Einen schönen guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren. Mein Name ist Stefan Kögelberger. Ich darf Sie ganz herzlich heute im Stifterhaus begrüßen zu einer Verlagspräsentation des Janin Verlags. Bitte begrüßen Sie mit mir gemeinsam den Verleger des Genin-Verlags, Benedikt Vöger. Herzlich willkommen im Stifterhaus. Benedikt Vöger wird uns nicht nur einen Überblick, denke ich, über die Neuerscheinungen des Verlagsprogramms geben, sondern auch ein paar Worte zum Programm generell oder zur Programmgestaltung des Janine Verlags verlieren. Die beiden Bücher, um die es heute gehen soll, sind zwei Neuerscheinungen des Janine Verlags. Zum einen Wolfgang Pennwiesers Roman Jeder Mensch ist eine Insel und zum anderen eine neue Erzählung von Wolfgang Herrmann, Insel im Sommer. Es freut mich ganz besonders, dass beide Autoren heute persönlich anwesend sind und auch für uns lesen werden. Bitte begrüßen Sie mit mir Wolfgang Herrmann und Wolfgang Pennwieser. Im Frühjahr 2004 hat Benedikt Vöger den 1999 vom österreichischen Journalisten und Buchautor Hubertus Cianin gegründeten Cianin Verlag als Geschäftsführer in der Gesellschaft übernommen. Seit 2014 ist er zudem Präsident des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels. Er ist in Ried im Innenkreis geboren, ein waschechter Oberösterreicher sozusagen und wir freuen uns sehr, dass im umfangreichen Verlagsprogramm des Cianin-Verlages auch zahlreiche oberösterreichische Autorinnen und Autoren immer wieder vertreten sind. Zum Beispiel wird Christian Steinbacher im Herbst im Cianin-Verlag ein neues Buch herausbringen. Der Präsentationstermin ist, denke ich, sogar schon fixiert hier im Stifterhaus. Ganz kurz zum Verlag. In der Selbstdefinition heißt es, Zitat, der Verlag wolle für unbequeme Themen sensibilisieren, den kritischen Diskurs innerhalb der Gesellschaft fördern und so das demokratische Prinzip unterstützen. Und weiter, Zitat, gleichzeitig neue literarische Trends aufspüren und der jungen intellektuellen Szene eine Plattform bieten. Das ist sehr anspruchsvoll, es gelingt dem Janine Verlag aber immer wieder, wie ich finde. Und in diesem Sinne freuen wir uns auf einen anregenden Abend mit den beiden Neuerscheinungen Jeder Mensch ist eine Insel von Wolfgang Pennwieser und Insel im Sommer von Wolfgang Herrmann. Mir bleibt nur noch zu sagen, dass das Literaturcafé gegenüber nach der Veranstaltung für Sie für Erfrischungen zur Verfügung steht, dass die Autoren gerne bereit sind, Bücher zu signieren, die sie hinten am Büchertisch erwerben können. bereit sind, Bücher zu signieren, die Sie hinten am Büchertisch erwerben können. Und ich bedanke mich nochmal bei den Mitwirkenden und wünsche uns einen anregenden Abend. Ich übergebe das Wort an Benedikt Vöger. Bitte sehr. Danke, Herr Kögelberger. Überhaupt danke für die Einladung, dass wir hier nach Linz eingeladen wurden. Das freut zumindest den Herrn Pennwieser als Oberösterreicher und mich als gebürtigen Oberösterreicher. Ganz besonders, ganz so waschecht war ich nie. Ich bin zwar im Innenviertel geboren und aufgewachsen, habe dort maturiert, Da war ich nie, bin zwar im Innenviertel geboren und aufgewachsen, habe dort maturiert, aber mein Vater war Tiroler und wir waren hauptsächlich immer in Tirol gemeldet, was die Rieder irgendwie ganz wahnsinnig gemacht hat, weil daler haben versucht, uns irgendwas irgendwie anzubieten. Die Rieder haben uns ein bisschen bedroht und haben gesagt, ihr dürft gar nicht wählen da und so. Und wir haben dann mit Wahlkarten, weil in Tirol hat Wahlpflicht geherrscht, es war immer sehr verwirrend, aber wir waren sehr gerne da. Und ich bin froh, dass ich jetzt nicht zu 100 Prozent mich so bemühen muss, wie in Wien zu sprechen, wo ich mich dann immer verhaspel, wenn ich ins Oberösterreichische kippe. Wie der Herr Kögelberger schon gesagt hat, kurz zur Verlagsgeschichte und wie ich dazu gekommen bin, Verleger zu werden, also im Rahmen der Verlagspräsentation jetzt zu Beginn von den zwei Lesungen, die wir hören werden. Ich habe ursprünglich Biologie studiert und als Wissenschaftsjournalist gearbeitet bei der Tageszeitung Die Presse im Spektrum und habe dann im Jahr 2001 aufgrund meines Interesses auch ein Biologiestudium und viele meiner Professoren waren Schüler von Konrad Lorenz, also der Irinia Seibel-Eibesfeld zum Beispiel oder der Antal Festedic, Rupert Riedl, Bernd Lötzsch. Und es war immer irgendwie, wir begonnen im Jahr, das war mein zweites Semester, als Konrad Lorenz gestorben ist, und da gab es eine Ausstellung am Biologiezentrum in Wien, wo ich studiert habe, und bei dieser Ausstellung war eine Gesamtpublikationsliste von Konrad Lorenz, und die Publikationen aus den Jahren 1939 und 1941 haben gefehlt auf dieser vollständigen Liste. Und das ist mir aufgefallen und ich habe mir dann gedacht, ich schaue in der Unibibliothek und in keiner Bibliothek waren diese Artikel zu finden. Man wusste schon darüber, es wurde auch publiziert, es war auch im Rahmen der Nobelpreisverleihung 1973 ein Thema, dass Konrad Lorenz eine Nähe zum Nationalsozialismus hatte. Aber es wurde eben von seinen Schülern einfach schön geredet und verdrängt und verschwiegen. Also in dem Fall eben in dieser Ausstellung auch aktiv verschwiegen. Und ich habe dann im Jahr 2001 den NSDAP-Antrag von Konrad Lorenz im österreichischen Staatsarchiv gefunden, der handschriftlich formuliert war, wo drinnen gestanden ist, ich war selbstverständlich immer Nationalsozialist, mein ganzes wissenschaftliches Arbeiten und Denken steht im Zeichen des Nationalsozialismus und ich habe das dann in der Presse veröffentlicht, es hat sehr viele Reaktionen ausgelöst und daraufhin hat mich Rupertus Cernin, der einen jungen Verlag hatte, kontaktiert und gefragt, ob ich nicht ein Buch schreiben möchte zu dem Thema. Das habe ich dann gemacht, gemeinsam mit Klaus Taschwer, der damals beim Falter tätig war und den ich aber gar nicht kannte. Ich wusste, er beschäftigt sich mit dem Thema und kann gut schreiben. Und im Jahr 2001 ist dann das Buch Die andere Seite des Spiegels, Konrad Lorenz und der Nationalsozialismus im Janin-Verlag erschienen. Und ich hatte so den Kontakt zum Verleger Hubertus Janin und zum Verlag. Und Hubertus Janin, der vorher Chefredakteur und Herausgeber vom Profil war und bekanntermaßen diese ganze Waldheim-Affäre ins Rollen gebracht hat und den Fall Grohe zum Beispiel ins Rollen gebracht hat. Der war zwar noch nicht alt, aber schon erkrankt, einer seltenen Autoimmunerkrankung und hat im Jahr 2003 eine Nachfolge für den Verlag gesucht. Und ich habe das dann gemeinsam mit einem Kollegen übernommen. Es war die Idee von Janine eigentlich, dass wir das machen sollten. Und mittlerweile mache ich das seit vielen Jahren alleine. Wollte aber eigentlich schon in meiner Jugend Verleger werden. Ich habe neben Biologie auch Germanistik studiert. Beides übrigens nicht abgeschlossen, sondern nur sehr lange studiert, aber ich bin dann in den Journalismus abgetrifftet und dann hat sich das irgendwie nie wieder ergeben. Jedenfalls als ich dann im Verlag die ersten Jahre noch gemeinsam mit Hubertus Janin die Verantwortung hatte und er dann 2006 sehr früh, also mit 50 Jahren, verstorben ist, dann habe ich irgendwie gemerkt, wir beschäftigen uns, und das war ja das Zitat auch, mit Themen, die sonst keiner aufgreift. Also der Verlag ist nach wie vor, glaube ich, international der einzige, der eine ganze Reihe hat zum Thema Raubkunst und Restitution. Die ganze Provenienzforschung, die jetzt in allen Museen und Auktionshäusern stattfindet, die gab es damals nicht. Das wurde alles eigentlich durch die Arbeit von Hubertus Cianin erst ins Rollen gebracht. Und das bekannteste oder erste Buch des Verlages heißt ja