Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Veranstaltung im Rahmen unserer Reihe Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945 begrüßen. Diese Reihe ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der Alten Schmiede in Wien und dem Literaturhaus Graz. Ich begrüße Sie herzlich den gesamten Moderator der Reihe, Prof. Dr. Klaus Kasperger vom Literaturhaus Graz, sowie Dr. Kurt Neumann von der Alten Schmiede. Schön, dass heute beide da sind. Herzlich willkommen. Im Mittelpunkt der heutigen Veranstaltung steht der 1974 im Residenzverlag erschienene Roman zu Lasten der Briefträger von Alois Brandstätter. Sie haben es gemerkt, leider konnte Alois Brandstätter heute aus gesundheitlichen Gründen nicht zu uns kommen. An seiner Stadt wird Kurt Neumann Passagen aus dem Roman lesen. Vielen herzlichen Dank fürs Einspringen. Kurt-Neumann-Passagen aus dem Roman lesen. Vielen herzlichen Dank fürs Einspringen. Besonders begrüßen möchte ich auch den Literaturwissenschaftler und Literaturkritiker Professor Klaus Zeiringer. Er wird heute über zulastender Briefträger referieren. Ebenfalls herzlich willkommen. Viele von Ihnen werden es wissen, Alois Brandstätter war seit 1997 bereits viele, wirklich viele Male bei uns im Stifterhaus zu Gast. Er hat sehr viele seiner Buchneuerscheinungen bei uns präsentiert, zuletzt sein Buch Lebensreise und zwar im Rahmen der Ausstellung Residenz frühe Jahre eines Literaturverlags im vergangenen Jahr. frühe Jahre eines Literaturverlags im vergangenen Jahr. Alois Brandstätter ist Mitglied des Adelbert-Stifter-Instituts. 2005 wurde er mit dem Adelbert-Stifter-Preis, dem großen Kulturpreis des Landes Oberösterreich ausgezeichnet. 1980 hatte er den Oberösterreichischen Kulturpreis für Literatur erhalten. Geboren ist Alois Brandstätter 1938 in Pichl bei Wels. Nach zwei Jahren im bischöflichen Knabenseminar Petrinum hier in Linz wechselte er auf das Gymnasium in Wels, wo er 1957 maturierte und anschließend studierte er Germanistik und Geschichte an der Universität Wien. Ab 1962 war er zunächst als wissenschaftlicher Assistent für Altgermanistik und Sprachwissenschaft an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken tätig, ab 1971 eben dort als Professor. Und 1974, also im Jahr des Erscheinens von zulasten der Briefträger, wurde Brandstetter auf eine Professur für ältere deutsche Sprache und Literatur an die Universität Klagenfurt berufen. Er lebt nach seiner Emeritierung im Jahr 2007 weiterhin in Klagenfurt. Zulasten der Briefträger war Alois Brandstetters erster Roman, aber bereits sein zweites Buch im Residenzverlag. 1971 war sein großer Band Überwindung der Blitzangst bei Residenz erschienen. Zuvor hatte er einiges in anderen Verlagen publiziert. Dem Residenzverlag blieb Alois Brandstetter bis heute also mehr als 40 Jahre lang treu. bis heute, also mehr als 40 Jahre lang, treu. In zu lastender Briefträger greift Alois Brandstetter viele Themen auf, die heute immer noch aktuell sind, weist er auf Missstände hin, die bis heute nicht beseitigt sind. Klaus Zeiringer schreibt über den Roman, Zitat, es tut gut, den Roman heute zu lesen, nicht nur wegen des literarischen Genusses, sondern auch, weil er eine Kommunikationswelt zeigt, wie sie in digitalen Zeiten nicht mehr besteht und zugleich frühe Ansätze aktueller Miseren aufs Korn nimmt, die damals noch abzuwenden gewesen wären. Der Roman bietet also viele Ansätze für Diskussion und Klaus Kasperger wird nach Lesung und Referat mit Kurt Neumann und Klaus Zeiringer ein Gespräch führen. Wir dürfen uns also auf einen sehr anregenden Abend freuen. Ich übergebe nun das Wort an Kurt Neumann. Ja, guten Abend. das ich heute an seiner Stelle lese. Er hat mir auch die Leseauswahl überlassen. Wir haben ihn 1973, damals nach Gwunden, noch zu einer ersten Lesung aus der Überwindung der Blitzangst eingeladen. Seither kenne ich ihn. Ich habe für Linz und Oberösterreich drei Passagen heute ausgewählt. Die erste Passage, der Anfang, damit man ein Gefühl bekommt, aber Ihnen brauche ich das nicht zu lang vorlesen, weil Sie kennen das Buch sowieso alle. Aber wie Alois Brandstätter sein Buch angelegt hat, den Grundton, und dann zwei Passagen, wo es einerseits, Regina Pinter hat schon angesprochen, das, was gleich geblieben ist, wo es um eine Art Mentalitätsbeschreibung geht, Beschreibung des sozialen Eigensinns und der Renitenz, dann schwenkt das über ins politische Feld, ins Feld der Parteipolitik und einer Art von Politikverdrossenheit, also das sind die sehr aktuellen, bisiche, die damals schon aktuell waren und die, glaube ich, aktuell geblieben sind an dem Buch. Mein lieber Uerdinger, habe ich gesagt, heute bist du aber wieder einmal sehr spät dran. Oh, ich versäume nichts, hat Uerdinger gesagt. Ich bin ja froh, dass du überhaupt da bist, habe ich gesagt. Manchmal