Wir kommen nun zum Panel Next Chapter Shifting Perspectives. Ich darf begrüßen Christine Gundermann und Kalina Kupczynska. Der erste Beitrag trägt den Titel Zwischen Personifizierung und Multiperspektivität, ein geschichtsdidaktischer Blick auf Shore-Comics. Er stammt von Christine Gundermann. Ich darf Ihnen Christine Gundermann kurz vorstellen. Sie studierte Geschichte und Ethikphilosophie und promovierte 2013 an der Freien Universität Berlin zu deutsch-niederländischen Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg. Christine Gundermann ist seit 2014 Professorin für Public History an der Universität zu Köln und leitet dort die Studienrichtung Public History. In ihrer Forschung konzentriert sie sich auf die Theoretisierung der Public History als neuer Teildisziplin der Geschichtswissenschaft, auf außerschulisches historisches Lernen und digitale Formen populärer Geschichte. Im Bereich der Comicforschung konzentriert sie sich auf Geschichtskomics, die sich mit der Zeitgeschichte auseinandersetzen. Noch kurz zum Beitrag. Vor dem Hintergrund, dass Comics immer öfter in Gedenkstätten eingesetzt werden, widmet sich Christine Gundermann in ihrem Beitrag einigen damit zusammenhängenden zentralen Fragen. So beispielsweise, welchen Ansprüchen diese Comics gerecht werden oder gerecht werden sollen, mit welchen Zielvorstellungen sie eingesetzt und welche Funktionen sie für die pädagogische Arbeit an Gedenkstätten und Lernorten übernehmen. Sie geht auch auf die Frage ein, welche Herausforderungen sich für die Arbeit mit Comics ergeben. Diese Fragen werden dann anhand von Beispielen aus Deutschland, Belgien und Polen diskutiert. Ich bitte Sie um Ihren Beitrag. Vielen Dank für die Vorstellung. Ist der Ton ein bisschen besser jetzt? Ich glaube schon. Seit etwa 20 Jahren Jahren oder andersrum. Ich muss, glaube ich, einmal kurz vorausschieben, dass mein Vortrag ein bisschen anders ist als die anderen, weil ich von Frau Leustel direkt angefragt worden bin, ob ich nicht so ein bisschen die geschichtssidaktische Perspektive einbringen kann. Und insofern geht es halt heute nicht um konkrete Geschichten oder konkrete Comics und deren Einordnung, sondern ich versuche tatsächlich so einen ganz breiten Wurf mal zu machen und ich versuche daher erst einmal ganz kurz Ihnen zu zeigen, wo wir eigentlich alles Comics in Gedenkstätten finden. Dann stelle ich Ihnen zwei spezifische Begriffe ganz kurz vor, um die es heute gehen soll. Ich bin nämlich extra gefragt worden, ob ich nicht so ein bisschen was zum Thema Multiperspektivität sagen kann. Und das hängt meines Erachtens sehr stark mit der Form der Erzählung an sich und Personifizierung zusammen. Und ich versuche dann das, was ich Ihnen nur ganz kurz theoretisch vorstelle, einmal so ein bisschen auf die konkrete Arbeit mit Comics in Gedenkstätten anzuwenden und schließe dann mit einem ganz kleinen und hoffentlich produktiven Fazit. Seit etwa 20 Jahren werden in vielen Gedenkstätten, die an die Gewaltgeschichte Europas im 20. Jahrhundert erinnern, Comics eingesetzt. Und tatsächlich fand man sie zuerst und findet sie häufig auch noch zuerst im Buch- oder Museumshop. zuerst im Buch- oder Museumshop. Und es lohnt sich tatsächlich für die HistorikerInnen schon zu schauen, wo stehen die da und mit welchen Angeboten wird da sich an die Lesenden gewandt. Dann finden wir immer mehr auch einzelne Motiven oder Collagen, einzelne Sequenzen oder sogar Kurzcomics, die entweder direkt an die Gebäude von Gedenkstätten angebracht sind oder aber beispielsweise über Plakataktionen für Dauerausstellungen oder Sonderausstellungen werben. Das ist einmal jetzt ein Bild, was ich Ihnen hier gezeigt habe aus der Gedenkstätte Andreasstraße in Erfurt, wo also quasi der Comic mit verbaut wurde. Und mit dem Comic Flix, da war mal was, hat die Gedenkstätte Bernauer Straße als eine der allerersten Gedenkstätten für ihre neue Dauerausstellung geworben. Und zwar sehr, sehr erfolgreich. Ganz, ganz selten finden wir auch Beispiele, wo KZ-Häftlinge beispielsweise Comics selbst gezeichnet haben und für diese als Quellen einsetzen können. Mickey Oukamtegur war gestern schon ein Beispiel. Das soll hier einfach nur als Erinnerung dienen. Ich glaube, einige andere hatten wir gestern auch schon gesehen. Weitaus häufiger ist es aber so, dass Comics entstehen, egal ob das die Gedenkstätten möchten oder nicht. Und entweder werden sie dann noch mit einbezogen in die Quellensuche, wie wir das gestern zu Mauthausen gehört haben, oder aber nicht. Und man muss dann quasi damit leben und damit umgehen. Viele Gedenkstätten haben in den letzten zehn Jahren begonnen, aktiv damit umzugehen. Aus der Gedenkstätte bzw. aus der Kaserne des Sinn in Belgien wissen wir, dass dort zum Beispiel mit Senne und Sanne gearbeitet wird, mit dem Band Rebecca R. Aber es gibt auch immer mal wieder Situationen, wo Gedenkstätten oder Gedenkorte oder Museen ganz gezielt auch Aufträge an KünstlerInnen geben können, die dann einen Comic gestalten. Der Comic The Shred Hook von Erik Heuvel, quasi aus dieser Serie Die Suche, die Entdeckung, ist da ein Beispiel. Der ist für das Museum 12 in Alten gestaltet worden, mit Mitteln aus der Regio finanziert. 12 in Alten gestaltet wurden, mit Mitteln aus der Regio finanziert. Aber auch der Tunnel 57 ist so ein Beispiel, wieder hier von der Gedenkstätte Bernauer Straße, Berliner Mauer. Und auch Valentin von Jens Genär wurde extra für den Lernort Bunker Valentin geschaffen. Zum Thema Freedom Bread sagt eventuell Kalina noch ein bisschen was, weil das ist ein Beispiel aus Polen, wo das Staatliche Museum Majdanek nun auch einen Comic hat. Und diese Beispiele sollen Ihnen eigentlich erst einmal nur zeigen, dass das kein deutsches oder deutschsprachiges Phänomen ist, sondern dass wir das quasi in fast allen europäischen Ländern mit Comic-Kultur finden, dass also Comics für Gedenkstätten gemacht werden oder aber in Gedenkstätten eingesetzt werden. Dieses kleine Beispiel soll Ihnen noch was zeigen, was für gewöhnlich uns als ForscherInnen verborgen bleibt, nämlich dass es auch Gedenkstätten gibt, die Workshops anbieten. Und bei diesen Workshops wird nicht nur mit vorhandenen Comics gearbeitet, sondern auch ganz häufig werden die meist jugendlichen SchülerInnen aufgefordert, selbst ihre Eindrücke, die sie am Ort gesammelt haben, in Comicform zu fassen. Das ist ein ganz kleines Beispiel aus dem Grenzlandmuseum Eichsfeld. Das soll einfach nochmal zeigen, das sieht dann nicht so ganz spektakulär aus, aber da steckt eigentlich ganz viel verarbeitete und angeeignete Geschichte in diesen Werken. eigentlich ganz viel verarbeitete und angeeignete Geschichte in diesen Werken. Noch viel seltener, aber auch immer mal wieder, finden sich dann tatsächlich auch Comics direkt in Ausstellungen. Das ist wieder ein Beispiel aus der Andreasstraße in Erfurt in Deutschland. Und was Sie hier sehen können, sind kleine Comic-Sequenzen, abgeschlossene Geschichten, die Handlungsspielräume in einer Diktatur aufzeigen können. Und ich weiß, man kann es hier ganz schlecht erkennen. Aber hier gibt es quasi einen Schalter und man kann dann entscheiden, wie die Geschichte weitergeht. Und je nachdem leuchtet dann das nächste Panel auf, was zeigt, wie hat sich die Person entschieden, wie kann die Geschichte quasi exemplarisch weitergeführt werden. Das sind, soweit ich das sehen kann, doch relativ neue und noch vereinzelte Zugänge. Aber es zeigt, der Comic wird immer stärker auch als ein genuines Mittel von Geschichte sozusagen ausstellen, mitbehandelt und mit aufgegriffen. Und insofern lohnt es sich also auf jeden Fall ganz genau hinzuschauen, was da eigentlich passiert. auf jeden Fall ganz genau hinzuschauen, was da eigentlich passiert. Und als Historikerin habe ich Ihnen einfach jetzt mal ein paar Fragen mitgebracht, die wir uns genuin stellen, wenn wir quasi diese Form von Geschichte in Gedenkstätten, in Lernorten