Die Fälschung, der Fall Bloch-Bauer und das Werk Gustav Klimts. Das ist letztendlich nicht nur das Buch, aber die Arbeit daran von Janin zur Restitution von vier Gemälden von Gustav Klimt aus der österreichischen Galerie Belvedere geführt hat. Gemälden von Gustav Klimt aus der österreichischen Galerie Belvedere geführt hat. Da gibt es auch einen Film drüber, die Lady in Gold, einen Hollywood-Film, wo Hubertus Janin von Daniel Brühl gespielt wird. Und wir haben nach wie vor eine Buchreihe, die Bibliothek des Raubes, und da sind wir nach wie vor die einzigen, das sind mittlerweile zwölf Bücher, die sich nur mit dieser Thematik beschäftigen. Dann hatten wir sehr viele politische Bücher im Programm, haben wir nach wie vor, sehr viel Zeitgeschichte und sehr viel Aufarbeitung des Nationalsozialismus, aber auch die Kontinuität danach, also nach 1945, was ist mit den Menschen passiert, wo wurden die wieder integriert und wo ist das Leben eigentlich für die so weitergegangen, während die anderen nie wieder eingeladen wurden, zurückzukommen. Und ich erzähle es deshalb so ausführlich, weil es mit meiner Motivation auch zu tun hatte, Literatur zu machen. Das hatte nicht nur den Grund, weil es mich interessiert hat, sondern ich habe auch gesehen, aus psychohygienischen Gründen ist es auch notwendig, von diesen schweren Sachbuchthemen in der Arbeit manchmal wegzukommen. Und obwohl die Literatur ja auch nicht immer leicht ist, und das sind auch beides keine ganz leichten, flockig lockeren Bücher nur, die jetzt beispielhaft stehen für das Programm des Janin Verlags, wollten wir einfach Literatur machen und nach wie vor macht es ungefähr jetzt, also seit 2005, wo wir das begonnen haben, ungefähr ein Drittel unseres Programms ist also Literatur, vornehmlich österreichische Autorinnen und Autoren, Literatur, vornehmlich österreichische Autorinnen und Autoren, manchmal in Einzelfällen Übersetzungen. Und ein Charakteristikum des Verlages oder etwas ganz, ganz Wichtiges ist, dass wir unsere Autoren auch wirklich, wir den Autoren und Autorinnen die Treue halten und das natürlich auch von denen erwarten, auch wenn sie dann erfolgreich werden. und das natürlich auch von denen erwarten, auch wenn sie dann erfolgreich werden. Das ist ein Charakteristikum österreichischer Verlage, dass Autoren dann oft zu großen Verlagen mit einem späteren Buch wechseln. Und wir pflegen das Werk und wir pflegen die Backlist, also auch die älteren Bücher, bei uns wird nichts verramscht. Und wir pflegen das Werk unserer Autorinnen sehr intensiv und machen eben nicht nur ein Buch. Wir machen sicher nicht jedes Buch, das führt oft zu Enttäuschungen bei Autoren, die schon bei uns sind und man sagt dann, das finden wir jetzt nicht so passend, das sind oft schwierige Diskussionen, aber wir arbeiten weiter. Also wir sehen uns schon in einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit den Autoren über mehrere Jahre. Also es gibt Autoren, die schon elf, zwölf Bücher bei uns im Verlag veröffentlicht haben, sowohl im Sachbuch als auch in der Literatur. Christian Futsch ist ein Beispiel, zum Beispiel auch ein Vorarlberger. Und wir kümmern uns auch nachhaltig darum, dass diese Bücher medial wahrgenommen werden, einen guten Vertrieb im Buchhandel finden und auch ordentlich hergestellt und gemacht werden. Beim Wolfgang Penwieser war es so, dass wir uns schon kannten eigentlich und ein erstes buch gemacht haben das mit seiner arbeit als psychiater zu tun hat als arzt damals als noch angehender oder schon für fertiger das war eine eine kolumne in der fußball magath im fußballmagazin palästina eine sehr gute platzwunde wo es um sportverletzungen in erster Linie geht, aber sehr humorvoll geschrieben. Und wir haben das dann als Sammelband vor vielen Jahren schon, ich weiß das Jahr jetzt gar nicht mehr, herausgebracht. Und vor einigen Jahren haben wir das erste literarische Werk herausgebracht, Ich und Vater. literarische Werk herausgebracht, Ich und Vater. Und jetzt eben das Buch, um das es heute geht, Jeder Mensch ist eine Insel. Und ich glaube, bevor wir dann darüber sprechen, also der Plan wäre gewesen, dass ich beide Autoren kurz vorstelle und dann die ungefähr 20 Minuten aus ihrem Buch Ihnen was vorlesen und wir dann noch zu dritt eine kleine Gesprächsrunde machen über die Bücher und über die Verlagsarbeit und das Schreiben. Und wenn ich dich bitten darf, Wolfgang, dann. Vielen Dank, Benedikt. Die Stimmen sind laut. Lauter als gestern. Wallner sitzt im Wohnzimmersessel. Vor dem Kleingartenhaus versammeln sich die Menschen rund um zwei kaputte Elektrogeräte. Ein Fernseher und ein Radio liegen auf der Straße. Wallner hat sie aus dem Fenster geworfen. Es hat an seiner Situation jedoch nichts verändert. Weiterhin sagen die Stimmen zu ihm. Im Trott Wallner ist heute gegen 7.30 Uhr tödlich verunglückt. Sie wollte mit ihrem Fahrrad die Straße überqueren und wurde von einem Autobus erfasst. Vermutlich konnte der Busfahrer die Pensionistin von der tiefstehenden Sonne geblendet, nicht sehen. In den Fernsehnachrichten wurden dieselben Bilder wie zu den 13 Uhr Nachrichten gezeigt. Es war der gleiche Beitrag. Wallner ging daraufhin in die Küche und schaltete auch dort den Fernsehapparat ein. Er wollte überprüfen, ob sich die Meldungen glichen. Kurz darauf warf er das Gerät aus dem Fenster. Die Berichte hörte er weiter, und so flog das Radio hinterher. Die Stimmen lachten ihn dafür aus. Wallner wusste, dass er nicht auch noch seinem Wohnzimmer Fernseher hinauswerfen müsste, die Stimmen würden bleiben. Wallners Mutter ist schon lange tot. Vor knapp 26 Jahren ist sie an den Folgen von Brustkrebs, der Metastasen entwickelt und sich in der Lunge, in der Leber und zuletzt im Gehirn angesiedelt hatte, gestorben. Wallner wurde danach krank und ist bis heute nicht geheilt. Er hat gute Zeiten erlebt mit seiner Erkrankung, ohne die er nicht weltberühmt geworden wäre. Im Moment ist Wallner mit den Stimmen beschäftigt. Genau genommen wird er von den Stimmen beschäftigt. Vor 26 Jahren forderten sie ihn auf, Dinge zu tun, die er nicht wollte. Beinahe hätte er damals dem Gemeindearzt eine Bierflasche über den Schädel geschlagen. Er konnte sich kaum noch zurückhalten. Viele Wochen verbrachte er danach im Krankenhaus. Die Nachbarn vermuteten, dass Wallner nie wieder aus dem Spital herauskommen würde und überlegten, wie sie sein Grundstück untereinander aufteilen könnten. Doch Wallner ist wieder nach Hause gekommen. Mit der Rettung wurde er heimgebracht und alle in der Siedlung waren sich sicher, es wird nicht lange gut gehen. Das ist nun über 20 Jahre her. Inzwischen steht die Rettung wieder vor Wallners Haus und ein Sanitäter klopft gegen die Tür. Wallner hört das Klopfen nur dumpf und weit entfernt. Er sitzt in seinem Fernsehsessel und verfolgt erneut die Nachrichten. Das hat nichts mit dir zu tun, denkt er. Er weiß, dass die Berichte nicht stimmen können. Er weiß, dass es sich bei ihm, Trott Wallner, nicht um seine Mutter handelt, obwohl die Nachrichtensprecherin sagt, ihr Sohn ist nun ein Waisenkind er weiß dass sie das nicht sagen würde trotzdem hörte es trotzdem sie der es auf dem bildschirm und es macht ihm angst wenn der bericht nun doch wahr ist vielleicht hatte sich den tod seiner mutter eingebildet womöglich sind die nachrichten für ihn gemacht worden um ihn wahnsinnig zu machen. Vielleicht stecken die Nachbarn dahinter, die ihn manipulieren wollen. In den vergangenen Jahren versuchten die Nachbarn tatsächlich, ihn zu vertreiben und haben ihn mehrmals angezeigt. Sie bedrängten den Bürgermeister, mit Wallner endlich abzufahren. Es sei eine Zumutung, wie einem wie dem Wallner zu leben, im Verschämt, dass er, der Bürgermeister, nicht schon lange was unternommen