8. Dezember. Interview im Magazin Zeitgeist. Auszug aus einem Online-Interview, das die Szeneredakteurin Jojo Bramftl für Zeitgeist, das ultimative Magazin für Menschen von übermorgen, mit dem heiligen Nikolaus und dem Krampus geführt hat. Das Interview wurde rechtzeitig am Wochenende vor dem 6. Dezember abgedruckt. Zeitgeist. Meine beiden Herren, zuerst möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie sich so spontan bereit erklärt haben zu diesem Interview für Zeitgeist. zu diesem Interview für Zeitgeist. Heiliger Nikolaus, ich bitte Sie, es ist mir doch ein Vergnügen, mit so einer charmanten Dame zu plaudern. Krampus, ach komm, Alter, spar dir den Schmus. In Wahrheit bleibt uns doch gar nichts anderes übrig, als uns mit euch Zeitungs- und Medienfritzen abzugeben. Bei er nennt man das heute und bei er ist wichtig, das wissen wir auch. Also was soll's? Zeitgeist. Nun ja, danke jedenfalls. Vielleicht gehen wir gleich zur ersten Frage. Wo, meine Herren, halten Sie sich momentan gerade auf? Heiliger Nikolaus, wir sitzen in unserer Zentrale in Wien. Wir sind mitten in den Vorbereitungsarbeiten für meinen Namenstag und wir freuen uns schon sehr darauf, wieder in die leuchtenden und erwartungsfrohen Kinderaugen blicken zu dürfen, wenn wir Ihnen die Geschenke überreichen. Krampus, meine Güte, warum lügst du eigentlich so viel? Einen Dreck bin ich in Wien, einen Dreck bin ich in der Zentrale. Ich sitze hier in Sydney im Internetcafé. Ich hasse den Winter, müssen Sie wissen. Und wo er sitzt, das weiß ich nicht. Will ich auch gar nicht wissen. Reicht, wenn wir uns am 5. Dezember bei der Anprobe wieder begegnen. Und freuen auf die Gestrappen, dass ich nicht lache. Auf die Nerven gehen sie mir, die Gfraßter, von Jahr zu Jahr mehr. Ich kann sie schon gar nicht mehr sehen, diese ungezogenen, vorlauten Knilche. Heiliger Nikolaus, ach komm, Krampel, warum bist denn schon wieder so unausgeglichen? Seit Jahren sage ich dir das jetzt schon, dass du nicht in den Süden fliegen sollst, wenn es bei uns kalt wird. Du bist dann unausstehlich jedes Mal, wenn du auf den 6. Dezember zurückkommst. Krampus, lass mich in Ruhe, du Wanderprediger. Also, liebe Frau, machen wir bitte rasch. Die Klimaanlage hier herinnen ist auch nicht mehr das neueste Modell. Fürchte ich her mit den Fragen, bitte sehr. Zeitgeist. Naja, ich habe mir schon gedacht. Krampus. Interessiert mich nicht, was Sie gedacht haben. Die Fragen. Heiliger Nikolaus. Wenn du dich nicht benimmst, lasse ich dich von unserem Systemgurer hinausschmeißen aus der Leitung, Freund Krampus. Entschuldigen Sie bitte, Frau Bramftl, es sollte nicht mehr vorkommen. Zeitgeist. Also, als Einstieg nenne ich Ihnen ein Stichwort und Sie assoziieren bitte spontan und ehrlich, so ehrlich als möglich. Verstehen Sie mich? Krampus. Herr damit. Zeitgeist. Heiliger Nik Sie mich? Krampus. Herr damit. Zeitgeist. Heiliger Nikolaus. Krampus. Um Gottes Willen. Haben Sie denn nichts Interessanteres auf Lager? Heiliger Nikolaus, das lag doch keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Heiliger Nikolaus. Und Sie wollen Zeitgeist-Magazin sein? Na gut, also Nikolaus. Naja. Nikolaus Lauda. Niki halt, eh klar. Der mit dem verbrannten Ohrwaschel und der Marmalade, Antiglatzenkappe. War ja ein ziemlich wilder Hund früher. Und jetzt, na ja, ist er auch nicht mehr das, was er einmal war. Muss halt auch schauen, dass er seine Brötchen verdient, der Typ. Wieso sie den Nikolaus getauft haben, ist mir immer noch ein Rätsel. Wodurch der Nikolaus, also der Heilige, wodurch der meines Wissens sein Lebtag noch nie in einem Rennauto gesessen ist, wo der doch nicht einmal einen Führerschein hat. Aber was soll's, er braucht ja keinen, lässt sich ja ohnehin schon seit Jahr und Tag von mir herum chauffieren. Aber der Grenn, der Bischof, der klettert auch schon manchmal in so ein Teufelsgefährt vom Rennauto hinein, der Herr Sportbischof. Damit er wieder in allen Zeitungen ist, zumindest in den Kleinformatigen. Der ist vielleicht deine Nummer, der taucht doch überall auf, wo eine Kamera oder ein Mikrofon ist. Der ist ein Profi, wie der Lauder, der Niki, dem sein Urweichl siehst auch alle Tage in irgendeiner Zeitung oder im Fernsehen. Also, wenn Sie mich fragen, Frau Jojo, ich finde, dass die Story mit dem heiligen Nikolaus ziemlich abgelutscht ist. Alles Lug und Trug. Der macht auf lieber guter Onkel, beschenkt die Kinder mit Sachen, die ihm vorher die Kindeseltern zugesteckt haben, erzählt Geschichten, macht sich wichtig erziehungsmäßig, eine Viertelstunde überall vielleicht, redet den Kindern lieb und nett ein bisschen ins Gewissen und lobt sie anscheinend anschließend gleich, dass es Ärger