihr das gelungen ist, war sie in der Zwischenzeit nach Wien übersiedelt und hat gesagt, da ist mein Zusicherungsbescheid, jetzt hätte ich gerne die österreichische Staatsbürgerschaft. Dann schaut die Wiener Behörde, und dazu ist sie gesetzlich verpflichtet, nach, was in der Zwischenzeit passiert ist, und stellt fest, zwei weitere Verkehrsdelikte. Sie hat das Kfz-Pickerl nicht verlängert. Und ich glaube, einmal war ein Alkoholproblem im Steuer, aber nicht so gravierend, dass es zu Führerscheinentzug geführt hätte, also im unteren Bereich. Und der Bescheid war, tut uns leid, Zusicherungsbescheid gilt nicht mehr, du kriegst die österreichische Staatsbürgerschaft nicht. Die Estnisse hat sie aber schon verloren gehabt. Das heißt, die Frau war auf Dauer, möglicherweise lebenslang staatenlos. Aufgrund eines österreichischen Gesetzes. Und die hat sich einen Anwalt gefunden und ist zum Europäischen Gerichtshof gegangen. Und der Europäische Gerichtshof hat gesagt, das könnt ihr nicht machen mit Unionsbürgerinnen, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, wenn sie nach Österreich gekommen sind. Und seitdem gibt es in Österreich eine andere Regelung nur für Unionsbürgerinnen. Die können sozusagen zuerst die österreichische Staatsbürgerschaft kriegen und dann müssen sie innerhalb von zwei Jahren nachweisen, dass sie die andere zurückgelegt haben. Da bin ich schon bei der fünften Hürde und die ist in Österreich ganz besonders wichtig. Das ist die Pflicht, die bisherige Staatsbürgerschaft zurückzulegen. Das hat gravierende Folgen, vor allem für die größte Gruppe von Einwanderern in Österreich. Und das sind die Deutschen. Die sind nicht bereit, die deutsche Staatsbürgerschaft zurückzulegen, um die österreichische zu erwerben. Und Deutschland verlangt auch nicht umgekehrt, dass sie die österreichische loswerden, bevor sie deutsche werden. Aber Österreich akzeptiert nicht deutsch-österreichische Doppelstaatsbürgerschaften, daher lassen sich die Deutschen hier nicht einbürgern. Und wir waren dann an einer Umfrage beteiligt in Wien, letztes Jahr im Frühjahr, und da ist rausgekommen, ein starker Wunsch nach Einbürgerung, vor allem um politisch mitbestimmen zu können, weil die anderen Rechte haben sie eh als Unionsbürgerinnen, aber sie sind nicht bereit, die deutsche Staatsbürgerschaft als Preis dafür zu zahlen, dass sie in Österreich wählen dürfen. Gut, ich habe jetzt da noch ein paar Folien zu diesem Punkt Doppelstaatsbürgerschaft vorbereitet. Das haben wir in Zusammenarbeit mit IOM, mit der Internationalen Organisation für Migration, zusammengestellt, um zu zeigen, wie das weltweit gehandhabt wird. Und die rot-orange eingefährten Staaten sind die, die Doppelstaatsbürgerschaft grundsätzlich nicht zulassen, sowohl für die Eingewanderten als auch für die Auslandsbürgerinnen, die eine andere Staatsbürgerschaft im Gastland bekommen wollen. Da gehört eben Österreich dazu. Sie sehen, in Europa ist das Bild bunt gemischt. Achten Sie auf Deutschland, derzeit noch orange, mit mehr als 50, ich glaube 60 bis 70 Prozent Ausnahmeregelungen, wo die Doppelstaatsbürgerschaft hingenommen wird. Und derzeit ist eine Regierungsvorlage im Bundestag, die sagt, das ist anachronistisch, wir tolerieren die Doppelstaatsbürgerschaft generell. Es hat keinen Sinn mehr, das irgendwie einzuschränken. Sollte eigentlich mit Regierungsmehrheit durchgehen und dann wird sich Deutschland von Rot auf Blau färben. Hier noch ein paar Zahlen, wie Österreich im internationalen Vergleich darstellt, aufgrund dieser fünf hohen Hürden. Das sind die Einbürgerungsraten, das heißt, da misst man zu Beginn des Jahres von der Bevölkerung ohne österreichische Staatsbürgerschaft, wie viele haben im Laufe des Jahres die österreichische Staatsbürgerschaft. Wie viele haben im Laufe des Jahres die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen? In Prozenten ausgedrückt. In Österreich 0,7 Prozent. Das heißt sieben von tausend pro Jahr. Und das ist seit vielen, vielen Jahren so. Lassen Sie sich nicht täuschen von Medienberichten, die sagen, dass diese Rate gestiegen ist. Was da fälschlicherweise reingerechnet wird, ist ein neues Gesetz, das die Staatsbürgerschaft den Nachkommen von Nazi-Opfern anbietet. Da wird Doppelstaatsbürgerschaft akzeptiert und sie brauchen gar keinen Wohnsitz in Österreich. Und auch die anderen Kriterien gelten nicht. Die kriegen sie sozusagen auf Antrag. Das kann man nicht reinrechnen. Das hat nichts zu tun mit der Wohnbevölkerung in Österreich. Das ist sicherlich historisch gerechtfertigt, aber das steigert nicht unsere Einbürgerungsrate. Ganz wichtig, bei der Staatsbürgerschaft geht es ja nicht nur darum, wer sich einbürgern kann, sondern auch, wer sie per Geburt kriegt. Ich habe es schon erwähnt, die meisten von Ihnen, fast alle, werden bei Geburt eine Staatsbürgerschaft bekommen haben. Viele von Ihnen die österreichische, andere vielleicht eine andere. Wenn es eine andere ist, dann stellt sich die Frage, kann man das wechseln? Aber alle Staaten haben ein Prinzip, nachdem sie die Staatsbürgerschaft an die nächste Generation weitergeben. Und im Prinzip gibt es zwei Grundsätze. Das eine ist das Abstammungsprinzip und das andere ist das Geburtslandprinzip. Das Abstammungsprinzip ist weltweit das stärkere. Das haben praktisch alle Staaten, inklusive die USA und die amerikanischen Staaten. Das führt dazu, dass die erste Generation, die im Ausland geboren wird von den Auswanderern, automatisch die Staatsbürgerschaft per Geburt hat. In einigen Staaten läuft es dann aus nach der ersten Generation, in Österreich nicht. Kann sozusagen ewig weitergehen. Das hat natürlich im Inland zur Folge, dass wenn nur das Abstammungsprinzip gilt, die Kinder, die hier zur Welt kommen, nicht die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen, wenn ihre Eltern sie nicht schon gehabt haben. Das ist das zweite Prinzip, das Geburtslandprinzip, sorgt dafür, dass die Kinder, die im Inland geboren werden, mit der Staatsbürgerschaft des Landes aufwachsen und die meisten europäischen Staaten, die das eingeführt haben, sagen, wenn die Eltern einen bestimmten Aufenthaltsstatus haben, ein paar Jahre lang, um zu verhindern, dass es zu Geburtstourismus kommt. Können wir gerne noch eingehen in der Diskussion, wenn Sie wollen. Ich schließe jetzt, weil ich das Signal bekommen habe, und überspringe diese Folien, die das nochmal zusammenfassen. Vielleicht noch eine, das ist eine Diagnose, die nicht von uns stammt, sondern von einem Brüsseler Think Tank, der Migration Policy Group. Die veröffentlichen einen Index über Integrationspolitiken nicht nur europäischer Staaten, in der Zwischensetzung sind es 52. Und