habe, sagten sie. Man könne die Kinder nicht allein aus dem Haus lassen, wenn so einer in deiner Nähe wohnt. Es sei das ganze Leben nichts wert, mit einem Nachbarn wie dem Wallner. Der Empörung voranschritt die Visavi-Nachbarin im Hauskleid, die Wallner seit Jahren beobachtete und fotografierte. Zwei dicke Ordner hatte sie inzwischen gesammelt mit Bildern, die zeigen, wie er Bäume oder Mülltonnen bemalt. Damit begann er nach der ersten Krankenhauseinweisung. Der Bürgermeister sagte dazu, es ist auch nichts Schlimmes passiert und Wallner ist ein eigenartiger, aber friedlicher Mensch. Er stand zu Wallner und sicherte ihm zu, solange ich Bürgermeister bin, wirst du, lieber Wallner, immer in deinem Schrebergartenhaus wohnen dürfen und ich werde noch sehr lange Bürgermeister sein. Wallner hat von diesem Zeitpunkt an die Bürgermeisterpartei gewählt, obwohl er eigentlich ein Roter ist. Als Wallners Kunst Bekanntheit erlangte und erste Journalisten in der Siedlung auftauchten, um den Grünschnitt-Container zu fotografieren und ehrfurchtsvoll die bemalten Mülltonnen betrachteten, kam es zur Spaltung der Kleingartenbewohnerseele. Zum einen war man stolz auf Walners Erfolg und schrieb sich Teile dessen selbst zu, andererseits passte jemand wie Walder nicht zu ihnen. Man liebte Recht und Ordnung, das normale Leben ohne Aufregung. Die schönste Unterhaltung war der alltägliche Tratsch, das Zusammenkommen mit der Familie an Sonntagen, der Besuch von Sportveranstaltungen und das Fernsehprogramm am Feierabend. galt der selbstgemauerte Ziegelgriller zunächst als das Maß aller Dinge, wurde dieser im Lauf der Jahre vom Kugelgrill und zuletzt vom Gasgriller abgelöst. Wichtig waren eine exakt geschnittene Hecke und vor allem Sauberkeit. Es sollte ordentlich aufgeräumt sein, im eigenen Garten und in der gesamten Anlage. Darüber herrschte unter den Bewohnern Einigkeit. So stand es in der Siedlungsordnung, in den Vereinsstatuten und auf den Hinweistafeln, die an allen Eingängen zur Siedlung angebracht waren. Es galt Gehwege in der Anlage freizuhalten, bei Schneefall zu räumen, bei Glastast zu streuen und Hunde waren ausnahmslos an der Leine zu führen. Der Grünschnitt musste in dem dafür vorgesehenen Orangen-Grünschnitt-Container entsorgt werden. Wenn dieser voll war, hatte man bis zur nächsten Entleerung zu warten, die einmal wöchentlich am Dienstag stattfand. am Dienstag stattfand. Zur Grünschnittzeit im Herbst standen manche Bewohner dafür, um 5 Uhr morgens auf, um nach der Containerentleerung durch den Gemeindearbeiter das Hackgut, den Grünschnitt und das zusammengerechte Laub in den leeren Behälter zu kippen. Sie freuten sich bei dieser Arbeit wie Kinder und hatten das Gefühl, etwas Bedeutsames zu erledigen. Im Leben eines Kleingartenbesitzers hatten Dinge ihren festen Platz. Der Hammer kam in die Werkzeugküste, der Rasenmäher in den Geräteschuppen und der Gartenschlauch war an der Wandhalterung aus wetterbeständigem Kunststoff aufgerollt. War alles verstaut und geordnet, stellte sich ein Gefühl der Ruhe und der Vollständigkeit ein. Der Gemeindearzt steht vor dem Küchenfenster und ruft. Wallner, ich bin es. Wallner, was ist los? Warum liegen der Fernseher und das Radio auf der Straße? Die versammelten Nachbarn stellen ihre Gespräche ein und lauschen. Sie drehen ihre Ohren in Richtung des Wallnerschen Hauses und nicken sich bedeutungsschwanger zu. Dr. Malik klopft an die Haustür. Dr. Malik klopft an die Haustür. Walna, machen Sie doch die Tür auf. Erinnern Sie sich, was wir ausgemacht haben? Lassen Sie mich rein. Doch aus dem Haus kommt keine Antwort. Zufällig bemerkte Wallner, dass seine Gedanken ruhiger wurden, wenn er Werbeprospekte, die täglich mit der Post ins Haus kamen, bemalte. So begann er zu zeichnen und hielt sich bald schon stundenlang damit auf. Den auf der Reklame abgebildeten Frauen verlängerte er die Haare und die Wimpern. Die beworbenen Produkte verzierte er mit Sternenkreisen und allerlei Symbolen. Manchmal zeichnete er den Personen Sprechblasen, in die er Sätze schrieb wie höfliche verlogene Nachbarschaft, müssen mich am Arsch lecken. Oder, liebe Mama, herzliche Grüße von deinem Kind. Die Arbeiten wurden kreativer. Wallner fertigte Skizzen von Vögeln oder Ameisen an. Die Tiere hat er im Garten und in seinem Haus beobachtet. Es waren einfache, zweidimensionale Skizzen, die an Kinderzeichnungen erinnerten. Mit unrealistischen Größenverhältnissen erstellte er keinen Anspruch an diese Bilder. Er zeichnete des beruhigenden Effektes wegen. Bald schon gab es keine Zeitung mehr, die nicht auf beiden Seiten angemalt war. Kein weißer Fleck blieb ausgespart. Also bemalte er die Tapete in seinem Wohnzimmer. 25 Jahre zuvor hatten seine Mutter und seine Großmutter diese selbst geklebt. Sie hatte Blumenornamente in Orange und Braun. Die Zeit hatte die Farben verblassen und die Tapete ein einheitlich gelbliches Kolorit annehmen lassen. Die vertikal verlaufenden Verzierungen waren noch gut zu erkennen. Wallner malte an einzelnen Stellen die Konturen mit Kugelschreiber nach. Er ließ Amseln an Blumen riechen und Ameisen die Wände hochkriechen. Bei dieser Tätigkeit fühlte er sich frei. Seine Gedanken galten dem nächsten Strich und sein Geist beruhigte sich augenblicklich. Gedanken galten dem nächsten Strich und sein Geist beruhigte sich augenblicklich. Er verlor sich mehr und mehr im Zeichnen. Die Nächte wurden zum Tag und die Tage verschwammen. Bald schon wusste er nicht mehr, welcher Wochentag war. Er vergaß auf den Einkauf, das Schlafen und die Körperpflege. Je bedrohlicher die Vorgänge um ihn herum wurden, umso intensiver malte er. Am Tag seiner Einweisung vermochte er nicht zu sagen, wann er zuletzt geduscht oder sich rasiert hatte. Wallner, weißt du, wie sie uns nennen? Die Gestörte und der Geisteskranke, sagte Natascha. Sie saßen auf dem mit schwarzen Baustahlgittern abgesicherten Raucherbalkon der Psychiatrie. Walner war nun seit fünf Tagen hier. Natascha zum zwölften Mal in diesem Jahr. Walner ist der Einzige, der sich aushält, hat der Nachtpfleger gestern zu mir gesagt. Dieses Riesenarschloch. Bei der letzten Fixierung hatte er seine ekelhaften Hände ständig auf meinem Busen. Ob meine Titten ausschlagen würden, habe ich ihn angeschrien. Wallner, sag mir, bin ich wirklich so schrecklich? Kann es mit mir keiner aushalten? Wallner wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte. Er mochte Natascha, sie war freundlich und zeigte ihm, was er als Psychiatrie-Neuling wissen musste. Daher sagte er, du bist nett und ich mag dich, den Rauch mag ich nicht. Er blies den Qualm von Nataschas Zigarette zu ihr zurück, der sich daraufhin in der Luft auflöste. Wallner ging nur ihr zuliebe mit auf den Raucherbalkon. Du musst mich beschützen, hatte Natascha gesagt. Auf dem Raucherbalkon sitzen die Alkoholiker, die mich anmachen. So konnte er überredet werden. Die Asche der Zigarette fiel auf Wallners Hauspantoffel. Natascha hockte sich vor ihm hin, legte mit der Zunge ihren Daumen und den Zeigefinger ab und nahm sie behutsam auf. Siebenmal wirst du die Asche sein, aber einmal auch der helle Schein. Einmal auch der helle Schein, verstehst dulle schein verstehst du das wahl das verhältnis ist sieben zu eins sieben mal scheiße für einmal super ist es das wert wahl ist es das wirklich wert wie kommst du auf sieben zu eins fragte wahl der mafia singt das über sieben brücken musst du gehen das ist doch ein lied das ist doch nicht echt meinte wahl es das, über sieben Brücken musst du gehen. Das ist doch ein Lied, das ist doch nicht echt, meinte Walner. Es ist bestimmt nicht sieben zu eins, es ist besser, sagte er. Walner, du glaubst, dass aus den Steckdosen Stimmen kommen und die Ameisen hinter den Fußleisten