untersuchen. Zuerst, ganz banal, ist natürlich die Frage für uns, welche Geschichte oder welche Geschichten werden überhaupt in Comics verarbeitet? Was gibt es da? Wie funktioniert das? Inwieweit werden da verschiedene Personengruppen, verschiedene Opfergeschichten, die wir auch durch wissenschaftliche Erkenntnisse bereits bestätigt haben, erzählt, neu erzählt? Gibt es aber auch Leerstellen, die wir sehen können? gibt es aber auch Leerstellen, die wir sehen können. Auf welchen Quellen beruhen sie? Auch das haben wir jetzt ein, zwei Tage schon so ein bisschen andiskutiert, immer ganz wichtig für uns. Aber es geht bei diesen Diskussionen nie darum, den Comic als gezeichnete Historiografie, als gezeichnetes wissenschaftliches Fachbuch wahrzunehmen und dementsprechend zu kritisieren, sondern schlicht zu erfahren, ist es quasi Fiktion oder gibt es da tatsächlich einen realen Hintergrund. Für den Einsatz von Comics in Gedenkstätten müssen wir dann aber noch einen Schritt weiter gehen und immer wieder fragen, welche Deutungsangebote eigentlich so geschaffen werden. Und zwar zum einen für den konkreten Ort, zum anderen aber auch, wie sich so ein Comic in die jeweilige nationale oder vielleicht auch transnationale Erinnerungskultur einordnen lässt. Wir haben das gestern so ein bisschen an den Comics zu Mauthausen gesehen, wo klar war, die kommen fast alle aus Spanien, die lassen sich also relativ gut in einen spanischen Erinnerungsdiskurs einordnen. Die Frage ist, was macht das dann in Mauthausen? Konzentriert das eventuell den Fokus auf die spanischen Gefangenen? Gibt es da andere Opfergruppen, die dann eventuell überhaupt nicht mehr berücksichtigt werden oder ähnliches? Also was macht es quasi mit dem Ort, wenn man mit einem spezifischen Comic dort arbeitet? Und dann gibt es ein paar Fragen, die wir zwar an den Comic und an die Gedenkstätten stellen können, aber nicht einfach so beantworten können. Und dazu gehört zum Beispiel die Frage, mit welchen Zielen eigentlich Comics eingesetzt werden. Was erhofft man sich? Was will man eigentlich erreichen? Wie wird mit ihnen ganz konkret gearbeitet? Der sozusagen klassische Modus wäre eher ein Workshop. Meist sind die 90 Minuten lang. Länger hat man für gewöhnlich nicht Zeit, wenn man mit denjenigen, meistens sind das Schulklassen, noch über das Gelände, Außengelände oder die Ausstellung gehen möchte. Was kann also der Comic ganz konkret für den Gedenkort leisten? Und welche Ressourcen müssen vor Ort vorhanden sein, damit er überhaupt eingesetzt werden kann? Und da merken Sie schon, diese Fragen lassen sich eigentlich nur vor Ort von den PädagogInnen beantworten. Und um diese Fragen überhaupt so ein bisschen näher in den Griff zu kriegen, haben wir Kolleginnen und ich uns 2021 hingesetzt, einen internationalen Workshop organisiert, und zwar im Tandem-Format. Immer eine Comic-ForscherIn und eine Gedenkstätten-MitarbeiterIn oder ein Comic-Künstler haben sich zusammengefunden und genau über diese Fragen diskutiert. Und zwar im europäischen Rahmen, weil klar war, es ist nicht nur ein deutsches oder deutschsprachiges Phänomen, sondern es ist total spannend und wichtig zu sehen, was eigentlich auch in anderen Nationen passiert. Und ganz, ganz wenige dieser Erkenntnisse versuche ich Ihnen jetzt mal in den nächsten 15 Minuten zusammenzubringen. Aber unter dieser Frage, was hat das dann eigentlich mit Multiperspektivität zu tun? Und damit wir alle wissen, wovon wir reden, wenn wir als deutschsprachige GeschichtsdidaktikerInnen, die diesen Diskurs einfach maßgeblich theoretisiert und geprägt haben, stelle ich Ihnen die Begriffe kurz vor. Zur Personifizierung und Perspektivität. Ganz wichtig ist, dass wir erstmal prinzipiell quasi zwischen so etwas wie im Storytelling als Vermittlungsmodus und dem unterscheiden können, was wir dann zwischen Personalisierung und Personifizierung verstehen. Storytelling meint einfach erst einmal nur etwas, was ziemlich komplex ist, bringe ich in die Form einer Geschichte, um es einfach zu erzählen. Das kann die Frage sein, wie eine Versicherungspolice funktioniert oder der Kapitalismus an sich oder aber der Zweite Weltkrieg. Und um das ein bisschen zu konkretisieren, unterscheiden wir dann in der Geschichtsdidaktik zwischen Personalisierung und Personifizierung. Das sind zwei genuine didaktische Erzählmuster, die erst einmal nichts über die Qualität des Produktes oder der Erzählung an sich aussagen. Die Personalisierung kennen Sie alle. Das ist eine mit dem Historismus verbundene Darstellung von Geschichte über große Persönlichkeiten. Also um das ganz konkret zu sagen, in der deutschsprachigen Geschichte und Geschichtswissenschaft war das ganz lange die Erzählung von großen weißen Männern, die Geschichte gemacht haben. Bismarck hat das Deutsche Reich gegründet, Hitler hat den Weltkrieg geführt. Klassische exemplarische Beispiele. Personalisierung zu benutzen bedeutet, dass eine Geschichte überschaubar wird, sie wird konkret, sie wird anschaulich und sie wird in Form von Handlungsabfolgen erzählt. Sie ist also sehr gut nachvollziehbar, sie ist sehr gut lernbar. Aber das vernachlässigt total die Struktur oder aber strukturelle Machtausübung und der didaktische Aspekt, der zumindest immer in der deutschsprachigen Geschichtsdidaktik sehr lange bemüht wurde, war, die Lernenden nehmen sich so überhaupt nicht als handlungsmächtig wahr, denn es sind immer nur die großen Männer, die Geschichte machen, nie aber die Masse, die Kleinen, die Innovativen, die sich trauen, die vielleicht dagegen sprechen. Und aus diesem Grund ist ab den 1970er Jahren eine Art Gegenmodell entwickelt worden. Klaus Bergmann hat da relativ viel für geleistet. Wir können uns dieses Gegenkonzept aber auch unter dem oder vor dem Hintergrund der wachsenden Popularität von Mikrogeschichte oder auch der neuen Kulturgeschichte als neuem leitenden Paradigma vorstellen. Personifizierung bedeutet dann erst einmal nur, dass die Geschichte jetzt nicht über große Männer erzählt wird, sondern über namenlose, handelnde, leidende Personen, die eine gesellschaftliche Gruppe vertreten. Also anstelle des großen Mannes kommt erst einmal in den 80er Jahren der kleine Mann, der jetzt Geschichte erlebt. Und ganz langsam, aber sicher wird das als Erzählmuster diverser. Also es geht dann letztlich immer wieder darum, aus didaktischer Perspektive zu schauen, welche Person kann eine bestimmte Gruppe vertreten, die ansonsten vielleicht nur abstrakt oder generalisierend beschrieben werden kann und ihr so quasi ein Gesicht geben. Das hat für gewöhnlich ein sehr hohes Identifikationspotenzial und aus didaktischer Perspektive ist es so, dass sich die meisten der Lernenden dadurch auch eher potenziell als handlungsmächtig erleben. Das heißt, sie sehen, dass sie selbst auch ein Teil dieser Geschichte sind, dass sie vielleicht auch quasi nicht nur als Masse verfügbar sind, sondern auch als handelnde Person sich selbst und auch die historischen Subjekte wahrnehmen können. Aber für gewöhnlich haben wir dann Quellenproblemen bei den Darstellungen und das ist meist verdeckt, denn die meisten Personifizierungen funktionieren nicht so richtig gut, weil es sehr, sehr viele stumme Gruppen in der Geschichte gibt. Das heißt Gruppen, von denen wir keine Quellen haben oder aber deren Quellen ganz systematisch vernichtet worden sind, damit sie eben keine Position in der Geschichte, kein Wort, keine Öffentlichkeit finden können. Das heißt, diese Form der Geschichtenerzählung geht relativ häufig mit Fiktionalisierung einher und auch hier ist es so, dass Zusammenhänge und Strukturen nur sehr schlecht beschrieben werden können, also Machtstrukturen zum Beispiel. Beide Erzählweisen werden hauptsächlich in populären Geschichtsdarstellungen eingesetzt. Wenn Sie also zum Beispiel jetzt abends das Fernsehen anmachen und eine historische Dokumentation im Fernsehen schauen wollen, eine Geschichtsdoku, fast immer finden Sie diese