nach deren Einschätzung liegt Österreich beim Kriterium Zugang zur Staatsbürgerschaft an drittletzter Stelle. Ex aequo mit Bulgarien und hinter Österreich noch schlechter, noch weniger Punkte liegen die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Also das ist jetzt nicht mein Urteil, aber es ist ein Index, der sehr häufig verwendet wird und wahrscheinlich einiges aussagt über uns. Also, kurzes Fazit. Ausweitung von Wahlrechten für Nichtstaatsangehörige ist blockiert durch Verfassungsgerichtsurteile. Die Reform des Staatsbürgerschaftsgesetzes ist daher der einzige Weg für inklusive Staatsbürgerschaft und wäre wohl in einer anderen Koalition machbar, weil sich die Oppositionsparteien, drei der Oppositionsparteien, SPÖ, Grüne und NEOS, alle dafür ausgesprochen haben in unterschiedlichen Varianten. Und die wichtigsten Eckpunkte einer solchen Reform wären ein bedingtes Jus Soli, also das Geburtslandprinzip einführen, Doppelstaatsbürgerschaft für Auslandsösterreicherinnen und die sich im Inland einbürgern lassen. Übrigens ersteres wurde unterstützt von Landeshauptmann Thomas Stelzer im letzten oberösterreichischen Landtagswahlkampf. Da hat er sich hinreißen lassen zu einer Stellungnahme, die Auslandsösterreicher sollten es doch kriegen. Und kürzere Fristen und niedrigere Einkommenshürden. Und die Schlussfolgerung allgemein lautet, Einbürgerung ist im allgemeinen Interesse der Republik, sie stärkt die demokratische Legitimität und sie trägt auch zur sozialen Integration bei. Dazu kann ich Ihnen gerne noch Fakten liefern. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hier am Schluss haben Sie noch eine kleine Werbeeinschaltung für das Buch. Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen. Das Motiv, das wir gewählt haben mit dem Grafiker zusammen, zeigt etwas, was Sie auch kennen. Das ist vor dem Parlament in Wien am Ring. Das ist die Göttin Pallas Athene. Und der hat das vorgeschlagen und gesagt, genial, was ist, sie dreht dem Parlament den Rücken zu. Das ist die Göttin der Weisheit. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ja, vielen herzlichen Dank, Herr Bauböck, für diesen doch sehr eindrücklichen Einblick, Überblick über die vermutlich wichtigsten Aspekte, Fragestellungen zu dieser komplexen Materie. Es ist ja immerhin zu begrüßen, dass wir spätestens seit vergangenem Jahr, seit der Bundespräsidentschaftswahl mehr über Staatsbürgerschaft diskutieren als zuvor. Ich erinnere daran, das war sogar mal kurz ein Thema in der Zeit im Bild 1 vor großem österreichischem Publikum. Das war vorher nicht so. Also umso wichtiger ist es, das Thema auch weiter zu spinnen, auch weiter sozusagen an der Öffentlichkeit zu debattieren. Um unsere Diskussion jetzt in Gang zu bringen, Herr Bauböck, möchte ich noch ein bisschen dem Konfliktpotenzial nachspüren, dass das unserer Thematik inne wohnt. Denn ich habe mich jetzt mal ein bisschen umgesehen, es gibt ja hier auch Leute im Publikum, die sind in Organisationen, die sich mit Migrationsthematiken beschäftigen, bis hin zu mir. Ich habe in meinem Politikprogramm bei Dorfufen sich immer wieder auch auf ihr Verantwortungsgefühl gegenüber unserem Staat, gegenüber dem Gemeinwesen und mahnen immer wieder auch in der Diskussion, man müsse doch sehr, sehr sorgfältig umgehen, wie es dann oft heißt, mit diesem hohen Gut der Staatsbürgerschaft. Da darf man nicht leichtfertig vorgehen. Österreich ist ein zu kleines Land und da muss dann auch sozusagen in den Verfahren und Verfahrensweisen auch gewisse Sorgsamkeit gelten, inwieweit diese Hürden, die Sie sehr klar dargestellt haben, zu hoch angesetzt sind, das sagen manche, das ist reine Auslegungssache, denn diejenigen, die bei uns um die Staatsbürgerschaft werben, sollen sich ja auch darum bemühen und tatsächlich gibt es ja auch gar nicht so wenige Menschen, die Jahr für Jahr eingebürgert werden. Aber wir alle stehen im Alltag in diesen Debatten, wir alle sind unentwegt damit konfrontiert. Wie würden Sie denn darauf reagieren, wenn jetzt Ihnen jemand gegenüber tritt und sagt, Herr Bauböck, ich habe Ihnen jetzt sehr genau zugehört, aber trotzdem, wir dürfen nicht allzu leichtfertig mit dieser Staatsbürgerschaft verfahren und müssen da, Sie mögen es gerne als repressiv bezeichnen, wir müssen da sozusagen eine gewisse Sorgfalt anwenden, damit das nicht allzu leichtfertig vergeben wird. Zunächst einmal würde ich sagen, seit wann gibt es denn diese Debatte in Österreich, dass die Staatsbürgerschaft ein hohes Gut ist, das möglichst schwer zu erreichen sein muss? Seit 1998. Damals hat die ÖVP eine Novelle zur Staatsbürgerschaft forciert, bei der erstmals eben Sprachtests eingeführt worden sind, statt allgemeine Sprachkenntnisse. Und wo das in der Präambel drinnen steht, die Staatsbürgerschaft soll nur verliehen werden als Abschluss eines erfolgreichen Integrationsprozesses. Und sie ist ein hohes Gut. Die Auswirkungen sieht man. Das ist jetzt nicht eine Wertungsfrage, sondern eine faktische Frage. Der Effekt ist 18 Prozent Ausschluss der Wohnbevölkerung vom Wahlrecht. In Wien und in einigen anderen städtischen Regionen 30 Prozent, in einigen Wiener Grätzeln mehr als 50 Prozent. Wie ist das demokratiepolitisch zu rechtfertigen? Das wäre meine Gegenfrage. Und das Zweite, was ich jetzt nur ganz am Rande angesprochen habe, ist, wenn das Ziel einer dieser Hürden der Staatsbürgerschaft ist, Integration zu fördern, dann muss ich sagen, da gibt es sozialwissenschaftliche Untersuchungen, die sich damit beschäftigt haben, wie wirkt sich denn Einbürgerung auf die soziale Integration aus. Eine sehr bekannte Studie von zwei Schweizer Kollegen hat das am Beispiel der Schweiz untersucht und hat festgestellt, unter vergleichbaren Gruppen, diejenigen, die die Staatsbürgerschaft bekommen haben und sich sonst nicht unterscheiden von denen, die es nicht bekommen haben, hat die erste Gruppe systematisch bessere Einkommenschancen, weniger Arbeitslosigkeit und weitere Studien haben gezeigt, bessere Bildungserfolge der Kinder, bessere Wohnverhältnisse. Das heißt, es gibt einen Integrationseffekt der Einbürgerung. Mein Kollege Martin Fink und sein Team in Florenz haben dann weiter gefragt, ja, aber hängt das nicht auch davon ab, was die Bedingungen für die Einbürgerung sind? Und haben herausgefunden, diesen Integrationseffekt der Einbürgerung gibt es, wenn die Einbürgerung innerhalb von vier bis sechs Jahren nach der Ersteinwanderung erfolgt. Davor kein Effekt, danach praktisch kein Effekt mehr. Das heißt, die Integrationswirkung verpufft aufgrund der hohen Hürden. Das kann man auch nachvollziehen. Wenn man so abgeschreckt wird, einen Einbürgerungsantrag zu stellen, weil gesagt