nimmer geht, hubt sie anscheinend anschließend gleich, dass es Ärger nimmer geht, lässt mir den öden Part mit der Rute und der Kette. Nicht einmal zu Wort lässt er mich kommen bei den Kindern. Ein schöner Beschiss ist das, kann ich Ihnen nur sagen. Zeitgeist. Naja, danke auf alle Fälle für Ihre ehrliche Antwort, Herr Krampus. Und Sie, Herr Nikolaus, woran denken Sie, wenn Sie Ihren Namen hören? Heiliger Nikolaus. Der heilige Nikolaus, also der heißt ja eigentlich Bischof Nikolaus, der kommt aus Myra. Das liegt im Süden der Türkei. Schön ist es dort. Aber früher waren die Menschen dort sehr, sehr arm. Und da hat es eine ganz, ganz arme Familie gegeben. Der Vater hat keine Arbeit gehabt. Die Mutter ist bald verstorben. Und so hat der Vater halt die Kinder alleine aufgezogen. Er hat sich total aufgeopfert. Aber es war nichts zu machen. Sie konnten halt gerade überleben. Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben, wie man bei uns so sagt. Und immer wieder wollten die Kinder halt doch auch was zum Spielen und ein paar Süßigkeiten. Aber das war natürlich nicht möglich, weil ja kein Geld da war. Das hat der heilige Nikolaus irgendwann mitgekriegt und den Kindern dann eines Nachts so Sackerl mit kleinen Spielsachen und Süßigkeiten vor die Haustür gestellt. Und die Kinder haben die Sachen gefunden am nächsten Morgen. Und da waren sie natürlich total begeistert und haben wissen wollen, woher die Sachen gekommen sind. Und dann hat sich der Vater auf die Lauer gelegt und hat gesehen, dass der Bischof Nikolaus auch anderen armen Kindern solche Sackerl vor die Tür gelegt hat. Und seit damals gibt es eben diesen Brauch. Ein wunderschöner Brauch übrigens und eine sehr christliche Geste. Zeitgeist, danke lieber Nikolaus für diesen Ausflug in die Vergangenheit. Kommen wir aber sozusagen zum Abschluss unseres Interviews zurück in die Gegenwart. Wie stehen Sie in der heutigen Zeit zu diesem Brauch, meine Herren? Heiliger Nikolaus, ich finde es wunderschön, dass wir auch heute noch diesen Brauch pflegen. Ich freue mich wirklich immer wieder, wenn es auf den 6. Dezember zugeht. Dieser Tag ist jedes Jahr der Höhepunkt für mich und ich möchte ihn nicht missen müssen. Ich bin ein sehr weichherziger Mensch, wissen Sie, und mir geht es Jahr für Jahr sehr zu Herzen, wenn ich sehe, wie sehr sich die Kleinen freuen, wenn ich komme. Und wenn ich einmal bemerke, dass dort oder da ein Kind kein Sackerl bekommt, dann schaue ich halt, dass auch bei diesen armen Kindern spätestens am nächsten Morgen auch ein kleines Sackerl liegt. Das ist heute wie damals. Und das ist das Schöne. Krampus. Ich finde, dass das alles eine verlogene Angelegenheit ist. Wer kriegt denn die Geschenke? Ich meine die wirklichen, die, die die Kinder erwarten. Nicht die Süßigkeiten-Sackerl mit den Kleinigkeiten drinnen. Wer kriegt denn die? Das sind doch nur die Kinder der Reichen. Die kriegen dann in ihren neuen Kinderzimmern und ihrem Fernseher dazu für ihr Kinderzimmer und ihr Superbike mit Full Suspension. Und die anderen, die Kinder der Armen, die werden mit den kleinen Sackerln abgespeist, wo die Nüsse, das Obst und die Schokoladenikoläuse drinnen sind. Eine Ungerechtigkeit ist das, die zum Himmel schreit. Wie immer und überall, die Großen ja, die Kleinen nein. Naja, vielleicht, aber nein, wenn es unbedingt sein muss. Bei den Kindern fängt es an und es hält das ganze Leben an. Kein Armer hat eine echte Chance, ein Reicher zu werden. Und wenn einmal ein Reicher arm wird, dann muss der aber wirklich ein Volltrottel sein. Es gibt keine soziale Gerechtigkeit. Zeitgeist? Nun ja, sehr interessant, diese Auffassungsunterschiede. Eine letzte Frage noch, bitte um kurze Antworten, weil wir sonst zu lang werden. Ist die Rolle, die der Krampus heute spielt, überhaupt noch zeitgemäß? Krampus, sage ich ja, total verlogen. Glauben Sie, dass ich jemals irgendeinem Kind etwas getan habe? Nie und nimmer. Und trotzdem fürchten sich die Kleinen vor mir, egal wo ich auftauche. Die einen verstecken sich hinter der Mami, die anderen unter dem Wohnzimmertisch. Die ganz Ängstlichen rennen ins Klon, sperren sich dort ein, wenn sie mich sehen. Das ist doch kein Leben. Das ist doch ein Scheißjob, oder? Heiliger Nikolaus, naja, so schlimm ist es auch wieder nicht. Ich steuere eben so gut es geht dagegen, gegen diese Angstmache. Wenn ich merke, dass die Kinder sich fürchten, dann deute ich dem Krampal ohnehin, dass er hinter mir bleiben soll und nicht herumhüpft und faucht und mit seiner Kette herumschlägt. Wir kriegen das, glaube ich, schon ganz gut hin. Zeitgeist, vielen Dank, meine Herren, für dieses Interview und viel Erfolg für Ihre nun bald bevorstehende Arbeit.