mit dir reden, aber sieben Brücken ist nur ein Lied? Walner, du gefällst mir. Du bist echt verrückt, lieb verrückt. Wallner wusste wieder nicht, wie er das einordnen sollte, aber Natascha sagte, er sei lieb. Das hatte noch kein Mädchen zu ihm gesagt. Weißt du, Wallner, wir sind unsichtbar krank. Die Menschen sehen unsere Qualen nicht. Es gibt keine Anzeichen unseres Leidens. Unbemerkt und langsam gehen wir daran zugrunde. Psychische Erkrankungen sind stumm. Wir leiden leise und sterben lautlos. Es ist ein Ertrinken. Ertrinken ist immer still. Kleinkinder, die ins Wasser fallen, schreien nicht. Sie sind plötzlich weg und keiner hört, wie sie ums Überleben kämpfen. Uns hört man auch nicht und doch kämpfen wir. Walner, du bist Meister des Rückzugs, ein Unsichtbarer. Niemand nimmt Notiz von dir. Ich habe beschlossen, nicht mehr stumm zu sein, sondern mich zu wehren, mir nichts gefallen zu lassen. Auch ich habe gelitten, stumm und einsam, habe mir die unterarme Blut geschnitten und niemanden davon erzählt. Schneiden hilft, um die Anspannung zu ertragen. Sekunden nach dem Schnitt fühlt man sich leichter. Doch es hält nicht an. Es war auch ein Versuch, die Leere zu füllen, von der ich niemandem erzählen konnte, um mich nicht lächerlich zu machen. Mein Leid ist lächerlich, dachte ich. Heute weiß ich, dass es eine Krankheit ist. Ich mag es trotzdem nicht. Aber ich kann mich dagegen wehren und versuchen, mein Leiden zu verstehen. Was ich inzwischen gelernt habe, ist, dass ich mich nicht mehr benutzen lasse. Das ist vorbei. Ich schlage zurück. Ich schlucke nicht mehr, ich schreie stattdessen. Natascha ergriff behutsam nach Walnas Hand und erfragte, wann er endlich schreien würde. Ich weiß nicht, warum ich schreien soll, sagte Walna. Mir ist die Stille lieber. Natascha, wenn du schreien musst, dann schrei. Was für dich richtig ist, kann für mich falsch sein. Natascha legte ihren Kopf an seine Schulter und seufzte. Walna, du bist ein Philosoph. Sie waren im Zwischen allein auf dem Raucherbalkon und genossen die Stille. In zwei Minuten würde die Schwester kommen und ihnen vorschlagen, am Mittagsspaziergang teilzunehmen. Es wurden zwei innige und ruhige Minuten. Walner hatte noch nie zuvor eine solche Verbundenheit gespürt. Natascha hatte noch nie zuvor eine solche Ruhe gespürt. Zwei Tage später wurde Natascha aus dem Krankenhaus entlassen und einen Tag danach wieder aufgenommen. Sie hatte sich zwölf Schnitte im linken Unterarm zugefügt und die Tabletten einer halben Schachtel Albrazulam geschluckt. Beides zusammen war nicht tödlich, das wusste Natascha. Bei Wallner überwogen die Freude über ihre neuerliche Aufnahme und die Aussicht auf weitere gemeinsame Tage die Sorge um sie. Der Gemeindearzt sitzt nach wie vor auf der Bank vor Wallners Haus und ist sich sicher, dass Wallner die Medikamente abgesetzt hat. Bei den letzten Terminen gab es Andeutungen in diese Richtung. Eine andere Erklärung für die plötzliche Verschlechterung gibt es für Malik nicht. gibt es für Malik nicht. Walner weiß, was Natascha ihm über die Schauspielerin im Fernsehen mitteilen will. Er soll ihr folgen und ins Wasser gehen, in die blaue Donau. Doch wie kommt er am Hausarzt vorbei, der vor seiner Tür wartet, und wie schafft er es mit seinen schweren Beinen bis zum Fluss? Er ist schwach und kraftlos. Erneut scheitert der Versuch aufzustehen, obwohl er sich mit den Unterarmen kräftig gegen die Sessellehne stemmt, bewegt sich der wuchtige Körper nur Zentimeter nach oben. Schwer, sagt er in den Polstersessel zurück und spürt einen Gegenstand in seiner Hosentasche. Er holt einen Kugelschreiber hervor. Walner erinnert sich, wie der Concierge des Oslo Agrarhotels den Kugelschreiber bei seiner Abreise schenkte und die Stimme seiner Mutter intadelte, da er nicht laut genug Danke gesagt hatte. Er nimmt die Zeitung, die auf dem Couchtisch vor ihm liegt, und zeichnet mit dem Kugelschreiber kräftige Striche darauf. Wallner übermalt das Bild einer blonden Politikerin mit offenen, glatten, schulterlangen Haaren. Sie ist elegant gekleidet und trägt eine Perlenkette um den Hals. Inzwischen ist der Gemeindearzt über den Zaun in den Garten gestiegen und beobachtet Wallner durchs Fenster. Vorsichtig klopft Malik gegen die Scheibe, doch Wallner reagiert nicht. Obgleich er es dumpf und weit entfernt hören kann, will er sich auf die Nachrichten konzentrieren, in denen soeben von einem Unfall in Kritzenbach berichtet wird. Irmtraut Wallner ist heute gegen 7.30 Uhr tödlich verunglückt. ist heute gegen 7.30 Uhr tödlich verunglückt. Sie wollte mit ihrem Fahrrad die Straße überqueren und wurde von einem Autobus erfasst. Vermutlich konnte der Busfahrer die Pensionistin von der tiefstehenden Sonne geblendet nicht sehen. Der Fernseher im Wohnzimmer ist abgedreht. Das rote Stampin-Lämpchen leuchtet wie zum Beweis dafür. Wallner blickt zur Küchenkommode und sucht nach dem dortigen Gerät, doch es steht nicht mehr auf seinem gewohnten Platz. Nicht nur der Fernsehapparat, auch das Radio ist verschwunden. Stattdessen sitzt dort eine Amsel, die ihn frech anschaut und eine Ameise im Stapel hält. Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Wolfgang Hermann ist Vorarlberger, kein Oberösterreich wie wir anderen und ist schon seit vielen Jahren eine Größe, ein bekannter Autor in der nicht nur ö Zusammenarbeit und dass es gelungen ist, ihn für den Janine Verlag zu gewinnen. Im Jahr 2012, glaube ich, veröffentlichte er das Buch Abschied ohne Ende. Über das Traum eines Mannes, der den plötzlichen Tod seines 16-jährigen Sohnes erleben muss. Und so wie vorhin möchte ich gar nicht inhaltlich viel zu dem neuen Buch jetzt sagen. Er kann es selber tun, wenn er es vorab möchte oder einfach zu lesen beginnen. Und dann haben wir noch Gelegenheit, darüber zu sprechen. Danke. Applaus Guten Abend, herzlichen Dank für die Einladung hierher und für die sehr lieben Worte von Benedikt Vöger zu meiner Begrüßung. von Benedikt Vöger zu meiner Begrüßung. Ich lese aus Insel im Sommer, drei kleine Abschnitte und erkläre dann die Übergänge, damit Sie ungefähr den Faden sehen. Hier kann man sich ein Glas schenken. Ich hoffe, die Akustik ist gut. Nicht so gut? Ohne das näher annehmen zu müssen. So? Ist das besser? Es haltet ein bisschen. ist gut. Nicht so gut? So? Ist das besser? Es haltet ein bisschen. Für mich haltet es. Also ich höre mich selber. Ein bisschen weiter weg vielleicht. Jetzt ist es, glaube ich, besser vom Abstand. Sie sah mich an, wie mich noch nie eine Frau angesehen hatte. Als würde sie eine Tür öffnen. Als würde sie mich einlassen in einen verborgenen Raum. Als würde sie mich wählen. Mich, der ich eigentlich nicht mehr existierte. Es gab mich nicht mehr. Seit jenem Morgen, als ich meinen Sohn tot in seinem Bett fand, gab es den, der ich einmal war, nicht mehr. Ich weiß nicht genau, wie viele Jahre ich in der Hölle war. Es fiel Schnee, es wurde Sommer und es fiel Schnee immer wieder. Meine Frau hatte mich längst verlassen, meine Freunde hatten nach und nach die Geduld mit mir verloren. Ich hörte Sätze wie, ja, es ist schlimm, dir ist das Schlimmste passiert, aber du musst kämpfen, bitte kämpfe. Ich verstand nicht, wovon sie sprachen. Ich hatte keine Lust, immer dieselben Erklärungen abzugeben. Ich hatte keine Lust zu erklären, was mit mir geschah. Woher kam die schreckliche Angst? Sie überfiel mich wie ein Raubtier, sie drückte mir die Kehle zu. Meine Wirbelsäule gefror von innen. Mein Herz raste davon. Es ging los, wenn die Bilder mich überfielen. Der Morgen. Das Zimmer meines Sohnes. Ich will das alles jetzt nicht wiederholen. Ich habe es meiner Therapeutin hundertmal erzählt. Es hat mir nicht geholfen. Ich habe es meiner Therapeutin hundertmal erzählt, es hat mir