wird, du erfüllst ja die Voraussetzungen noch lange nicht, dann ist das irgendwann einmal auch uninteressant geworden. Und wenn man dann die Voraussetzungen noch 10, 15 Jahren erfüllt, dann ist es nicht mehr ein Anreiz, in die eigene Integration zu investieren. Das ist dann schon lang vorbei. Dann ist man sozusagen gesettelt in einer bestimmten sozialen Position in Österreich. Das ist dann schon lang vorbei. Dann ist man sozusagen gesettelt in einer bestimmten sozialen Position in Österreich. Das heißt, wenn wir Einbürgerung auch als ein Instrumentarium der Integrationspolitik verstehen, genau dann müssen wir diese Hürden senken. Nicht auf null, davon redet niemand, sondern so, dass sie für die meisten in einem Zeitraum zwischen vier und sechs Jahren nach der Einwanderung erfüllbar sind. Und zweitens, dass man dafür wirbt. Also österreichisches Einwanderungsland, das müsste ja auch heißen wie andere Einwanderungsländer, gibt es Signale, jetzt seid ihr niedergelassene Ausländer und Ausländerinnen, aber wir wollen, dass ihr Staatsbürger und Staatsbürgerinnen werdet. Das ist ein Pfad, der euch offen steht und wir werben dafür, dass ihr das macht. In deutschen Städten hat es Einbürgerungskampagnen gegeben, damit sich mehr Leute für die Staatsbürgerschaft interessieren. In Österreich hätte das gar keinen Sinn. Die Stadt Wien hat das ins Regierungsprogramm reingeschrieben, dass sie eine Einbürgerungskampagne machen wollen, die derzeitige Koalitionsregierung aus SPÖ und NEOS. In der Zwischenzeit hat der zuständige Stadtrat Wiederkehr von NEOS gesagt, wir können die Leute nicht auffordern, sich einzubürgern, wenn die Wartezeiten, über den Vollzug haben wir ja noch gar nicht geredet, so lang sind, die fühlen sich gefobbt. Also da wird sehr viel Potenzial verschleudert. Es wird sozusagen Desintegration betrieben und Nicht-Integration. Also wenn in der dafür zuständigen MA35 in Wien überhaupt mal jemand das Telefon abhebt, das war ja zuletzt auch skandalös, hat den Weg an die Öffentlichkeit gefunden. Sie haben es ja schon erwähnt, das Beispiel der Bundespräsidentschaftswahl im vergangenen Jahr, wirklich signifikant die Zahlen schockieren, dass in absoluten Zahlen 1,4 Millionen Menschen ab 16 über 16 bei dieser Wahl ausgeschlossen waren. Gleichzeitig gibt es bei der Entwicklung der Wahlberechtigten eine Rückwärtsentwicklung. Im Vergleich bei der Nationalratswahl 2019 zur Nationalratswahl 2017 waren schon wieder 4.000 weniger Wahlberechtigt. Also wenn man das jetzt in eine ferne Zukunft weiterspinnt, dann geht diese Schere ja immer mehr auf. Manche, und das taucht auch immer wieder im Diskurs auf, warnen dann gar vor schwerwiegenden sozialen Konflikten, wenn Menschen in ihrer Umgebung, in ihrer Welt, in der sie leben, gar nicht mehr partizipieren können, von keinem Wahlrecht oder Beteiligungsrecht Gebrauch machen können. In Ihrem Buch, ich habe das nachgelesen, ist aber auch ein anderer Aspekt sehr, sehr spannend, den möchte ich jetzt kurz nochmal aufgreifen, denn Sie sagen, natürlich sind Menschen, die ausgeschlossen werden, massiv betroffen, da stehen wir vor einem großen gesellschaftlichen Problem. Sie weisen aber darauf hin, gemeinsam mit Gerd Walchers, dass vor allem auch die demokratischen Institutionen vor so einem großen Problem stehen werden, weil ihnen eigentlich mit dieser Entwicklung regelrecht der Legitimationsboden unter den Füßen entzogen wird. Können Sie das nochmal kurz ein bisschen näher ausführen, was das eigentlich für eine demokratisch verfasste Gesellschaft heißt, wie sich das konkret darstellen könnte? Zum ersten Punkt, ich würde jetzt keine Prognosen machen, dass es zu sozialen Unruhen kommen wird, wenn immer größere Teile vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Man muss dazu sagen, im Unterschied zum Kampf um das Wahlrecht für Frauen ist es sehr viel schwerer, die Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund für das Wahlrecht zu mobilisieren. Das führt schon zu Ihrer zweiten Frage. Das Wahlrecht ist sozusagen nicht so sehr das Hauptinteresse der Migranten und Migrantinnen selbst. Die wollen ihre Einkommenssituation verbessern, die wollen, dass es ihren Kindern besser geht, dass sie eine bessere Wohnsituation haben und das Wahlrecht ist sozusagen nicht vorrangig für sie. Ich habe schon erwähnt, die Ausnahmen. Die Deutschen sagen, für sie ist das Wahlrecht sehr, sehr wichtig, aber sie wollen nicht ihre deutsche Staatsbürgerschaft abgeben. Also Prognose, Unruhen und Aufstände sage ich jetzt nicht. Das Problem ist viel eher das, was Sie angesprochen haben, ein Strukturproblem für die Demokratie selbst. Darauf könnte man jetzt zynisch wieder antworten. Die Demokratie ist geboren worden in Athen, im 4. oder 5. Jahrhundert vor Christi. Und damals waren Frauen ausgeschlossen, Sklaven ausgeschlossen und auch Handwerker, also Menschen, die von körperlicher Arbeit gelebt haben, ausgeschlossen vom Wahlrecht. Es haben nur die besitzenden männlichen Bürger das Wahlrecht gehabt. Und die hat immerhin 200 Jahre ganz gut funktioniert, diese Demokratie, war eine direkte Demokratie auch. In der Zwischenzeit hat sich unser Verständnis von Demokratie geändert. Für die griechische Polis ist die Frage nicht aufgetaucht, wer zum Volk dazugehört. Es mussten übrigens attische Bürger sein, die von beiden Elternteilen, bei den beiden Elternteilen Attische Bürger waren, der Mann aktiv, die Frau passiv. In der Zwischenzeit sagen wir, Demokratie hat eben ein Inklusionsgebot gegenüber der gesamten Gesellschaft, weil die Gesetze, die da beschlossen werden, ja für alle gelten. Wir können nicht mehr eine Kastengesellschaft oder eine Sklavengesellschaft oder irgendetwas Ähnliches verteidigen, in dem ein großer Teil der Bevölkerung ausgeschlossen ist von der Gesetzgebung, der sie unterworfen sind. Das ist sozusagen das Grundargument. Das sollte eigentlich einleuchtend sein. Vorstellungen, muss man das jetzt transnational ausweiten oder postnational ausweiten oder in beide Richtungen gleichzeitig. Da gibt es interessante Debatten in der Demokratietheorie, aber niemand, der sich ernsthaft aus demokratischem Gesichtspunkt damit beschäftigt, sagt, es ist gerechtfertigt, dass ein Drittel der Wohnbevölkerung keinen Zugang zum Wahlrecht hat, weil die Hürden für die Staatsbürgerschaft so hoch sind. Das ist eigentlich ein breiter, breiter Konsens in der Demokratietheorie, dass die Staaten ein gewisses Selbstbestimmungsrecht haben über die Staatsbürgerschaft, aber das kann nicht so weit gehen, dass sie ihre eigene Bevölkerung unterteilen können in diejenigen, die das Wahlrecht haben und die das nicht haben. In Ihrem Buch, schon gegen Schluss, schreiben