beiden Erzählmuster vertreten und ganz, ganz selten gibt es Formate, die genau diese strukturellen Fragen ansprechen und mit diesen Erzählmustern auch brechen. Das sagt, wie gesagt, an sich erst einmal überhaupt nichts über die Qualität, aber es sind Muster, die für uns einfach in der westeuropäischen Kultur ganz stark bindend sind und die dementsprechend auch quasi als Erwartungshaltung mitgetragen werden. Was hat das nun mit Multiperspektivität zu tun? Prinzipiell ist es so, dass jede Überlieferung aus der Vergangenheit durch Perspektivität gekennzeichnet ist und der regelgeleitete Umgang mit dieser Perspektivität ist quasi die Grundlage der historischen Methode. Und die Multiperspektivität als wichtigstes geschichtsdidaktisches Prinzip vereint nun diesen Anspruch von Wissenschaftlichkeit mit allgemein didaktischen Prinzipien. Das heißt, wir versuchen diese Idee von wissenschaftlicher Methode auf eine didaktische Erzählung anzuwenden. Und im geschichtsdidaktischen Diskurs unterscheidet man da zwischen drei Ebenen, wobei eigentlich nur die ersten zwei für uns relevant sind. Multiperspektivität auf Quellenebene meint erst einmal nur, wir wählen die Perspektiven, die wir in unsere historische Darstellung und Interpretation einbeziehen, ganz systematisch aus, indem wir beispielsweise nach Diversität dieser Positionen fragen oder auch nach Intersektionalität. Auch hier bleibt das Problem, dass es eigentlich wichtig wäre, mehrere Perspektiven einzubeziehen und fast immer stoßen wir dabei wieder auf quasi stumme Gruppen, die wir quasi nicht vertreten können, weil es keine Quellen gibt. Das führt manchmal zu problematischen Imaginationsanforderungen. Stellt euch mal vor, ihr wärt jetzt diese Person, also diejenigen von Ihnen, die in pädagogischen Kontexten arbeiten, haben das sicherlich in der einen oder anderen Situation schon mal erlebt, das ist immer ganz schwierig. Nicht nur, weil Imaginationen immer sehr begrenzt sind, sondern weil es auch falsche Rückschlüsse, zu falschen Rückschlüssen führt, was man über eine bestimmte Personengruppe weiß. Personengruppe weiß. Prinzipiell ist es so, dass wir als HistorikerInnen immer verschiedene Perspektiven auf dieser Quellenebene einbeziehen und das führt fast immer dazu, dass auch auf der Darstellungsebene, also das, was Sie dann lesen, was die Histografie ist, das Sach- oder das Fachbuch oder der Artikel, unterschiedliche Deutungen der Vergangenheit haben. Das nennen wir Kontroversität und das ist auf der einen Seite total wichtig, das ist unser aller Brot im fachwissenschaftlichen Diskurs. Auf der anderen Seite sehen wir aber, dass in den meisten populären historischen Darstellungen diese Art von Auseinandersetzung komplett verschwindet. Meistens ist es so, dass viele MedienmacherInnen sagen, die Menschen erwarten, dass wir ihnen eine Geschichte erzählen, dass wir diese Geschichte nicht infrage stellen, dass wir sagen, so ist das passiert. So ein bisschen Historismus wirkt da noch mit. Und deswegen ist es ganz schwer, eigentlich dieses Brot und Butter der Geschichtswissenschaft immer wieder sichtbar zu machen und sagen, doch, eigentlich ist das ein ganz kontroverses Feld. Aber zumindest ist das nochmal ein Hinweis darauf, dass Kontroversität über historische Vergangenheit in demokratischen Gesellschaften immer ganz wichtig ist, denn das führt letztlich erst zu einer pluralen Gesellschaft und die wollen wir auch haben. So, lange Rede, kurzer Sinn, was hat das jetzt mit Comics zu tun? Da komme ich jetzt gleich hin, indem ich versuche, Ihnen so ein bisschen zu zeigen, was diese Art von wissenschaftlichen Ansprüchen und didaktischen Ansprüchen dann eigentlich mit sich bringt, wenn wir mit Comics arbeiten wollen. Ganz wichtig ist erst einmal überhaupt festzuhalten, dass die ganz konkreten Potenziale und Herausforderungen bei der Arbeit mit Comics in Gedenkstätten eigentlich nur sehr ortsspezifisch identifizierbar sind. Also es gibt jetzt quasi keine Best-of-Liste, wo man sagen kann, wenn man die einmal abgegangen hat, hat man eigentlich immer alles im Blick. Denn jeder Lernort ist so unterschiedlich, was zum Beispiel materielle Überreste angeht, was Ausgestaltung von Dauerausstellungen, was Quellenüberreste, materielle Überreste angeht und Ähnliches. Also aber auch, was beispielsweise Seminarraumgrößen und so weiter angeht und natürlich Finanzierung. Also von der Seite her ist es immer wichtig, da einen großen Rahmen zu setzen und zu schauen, was macht eigentlich der Ort, was braucht der Ort. Wenn wir uns dann fragen, auf welche Comics können die Gedenkstätten zurückgreifen, gibt es da so gut wie immer drei Varianten. Entweder es gibt bereits Comics, die den Ort thematisieren und ich kann dann überlegen, will ich mit diesen Comics arbeiten. automatisieren und ich kann dann überlegen, will ich mit diesen Comics arbeiten? Wir haben gestern für das Schloss Hartheim und für Mauthausen ganz wunderbare Beispiele gesehen, wo man dann quasi überlegen kann, möchte man damit arbeiten? Möchte man mit Sequenzen arbeiten? Hilft das? Es ist immer wieder die Frage, was will ich eigentlich damit erreichen? Oder aber ein Comic kann gestaltet werden. Das passiert so gut wie nur, wenn es eine große Förderung gibt und der Comic dementsprechend auch überhaupt finanziert werden kann. Ansonsten ist es fast immer so, dass der Comic auch für den normalen Buchhandel aufgestellt sein muss. Und das spricht meist eher für eine stärkere Popularisierung der Geschichte. Oder es gibt gar keinen Comic zum Ort, aber vielleicht exemplarische Geschichten, die genutzt werden können. Auch das funktioniert relativ gut. Wir können das beispielsweise bei Gedenkstätten, die zur DDR-Diktatur arbeiten, ziemlich gut nachweisen. Die Personifizierung ist bei diesen Einsätzen fast immer der bevorzugte Zugang. Und das liegt daran, dass die KollegInnen aus den Gedenkstätten eigentlich einhellig gesagt haben, was wir wollen, ist, dass wir es den Jugendlichen vor allem ermöglichen, aus dieser schier unvorstellbaren Masse an Opfern wieder Personen, historische Subjekte wahrzunehmen und zwar nicht Mitleid oder absolute Identifikation aufzubauen, aber Empathie. Und nicht nur eine Nummer sehen, sondern dass wir sehen, da ist ein Mensch, der hat ein Leben, bevor er im Konzentrationslager interniert worden war und vielleicht hat er auch danach eins. Und das wieder wahrzunehmen und einzubauen. Insofern ist also die Perspektive relativ klar und der Modus des Erzählens als Personifizierung auch, der ist so gut wie immer schon gegeben. Und das bedeutet in diesem Sinne erst einmal, die meisten Comics sind tatsächlich gut einsetzbar, was dieses Ziel angeht. Aber ganz oft ist es so, dass diese Comics, weil sie als wahre Geschichte meist beworben werden, so wirken, als ob diese individuelle Erinnerung, diese individuelle Darstellung auch quasi den Anspruch einer Histografie hat. Und das muss entweder über pädagogische Arbeit dann wieder reflektiert werden oder aber manchmal kann man auch die Comics selbst dafür nutzen. Ich habe Ihnen zwei kleine Beispiele mitgebracht. Buchart Spiegelmann hat beispielsweise in Maus lange überlegt, wie er zeigt, dass sein Vater unterschiedliche Erinnerungen hat beziehungsweise eine spezifische Erinnerung an das Orchester, was gespielt hat, als er im Lager war und hat überlegt, wie weit er das mit der Sekundärliteratur abgleichen kann. Und ich hoffe, Sie erkennen es. Hier ist das Orchester da, hier ist es verdeckt und er zeigt so an, dass es mit der Frage der Erinnerung nicht ganz einfach ist. Ich springe jetzt mal ein bisschen schneller weiter. Barbara Jelin hat das auch unglaublich elegant in ihrem Comic Aber ich lebe gemacht, denn sie lässt ihre Zeitzeugin aus dem Interview immer wieder sagen, ich kann mich daran nicht erinnern. Ich weiß, dass etwas passiert ist, aber ich habe diese Erinnerung nicht präsent. Und das lässt sie die Zeitzeugin einmal sagen, wie sie mit ihr