nicht geholfen. Ich verschwand. Der Mensch, der ich gewesen war, verschwand. Jeder Gedanke verschwand. Alles, was ich denken konnte, war, er ist tot. Aber ich verstand nicht, was ich dachte. Ich begriff nur, dass nichts mehr war und werden würde, wie es einmal gewesen war. Aus der Hölle, die ich seit jenem Morgen, als ich Fabius tot in seinem Bett fand, eingetreten war, entkam ich nicht. Es halfen weder Schlaf noch Therapie. Es verging nur Zeit. Die Furchen in meinem Gesicht wurden tiefer, doch was bedeutete das schon? Ich hatte meinen Blick so lange nicht mehr erhoben, doch jetzt, als ich dieses Leuchten, das auf mir ruhte, spürte, erhob ich ihn. Ich erschrak, denn ich war es nicht mehr gewohnt, gesehen zu werden. Ich war im Lauf der Jahre unsichtbar geworden. Doch nun sah mich diese Frau an und ich spürte, dass ich da war, nicht nur ein Gerüst, über das sich Haut spannte. Ihre Augen leuchteten mich an dort beim Friseur, als ich unsicher zum Ausgang ging, den Blick gesenkt und diese Nähe spürte, einen Wärmestrom, und meine Augen öffnete. Sie sagte etwas, das ich nicht verstand, doch im Klang ihrer Stimme erkannte ich einen feinen Akzent, dessen Herkunft ich nicht deuten konnte. Ich spürte nur ihre Wärme, sah nur das Leuchten. Unsicher öffnete ich die Tür, ließ ihr den Vortritt. Sie dankte mit einem Lächeln. Nun würde sie ihrer Wege gehen, doch das Leuchten würde mich begleiten. Ein paar Schritte noch, bis ich wieder in meiner Trübnis verschwende. Doch sie wandte sich mir zu und sagte etwas. Ich verstand es wieder nicht. Ihr Lächeln verstand ich. Wir gingen zusammen ein paar Schritte. Es waren die ersten Schritte, die anders waren nach so langer Zeit. Sie ging neben mir, als wäre ich ein ganzer Mensch. Und an der nächsten Ecke, als klar war, dass sich unsere Wege jetzt trennen würden, fragte sie mich, ob ich Lust hätte auf einen Kaffee. Mich durchfuhr ein warmes Staunen. Wie kam es, dass diese Frau mich sah? Woher kam sie? Wie aus dem Nichts. Es war eine schöne leichte Stunde im Kaffee und als wir von dort auf die Straße traten, wusste ich ihren Namen, Christina, ihre Telefonnummer, wusste, dass sie Spanierin war, verheiratet, keine Kinder und ich war mit ihr für den nächsten Tag verabredet. Ich verstand nichts, aber es war schön, zum ersten Mal war wieder etwas schön. weiter im Kapitel 4. Inzwischen hat sich ein Verhältnis entwickelt zwischen diesem Ich-Erzähler und dieser unbekannten Christina, die zwar verheiratet, aber doch eine einsame Frau ist, weil sich ihr Mann nur für seine eigene Welt interessiert. Und diese Frau, dem Ich-Erzähler anbietet, sie möchte ihren Mann verlassen, er muss nur Ja sagen, und sie möchte ein Kind mit ihm haben, ist es für diesen Ich-Erzähler unmöglich, diesen Schritt zu tun. Da er sein Kind verloren hat, hat er das Gefühl, es ist nicht möglich für mich. Das kann ich, das ist nicht möglich für mich. Meine Wohnung hatte durch Christinas Anwesenheit neu zu atmen begonnen. Das Sofa, auf dem wir so oft gesessen hatten, sah nun erbärmlich verlassen aus. Im Bett streckte ich meine Hand nach einem Schatten aus. Obgleich sie immer nur wenige Stunden hatte bleiben können und zwischen ihren Besuchen viele Tage vergangen waren, hatte sie doch einen Rhythmus in mein Leben gebracht. Nun reihte sich Leerstelle an Leerstelle, die Zeit rückte nicht voran, ich ging wie ein Gefangener in meiner Wohnung auf und ab. Als ich noch Frau und Kind eine Aufgabe hatte, kannte ich die Lehre kaum. Und wenn sie sich an einem trüben Sonntagnachmittag wie Nebel im Haus ausbreiten wollte, hatten wir sie mit einem Gespräch, mit einem Besuch bei Freunden zum Verschwinden gebracht. Nun stand sie wie eine zähe, feste Masse in meinen Räumen, aus denen sie nicht mehr weichen wollte. Ich hätte einen Freund anrufen und ihm bei einem Spaziergang von Christina erzählen können, aber ich wollte nicht reden. Meine Augen wollten schauen, meine Beine wollten gehen, meine Sinne wollten neue Landschaften sehen. Noch ein paar Tage im Käfig und ich würde innerlich erblinden. Zu Hause warf ich ein paar Kleider, ein paar Bücher in meine Reisetasche und bestieg am nächsten Tag einen Zug, der mich nach Paris brachte. Ich bezog ein kleines Hotel unweit des Luxemburgs und schlenderte Tag für Tag durch die Stadt. Es war eigentlich kein Schlendern, dafür waren die Schritte um mich herum zu schnell. Es war eigentlich kein Schlendern, dafür waren die Schritte um mich herum zu schnell. Anfangs fühlte ich mich wie ein Fremdkörper und auch in mir spürte ich eine Leere, einen uneinholbaren Abstand zwischen dem Menschen, der ich hier einmal gewesen war, und dem, der jetzt wie ein Schatten durch die Straßen ging. Doch selbst als Schatten spürte ich in dieser schnellen, ganz nach außen gekehrten, eitlen Stadt, was mich damals, als ich hier lebte, getragen, fortgerissen hatte mit einem Atem, der einen nahen Puls des Lebens zu sein verlangt. Ich war in diese Stadt gekommen, hungrig nach dem Wind einer großen, freien Stadt, dem Leuchten in den Augen der Menschen. großen, freien Stadt, dem Leuchten in den Augen der Menschen. Ein inneres Feuer hatte mich durch die Straßen getrieben, eine Glut, die mich alles aufsaugen ließ. Ja, es war Hunger nach dem Wind der Welt, nach dem Leben, so wie ich es mir vorstellte. Ich war in einem abgehausten, versifften Hotel nahe der Garde Lyon für billiges Geld abgestiegen. Frühmorgens trieb mich der Gestank der Gaskrocher aus den Nachbarzimmern, aus dem Bett. Die Wände schienen aus Pappe, ebenso die Türen, die den Gestank nicht aussperrten. In diesem zugigen Kasten mit den Pappwänden und der sich bis ganz nach oben unter dem Dach verjüngenden und schließlich so engen Treppe, dass man den Koffer hinter sich heraufziehen musste, da stand mein Bett. Dort oben in den versifften, winzigen Zimmerchen hausten stumme Gestalten, die den Blick auswichen und sich wegduckten, als erwarteten sie Schläge. Das Kochen war in den baufälligen Schuppen streng verboten, doch jeder in diesem Verschlag tat es. Alles in diesem Hotel stank zum Himmel, doch blieb ich mehrere Wochen darin wohnen, vielleicht weil es mich etwas wie Abstieg fühlen ließ. aufgefangen werden würden, gestalten, wie ich sie aus den Parisbüchern von George Orwell oder Henry Miller kannte. Ich hielt es darin eine Zeit lang aus, trieb mich von morgens bis spätnachts in der Stadt herum. Ja, ich erging mir diese Stadt, lernte sie kennen und lieben, entdeckte Lieblingsecken und solche, die ich nicht zweimal zu sehen brauchte. Die Brücken über die Seen wurden meine Atemstationen, meine Ruhebrücken. Direkt vom Pont Neuf führt ein Durchlass hinein in die Place Dauphine, wo man sich wie auf einer In Gefühl inmitten dieses Häusertreiecks. Ich entdeckte auf meinen Streifzügen kleine Nischen, in denen ich etwas wie Weltwind um meine Schläfen spürte. Ein Gefühl, als wäre ich endlich angekommen im Herzen der Welt, im Herzen dessen, was fortan meine Welt sein sollte. Ich musste meine Tage hier nützen, musste den Weltwind in mich aufnehmen, mich von ihm formen lassen, um der zu werden, der verborgen in mir schlummerte und von dessen Existenz ich nie erfahren hätte, hätte ich nicht den Sprung heraus aus der Enge gewagt. Damals hatte ich mich in der Enge geglaubt, doch die wirkliche Enge, ganz andere schwarze tiefe aus der kein weg heraus führt lernte ich später kennen viel später nachdem mein traum von paris verblasst und ich zurückgekehrt war in ein anderes leben mehr eine familie aufgebaut hatte mich doch ein sohn beschenkt sein gesk, das ich verlieren sollte und kennenlernen sollte, was wahre Enge wirklich bedeutet, vollkommene Verlorenheit. Jetzt war ich zurück im großen Motor dieser Stadt, wurde hineingesogen in die Schächte der Metro und wieder ausgespuckt. Für