Sie gemeinsam mit Gerd Walchers, auch in Ihren Schlussfolgerungen darin, dass man in diesem Zugang zur Staatsbürgerschaft eigentlich eine zugrunde liegende Vision sehen sollte, in der Vision, die Demokratie als einen Zusammenschluss von Menschen versteht, die sich in ihren Interessen, Identitäten, Weltanschauungen grundlegend unterscheiden, aber in einem begrenzten Territorium unter denselben politischen Institutionen leben und daher ihre Zukunft gemeinsam gestalten müssen. Das ist bei mir irgendwie sehr wohlwollend angekommen. Ich habe eine kleine Neigung für Visionen, vor allem auch deshalb, weil es meines Erachtens doch sehr stark an Visionen in unserer Zeit mangelt. Habe ich mir gedacht, gleichzeitig, das wird ein sehr schwieriges Unterfangen oder um mit Max Weber zu sagen, das braucht ein Bohren von dicken und harten Brettern. Max Weber zu sagen, das braucht ein Bohren von dicken und harten Brettern. Vor allem aber wird es jetzt gar nicht so sehr im kleinteiligen Politikgeschäft, parlamentarische Verfahren, Ausschüsse und so weiter zu bewältigen sein, sondern ich denke mir, um dorthin zu kommen, um diese Vision wirklich zu machen, Wirklichkeit werden zu lassen, brauchen wir eigentlich einen sehr tiefgreifenden gesellschaftlichen Verständigungsprozess, unsere Gesellschaft selbst ganz stark mit einem neuen Demokratiebegriff zu durchfluten eigentlich. Jetzt habe ich mir gedacht und jetzt einen Gedanken teile ich jetzt mit Ihnen, wo kann denn das gelingen? Ich habe so große Skepsis, was Österreich betrifft. Wir haben strukturell eine sehr stark rechtskonservative Mehrheit. Da sehe ich fast keine Erfolgsansichten, das auch tatsächlich umzusetzen, dann habe ich doch, wenn es auch sehr schwierig ist, an unser gemeinsames Haus der Europäischen Union gedacht. Da ist ja auch immer wieder davon die Rede einer gemeinsamen europäischen Staatsbürgerschaft und ich habe mir selber auch gedacht, wie reizvoll diese Idee eigentlich wäre, wenn wir alle einen europäischen Reisepass hätten, wo gar nichts mehr von Österreich zu lesen ist, sondern wir mit diesem Dokument ausweisen, wir sind alle Angehörige einer Europäischen Union. Und da können wir diese Diversitäten, diese unterschiedlichen Lebensmodelle, Lebensvorstellungen auch alle unter ein gemeinsames Dach bringen. Sehr interessant. Ich glaube, Sie haben die Vision noch einmal verkompliziert und noch einmal schwerer zu erreichen gemacht mit Ihrem Vorschlag. Ich möchte jetzt auf beide Teile eingehen. Das erste ist die Frage, wie schwierig ist es, diese harten Bretter in Österreich zu bohren. Ich bin etwas optimistischer als Sie. Ich habe es schon angedeutet. Ich glaube, als Politikwissenschaftler auch. Im Grunde genommen liegt das an der derzeitigen Regierungskonstellation. Die ÖVP hat sich seit Ende der 90er Jahre festgelegt, dass sie dieses Terrain nicht der FPÖ überlassen will, sondern selbst vorprescht. Und das ist so einzementiert, dass es schwer zu ändern ist. Wenn und nur dann, wenn es eine Regierungskoalition gäbe, in der entweder die ÖVP mit einer neuen Orientierung antritt oder nicht mehr vertreten ist, dann wäre ich sehr optimistisch, dass es zu einer grundlegenden Reform der Staatsbürgerschaft kommen könnte. Das bin ich unter anderem auch deshalb, weil es ja unseren großen Nachbarn gibt, nicht nur den, ich könnte genauso über die Schweiz reden, über Italien oder andere Staaten, aber nehmen wir Deutschland. Deutschland hat in vieler Hinsicht eine ähnliche Geschichte wie Österreich. Das Abstammungsprinzip war das wichtigste Prinzip in Deutschland in der Staatsbürgerschaftsgeschichte. war das wichtigste Prinzip in Deutschland in der Staatsbürgerschaftsgeschichte. Es hat eine Gastarbeiterinnenpolitik gemacht wie Österreich in den 60er und 70er Jahren und hat die längsten Jahrzehnte diesen Gastarbeiterinnen den Zugang zur Staatsbürgerschaft verwehrt. Es war traditionell immer gegen Doppelstaatsbürgerschaft eingestellt, die Einbürgerungshürden waren hoch. Es ist in mehreren Schüben seit Beginn der 90er Jahre, es hängt zusammen mit der deutschen Wiedervereinigung, zu Reformen gekommen und jetzt steht eine große Reform an, durch die Deutschland dann völlig in diesen westlichen Mainstream aufgehen würde und ein wirklich liberales Staatsbürgerschaftsgesetz haben würde, wenn sich das durchsetzt. Warum ist das in Deutschland möglich gewesen und in Österreich nicht? Ich glaube, das wäre jetzt eine andere These. Das hängt ein bisschen zusammen mit der Art, wie in der Nachkriegsgeschichte die deutsche Nation oder das deutsche Volk konstruiert worden sind, wie man darüber geredet hat von den politischen Eliten. Was hat man in Deutschland gemacht? Zum Teil auch, weil es nicht anders gegangen ist. Man hat den Verfassungspatriotismus erfunden. Man hat gesagt, wir können uns nicht mehr als etnische Volksgemeinschaft verstehen nach dem Hitler-Regime. Das ist völlig diskreditiert. Wir brauchen etwas anderes, was uns zusammenhält und was definiert, wer Deutscher und Deutscher sein kann. wer Deutscher und Deutscher sein kann. Und das ist das Bekenntnis zur Verfassung. Und die Verfassung ist das Grundgesetz. Das ist neu angenommen worden nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. Und auf das kann man sich beziehen. Da stehen die Werte drinnen, das sind die Grundsätze. Das ist eine Ressource. Da kann man argumentieren, da ist gedanklich schon angelegt, dass man nicht sagen kann, wenn du nicht zum deutschen Volk im Sinne eines ethnischen Volkes gehörst, dann kannst du nicht Deutscher sein. Da steht das Grundgesetz dagegen. Das hat übrigens auch das Verfassungsgericht in Deutschland so gesehen, als es gesagt hat, Drittstaatsangehörige dürfen in Deutschland nicht wählen. Wenn der Gesetzgeber meint, da entsteht ein Demokratiedefizit, dann soll er das Staatsbürgerschaftsgesetz reformieren. Und das hat der Gesetzgeber meint, da entsteht ein Demokratiedefizit, dann soll er das Staatsbürgerschaftsgesetz reformieren und das hat der Gesetzgeber in Deutschland getan. So, jetzt Österreich, was ist in Österreich gewesen? In Österreich nach 1945 war Österreich das erste Opfer Hitler-Deutschlands. Die Verfassung, die wieder belebt worden ist, ist die Verfassung von 1918-1919 in der Fassung von 1929 mit ein paar leicht autoritären Elementen. Es hat keine große Verfassungsversammlung gegeben. Es gibt keinen neuen Grundrechtekatalog in der österreichischen Verfassung, wo man sagen kann, das sind die Werte der Zweiten Republik. Unser Grundrechtskatalog stammt aus dem Jahr 1867. Aber erst dann mit dem Beitritt zur Europäischen Union gab es neue Elemente. Ja, genau. 