direkt im Gespräch ist. Und das lässt sie sie aber auch sagen, und, wie sie mit ihr direkt im Gespräch ist. Und das lässt sie sie aber auch sagen, und das hören sie heute Nachmittag noch, denn da wird der Comic vorgestellt, indem sie klar macht, die historische Figur kann dann dementsprechend nicht in ein realistisches Setting gesetzt werden, was ihnen genau zeigt, wo ist die eigentlich, was erlebt die gerade, sondern es wird weit und offen und damit ein imaginativer Raum. Das heißt, es gibt Möglichkeiten, das tatsächlich im Comic deutlich zu machen. Das passiert aber selten und meistens müssen Sie das dann als pädagogische Fachkraft quasi wieder dekonstruieren. Noch ein paar Worte, was das dann mit Multiperspektivität zu tun hat. Prinzipiell ist es so, dass gerade über diese Personifizierung die Perspektive also vorgegeben ist. Die liegt meistens bei einer Person, die auch in dieser Geschichte leidtragend ist. Es lohnt sich aber immer wieder zu fragen, welche Geschichte erzähle ich da? Wir haben das Phänomen generell in der populären Kultur, dass wir ganz, ganz lange eigentlich Geschichten von männlichen, heterosexuellen Opfern in diesem Fall relativ häufig gefunden haben. Und Geschichten von Frauen, von queeren Menschen, von Kindern, die kommen eigentlich erst in den letzten Jahren auf den Comicmarkt, aber auch in die populäre sozusagen Geschichtskultur überhaupt. Das heißt, es lohnt sich immer wieder zu fragen, wessen Geschichte mache ich hier stark, wessen Perspektive will ich zeigen und hat diese Geschichte exemplarischen Charakter für mich? Und das ist dann ganz besonders wichtig, wenn wir zum Beispiel Comics haben, wie die gerade erschienene Geschichte von Jan Bassoin, Tagebuch eines Zwangsarbeiters, die natürlich an sich ein ganz wichtiges Zeugnis ist. Jan Bassoin war in Rotterdam ein jugendlicher Mann, der als Zwangsarbeiter nach München kam. Ein junger, junger Mann, der als Zwangsarbeiter nach München kam. Aber seine Geschichte, wie sie hier dargestellt ist, ist weder exemplarisch für niederländische Arbeiter in Rotterdam, in der Randstadt zum Krieg, noch für niederländische Zwangsarbeiter, noch für Zwangsarbeiter überhaupt in Deutschland. Das heißt, ich kann mit dieser Geschichte arbeiten, ich muss aber sehr deutlich klar machen und sagen, die ist nicht exemplarisch für viele dieser Orte, an denen sie stattfindet. Multiperspektivität entsteht also meistens erst durch den Rückbezug auf andere Quellen und den Lernort selbst und das ist auch gut so und mehr müssen die Comics auch nicht können. Es bedeutet einfach nur, die Comics ersetzen keinen Text, sie ersetzen keine reflektierte Ausstellung, sondern sie sind eine Möglichkeit, künstlerisch zu arbeiten. Eine ganz große Herausforderung ist meistens, dass wir eine Mischung aus visuellen Quellen und Erinnerungsquellen haben, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven speisen. In diesem kleinen Beispiel vom Comic Überleben in Dachau sieht man relativ gut, dass die visuellen Quellen eindeutig quasi aus der Täterperspektive stammen. Das ist die NS-Ästhetik der Großbauten oder aber die Vogelperspektive aufs Lager. Aber die stammt nicht sozusagen vom Erzähler der Geschichte vom Hauptprotagonisten. Und das auseinanderzukriegen, ohne quasi die NS-Ästhetik zu reproduzieren, kann eine sehr große Herausforderung bei der Arbeit mit Comics an solchen Orten sein. Jens Genär hat das in Valentin anders lösen können, weil er tatsächlich eine seiner Hauptprotagonisten als Täterfigur gewählt hat. Und diese Täterfigur hat fotografiert. Und er zeigt dann quasi einmal die Fotos im Comic und einmal noch im Anhang der Graphic Novel, woher die eigentlich stammen und welche Geschichte die haben. Und damit komme ich zu den drei letzten Punkten. Entschuldigung. Die größten Herausforderungen, die sich bei unserem Workshop gezeigt haben, war eigentlich, dass es für alle total schwierig ist, den Comic richtig lesen zu können, wie Scott McCloud das formuliert hat. Das müssen nicht nur die Pädagoginnen können, das müssen auch die LehrerInnen können und die SchülerInnen. Und das geht für gewöhnlich nicht in 90 Minuten in einer Gedenkstätte, es braucht also Vorarbeit in den Schulen, da kommen wir nicht drum rum. Der zweite Punkt ist, der Comic muss als populäre Geschichtsdarstellung begriffen werden können. Und zwar meistens von denen, die ihn auswählen und einsetzen. Und es braucht ziemlich viel Wissen über die aktuelle Comic-Landschaft, über Erinnerungsdiskurse und natürlich auch Forschung. Und erst dann ist es eigentlich möglich, quasi diese Personifizierung mit strukturellem Wissen wieder zu verbinden und die Personifizierung als Erzählmuster einzuordnen. Das heißt ganz konkret, auf der einen Seite sehen wir, dass die Auswahl an Perspektiven, die wir haben, diverser wird in der Comic-Landschaft. Das ist super, denn das bedeutet, wir können viel mehr machen in der Universität, aber eben auch in Gedenkstätten. Wir sehen, dass es immer, also ich hoffe, das ist ein Trend, dass wir mehr Techniken des Comic-Journalismus sehen. Das heißt, dass sich die Comic-ZeichnerInnen, aber auch die ForscherInnen stärker selbst in Comics präsentieren. Ein Beispiel werden wir heute Nachmittag noch mit Aber ich liebe kennenlernen. Das Feld profitiert dabei generell von Diskursen zu Shoah-Comics. Das bedeutet, all das, was in den 90er Jahren für Shoah-Comics schon durchdiskutiert wurde, geht das überhaupt, kann man das überhaupt, funktioniert jetzt viel leichter und viel besser, wenn wir uns zum Beispiel Geschichte des Kalten Krieges, DDR-Diktatur oder aber koloniale Vergangenheit anschauen. Und um da aber wirklich ranzukommen und tatsächlich auch mal empirische Forschungsergebnisse leisten zu können zumindest das, was wir bei unserem letzten Workshop auch festgehalten haben als ein Ergebnis. Und damit danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte, die leichte Überziehung zu entschuldigen. Vielen Dank für den Beitrag. Ich bitte Sie, sich die Fragen, die sicher jetzt aufgekommen sind, noch aufzusparen für später, weil wir sind so verblieben, dass wir auch die Fragerunde, die Diskussionsrunde dann nach dem zweiten Beitrag machen. Der zweite Beitrag des Panels trägt den Titel Widerstand gendern, die Comicbiografie Alma M. Karlin, Weltbürgerin aus der Provinz und ich möchte Ihnen die Referentin Kalina Kupczynska kurz vorstellen. Kalina Kupczynska studierte Germanistik in Łódź, Passau und Wien. Sie ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik der Universität Łódź in Polen. Sie ist Stipendiatin der Alexander von Humboldt Stiftung, des ÖAD, des DAAD und des Polnischen Nationalen Wissenschaftszentrums. Kalina Kupczynska kann auf Publikationen zur deutschsprachigen Avantgarde, zur österreichischen Gegenwartsliteratur, zu Comicadaptionen literarischer Texte, zu Genderaspekten im Comic und zu Comicautobiografien verweisen. In ihrem Beitrag geht es um die Weltreisende und Schriftstellerin Alma M. Karlin, die von 1889 bis 1950 lebte. In Österreich ist sie, mittlerweile kann man sagen, so gut wie unbekannt, in Slowenien hingegen eine prominente und geehrte Person. Kalina Kupczynskas Beitrag setzt sich mit einer jüngeren und durchaus kritischen Comicbiografie zu Alma Karlin auseinander, die 2015 erschien, in Slowenien und 2020 schließlich in deutscher Übersetzung. Der Beitrag fokussiert dabei vor allem auf die letzten Kapitel der Biografie von Alma M. Carlin, den Zweiten Weltkrieg, vor dem Hintergrund ihres turbulenten Lebens. Dabei fragt die Referentin nach Möglichkeiten der Darstellung von gegenderten Widerstand im Medium Comic und im boomenden Genre der Comic-Biografie. Danke sehr für die Einladung und für die nette Vorstellung. Genau, da sieht man schon meinen Titel. Auf dem Comicmarkt kann man seit einigen Jahren einen Biografie-Boom beobachten. Gezeichnete Live-Stories findet man im Angebot großer deutschsprachigen Comic-Verlage wie Reprodukt, Avant, Edition