einige Tage war es gut, hin und her gerissen zu werden, von den tausend Körpern auf den Straßen, im Wind auf den Seenbrücken zu stehen, in den großen Museen von Bild zu Bild, von Skulptur zu Skulptur zu gehen. Ich ging auf meinen Spuren von damals, ging in die alten Wege, streifte durch die Butchomont, unweit derer ich eine Zeit lang gewohnt hatte, draußen bei der Porte de Lila. Ich nahm den 75er-Bus statt einwärts, auf dessen hinterer Plattform ich so gerne gestanden und die hinter mir schwindenden Häuserzeilen betrachtet hatte, aber es gab keine Busse mit Plattformen mehr. Zeilen betrachtet hatte, aber es gab keine Busse mit Plattformen mehr. Ich saß in meinem Café de l'Industrie, unweit der Bastille, ging über die geliebte Place des Vosges ins Marais, machte Halt im kleinen Fährer Cheval, wo ich so oft an der hufeisenförmigen Bar gestanden hatte, ging hinunter an die Seen, querte die Ile Saint-Louis, ging hinter Notre-Dame ins Quartier Latin, wo ich im Café La Palette saß und dann weiter an Odeon vorbei in den Luxembourg, saß noch im Select am Boulevard du Montparnasse, nahm den RER nach Saint-Emile-et-Chevreuse, wo ich damals oft halbe Tage in der Landschaft gegangen war, um das Zittern der Stadt aus meinen Gliedern zu bekommen. Schon auf dem Bahnhofsvorplatz war die Stille wie ein großer Raum. Die Pendler verliefen sich rasch in einer Seitengasse. Zurück blieb ein einzelnes Schulkind, das mit seiner Beute aus einer Bäckerei wieselte, eine junge Mutter, die ihren Kinderwagen auf die Straße entlang schob, Mobiltelefon am Ohr und weiter draußen am Ende des Dorfes in den Wiesen das Schnauben von Kühen, mit dem auch der unruhige Stadtschritt sich verlangsamte, hinauf in die bewaldeten Höhen. Bei Einbruch der Dunkelheit, als in schnellem Rhythmus die Pendler aus dem Bahnhof strömten, bestieg ich den leeren RER, der mich zurückbrachte in den großen, flimmernden Motor der Metropole, wo ich mit von der Waldluft frischen Augen mit Begeisterung durch die Straßen ging. In der Cinémathèque lief Jean Estage, La Maman et la Pita, dieser wunderbare Film, der mir schon früh an Paris gezeigt hatte, in dem sich meine Sehnsucht eingenistet hatte wie in einem Kokon. Zurück auf der Straße brauchte ich das Gehen, um in die Gegenwart zurückzufinden. So streifte ich Tag für Tag durch diese Stadt, in der ich einmal hatte für immer bleiben wollen. Doch irgendwann hatte mich die Realität des Geldes eingeholt. Bei einem Besuch in der Heimat hatte sich eine berufliche Möglichkeit aufgetan und ich sagte meiner Stadt aller Städte, lebe wohl. Ich hatte nur so lange in der Heimat arbeiten wollen, bis ich mir wieder eine längere Auszeit in Paris würde leisten können. Doch bald lernte ich Angela kennen, die meine Frau und die Mutter meines Sohnes wurde. Ich hätte mich wieder für eine Zeit in Paris einrichten, hätte meine Straßen, meine Cafés, meine Museen, meine Plätze, meine Vorstadtwälder durch Streifen mich im Dahintreiben vergessen können. Ich hatte mich schon vor einiger Zeit an der Universität beurlauben lassen, aber meine Cafés, meine Straßen und Plätze waren mir fremd geworden. Ich war nicht mehr der, der sich leicht durch sie hatte treiben lassen. Ich war nicht mehr der Mensch, der ich gewesen war. An den vertrauten Plätzen spürte ich meine innere Leere umso schmerzhafter. Es zog mich hinaus in die Weite, ich musste mich treiben lassen in größere Landschaften, mit der Sehnsucht nach einer Ankunft im Herzen, irgendwo, wo alles von selbst zu sich käme. So unbestimmt war mein Gedanke, als ich in der Garmont-Parnasse in den Hochgeschwindigkeitszug in den Süden stieg, der wie eine Rakete durch endlose Rapsfelder schoss. der wie eine Rakete durch endlose Rapsfelder schoss. In Marseille-Saint-Charles stieg ich benommen aus, gab meine Tasche in ein Schließfach und ging die große Treppe hinab in die Stadt. Das Licht fiel gleißend bis in die hintersten Winkel der engen Gassen. Ich suchte nach den Ecken der Stadt, die ich von früheren Abstechern kannte. Ich durchstreifte die Marktgassen mit den magribinischen Ständen, auf denen sich Pyramiden aus Nüssen, Gewürzen, Getreide, Obst türmten. Beim Schlechter hingen gerupfte Hühner vom Haken, ein gehäutertes Lamm lag auf einem Holzbrett, übersät von Fliegen. Im offenen Büro des Écrivain Public ließ sich ein alter Mann im Cellaba einen Brief aufsetzen. Ich hatte vergessen, wie sehr man hier gesehen wird, ich spürte nicht nur einen stechenden Blick. Ich hatte lange nicht am Vieux-Port gesessen, umgeben vom Geruch des Meeres, den Blick auf die tausend Bootsmasten und hinter ihnen den schweren Körper eines Ozeandampfers gerichtet. Das Licht strömte als raumfüllender Fluss vom Himmel, zeichnete harte Schatten hinter den Häusern, hinter den Körpern und umgab die Haut mit einem eigenen Hauch, der ihre Poren öffnete. Vom Meer stieg ein Glitzern auf, das alles müde Leben aufweckte. Ich saß im gleißenden Meereslicht und hatte das Gefühl, als käme ich nach langer Zeit in der Nebelzone endlich ans Licht. Ich hatte die Freunde von damals lange Jahre nicht gesehen. Das Leben hatte mich anderswo hingeführt. Nun wollte ich sie wiedersehen, draußen in ihrem wunderschönen Haus, unweit von Aix. Ich warf einen letzten Blick hinaus aufs Meer. Ich wollte bald wiederkommen und länger an der Küste bleiben. Und ging hinauf in die höher gelegene Stadt, saß am Cours Julien, wo ich in einem anderen Leben in Cafés und Bars gesessen hatte. Den, der ich damals gewesen war, gab es nicht mehr. Nun saß ein Mann mit gebrochenem Herzen an diesem Ort, der mir damals Verheißung gewesen war. Jugend, unendlich offener Horizont. Jugend, unendlich offener Horizont. Mein Herz war damals den Farben der Schönheit zugeflogen mit einer unstillbaren Sehnsucht. Als ich Jahre später meinen Sohn im Arm hielt, wusste ich, wem meine Sehnsucht gegolten hatte. Mein Sohn verwandelte mich, machte mich zum Mann. Und ich wollte Mann sein für die wunderbare Frau, die mir diesen Sohn geschenkt hatte. Tief in Gedanken ging ich zurück zum Bahnhof und nahm den Lokalzug nach Eix. Ich ging langsam durch die ockerfarbene Stadt, voll Begeisterung über ihre Schönheit. In den Kronen der großen Platanen woben die Zikaden ihren rauen Klangteppich, der die Luft so verdichtete, dass man auf ihr gehen zu können glaubte. Überall huschten, plauderten, gingen fröhliche Menschen. Der Cour Mirabeau war erfüllt von Farben und Wohlleben, von den Tischen auf den Kaffeeterrassen duftete es nach Köstlichkeiten. Wie oft hatte ich hier gesessen und das Leben in meinen Adern gespürt. Ich hatte nur einen Steinwurf von hier gewohnt, in der Rue Manuel nahe dem Justizpalast. Vom Chur ging ich dorthin, stand vor dem alten Haus, sah hinauf zu den hohen Fenstern meiner ehemaligen Wohnung und wunderte mich, wohin meine Wirklichkeit von damals verschwunden war, wunderte mich über den, der jetzt hier stand und hinauf sah zu den Fenstern seiner Vergangenheit. Ich spürte noch, wie es sich angefühlt hatte, dort in den hohen Räumen mit den Tomet-Fußböden und den schweren alten Deckenbalken, dort am offenen Fenster, durch das das Lachen und die Fröhlichkeit junger Passanten gedrungen war. Ich war so glücklich gewesen, als ich mir diese schöne Wohnung genommen hatte in dieser wunderschönen Stadt. Es war wie eine Ankunft in einem neuen Leben gewesen, doch so selbstverständlich, als hätte alles in mir darauf gewartet, hier in dieser alten Stadt im Herzen der Provence zu leben. Dieses Hochgefühl hatte mich getragen auf meinen Streifzügen durch die Stadt und vor allem durch das Umland. Nun ging ich als Schatten durch die Bilder von damals, doch ich lebte, ich war hier in der von Schönheit erfüllten Stadt. Ich nahm mir ein Zimmer in einem kleinen Hotel in einer versteckten