1867. Aber erst dann mit dem Beitritt zur Europäischen Union gab es neue Elemente. Ja, genau. Ja, genau. Also, was ich sagen möchte ist, Österreich hat versäumt, diese Ressource Verfassungspatriotismus aufzumachen. Gleichzeitig hat es das Dilemma gegeben, dass Österreich auch nicht mehr sagen hat können, Österreich gehört zur deutschen Nation. Das war sozusagen auch tabu, weil man musste ja sich selbstständig als Nation jetzt bewähren. Was hat man gemacht? Man hat lange Zeit gesagt, wir reden nicht über das Thema. Staatsbürgerschaft war bis Ende der 90er Jahre nicht politisiert. Es war ein einfaches, schlankes Gesetz und großer Ermessensspielraum für die Beamten. Das ist erst politisiert worden, als die ÖVP und die FPÖ erkannt haben, dass sie politisch gewinnen können, wenn sie etwas Neues erfinden, nämlich den österreichischen Kulturpatriotismus. Österreich, nicht mehr Deutschland, ist jetzt die Kulturnation, zu der man nur dazugehören kann, wenn man alle diese Hürden überspringt. Und das ist fatal, weil das rechtfertigt sozusagen diesen massiven Ausschluss vom Wahlrecht. Wir haben also ein anderes Nationsverständnis entwickelt durch die politischen Eliten als in Deutschland und das blockiert zum Teil, das macht die Bretter so dick, die zu bohren sind. Trotzdem, glaube ich, gibt es keinen Konsens mehr in der österreichischen Bevölkerung in dieser Frage des Gespalten, wie in vielen anderen Fragen auch. Und die andere Seite ist im Prinzip, glaube ich, auch mehrheitsfähig, wenn man das anständig transportiert. Viel zu lange Antwort. EU, wie ist das mit der EU? Die EU ist konstruiert worden als ein Staatenbund, der sich immer weiter integrieren will. Aber die Voraussetzung, eine der Voraussetzungen für den Staatenbund war, dass man gesagt hat, es gibt eine gemeinsame Unionsbürgerschaft. Wer die Unionsbürgerinnen sind, bestimmen die Mitgliedstaaten. Das heißt, 27 verschiedene Gesetze bestimmen, wer Unionsbürgerin oder Unionsbürgerin wird. Das führt zu diesen Hoppalas, wie ich es erwähnt habe, die estnische Staatsbürgerin, die in Österreich staatenlos gemacht wird. Da hat der EuGH gesagt, das geht zu weit. Das fällt nicht mehr unter eure Kompetenz laut EU-Vertrag. Aber beim Zugang zur Staatsbürgerschaft hat der EuGH bisher immer gesagt, das ist Kompetenz der Mitgliedstaaten, weil es in den Verträgen so drinnen steht, auch im Maastricht-Vertrag und in den nachfolgenden Verträgen. Die Staats-, die Unionsbürgerschaft ergänzt die Staatsbürgerschaft, sie ersetzt sie nicht. Und ich fürchte, das ist so, wenn man das angreifen würde, dann steht man politisch im Abseits. Also die Vorstellung einer europäischen Staatsbürgerschaft, die funktioniert wie die österreichische oder deutsche, es gibt zwei Ebenen, die Bundesstaatsbürgerschaft herrscht vor und bestimmt, wer Landesbürger ist. Das geht in der EU nicht. Dann wäre die EU eben nicht mehr eine Staatenunion, sondern ein Bundesstaat. Und für diese bundesstaatliche Vision der EU gibt es eine viel, viel kleinere Minderheit, die man dafür mobilisieren kann, als für die Reform des Staatsbürgerschaftsgesetzes in Österreich. Das wäre meine Diagnose. Also gerade heute gab es im österreichischen Parlament am Vormittag eine europapolitische Stunde, die einberufen wurde. Da ist diese Idee des Bundesstaates sehr wohl aufgetaucht. Aber ich schaue jetzt mal ins Publikum, da gibt es schon eine erste Hand, die nach oben reicht. Bitte nicht sprechen ohne Mikrofon. Die Sabine reicht das herum, denn wir brauchen das Mikrofon für die Aufzeichnung, sonst hören wir das im Nachhinein nicht mehr. Vielen Dank für die Ausführungen, Magdalena Danner von Migrare. Gerade die Differenz zwischen Verfassungspatriotismus und Kulturpatriotismus hat mich jetzt sehr erheitert, ist vielleicht der falsche Begriff, aber gefesselt. Und ich würde ja fast nur eine These dazustellen. Ich glaube, dass die Deutschen eine viel größere Angst um den Industriestandort Deutschland haben als die Österreicher nur Angst um den Wirtschaftsstandort Österreich haben, weil ich glaube ein attraktives Land, wo ich mir aussuchen kann als Individuum wo gehe ich hin, das ist auch ein Land das mir irgendwo mal einen Hafen der Staatsbürgerschaft anbietet und da sind uns die Deutschen vielleicht wieder zehn Jahre voraus. Ich hoffe nicht. Also das ist nur eine These, die ich da daneben stelle und das andere wäre tatsächlich eine Frage, die mich interessiert. Soll man als NGOs tatsächlich absehen davon, juristisch noch Veränderungen zu fordern, zu propagieren? Sind wir mit dem Verfassungsgerichtsurteil von 2004 da tatsächlich juristisch am Ende und soll man es ausschließlich auf die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts konzentrieren oder gibt es juristisch von Ihrer Seite aus noch Wege und Möglichkeiten? Wichtige Frage. Vielen, vielen Dank. Ja, Sie haben wahrscheinlich recht. Es gibt so etwas wie einen weltweiten Wettbewerb bei der Migration um die erwünschten Migranten und Migrantinnen, das heißt die höher Qualifizierten. Ich glaube, dass sich der zunehmend ausweiten wird auf die sogenannten Mangelberufe. Pflege ist typischerweise da dabei, zum Teil auch Erntehelferinnen und so weiter und so fort. zum Teil auch Erntehelferinnen und so weiter und so fort. Und dass das bisherige Reservoir, das Österreich und Deutschland in gleicher Weise gehabt hat, nämlich EU-Osterweiterung, austrocknet. Und dass es einen Wettbewerb geben wird, der sich sozusagen in die außereuropäischen Bereiche verlagert. In Deutschland, diese angestrebte Reform der Staatsbürgerschaft ist nur ein Teil eines großen Reformpaketes, bei dem auch drinnen ist eine Neugestaltung der Zulassung von Einwanderern, die qualifiziert sind und Migrationsentwicklungspartnerschaften mit Drittstaaten, vor allem in Afrika. Also Deutschland hat wirklich eine relativ große Reform angepackt. Ist noch nicht durch. Wird man sehen, ob auch alle drei Koalitionspartner da am selben Strang ziehen. Aber da hat es sicherlich einen Vorteil gegenüber Österreich, das zunehmend ins Hintertreffen gerät, weil ja der Arbeitskräftemangel in Österreich ganz eklatant ist. Das ist genauso wie in anderen Staaten. Und weil die Vorstellung, das können wir nur, ich sage jetzt nur, das hätte ich nicht sagen sollen, aber durch Förderung von Berufstätigkeit von Frauen und vielleicht noch eine aktive Geburtenpolitik irgendwie beheben, das ist naiv. Auch die Migration ist nicht die Lösung dafür. Alle Demografen sagen, Europa schrumpft und überaltet, egal was wir tun. Aber man kann die Effekte abmildern, in erster Linie durch geregelte Migrationspolitik. Das Problem ist, was derzeit passiert ist, ungeregelte Migrationspolitik. Das heißt, man macht die Tore zu, daher gibt es mehr