Moderne, Splitter, Carlsen, Knesebeck. Im Jahr 21 waren 120 Titel auf dem Markt. Kaum vertreten sind sie dagegen in kleinen alternativen Verlagen wie Rotterpoel, Jaja und Mami. Baubuchs aus Wien bildet da eine bemerkenswerte Ausnahme. Dass das Genre der Biografie vor allem in der Pandemie als ein Rettungsring für die Branche funktionierte, wie die Comic-Expertin Jule Hoffmann die Lage subsummierte, kann kaum angezweifelt werden. Wie Marie Schröer in ihrer 2022 erschienenen Studie über die Comic-Biografie äußerte, befriedige das Genre, Zitat, eine Sehnsucht nach vermeintlich authentischen Geschichten, Slice-of-Life-Erzählungen und dokumentarischen Stoffen, Zitat Ende, und begleitet den andauernden Boom von Comic-Autobiografien. Schreuer unternimmt eine erste Klassifizierung der Comic-Biografien und listet sieben Kategorien auf. Ich mache das sehr kurz. Künstlerinnen-Biografien, Biografien von FotografInnen, von PhilosophInnen und SchriftstellerInnen, von PhilosophInnen und SchriftstellerInnen, SportlerInnen, EntertainerInnen, MusikerInnen, über historische Persönlichkeiten wie Sissi, Charles de Gaulle sowie siebtens über Privatpersonen oder Familie. In dieser Kategorie viele zum Beispiel Maus von Spiegelman sowie generell Comic-Biografien von Verfolgten der Regime von Hitler und Stalin. generell Comicbiografien von Verfolgten der Regime von Hitler und Stalin. Ich führe diese grobe Klassifizierung hier vor allem deswegen an, um die Bandbreite des Phänomens aufzuzeigen und zugleich um die Gender-Kategorie ins Spiel zu bringen. Marie Schröer ist bei ihrer Recherche nicht entgangen, dass in den Comicbiografien deutlich häufiger die Lebensgeschichten berühmter Männer erzählt werden. Was sich mit dem Befund der literarischen Autobiografieforschung deckt, das autobiografische Subjekt ist traditionellerweise männlich, schreibt die Literaturwissenschaftlerin Matthia Wagner-Egelhaff. Auch auf dem Comic trifft es immer noch zu. Die Verschränkung von Biografie und Autobiografie Forschung ist hier naheliegend, weil beide ihren Untersuchungsgegenstand von der ihm prägenden patriarchalen Gesellschaftsordnung kaum trennen können. Diese Verschränkung ist auch in einer Comic-Biografie gegeben, der ich mich im Folgenden widmen möchte. Einmal M. Karlin, Weltbürgerin aus der Provinz, erschienen 2020 im Wiener Verlag Bahu Books. Das Szenario stammt von Marian Pusawet, die Zeichnungen von Jakob Klemenskic, die bei Bahu Books in der Kategorie Grafik Novel beworbene Biografie entstand, ursprünglich auf Slowenisch 2015 und wurde von Erwin Köstler ins Deutsche übertragen. Ich werde im Folgenden die Person Alma M. Kallin und die Forschung zu ihrem Oeuvre kurz vorstellen, den Entstehungskontext der Kominik-Biografie umreißen. Anschließend nenne ich einige Ansätze einer intersektionalen Analyse der Grafik-Novel. Alma M. Kallin war eine 1889 in Zili im heutigen Slowenien geborene Schriftstellerin, die in der literaturwissenschaftlichen wie ethnografischen Forschung aufgrund ihrer autobiografischen Reiseberichte bekannt geworden ist. Hier sind einige Neuauflagen ihrer Bücher. Nach dem Studium an der Royal Academy in London, das sie mit einem Sprachlikon unter anderem in Russisch, Norwegisch, Englisch, Französisch abgeschlossen hat, war sie acht Jahre zwischen 1919 und 1927 auf Weltreise, unter anderem auf Fiji, Neukaledonien, Australien, Japan, Südamerika und Hawaii. Die Eindrücke aus den einzelnen Etappen der Reise hielt sie in der Reisetriologie Einsame Weltreise im Bahnen der Südsee und Erlebte Welt, mit deren Untertitel Die Tragödie einer Frau, der subjektiv geprägte dramatische Ton mancher Erlebnisse signalisiert wird. Karlins Reisetexte haben sie in den 30er Jahren zur meistgelesenen weiblichen deutschsprachigen Reisestiftung gemacht. Die Autorin reiste alleine und verdiente ihren Unterhalt unter anderem durch Sprachunterricht und Übersetzungen, was in den 20er Jahren immer noch eine Seltenheit war. In Karlins Reisebiografie findet man einige Aspekte wieder, die in der Forschungsliteratur zu reisenden Frauen des 19. Jahrhunderts, etwa zu dieser Pfeife auftauchen, unter anderem die Unterstützung der Reisenden durch Missionare oder Notwendigkeit, sich als Mann zu verkleiden, um auf ein Schiff aufgenommen zu werden. Über den Kannibalismus auf Fidji, Annegret Pelt reiht Karlins Perspektive unter die Reiseberichte von Frauen aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts ein und konstatiert, Zitat, ein zum Teil kolonialistisches und eurozentrisches Bewusstsein geht eine merkwürdige Verbindung ein mit der Selbstdarstellung als moderne und emanzipierte Frau, Zitat Ende. Bei Karlin manifestierte sich der emanzipatorische Gestus in dem Anspruch, ein zweiter Kolumbus zu werden. Das Scheitern dieser Vorstellung beschreibt sie mit dem Neologismus aus Kolumbust. Es hat sich aus Kolumbus bei ihr. Hier äußert sich die Zitat Mimikry an tradierten männlichen Formen der Selbstdarstellung, zu der Schreiben der Frauen gezwungen waren, um, Zitat Wagner-Igelhaff, in den autobiografischen Diskurs eintreten zu können. Zitat Ende. Es lässt sich für die Schriften der Autoren feststellen, was in der einschlägigen Forschungsliteratur beobachtet wurde. Zitat auf Englisch. The experience of female travelers are typically located in a gray zone where oscillating feelings of empowerment and disempowerment, Es mag an eben dieser Grauzone liegen, dass der Autor des Szenarios der Comicbiografie und einer der bekanntesten Persönlichkeiten der slowenischen Comicszene, Brian Pusavic, sich dafür entschieden hat, Alma Karlin in ihren eigenen Worten sprechen zu lassen. Und dies wird visuell durch einen Lettering erreicht, der an die Schriftart der Schreibmaschine erinnert. Das zeige ich gleich. Auch wenn er zugibt, also der Szenarist, sich in Momenten der Unsicherheit bei der Komposition der Biografie von der Frage, was würde Alma denken, leiten zu lassen. Das heißt, sich hineinversetzen in Karlin als Hilfskonstruktion nutzt, räumt Pusserwitz ihren O-Ton beim Vermitteln der spezifisch weiblichen Erfahrung vorrangig ein. beim Vermitteln der spezifisch weiblichen Erfahrung Vorrang ein. Es ist übermittelt, dass der Szenarist von der Persönlichkeit Karlins fasziniert war. In einem Interview für das slowenische Comic-Magazin Stryburge erzählte er von der 15 Jahre lang dauernden Recherche und dass er das Verfassen einer Comic-Biografie der Reisenden als eine einfache Alternative zur Arbeit an einer literarischen Biografie gewählt hat. So sind Alma Karlins Beobachtungen, Gedanken, Eindrücke aus den autobiografischen Reiseberichten, aber auch aus dem Nachlass hier eingeflossen. Als eine der zentralen Motivationen für das Projekt nannte Pusawet die Popularisierung des Werks und der Persönlichkeit von Alma Kar Kalin in der slowenischen Kultur. Das kommunikative Potenzial des Mediums sollte also eingesetzt werden, um die sonst ausschließlich auf Deutsch schreibende Autorin aus Zili in Slowenien bekannt zu machen. Dabei muss erwähnt werden, dass Kalin die Meinung ihres Vaters teilte, dass er behauptet haben soll, er habe als Kau- und Kaufzieher keine Nationalität. der behauptet haben soll, er habe als Kau- und Kaufzieher keine Nationalität. In der Forschung zu Kalin wird die Absenz jeglicher sprachlichen Spuren ihrer slowenischen Provenienz in ihren Büchern als signifikant hervorgehoben und als Zeichen ihres Desinteresses an der jugoslawischen Herkunft gedeutet. Es ist also nicht so, dass der Biograf, der übrigens sich an der Übersetzung der Autobiografie Kalins in Slowenisch aktiv beteiligte, also dass er ins kulturelle Gedächtnis Slowenisch eine Autorin zurückholte, die sich die Zeit ihres Lebens nach einer Anerkennung in ihrer Heimat sehnte. Das war eher das Gegenteil der Fall. Als Leitmotiv des turbulenten Lebens von Alman Kalin wählt Pusawet die Figuration des Widerstands. von Alman Kalin wählt Pusherwetsch die Figuration des