Seitenstraße, wusch mich, zog mich um und ging zurück zum Cour Mirabeau. Ich setzte mich ins Deux Garcons und bestellte Fisch und Weißwein. Später nahm ich ein Taxi und fuhr hinaus ins Land der roten, der ockerfarbenen Erde nach Le Tolonais. Ich hatte meine Freunde nicht angerufen. Sollten sie nicht da sein oder nicht mehr dort wohnen, so war es eben so. In einer Kehre öffneten sich die Kronen der Kiefern. Da sah ich sie nach so langer Zeit wieder, die Saint-Victoire, deren Felswand in so viele Lichtschattierungen übers Land dunkelte. Der nahe Kiefernwald zitterte vom Rasseln der Zikaden, als ich vor der Bastide aus dem Wagen stieg. Ich bat den Fahrer zu warten, bis sich zeigte, ob jemand zu Hause war. Da kam Karol aus dem Garten, dunkelgebräunt, mit ungläubigem Blick. Sie gab mir drei Wangenküsse, dann drückte sie mich. Was für eine Überraschung, wiederholte sie immer wieder. Pierre, Kinder, schaut mal, wer da ist. Ich war nicht sicher gewesen, ob sie mich noch erkennen würden. Und nun wurde ich von Pierre umarmt, von zwei wunderschönen jungen Frauen mit einem Lächeln begrüßt. Ich hatte zuletzt die Kette an Saras Fahrrad eingehängt, da war sie keine zehn Jahre alt gewesen. Jetzt war sie eine blühende Schönheit und ihre Schwester Nora nicht weniger. Karol und Pierre führten mich hinters Haus in den Schatten der Pergola, von wo man auf den großen herrschaftlichen Garten sah, an dessen Ende einige Skulpturen standen. Wir setzten uns an eben jenen Holztisch, an dem wir vor so langer Zeit schon gesessen hatten. Pierre schenkte mir ein Glas Weißwein ein und mit dem ersten Schluck spürte ich, dass meine Füße jetzt den Boden berührten. Wie viele Jahre seit meinem letzten Besuch hier vergangen waren, sah ich an Sarah und Nora, die wie mir schienen aus Freundlichkeit so taten, als erinnerten sie sich an mich. So viel Zeit war vergangen in einem anderen Land, in das ich ohne Begeisterung nur aus Vernunftgründen zurückgegangen war, denn hier in der Provence hat es für mich keine finanzielle Zukunft gegeben. Dort hatte ich mir eine eigene kleine Welt aufgebaut, mit Frau und Kind und Beruf. Und nun war das alles dahin. Hier am Tisch im Kreis dieser glücklichen Familie, ja, man sah und spürte deutlich, dass es diesen Vieren gut ging. Wurde mir wieder klar, wie tief unten ich in diesen Jahren seit Fabius tot gewesen war. Ich spürte eine große innere Schwere und Müdigkeit, fühlte mich in mich eingeschlossen und unfähig, die Leichtigkeit, die hier im Garten des wunderschönen Hauses am Fuß der Saint-Hubert herrschte, in mich einzulassen. Erzähl, sagte Karol und sah mich auffordernd an. Wo hätte ich beginnen sollen? Der Anblick meines toten Fabius an jenem eiskalten Januarmorgen vor vielen Jahren war das Bild, das über all diesen Jahren lag. Das Leben hier in diesem fröhlichen Haus lag für mich auf einem anderen, unerreichbaren Stern. Wie hätte ich es mit der Erzählung meiner traurigen Geschichte erreichen können? Ich wich also aus, streute ein paar lustige Bemerkungen ein, trank mein Glas leer und versuchte, meine Erschütterung nicht nach außen dringen zu lassen. Karol sah mich besorgt an, schenkte mir Wein nach und führte mich, als sie sah, dass irgendetwas nicht stimmte, ans andere Ende des Gartens, um mir eine Skulptur zu zeigen. Es ist nicht eigentlich eine Skulptur, sagte sie, und wies auf ein zartes Gebilde aus feinen Stäben, die an Schnüren schwebten, und durch die, als ein leiser Windhauch aufkam, ein sehr zartes Pfeifen, mehr ein Singen ging. Es war kein Windspiel, wie man es aus Asien kennt. Es war mehr wie ein schwebendes Haus, dessen Wände changierten und im Wind sangen. Wie gebannt standen wir vor dem Gebilde und lauschten, bis der feine Gesang verstummte. Ich dachte mir, das würde dir gefallen, sagte Karol mit einem Lächeln. standen wir vor dem Gebilde und lauschten, bis der feine Gesang verstummte. Ich dachte mir, das würde dir gefallen, sagte Karol mit einem Lächeln. Es gibt eine Ähnlichkeit zwischen dir und dieser Skulptur. Ich sah sie wohl erstaunt an, als sie fortfuhr. Ihr seid beide aus Wind gemacht, wie übrigens auch die Künstlerin, die diese Skulpturen erschafft. Sie lebt noch nicht lange drüben in Vauvenal. Eine interessante Frau. Sie war letzte Woche hier bei uns mit ihrer bezaubernden kleinen Tochter. Freunde haben sie uns vorgestellt. Carol und Pierre ließen mich diesen Abend nicht mehr fort. Sie bestanden darauf, dass ich über Nacht blieb. Bis spät saßen wir beisammen. Ich sah hinauf in den glasklaren Nachthimmel, wo die Sterne funkelten und immer wenn wir eine Sternschnuppe sahen, gab es ein lautes mehrstimmiges Oho. Danke fürs Zuhören. Applaus Wir reden jetzt noch, wie angekündigt, ganz kurz über die beiden Bücher. Herr Herrmann, ein Rezensent hat kürzlich über das Buch Insel im Sommer geschrieben. Es ist ein Sommerbuch. Das haben Sie gelesen von der Schweiz. Finden Sie, es ist ein Sommerbuch? Sie, es ist ein Sommerbuch. Ja, ich wollte dem Buch Abschied ohne Ende nach vielen, vielen Jahren, habe ich mir gedacht, ich möchte noch einen Ausgang ins Licht hinzufügen zu diesem Buch. Also es ist nicht unmittelbar eine Fortsetzung, sodass man unbedingt das andere Buch gelesen haben muss. Aber ich hatte das Bedürfnis, diese Geschichte noch in so eine Sommerflimmern in den Süden ans Meer zu schicken von einem, der vollkommen verloren ist und dann eben diese Begegnung hat mit dieser, das habe ich jetzt hier nicht vorgelesen, aufgrund dieser Begegnung eigentlich mit einem kleinen Kind, das ihn anspricht an diesem Stausee und er dann die Mutter kennenlernt, die eben diese Künstlerin ist, die diese Skulptur gemacht hat. Und er dann, ohne es irgendwie, erstaunt selber, was jetzt gerade passiert, dass es plötzlich wieder irgendwas Schönes gibt in seinem Leben. Insofern ein Sommerbuch. irgendwas Schönes gibt in seinem Leben. Insofern ein Sommerbuch. Es ist nämlich so, dass es als Verlag meldet man ja alle Bücher im Verzeichnis lieferbarer Bücher, im sogenannten VLB, wo jedes, da sind ungefähr zwei Millionen lieferbare Bücher gelistet im deutschsprachigen, also ist Österreich und Deutschland, die Schweiz dabei, und die haben vor einigen Monaten irgendeinen Beratertrupp im Haus gehabt, und die haben gefunden, sie brauchen Neuerungen und müssen sich an die Zeit anpassen, und haben einen, das gibt es auch in manchen großen Buchhandelsketten, so diese Themenwelten, und die haben gefunden, man muss die Bücher kategorisieren können für die Buchhändler, dass die da wissen, wo sie das einordnen sollen, was sie dort bestellen und da gibt es fünf Kategorien, die heißen Lesestimmung, die da irgendwie charakterisiert werden soll. Wie die entsteht, diese Lesestimmung oder dieser Ausdruck, es gibt pro Buch da ein Wort, dass dieses Buch diese Lesestimmung definieren soll. Der Ausdruck sind es gibt pro Buch nur ein Wort, das dieses Buch, diese Lesestimmung definieren soll. Der Ausdruck sind fünf, bei dem ist es leichtfüßig. Also das kann der Verlag überhaupt nicht beeinflussen. Ich glaube, die haben nur das Cover gesehen und haben sich gedacht, weil es natürlich nicht stimmt. Es hat eine leichtfüßige Sprache und es hat diese Sommerszenen, die natürlich Sehnsucht machen, wirklich zu reisen. Aber es ist natürlich von der Thematik überhaupt meiner Meinung nach nicht gleichfüßig. Und bei deinem Buch kommt raus, informativ. Wie das entsteht, weiß man eben nicht. weiß man eben nicht, aber es ist ja, dein Buch oder beide Bücher, ohne jetzt bei zufällig zusammengewürfelten Autoren und Büchern, außer dass beide Wolfgang heißen und Insel im Titel vorkommt, was jetzt irgendwie eine Plattitüde ist, ist es aber schon so, dass es bei beiden Büchern um Beziehungen geht, dass es bei beiden Büchern um Beziehungen