irreguläre Migration. Und wenn nur mehr das Asyltor offen ist, dann treibt man sozusagen die Leute, die gute ökonomische Gründe hätten, warum sie migrieren wollen, in die Asylschiene hinein und muss dann sehr, sehr viel Geld ausgeben für Sicherheitspolitik und Schließung der Balkanroute und Sicherung der Außengrenzen und Ähnliches, dass man sinnvollerweise investieren könnte in eine vernünftige Zuwanderungs- und Integrationspolitik. Also da bin ich ganz bei Ihnen. Österreich versäumt etwas. Das wird uns in nächster Zeit wahrscheinlich noch schwer auf den Magen schlagen. Zweite Frage, ich bin nicht dagegen, überhaupt nicht, dass man auch in Österreich weiterhin Kampagnen macht für die Ausweitung des Wahlrechts für Drittstaatsangehörige. Also dass man dieses Verfassungsgerichtsurteil nicht einfach so stehen lässt, sondern argumentiert, warum das demokratiepolitisch eine bedenkliche Auslegung der österreichischen Verfassung ist. Es gibt Verfassungsrechtler, unter anderem den sehr bekannten Heinz Mayer, die diese Meinung nicht teilen. Die sagen, der stützt sich auf den dritten Artikel des zweiten Zusatzprotokolls zur europäischen Menschenrechtserklärung oder sowas, aber er sagt, dieser Ausschluss vom Wahlrecht für Drittstaatsangehörige ist diskriminierend. Es lohnt sich schon noch, da weiter zu bohren und interessanterweise sieht man auch in den Staaten, also Österreich und Deutschland, wo Verfassungsgerichte gesagt haben, das geht nicht, Wahlrecht für Drittstaatsangehörige geht nicht, hat es weiter Kampagnen gegeben. Also das Thema war damit nicht vom Tisch. In Deutschland, also in Bremen, in Hamburg, in anderen Städten immer wieder Versuche gegeben, dieses Verfassungsgerichtsurteil dort auszuhebeln und zu sagen, na vielleicht geht es so oder vielleicht geht es so. Was man sieht ist, es gibt ein sehr starkes Verständnis dafür, dass auch Wahlrechte für Drittstaatsangehörige wichtig sind. Meine These ist, das ist lohnender und erfolgversprechender, wenn man es auf der kommunalen Ebene betreibt. Warum? Weil weltweit gibt es eben dieses Muster auf kommunaler Ebene, kann man das entkoppeln. Mein Argument dazu ist, das müssen jetzt nicht alle teilen, es gibt zwei Arten der Bürgerschaft. Es gibt die Staatsbürgerschaft und es gibt die Gemeindebürgerschaft. Und die Gemeindebürgerschaft hängt in vielen Staaten tatsächlich vom Wohnsitz ab. Die Staatsbürgerschaft hängt nicht nur vom Wohnsitz ab, wenn man sie ja mitnehmen kann ins Ausland. Daher ist das irgendwie anders konstruiert, daher ist es sehr viel schwerer, das Wahlrecht von der Staatsbürgerschaft zu entkoppeln bei nationalen Wahlen. Weltweit machen das nur fünf Staaten. Neuseeland, Malawi, Chile, Uruguay und Ecuador. Und da gibt es keinen Trend zur Ausweitung. Also das ist nicht sehr erfolgversprechend. Auf Gemeindeebene würde ich sagen, nicht locker lassen. Da gibt es genügend positive Beispiele und die kann man als Vorbild sich nehmen. Gibt es weitere Wortmeldungen, Ergänzungen, Kritik, Anregungen? Dann Herr Mümters. Völlig vielleicht anderer Aspekt. Ich habe vorige Woche über die Wahlergebnisse von Auslandtürkinnen und Türken mit einem türkischen Staatsangehörigen diskutiert. Der hat am Schluss gesagt, was bin ich hier? Jeder schimpft über mich, jeder Politiker, Politiker, niemand will mich. Jeder schimpft über mich, jeder Politiker, Politiker, niemand will mich. Ich kann mit denen überhaupt nicht, ich bin für sie uninteressant. Der, den ich gewählt habe, der interessiert sich für mich, der bietet mir Heimat, der bietet mir Identität. Und wir glauben in Österreich immer wieder, die sollen sich für unsere Verfassung, für unsere Werte, für Österreich sozusagen stehen. für unsere Verfassung, für unsere Werte, für Österreich sozusagen stehen. Kann jemand in Österreich so Gehörkeitsidentität entwickeln, wenn man ständig quasi ausgestoßen wird, diskriminiert wird und rechtlich, aber auch sozusagen alltäglich, machen wir für Menschen wie Erdogan leichter, sozusagen auslands, in dem Fall Türken, Türkinnen, für seine Politik? Ich bin sehr dankbar für die Frage. Ich hätte es sonst auch noch eingebracht. Das ist tatsächlich schwierig, weil die Tatsache, dass in Österreich 72 Prozent bei den letzten beiden Wahlen jeweils für Erdogan gestimmt haben, also offensichtlich einen Menschen, der die Demokratie zerstört und ein autoritäres Regime auf die Bahn gebracht hat in seinem Land. Und diese Tatsache, daraus kann man zwei Schlussfolgerungen ziehen. Die eine ist, und das herrscht in Österreich vor, ja gerade deshalb dürfen wir ihnen doch bitte nicht die Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht geben, weil diese Menschen würden sonst in Österreich wählen und das würde dann auch hier dazu führen, dass autoritäre Tendenzen stärker werden. Die würden sich auch in Österreich dann einen Erdogan wünschen. Oder sonst würden sie ethnische Konflikte zwischen Türken und Kurden und Aleviten und Sunnis und so, würden sie nach Österreich importieren und dann beherrscht das die österreichische Innenpolitik. Dazu, gegen dieses Argument kann man einfach sagen, bitte schaut euch die Staaten an, in denen sie wählen können. Also was ist dort passiert? Wo ist der ethnische Konflikt ausgebrochen? Wo gibt es die großen ethnischen Parteien, die die Einwanderer mobilisieren? Die stimmen in der Regel für die Mainstream-Parteien. Früher waren das überwiegend Sozialdemokraten, dann zunehmend Grüne, jetzt auch sehr häufig Konservative, weil sie wertkonservative Wählerinnen ansprechen, die einen religiösen Hintergrund haben. Also das teilt sich auf, wenn man sie anspricht und integriert in das Wahlvolk. Das andere Argument, das du vorgebracht hast, halte ich also für sehr viel plausibler. Die Tatsache, dass es so viele sind in Österreich, 72 Prozent, hängt auch nicht nur, aber auch damit zusammen, dass Erdogan sich glaubwürdig als Schutzherr für sie präsentieren kann. Nirgendwo wird deine Stimme gehört, außer in der Türkei. Ich habe dir das Wahlrecht verschafft, das du in Österreich nicht hast, weil Erdogan hat das Wahlrecht für die Auslandstürken und Türkinnen eingeführt. Und die Doppelstaatsbürgerschaft akzeptiert, die Österreich nicht akzeptiert. Also da entsteht so etwas wie politische Zugehörigkeit mit dem Herkunftsland, die ist sowieso da, aber sie wird verstärkt und kann mobilisiert werden im Interesse einer Partei, die an der Macht ist. Und Österreich schaut nicht nur zu, sondern begünstigt das im Grunde genommen dadurch, dass es kein Gegenangebot macht, dass es nicht sagt, wenn du so lange da lebst, dann gehörst du hier dazu und du solltest hier gleichberechtigt mit stimmen können und wir machen dir dieses Angebot. Auch in Deutschland hat das eine Rolle gespielt. Ich habe mir den letzten Regierungsentwurf für die Reform der Staatsbürgerschaft in Deutschland angeschaut und da ist in gewisser Weise ein Kompromiss gefunden worden. Sehr weitgehende Liberalisierung der Staatsbürgerschaft, nur mehr fünf Jahre Aufenthalt, Doppelstaatsbürgerschaft erlaubt und so weiter und so fort. Aber gleichzeitig ein Bekenntnis zu den Grundwerten der deutschen Bundesverfassung ist gestärkt worden. Und das heißt, wenn du dich einbürgern lassen willst, dann musst du dich dazu bekennen. Das sind dann deine Werte. Das halte ich für nicht illegitim. Das kann man machen. Das ist auch ein Signal. Du bist willkommen, wenn du diese Werte teilst. Das ist aber nicht dasselbe wie zu sagen, du kannst gar nicht dazugehören, weil Österreich ist eine Kulturnation und du kannst dich gar nicht so richtig assimilieren, wenn du nicht alle diese Hürden möchtest. Ich habe mir auch eine ähnliche Frage gestellt nach diesem Ergebnis. 