Widerstands. Ein Aufbegehren gegen jegliche hemmende Umstände wie so zum prägenden Riss der Persönlichkeit der Reiseschriftstellerin. Dabei verfährt der Biograph zumindest auf den ersten Blick konventionell erzählt die Lebensgeschichte von Kalin linear und chronologisch, was bekanntlich ein zentrales Merkmal der männlichen Autobiografie und Biografie darstellt. Gemäß der Regel, dass, Zitat Wagner-Egelhoff, das männliche Ich ein Ziel hat, nämlich das Erreichen einer gesellschaftlichen Stellung, Zitat Ende. Auch die Topoi, an denen entlang die Narration geführt wird, entsprechend dem klassischen Repertoire der rhetorischen Darstellung von einer Person thematisiert werden. Geburt, Erziehung, Gaben des Gemüts, Tugenden, Glück und Unglück, Studien, Schriften, Reisen, letzte Krankheiten, Tod. Bis auf einen kurzen und fast vollständig textlosen Prolog, der die Rückkehr Karlins von ihrer Weltreise kurz vor dem Tod ihrer Mutter zeigt, wird die Linearität nicht aufgebrochen. In vier topografisch ausgerichteten Kapiteln Zili, London, Welt, Celi, erstreckt sich der Lebensweg Amakarlins, ein zweiseitiger Epilog fasst das Leben ihrer Freundin und Lebensgefährtin Thea Gamelin nach Kallins Tod zusammen. In der Gliederung der Biografie fällt der eröffnende und der abschließende Teil auf. Sie bringen eine dezente Brechung in das traditionelle Gerüst der erzählten Lebensgeschichte. Was den Prolog und den Epilog thematisch verbindet, ist die Fokussierung auf die emotionale Beziehung zur Mutter und zur Freundin, denen diese Teile gelten. Im Prolog wird Almas Heimkehr zu ihrer alleine lebenden alten Mutter von Tränen und Lachen begleitet. Die Zusammenkunft der beiden benötigt kaum verbale Kommentare. Die Intensität der Begegnung vermittelt sich in Mimik und Gestik der Frauen. Das kann man links sehen. Die Öffnung der Biografie mit dieser auf der chronologischen Ordnung herausfallenden Episode lässt sich hier produktiv mit dem Befund der feministischen Soziologinnen der 70er Jahre Sheila Robotham und Nancy Chodorow verbinden, demzufolge das weibliche Ich von Interpersonalität bestimmt ist. Zitat Ende. spielt dabei eine prägende Rolle, denn anders als für Jungen, die, so Freud, sich erst durch die Ablösung von der Mutter ihrer Autonomer Männlichkeit ausbilden, besteht für das Mädchen keine Notwendigkeit, die Loslösung von der Mutter zu forcieren. Ob dieser Befund ohne weiteres auf Alma M. Kall hinzutrifft, die nachgewiesenermaßen ein distanziertes Verhältnis zu ihrer Mutter hatte, sei dahingestellt. Entscheidend erscheint mir hier die Hervorhebung der interpersönlichen Ebene in der Konstruktion der Biografie, die mit dem Epilog über die letzten Jahre der Lebensgefährtin von Karlin eine Klammer bildet. Diese Klammer bildet eine Rahmung für die Narration über Karlins lebenslanges Aufbegehren, denn es bettet dieses Aufbegehren in einen breiteren Kontext der weiblichen Sozialisation ein, die psychogenetisch, Zitat, von Identifikation, Interrelation, Gemeinschaftsbewusstsein geprägt sein soll. Es wird also durch die Rahmung einer Spannung signalisiert, die Alma Karlins Lebensweg und ihren genderbedingten Widerstand kontextualisiert. Denn die Konsequenz des relationalen Selbstverständnisses einer Frau sei, wie die Soziologin Rob Bodham schreibt, dass, Zitat, sich das Leben einer Frau gleichsam in einem kulturellen Spiegelkabinett vollzieht, dass der Frau von außen ihre Selbstbilder vorspiegelt. Zitat Ende. Im ersten Teil gilt der Widerstand Karlins den für ein Mädchen aus gutem Haus vorgesehenen Verhaltensnormen. De facto also Verhaltensgrenzen. Kleine Alma wird als eine selbstständige Person inszeniert, die eine Erkundung der Welt sehr früh dem Spiel mit Puppen vorzieht. der Welt sehr früh dem Spiel mit Puppen vorzieht. Für anständiges Aussehen und korrekte Manieren hat das Mädchen wenig übrig. Es flüchtet sich aus Langeweile in eine aus Büchern bekannte Fantasiewelt. In der Pubertät folgt die Konfrontation mit dem ersten Spiegelbild aus dem kulturellen Spiegelkabinett. Zitat Meine Mutter tat es im Innersten weh, dass ich hässlich war. Sie schämte sich für mich und stülpte mir einen pilzförmigen Hut über, unter dem ich fast verschwand. Das war das, genau. Rechts. Erste Akte der Auflehnung gegen die Rollenbilder folgten. Elmar besteht mit 18 die Staatsprüfung in Englisch, reist mit ihrer Mutter nach Venedig und London, notiert erst in London wurde ich wieder Mensch, wirft ihr Mieder ins Feuer und erzwingt bei der Mutter die Erlaubnis, allein nach London aufzubrechen, um dort etwas Neues zu lernen. In London muss sich Alma ihre Diplome in Englisch und Französisch in einem Übersetzungsbüro zuerst als Stereotypistin bewähren, bevor sie ernsthafte Aufträge bekommt. Wegen Belästigung seitens männlicher Mitbewohner muss sie die Wohnung wechseln, entscheidet sich gegen die Heirat mit einem wohl situierten Chinesen und damit gegen das bürgerliche Lebenskonzept. Im schwedischen und norwegischen Exil während des Ersten Weltkriegs fängt sie an, Gedichte und ihren ersten Roman zu schreiben. Monarchie lassen Alma den Plan einer Weltreise in die Praxis umsetzen. Auch diese Entscheidung wird mit der Mutter abgesprochen, mit dem bemerkenswerten Argument, nach der Rückkehr werde die Mutter allen Grund haben, auf sie stolz zu sein. Genau, das ist hier auf dem Bild. Im unvergleichlichen Kapitel Die Welt sieht sich Alma auf ihren Schiffsreisen mit Klassenunterschieden konfrontiert. Ihr Selbstbild leidet beträchtlich unter diversen Unannehmlichkeiten des Reisens im Zwischendeck, denn die Gesellschaft, zu der sie sich zugehörig fühlt, den Luxus der ersten Klasse genießt. Am Land, während eines siebenmonatigen Aufenthalts in einem armen Viertel von Panama, äußert sich das Klassenbewusstsein in Klagen gegen Zitat, schwarze Mischlinge und Schmutz, Zitatende. Hier kommt die Metapher der Spiegelung gesellschaftlicher Erwartungen wieder zum Tragen, wenn Alma sich in den Augen anderer betrachtet und abwertet, Zitat, nichts auf der langen Reise war für mich so furchtbar wie die Blicke der Reisenden erster Klasse, die mich von oben hinauf ansahen. Zugleich wird sie, wie die bereits erwähnte Ambivalenz der weißen reisenden Frauen gegenüber den Angehörigen der Kolonialvölker, virulent. Alma fühlt sich auf Formosa zu einem Asiaten hingezogen, verbietet sich aber den Umgang mit ihm. Zitat Wir weißen Frauen dürfen nicht unsere Rasse verraten. Ich musste unter Europäern leben. Auch wiederkehrende und unverblümt formulierte Vorbehalte gegenüber Männern, deren sexuelle Übergriffe das Reisen beschwerlich machen, vermischen sich zuweilen mit rassistischer und kolonialer Perspektive, etwa wenn sie in Neuginia die Zurückhaltung der englischen Männer preist. Die Kraft unserer Rasse liegt in unserer Seele. Das vierte und letzte Kapitel Celi zeigt Alma in einer Vielzahl von Rollen unserer Lebenssituationen, in denen ihr Widerstandsgeist gefordert wird. Als erfolgreiche Autorin unternimmt sie Lesereisen, darunter viele nach Deutschland. Das werde ich jetzt gleich überspringen. Darum bringt ihr eine Freundin, die Malerin Thea Gamelin, die nach Célie kommt, um die Schriftstellerin persönlich kennenzulernen und nach einem Jahr auch bleibt. Das ist die Freundin auch. Die Frauen ziehen in ein abgelegenes Haus, um sich den homophoben Anfeindungen seitens der Bewohnerinnen zu entziehen. Sie gerät in Konflikt mit den reichsdeutschen Behörden, nachdem sie in den Jahren 1937-39 Gegner des Dritten Reiches bei sich aufnimmt, den Journalisten Hans-Joachim Bonsack und den jüdischen Polizeischriftsteller und Parapsychologen Obalta Tauruga. Das sind die Anfeindungen, hier kann man sie lesen und das sind die Probleme mit den Reichsbehörden. Von 1941 bis 1944 sind ihre Bücher in Deutschland verboten. Sie wird in Celi als einzige Deutsche in Internierungs- und Übergangslage gebracht. Ihr Haus wird mehrmals durch Gestapo durchsucht. Thea Gammelin gelingt es zwar, ihre Freilassung