geht, um Vertrauen, um sich im Anderen in gewisser Weise finden. Siehst du das auch beim Waller, sowohl mit der Mitpatientin als auch mit seiner Therapeutin? Wallner heißt er ja im Buch, dann siehst du diese Beziehungsebene, siehst du auch eine Parallele dazu? Zum Buch von Herrn Herrmann? Vielleicht auch zum Buch von Herrn Herrmann. Ja. Ich bin mal irritiert, dass das Buch so einen sperrigen Namen hat, informativ. Lesestimmung. Ja, Lesestimmung. Ich bin selten in einer informativen Lesestimmung, außer wenn ich mir Fachbücher reinziehe. mir Fachbücher reinziehe. Ja, aber es ist doch informativ, weil ich Psychiater bin und über Menschen schreibe, die eine psychiatrische Diagnose haben. Im Fall von Wallner, der hat diagnostiziert eine paranoide schizophrenie und im fall von der zweiten haupt nebenfigur die natascha der hat sicher eine emotional instabile persönlichkeit und das buch informiert auch über die entstehung Entstehungsgeschichte der Adbrut in Österreich, rund um das Zentrum in Gugging, das ist bei Kloster Neuburg. Ich war der letzte Turnusarzt in Gugging, ehe im Zuge der Dezentralisierung, die großen Psychiatrien aufgelöst wurden und mehr in die Bezirksspitäler abgewandert sind. Und das Buch gäbe es nicht, wenn mir nicht das Glück zuteil wurde, geworden wäre, dass ich als junger Arzt tätig war und die Mittagspausen, die wir damals noch hatten, verbrachte ich spazieren gehend und mich annähernd an das Museum und Das Haus der Künstler ist eine vollzeitbetreutemälde von Tschirtner, August Waller gesehen. 14 Jahren und, nein, über 10 Jahre, ich will mich nicht älter machen. Und da ist dieses Buch entstanden und ist dieser Samer gesät worden. Ja, ich weiß jetzt nicht, ob ich auf deine Frage geantwortet habe. Es ist auch nicht so wichtig, es ist nur eine große Stärke dieses Buches, weil man das spürt, dass das getragen sind die Bücher meistens von den eigenen Erfahrungswelten, aber dieses Verständnis für das, was in den Menschen vorgeht und die Möglichkeit, das zu vermitteln, das bedarf schon einer gewissen also ich habe auch sehr viel, das war tatsächlich informativ, abgesehen vom Literarischen, sehr viel Verständnis gewonnen, wie das funktioniert und was in den Menschen vorgeht, auch so etwas schaffen zu können und daraus auch eine Sicherheit oder Kontrolle wieder über das eigene Leben beziehen zu können. Und das war mir vorher, ich kannte ja die Werke und ich kenne es auch im Bereich der Literatur, die zum Teil auch in Gugging entstanden ist, Ernst Herbeck und diese Dinge. Ich verstehe das jetzt viel besser, seit ich dein Buch gelesen habe. Also das ist, abgesehen davon, wenn man keinen derartigen Erkenntnis gewinnt, trotzdem empfehlenswert zu lesen. Die eigene Erfahrungswelt spielt ja immer hinein. Sie haben ja wahrscheinlich die Gegenden erlebt, besucht. Bei Paris spürt man es ganz besonders. Ich war jetzt kürzlich in Paris und man denkt dann, man ist wirklich vor Augen, wenn das so beschrieben ist. Aber wie wichtig ist die eigene Biografie eigentlich für die Literatur? die eigene Biografie eigentlich für die Literatur. Ja, sie kann Inspiration und auch Hemmschuh sein. Ich verwende Teile aus meinem Leben, oder ich spüre dann einen Faden, dem ich folge und da gibt es Elemente aus meinem Leben und die setze ich aber neu zusammen. Ich komponiere ein neues Leben eines fiktiven Ich-Erzählers und ich führe die Dinge auf eine neue Bahn. Also bei diesem Buch ist es, bei anderen Büchern verfahre ich wieder anders. Büchern verfahre ich wieder anders oder so. Aber natürlich ist immer in jedem Buch, ist dieses, wie sagt der Goethe, das helle Bewusstsein des Ich drin. Und diese Orte, also ich habe einige Jahre in Frankreich gelebt und lange in Aix und wollte wieder mich selbst dort schreibend dorthin führen. Und das Thema mit dem Tod meines Sohnes verfolgt mich seit 23 Jahren. Es ist jetzt 23 Jahre her, aber so eine solche Geschichte vergeht nie. Es führt mich neben anderen Büchern, neben anderen Büchern, die ich mache und die ganz weit weg sind von diesem Schicksal, kommt plötzlich wieder so eine Stimme, die mich wieder dahin führt und und und dann knüpfe ich wieder dort an. Ich kann Sie aber beruhigen, es ist eben kein Buch, und das merkt man sofort, und das ist bei beiden so, wo ein Autor über sein Leben schreibt. Ich weiß, wovon ich spreche, weil der größte Teil an unverlangt eingesandten Manuskripten in einem Verlag, und wir sind jetzt wirklich ein kleinerer Verlag, wir kriegen im Durchschnitt zwei unverlangt eingesandte Manuskripte am Tag, also 700 im Jahr, ich habe das mal zusammenzählen lassen. Tag, also 700 im Jahr, ich habe das mal zusammenzählen lassen, und das sind aber nicht Manuskripte von Menschen, die wir kennen, oder wo wir wen kennen, der die kennt, das sind wirklich ganz, ganz Fremde, und da wird auch wirklich, ich kann mich an einen konkreten Fall in den letzten Jahren erinnern, wo ein Buch draus würde, aber der Großteil dieser Bücher sind Bücher über einen selbst. Der Großteil der Autorinnen und Autoren schreibt ein Buch, wo er das los wird, was ihn im Leben oder sie im Leben beeindruckt oder beschäftigt hat oder manche bei älteren Menschen eben die Lebensgeschichten, die fraglos alle wert sind, aufgeschrieben zu werden und erzählt zu werden, aber es geht nicht darüber hinaus. Also es ist dann für einen Verlag, der eine Leserschaft finden möchte, einfach dann zu wenig. Und das ist so ein großer Unterschied, wenn man von Autoren wie den beiden dann ein Manuskript bekommt und zu lesen beginnt. Und man merkt, also glauben Sie mir, man merkt eben den Unterschied. Man kann das durchaus nicht nur nach dem Gefühl, sondern nach objektiven Kriterien auch beurteilen. Und das eine Beispiel, wo ich mich jetzt erinnern kann, das war auch eine oberösterreichische Autorin, die mir ein Manuskript geschickt hat, die unter einem Pseudonym geschrieben hat, weil sie in einer schwierigen familiären Situation war. Und ich lese das und meine Lektorin liest das, also man liest dann rein und ich kann mich noch erinnern, sie ist bei der Tür reingekommen und hat gesagt, hast du das gelesen? Da habe ich gesagt, ja, ich rufe dir sofort an, wir veröffentlichen das. Und ich habe die dann angerufen und sie hat gesagt, das ist lustig, ein anderer Verlag hat sie jetzt auch gerade angerufen, weil man kennt es dann schon, den Unterschied. Deshalb bin ich so froh, auch zwei so unterschiedliche Bücher wie die beiden gemacht haben zu dürfen und machen zu dürfen, weil es ja weiter geht jetzt auch, dass wir das den Menschen irgendwie näher bringen und ich möchte mich ganz herzlich bei euch beiden auch für das Vertrauen bedanken. Ich danke Ihnen. Wenn Sie noch etwas dazu sagen möchten. Der Herr Vöger kann, wie sie gemerkt haben gut reden aber das hat da ist auch fleisch dran hinter dem was er sagt als ich das buch als ich ihm das buch vorgestellt habe das hat zum Thema Vertrauen auch in den Schreiber. Wir haben eine Stunde zusammengesessen und haben 57 Minuten über gemeinsame Bekannte gelästert und drei Minuten über das Buch geredet und er hat gesagt, ja, machen wir. Und das ist Vertrauen in den Autor und ja, das kann man nicht genug wertschätzen. Und bei uns war es auch gleich ganz eindeutig, muss man sagen, dass wir das zusammen machen wollen und das ist auch das Schöne an unseren unterschiedlichen Berufen, die ja doch irgendwo zusammenfinden. Es ist jetzt eh schon neun, also es ist, glaube ich, Zeit, dass wir aufhören. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und dass Sie heute hier waren. Danke euch beiden, dass ihr hier wart und danke noch einmal ins Stifthaus für die Einladung und die Möglichkeit, hier zu sein. Herzlichen Dank. Applaus Einladung und die Möglichkeit hier zu sein. Herzlichen Dank.