72 Prozent der hier in Österreich lebenden Türkinnen und Türken wählen die AKP und Erdogan. Was genau uns in Österreich so betroffen macht, ist das Verständnis von Verfassungspatriotismus, weil im Grunde genommen kann es ja nicht Ausdruck sein eines tief überzeugten, robusten, demokratischen Wertegerüsts, das wir in Österreich hier vorfinden, denn das spiegelt sich in unseren Wahlergebnissen wieder, das haben wir nicht. Also nochmals die Frage natürlich dann auch, was hat uns denn alle so betroffen gemacht? Aber das ist jetzt vielleicht nochmal eine Frage, die vielleicht zu weit führt. Die Zeit ist schon fortgeschritten. Wir halten hier die Diskussionen immer in Spielfilmlänge. Jetzt schaue ich noch mal ganz kurz ins Publikum, wenn es hier noch was gibt, weil sonst habe ich mir nämlich noch die wirklich knifflige Frage für den Schluss aufgehoben. Die schließt an an was Magdalena Danner auch gesagt hat, wie sollen wir denn jetzt weitermachen. Denn ich habe das Buch, wie gesagt, gelesen und bin da an einem Punkt angelangt, wiederum gegen Ende des Buches, Herr Bauböck, der mir fast der spannendste zu sein scheint und über den haben wir jetzt noch gar nicht so sehr gesprochen, denn Sie schreiben da gemeinsam mit Gerhard Walchers die Frage, wer Zugang zu Staatsbürgerschaft und Wahlrecht bekommen soll, kann nicht selbst durch demokratische Verfahren entschieden werden. Demokratien müssen sich auf Inklusionsprinzipien verständigen und verpflichten, welche diese Frage außer Streit stellen. Das ist natürlich hochinteressant. Jetzt sind wir wieder beim Titel der heutigen Veranstaltung, Inclusive Citizenship, weil Sie hier von Inklusionsprinzipien sprechen, auf die Sie setzen, die aber offensichtlich Ihrer Auffassung zufolge auf die Sie setzen, die aber offensichtlich Ihrer Auffassung zufolge außerhalb der Formalverfahren unserer demokratischen Entscheidungsfindungsprozesse liegen. Da muss ich zum Abschluss nochmal in die Tiefe gehen und Sie fragen, was verstehen Sie denn genau darunter? Was dürfen wir uns denn unter diesen Inklusionsprinzipien außerhalb unserer konventionellen demokratischen Verfahren vorstellen? Wie können wir das realisieren? Wo findet das statt? Und vor allem, wie können wir das erreichen und umsetzen? Es gab noch eine Frage. Also entschuldige. Packen wir die gleich rein noch. Also keine Frage, sondern ein Hinweis vielleicht. Bülent Karabut, ÖGB. Sie haben erwähnt, Wahlrecht für Frauen, das war ein Kampf, das war ein Anliegen und es wurde erreicht. zeigt, Menschen, die in einem Betrieb arbeiten, wo es einen Betriebsrat gibt, Betriebsrätin, dort ist die Beteiligung an Wahlen, kommunalen Wahlen, konkret in Wien höher, also 10 Prozent bis 15 Prozent. Da wird Demokratie gelebt und das ist ein Anliegen für die Menschen, wo ein Bewusstsein entsteht, dass sie auch an den Wahlen auch dann teilnehmen. Ich glaube, gerade in den Bereichen, wo es niedrig Einkommen ist, sind die Menschen an der Wahl leider nicht teil oder sehr gering und dort sind wiederum sehr viele mit Migrationshintergrund. Also, mein Hinweis wäre, dass man auf das schaut, mehr Demokratie im Betrieb, mehr Betriebsrätinnen im Betrieb, bedeutet auch ein Anliegen, dass man mit entscheidet, nicht nur im Betrieb, sondern auch generell bei Wahlen teilnimmt. Ja, vielen Dank. Ich beginne vielleicht gerade mit der letzten Frage. Das ist tatsächlich sehr wichtig. Demokratie muss gelebt und gelernt werden, nicht nur bei den allgemeinen Wahlen. Und da hat natürlich Österreich auch schon einen Entwicklungsprozess durchgemacht. Zur Zeit der Gastarbeiterpolitik waren ja die Migranten und Migrantinnen auch ausgeschlossen von Betriebsratswahlen und von Arbeiterkammerwahlen. Und das hat sich geändert, hat sich teilweise auch unter dem Einfluss dann vom EU-Recht so geändert, dass das einfach nicht mehr geht. Aber das ist sozusagen nicht übergeschwappt in diese allgemeine Frage, wie halten wir es denn mit der Demokratie in den Kerninstitutionen der Gesetzgebung, also bei den parlamentarischen Wahlen auf Bund, Landes- und Gemeindeebene. Und da ist jetzt noch immer die von Ihnen angesprochene Frage dahinter, das ist sozusagen, ich bin mit meinem anderen Hut, mache ich politische Theorie und das ist eine Frage, die mich sehr beschäftigt hat. Wie kann man denn überhaupt begründen, was ist ein Inklusionsprinzip für die Demokratie? Also das Erste, was man sagen muss, ist, Demokratie ist ja nicht in unserem Verständnis Mehrheitsentscheidung. Das ist ein Aspekt der Demokratie. Aber bevor eine Mehrheit entscheiden kann, muss man zuerst einmal sagen, wer gehört zur Gesamtheit, von der eine Mehrheit entscheiden kann. Das ist das sogenannte Grenzproblem in der Demokratietheorie. Um ein legitimes Wahlvolk zu bilden, braucht es ein legitimes Wahlvolk, das sagt, wer dazugehören kann. Meine Antwort darauf ist, das ist hochgradig umstritten, es braucht sozusagen ein Inklusionsprinzip, das außer Streit gestellt wird. Genauso wie wir außer Streit stellen die Gleichberechtigung von Mann und Frau in politischer Hinsicht, genauso wie wir außer Streit stellen Freiheitsrechte, über die Mehrheiten auch nicht entscheiden können. Also der ganze Sinn einer Verfassung mit Grundrechten ist es ja zu sagen, es gibt bestimmte Dinge, die die Demokratie nicht entscheiden kann und nicht entscheiden soll, sondern die ihr vorgegeben sind und die die Demokratie erst möglich machen. Und die Demokratie braucht zunächst einmal eine Bestimmung, wer dazu gehört zu ihr und kann nicht selbst darüber entscheiden auf demokratische Weise. Das klingt sehr abstrakt, aber um ein praktisches Beispiel zu geben, was passiert, wenn man das doch tut. In der Schweiz war bis Anfang