in die Wege zu leiten, aber der Druck seitens des Reichsdeutschen Kulturbundes lässt nicht nach. Sie beschließt, sich den Partisanen anzuschließen. Das werde ich überspringen. Ihr Haus wird vom Staat übernommen. Ihr Antrag auf einen Reisepass wird abgelehnt. Karlin stirbt 1950 und hinterlässt ihr ganzes Hab und Gut der Lebensgefährtin, die später für den Nachlass sorgt. Hab und Gut, der Lebensgefährtin, die später für den Nachlass sorgt. Karlins Widerstand gegen den Nationalsozialismus wird in der Biografie nicht besonders hervorgehoben. Er schreibt sich vielmehr, wie bereits angedeutet, in eine Haltung ein, die zu einer lebenslangen Disposition der Schriftstellerin wurde. Historisch gesehen gehörte der unbewaffnete Kampf gegen den Nationalsozialismus, wie ihn Karlin praktizierte, zu Frauendomäne, Sabotageakte, Verstecken von Nazi-GegnerInnen, Verfassen und Schmugeln von Anti-Nazi-Schriften wurden in vielen Ländern Europas von Frauen durchgeführt. Karlins Fall ist insofern speziell, als sie keiner Organisation angehörte und den Widerstand als eine moralische Aufgabe sah. Ich erfülle nur meine Menschenpflicht, erwidert sie einem Beamten, wenn dieser suggeriert, sie solle weiterhin an ihren Reiseberichten arbeiten. Die Biografie touchiert auch nicht den Fakt, dass Kalins Schützlinge die ihnen gewährte Hilfe über Beanspruchten von Tataruga wurde. Sie bestohlen Ponsack der Karlins Hilfe über die Maßen Beanspruchter, schwängerte eine Frau aus dem Dorf, bevor er aus Europa entkommen konnte. Der Akt des Widerstands wird in keiner Weise romantisiert oder glorifiziert, vielmehr steht er in der Biografie als ein weiterer Beweis dafür, Vielmehr steht er in der Biografie als ein weiterer Beweis dafür, dass Karlins souveräne Haltung stets folgenschwer und von der geschlechtsbedingten Gesellschaftsordnung nicht zu trennen ist. Karlins Lebensgeschichte bietet, ich komme zum Schluss, viel Stoff für eine intersektionale Herangehensweise, vor allem weil sie die Spannungen zwischen den einzelnen Diskriminierungskategorien in einem changierenden Umfeld und auf vielen Ebenen aufzeigen lässt. Alma M. Kallin agiert als weiße, wohl situierte und gebildete Reiseautorin, die zwar aufgrund ihrer Herkunft in Chile wie auch in London Privilegien erwarten konnte, aber im kolonialen und damit potenziert patriarchalen Kontext auf ihren Status als alleinreisende Frau, auf ihr Geschlecht reduziert wurde. Sie agiert als queere und deutschsprachige Frau in der traditionellen und nach der Besatzung durch Nazi-Deutschland, auch potenziert patriarchalen Gemeinschaften von Celie und leistet als zweifach marginalisierte antifaschistischen Widerstand. Sie agiert als Tochter einer Mutter, die die Mutter, die von Männern bestimmten gesellschaftlichen Regeln internalisiert, also die Mutter hat diese Regeln internalisiert und versucht an sie weiterzugeben und die in Karlins kulturellen Spiegelkabinett psychologisch lange eine zentrale Rolle spielt. Es ist sicher auch von Bedeutung, dass Almas Coming Out erst nach dem Tod der Mutter erfolgt. Die Comicbiografie von Pusawitz und Klemenschied bringt die Komplexität der Normierungsprozesse und Diskriminierungsverschränkungen vor allem dadurch zur Geltung, dass die Spannungen innerhalb der vielen kulturellen Spiegelbilder, mit denen Carly konfrontiert war, als solche sichtbar gemacht werden. Eine Distanzierung zum hagiografischen Duktus merkt man explizit im Epilog, wo Thea Gamelins Verherrlichung der verstorbenen Lebensgefährtin lapidar gemerkt wird. Die grafische Gestaltung, die ich hier aus Zeitgründen kaum Platz widmen konnte, folgt mit der realistischen und genauen Zeichnung von Klemenschied, dem Grundton der Erzählung, in dem sie bei äußerster stilistischer Zurückhaltung vor allem die Darstellung und Sichtbarmachung fokussiert. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank für die Beiträge. Funktioniert das, oder? Wir erlauben uns jetzt, dass wir von der Kaffeepause ein bisschen was abzwacken oder sich ein bisschen verschieben. oder sich ein bisschen verschieben. Der Kaffee wird nicht kalt, glaube ich. Und ich denke mir, dass doch viele Fragen oder Wortmeldungen jetzt aufgetaucht sind. Und bitte. Ich habe eine Frage zum Thema der mehreren Perspektiven und zur Multiperspektivität, weil geredet worden ist, die Perspektive der Spanier in Mauthausen, also über diese Comics. Und die Frage, die sich mir stört, ist, hat es jetzt auch schon Beispiele gegeben oder finden Sie die nur wirklich im Untergrund oder im Dark Web, wo auch die rechte Szene versucht, Comics für ihre Ziele vielleicht zu benutzen? Also das sind jetzt nur Beispiele gewesen, wo eben wir als ForscherInnen versuchen, die Comics für die Gedenkstätten zu verwenden, aber gibt es auch schon Beispiele, die vielleicht im Hintergrund oder in der Untergrundszene der jetzigen Rechten, die das genauso versuchen? Gibt es da irgendwelchen Forschungsstand, den es vielleicht gerade gibt oder ist das wirklich alles nur so im Schatten, damit man nicht mit dem Wiederbetätigungsgesetz irgendwie in Konflikt kommt? Vielen Dank für die Frage. Da muss ich gleich ganz eindeutig sagen, wir haben hier einen Experten im Publikum, der sich da auskennt und der sitzt hier vorne, weil Ralf Pahland, soweit ich das weiß, der Einzige ist von uns Comicforschenden, der sich da auskennt und der sitzt hier vorne, weil Ralf Pahland, soweit ich das weiß, der einzige ist von uns Comicforschenden, der eine entsprechende Sammlung hat anlegen können und sich deswegen auch mit den Netzwerken weitaus besser auskennt, als ich das auch nur zusammenfassen könnte. Deswegen würde ich sagen, auf jeden Fall in der Kaffeepause schnappen, weil ich entschuldige mich dafür, dass ich dich jetzt hier so verbrate, aber das ist wirklich, prinzipiell gibt es zu allem Comics. Also wir wissen, sobald es Comics gibt, werden die für alles eingesetzt, was geht. Für rechte Propaganda natürlich auch. Das war aber von Anfang an schon immer der Fall. Was wir eher finden, was in so einem Grauraum ist, sind die vielen Produktionen, die sich eher mit Krieg auseinandersetzen. Es gibt einen unglaublich großen Publikationsdunstkreis, der einfach der Zweite Weltkrieg sozusagen als populäres Thema aufgreift. Und da haben wir am Anfang diese typischen große Männer machen Geschichten, Comics, also noch in den 70er, 80er Jahren, wo dann irgendwie Churchill, Hitler und Stalin irgendwie auftreten und zwischendurch sieht man Männern in Flugzeugen und dann einfach die quasi klassischen Kriegskomics. Also wo es um Krieg der Soldaten gegeneinander geht und alles andere wird so ein bisschen ausgegrenzt und natürlich ist das so gut wie immer irgendwo heroisierend, auch wenn da Antikrieg draufsteht. So ein bisschen wie in den Spielfilmen. Insofern ist, glaube ich, das eher die weitaus größere Gefahr, weil das ist, also Gefahr ist auch schwierig zu sagen, das sind einfach populäre Geschichtsbilder, mit denen wir konfrontiert sind und die sind quasi allgegenwärtig. Und das einzuordnen ist meines Erachtens die weitaus größere Herausforderung, weil wir mit denen einfach öfter konfrontiert sind. Vielen Dank für die spannenden Vorträge. Ich habe eine Frage zu dem Comic Alma M. Carlin. Du hast ja vor allem jetzt auf die Narrative-Ebene abgehoben. Mich würde interessieren die Rolle der Frisur. Also weil du ja genau auch diesen Hut besprochen hast und die Frisur war für mich doch sehr ikonisch auf eine Art. Und wird die auch noch mal weiter thematisiert oder entwickelt? Ja, sie hat sich irgendwann die Haare so kurz abgeschnitten. Und ich glaube, das fällt ungefähr zusammen mit dieser Geste, sie fieft ihr Mieder ins Feuer und es ist als eine Protestgeste zu lesen. Ja, das ist eine spannende Frage eigentlich an sich. Ja, ich hätte dem gerne eigentlich mehr Zeit gewidmet. Eine Frage an Kalina. Ich trage das Mikro aus, oder? Ah ja. Annemarie Schwarzenbach ist beispielsweise verstärkt im Zusammenhang