der 2000er Jahre die gängige Praxis, dass über Einbürgerungen entschieden worden ist in den Gemeinden, nicht in den Kantonen, sondern sogar auf Gemeindeebene, und zwar per Volksabstimmung. Und das hat so funktioniert, dass die Anträge auf Einbürgerung gesammelt worden sind über ein Jahr. Und dann wurde den Bürgern und Bürgerinnen, den Schweizern, ein Stimmzettel vorgelegt, auf dem die Namen draufgestanden sind, wer alle eingebürgert werden will und wo schon gecheckt war, dass sie die Voraussetzungen erfüllen. Und dann konnten die streichen. Wer nicht eingebürgert werden will und wo schon gecheckt war, dass sie die Voraussetzungen erfüllen. Und dann konnten die streichen, wer nicht eingebürgert werden kann. Diese Praxis hat unter anderem dazu geführt, dass in einer Stadt, ich glaube das war Emmen, nahe Zürich, berühmt für den Emmentaler, dass dort der lokale Sponsor des Fußballclubs gestrichen worden ist, weil er einen serbischen Namen hat. Dann haben sie es sich wieder überlegt und in die Büro halt. Aber das hat dann auch ein Schweizer Gericht eingegriffen und gesagt, das geht nicht. Das Volk kann nicht bestimmen, wer eingebürgert wird oder wer nicht. Das kann nur die Verwaltung machen. Und die braucht einen Gesetzesauftrag dafür. Das praktische Beispiel. Was sind jetzt die Inklusionsprinzipien, über die diskutiert wird in der Demokratieforschung? Im Prinzip bleiben drei übrig, wenn man anerkennt, dass es nicht prozedural über Verfahren geht. Das eine, ich habe es ja auch schon indirekt erwähnt, das eine Prinzip ist Einschluss aller betroffenen Interessen. indirekt erwähnt. Das eine Prinzip ist Einschluss aller betroffenen Interessen. Ein alter römischer Rechtsgrundsatz. Wer, wessen Interessen betroffen sind, der hat auch, der soll gehört werden. Das ist ein bisschen schwierig, weil wenn man das ernst nimmt, dann müsste eigentlich die gesamte Menschheit in jedem einzelnen Staat, bei jeder einzelnen Wahl, wahlberechtigt sein. Weil wir in einer vernetzten Welt leben, in der die Entscheidungen, die getroffen werden, Auswirkungen haben, die weit über die Grenzen hinausgehen. Und wenn wir heute ein Klimaschutzgesetz in Österreich verabschieden oder viel schwieriger nicht verabschieden, dann betrifft das die Interessen des Restes der Menschheit und die müssten daher bei den österreichischen Wahlen wahlberechtigt sein. Schwierig, wenn man Demokratie hat, braucht Grenzen und das Wahlrecht braucht Grenzen und daher ist dieses Prinzip nicht handhabbar. Aber es gibt Leute, die sagen, daher braucht man nicht nur eine EU-Staatsbürgerschaft und Demokratie, sondern eine globale Staatsbürgerschaft und Demokratie, einen Weltstaat. Staatsbürgerschaft und Demokratie einen Weltstaat. Die zweite mögliche Lösung ist Einschluss aller, die dem Gesetz unterworfen sind, und zwar dauerhaft. Das führt zu einer anderen Form der Grenzziehung, nämlich dauerhaft im Gesetz unterworfen sind die, die im Inland leben, aber nicht die, die ausgewandert sind. Auch die erste Generation der Auswanderer sollte eigentlich ihre Staatsbürgerschaft und ihr Wahlrecht verlieren, sobald sie irgendwo anders einen Wohnsitz begründen. Das war bis vor nicht allzu langer Zeit, bis in den 90er Jahre auch weltweit durchaus üblich. In der Zwischenzeit ist völlig klar, der Trend geht in die ganz andere Richtung. Es gibt immer mehr transnationale Wahlbeteiligung und politische Beteiligung. Und das ist gut so. Das ist sozusagen ein positiver Effekt der Globalisierung. Vernetzte Welt, die Leute können in ihren Herkunftsländern teilnehmen, auch wenn sie nicht mehr dort leben. Mit den möglichen Effekten Türkei-Wahl, dass das auch in eine antidemokratische Richtung gehen kann. Das Problem ist also Ausschluss derer, die ausgewandert sind. Und ich habe deswegen vorgeschlagen, ein drittes Prinzip, ich nenne das Stakeholder-Prinzip. Das heißt, alle sollten wahlberechtigt sein. Die Stakeholder sind in dem Sinn, dass sie ein fundamentales Interesse an der Zukunft des Landes haben. Was das heißt, ist, jeder Mensch hat ein Eigeninteresse an der eigenen Freiheit und haben. Was das heißt ist, jeder Mensch hat ein Eigeninteresse an der eigenen Freiheit und am eigenen Wohlergehen. Und eine politische Gemeinschaft, die demokratisch verfasst ist, hat ein Interesse an ihrer Selbstregierung, also im Sinne von sich frei selbst bestimmen und an ihrem Wohlergehen, kollektiv gesehen. Und wenn es Menschen gibt, deren individuelles Interesse an Freiheit und Wohlergehen schicksalshaft verknüpft ist mit dem gemeinsamen Interesse von allen anderen Bürgerinnen an kollektiver Freiheit und kollektivem Wohlergehen, dann haben diese Menschen einen Anspruch auf Staatsbürgerschaft und auf Wahlrecht. Und das würde sozusagen sowohl die Eingewanderten einschließen als auch die Ausgewanderten. Aber die Ausgewanderten vielleicht noch bis zur zweiten Generation und nicht darüber hinaus. Weil dann ist eben das Interesse an der Freiheit und Wohle gehen des Herkunftslandes nicht mehr so stark, dass das plausibel gemacht werden kann. Also ich glaube, dass das von mir vorgeschlagene Prinzip so irgendwie die Grenzen richtig ziehen würde und dass es auch eben eine Annäherung gibt in der Politik mancher demokratischer Staaten. Aber ich sage gleich dazu, das ist hochgradig umstritten und ich habe leider noch sehr wenig Anhänger und Anhängerinnen gefunden. Naja, vielleicht haben Sie heute ein paar mehr gewonnen. Ich nehme das jetzt schon als Schlusswort, sage vielen herzlichen Dank, Rainer Bauböck. Meinerseits eine super spannende Debatte. Ich glaube, sie wird uns noch sehr lange beschäftigen. Es wird auch schon bald wieder gewählt, im nächsten Jahr gleich zweimal. Da wird die Frage der Staatsbürgerschaft und auch die Frage, wer darf wählen, beziehungsweise wer ist davon ausgeschlossen, uns sicher wieder erreichen und uns beschäftigen. Ja, vielen herzlichen Dank an Migrare für die Organisation. Ihr macht überhaupt spannende Debatten. Ich kenne da ja mittlerweile eine ganze Menge mehr. Ja, vielen Dank fürs Dabeisein, für das Interesse. Auch natürlich den Zuseherinnen und Zusehern von DorfTV, die dann via Aufzeichnung und Ausstrahlung in wenigen Tagen ja auch dabei sind. Ja, ich glaube, es gibt noch die Möglichkeit, Sie laufen ja nicht gleich davon, dass man vielleicht noch kurz ins Gespräch kommen kann mit dem Rainer Bauböck. Ja, auch die Kolleginnen von Migrare weiß ich, wir gehen ein paar Schritte weiter und werden uns dann dort auch nochmal im Lokal einfinden. Ja, vielen Dank für diesen tollen Abend, auch natürlich der Katja Fischer von der VHS und dem Wissensturm. Ja, dann noch kommen Sie gut nach Hause, bleiben Sie gesund und bis bald. Dankeschön.