mit Orientalismus analysiert worden. Also sie ist eigentlich eine Orientalistin und Alma Kalin wird auch rezipiert im Kontext von Kolonialismus. Was kannst du auf der zeichnerischen Ebene im Comic finden, was sie sozusagen zur Kolonialistin macht? Also sie ist ja teilweise auch nicht sparsam mit bestimmten sehr identifizierenden Äußerungen gegenüber anderen, also auf ihren Weltreisen und in ihren Büchern. Ja, danke Barbara für diese Frage. Das stimmt, das muss ich natürlich jetzt auch sehr reduzieren, aber ich würde sagen, der Comic versucht, neutral zu bleiben in dieser Hinsicht. Ich meine, wir haben ja die Textebene, wo sie direkt zitiert wird. Und da fallen natürlich diese rassistischen, kolonialistischen Ausdrücke, die kommen dann vor, explizit, aber mein Eindruck war, dass der Zeichner, Klemenskic, dem jetzt nicht so nahe geben wollte, dass er versuchte, etwa bei der Darstellung von Figuren, die sie als schwarz, schmutzig oder wie auch immer bezeichnete, dass er versuchte, damit Schatten zu arbeiten oder immer bezeichnete, dass er versuchte, das da mit Schatten zu arbeiten oder das so darzustellen, dass er selbst nicht diesem Duktus verfällt in der Darstellung. Ja. Ich hätte eine Frage an Frau Gundermann und zwar, Sie haben ja gesagt, es werden Comics immer mehr und immer verstärkter in der Gedenkstätte eingesetzt, also gibt es da Erfahrungen in der pädagogischen Arbeit, also wie unterscheiden sich da Texte also klassische Texte, also Sachtexte ohne Bilder oder illustrierte Texte oder auch Comics. Also wird das von den Jugendlichen anders aufgenommen und gibt es da irgendwelche Erfahrungen? Das wäre eher die Frage, gibt es empirische Forschung dazu? Wir haben ein Grundproblem bei der Arbeit, bei der didaktischen Arbeit mit Comics. Seitdem Comics halbwegs in der Schule angekommen sind, da reden wir so ungefähr von den 1980er-Jahren, gibt es die Idee, dass man damit Jugendliche leichter erreichen kann. Und während das in den 70er- und 80er-Jahren durchaus noch möglich war, spätestens mit den 1990er- und 2000er-Jahren müssen wir eigentlich sagen, es gibt diese große Gruppe an Jugendlichen, die regelmäßig Comics liest, nicht. Es gibt maximal noch heute die eine Gruppe, die Manga liest. Dann gibt es die andere Gruppe, die vielleicht eher noch im Superhelden-Universum eins oder zwei zu Hause ist. Und dazwischen gibt es sicherlich auch Menschen, die lesen, französisch-belgische Comics-Szene. Aber wenn man jenseits von Asterix im lustigen Taschenbuch ist, wird es wirklich wenig. Das heißt, wir können nicht voraussetzen, dass Jugendliche in irgendeiner Art und Weise Vorerfahrung haben, generell. Wenn, dann ist das ein sehr spezifisches Fach- und Fanwissen. Und das heißt, wenn sie in pädagogischen Kontexten mit Comics arbeiten, müssen sie immer einplanen, ich brauche eine Vorbereitung. Ich muss mich mit dem Medium an sich auseinandersetzen. Ich muss das vorbereiten. Ich muss minimal wenigstens wissen, wie Stereotype und Symbolismen im Comic funktionieren, um das überhaupt verstehen zu können, wie Zeit funktioniert, um dann arbeiten zu können. Und das ist meistens tatsächlich was, was in der Universität, in der Schule und manchmal auch in der Gedenkstätte unterschätzt wird, es braucht viel Arbeit. So, jetzt wäre die Frage, hilft das? Macht es das einfacher? Also was die KollegInnen aus der Schule und vor allem aus den Gedenkstätten auf jeden Fall berichtet haben, ist, dass das Interesse sehr groß ist. Dass es aber auch immer wieder die Frage ist, welche Ressourcen habe ich, um das vorzubereiten und durchzuführen? Wie viele KollegInnen können das machen? Bin ich die Einzige, die das macht? Was muss ich dafür haben? Wie viele Kopien brauche ich? Ausgaben und so weiter? Was nutze ich eigentlich? Und das ist dann eher die Frage. Also kann ich das umsetzen? Wie viel Zeit habe ich? Gerade nicht von meinem dreistündigen Workshop mit einer Schulklasse anderthalb Stunden dafür verwenden. Das funktioniert, aber es gibt tatsächlich keine empirische Forschung, die nachweisen kann, dass Menschen leichter oder schneller oder intensiver mit Comics lernen. Dafür müsste man ausreichende Versuchsaufbauten machen und die haben wir weder für die Schule noch für die Gedenkstätte. Und die wird es in absehbarer Zeit nicht geben, wenn ich das ganz pessimistisch dazu fügen kann, weil es mittlerweile dringendere populärkulturelle Themen gibt, die brennen. Nämlich zum Beispiel die Frage, geht das mit Computerspielen leichter oder sollen wir doch lieber in VR und AR investieren? Da bleibt quasi die Förderungslinie eher am Puls der Zeit und dafür sind Comics mittlerweile schon zu bildungsbürgerlich. Das war fast ein bisschen zu deprimierend als Schlusswort. Weil ich habe mir auch schon vorher, wie Sie das gesagt haben, kurz gedacht, naja, sitzen wir jetzt da irgendwie dem Druckschluss auf, sozusagen Gedenkstätten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ü40, also so wie ich jetzt quasi und wir denken uns auch super, jetzt haben wir ein tolles Medium, da kommen wir an die Jugendlichen ran, bloß die Jugendlichen lesen schon längst keine Comics mehr. Ne, also vielleicht doch als Positives aus der Praxis kann ich sagen, was wir überall sehen können, ist, dass ganz viele Gedenkstätten natürlich in neue Computertechnik investieren und in Social Media Accounts und so weiter. Aber das bedeutet nicht, dass die Comic-Angebote deswegen weniger werden oder dass es weniger Bereitschaft gibt, mit Comics zu arbeiten. Und zwar bei den MitarbeiterInnen wie auch bei den Jugendlichen oder Zielgruppen. Also insofern ist eindeutig zu sehen, die neue Technik bremst den Comic überhaupt nicht aus, sondern es ist wie immer eigentlich immer die Frage, ist es eine sinnvolle Erweiterung und was kann ich damit machen, was will ich damit machen? Und meistens sind die Comics dann dafür da, diese künstlerische Auseinandersetzung und Aneignung als Vorbild zu geben oder auch als Vorbild für eine eigene Aneignung. Und da ist er nach wie vor unschlagbar. Besser? Jetzt glaube ich, kommt die Diskussion kurz vor der Kaffeepause noch richtig in den Spur. Ich kann da vielleicht noch etwas aus der Praxis ergänzen. Also ich mache unter anderem auch seit Jahren Comics für Kindermagazine, also so für Apotheken, Verlag oder Sparefroh und ähnliche Sachen. Und meine Erfahrung ist, wenn Kinder nach diesen Kindermagazinen greifen, und ich sehe das ja auch manchmal, sie schauen sich die Witze-Seite an, sie schauen sich die Rätsel-Seite an und sie lesen die Comics. Die Sachbeiträge werden manchmal gelesen, dann wird das Poster rausgenommen. Also ich meine, der Zug ist noch immer in diese Richtung. Was man aber beachten muss, Comic ist nicht gleich Comic. Wenn man die Zielgruppe jugendlicher Kinder erreichen will, dann muss das auch so aussehen. Es gibt ein Beispiel von einer Biografie, ein Comic über die österreichische Nachkriegsgeschichte, von Heinz Fischer erzählt. Das ist von jemandem gezeichnet, der einen holzschnittartigen Stil hat, der, wenn überhaupt, Gravel-Novel oder Karikaturartig ist. Das war für Kinder gedacht. Das spricht sie gar nicht an. Das war ein riesiger Flop vom Überreuter Verlag. Wenn man die Zielgruppe ansprechen möchte, dann muss man das auch in dem Stil gestalten, dass es für sie lesbar ist. Insofern glaube ich sehr wohl, dass es nach wie vor eine gute Zukunft hat. Man kann nur nicht glauben, wir haben jetzt einen Comic und das sind drei Bilder und dann zwei Sprechblasen und damit erreichen wir jetzt automatisch die Jugend. Ich beende die Diskussionsrunde jetzt nicht, weil endlich das passende quasi Plädoyer kam, Diskussionsrunde jetzt nicht, weil endlich das passende quasi Plädoyer kam, sondern weil ich auf die Uhr schauen muss und ich würde sagen, wir sparen fünf Minuten zumindest bei der Kaffeepause ein, machen vielleicht nur eine Viertelstunde und treffen uns fünf vor halb wieder, oder? Dankeschön für die Beiträge. Applaus