kommst du ja leider gar nicht. Es ist nicht jeder Tag gleich, hat Uerdinger gesagt. Dann hat er auf Wiederschauen gesagt und ich habe erwidert, gute Nacht. Oft bringt Uerdinger die Post etlicher Tage auf einmal, Postmeister. Heute habe ich einen größeren Posten, sagt er dann. Der Postmeister sagt, sagt er, du, Postmeister, sagt laut Uerdinger, dass ihr zusammenfassen und rationalisieren müsst. Ich kann meine guten Leute nicht wegen einer einzigen dünnen Korrespondenzkarte kilometerweit ins Land hinausjagen, sagst du. Und weil das so ist, weil die Post zusammenfasst und rationalisiert und weil es sich angeblich nicht rentiert und auszahlt, den Briefträger wegen einer hauchdünnen Korrespondenzkarte meilenweit laufen zu lassen, deshalb und darum sehen wir, die wir draußen an der Verwertung wohnen, den Briefträger nur sehr selten. Zu uns kommt er praktisch nur alle heiligen Zeiten. Aber eine Sendung, Postmeister, kann man bezüglich ihrer Bedeutung nach Gewicht und Umfang bewerten. Wenn man es rein quantitativ und gewichtsmäßig ansieht, dann besteht natürlich zwischen dem schweren und massigen Uerdinger und einem federleichten Luftpostbrief auf Seidenpapier eine gewisse Diskrepanz. Wenn man es von dieser Seite betrachtet, dann kann man es schon als eine arge Unverhältnismäßigkeit und als ökonomisch widersinnig erscheinen, dass man wegen eines gerade nur hingehauchten ätherischen Liebesbriefes auf Japanpapier einen Zentner schweren und infolgedessen nicht eben sehr mobilen Menschen vom Schlage Uerdingers in Bewegung setzen und auf die Reise schicken soll. Aber so kann man es eben nicht ansehen, Postmeister. Die rein materialistische Anschauungsweise ist hier völlig fehl am Platz und führt unweigerlich in die Sackgasse. Ein korpulenter Briefträger ist nämlich kein Argument gegen die leichte Brief- und Kartenpost, sondern ein Argument gegen die Personalpolitik der Oberpostdirektion und zwar ein schwerwiegendes und gravierendes Postmeister. Die Direktion sollte die Kräftigen bei der Kraftpost einsetzen, aber nicht als Boten. Deine schwerfälligen Briefträger verfahren mit dem leichten Postgut, zumal es für abgelegene Häuser bestimmt ist, sehr leichtfertig und geringschätzig. Unter einem Briefträger stelle ich mir einen flinken, leichtfüßigen und wendigen Menschen vor, ähnlich dem G auch bekannt und ich weiß auch, dass die dicken Menschen oft auf Kosten und zu Lasten anderer gemütlich sind. wenn ich ärgerlich werde und mich beschwere, weil ich tagelang keine Post und dann alles zusammen und zu spät bekommen habe. So nervös, sagt er und wundert sich. Ich glaube, du solltest dich einmal untersuchen lassen, sagt er, wegen deiner Nervosität. Hau ab, sage ich, und komm so schnell nicht wieder. Das nimmt er ziemlich wörtlich. Wir sind unterbesetzt, sagt Uerdinger. Unser Pracheramt leidet an einem katastrophalen Personalmangel. Wir haben leider zu wenig Planstellen. Wir sind nur ein Viererposten. Die Direktion gibt uns nur die Ziffer 4, wir müssten aber vom Postaufkommen her ein Dreierposten sein, wenn kein Zweierposten. Ein Dreierposten unbedingt. Die 4 bedeutet eine totale Unterschätzung und Unterbewertung. Die 4 ist eine groteske Missachtung der Pracher Realität. Ein Hohn ist die Vier, sagt Uerdinger. Unser Amt befindet sich permanent im Notstand, sagt er. Der Postmeister, Blumauer, Deuth und ich, sagt Uerdinger, sind dem Notstand nur gewachsen, wenn wir uns vom Einholen über das Abstempeln, das Sortieren bis zum Journaldienst am Schalter und bis zum Austragen jeden Handgriff und jeden Schritt dreimal überlegen, bevor wir ihn tun. Wenn mir Ferdinand Uerdinger die Geschichte vom Viererposten erzählt und unsere niederbayerische Landpost vom Postaufkommen und vom Arbeitsanfall her zu einem großstädtischen Zentral- und Hauptpostamt hochlizitiert, wenn er mir die Legende von den fehlenden Planstellen und den Notstandsmaßnahmen vorsetzt, dann sage ich Halt! Halt, Uerdinger, sage ich. Und dann gebe ich ihm Bescheid, so wie ich auch dir jetzt Bescheid gebe, mein Postmeister. Das mit dem Überbeschäftigtsein, sage ich, das mit dem Unterbesetztsein, von wegen Vierer- und Dreierposten etc., Das alles ist ein Unfug, Ferdinand, eine Komödie ist das, was du mir hier vorspielst und vorspiegelst. Ihr seid ein Viererposten, sage ich, und damit basta. Die Postdirektion taxiert euch nicht umsonst nicht als Dreierposten und sie weiß hier einmal ausnahmsweise, was sie tut. Über die zwei aber brauchen wir uns gar nicht erst zu unterhalten. Lieber Uerdinger, sage ich, wenn ihr mit der Post nicht fertig werdet und nicht zu Rande kommt, wenn euch die Post über den Kopf wächst, dann liegt das nicht an der angeblich hohen Anzahl der Poststücke und an der angeblich niedrigen Anzahl der Briefträger und Postboten. Und es liegt nicht am verzweigten und großen Réon. Und es liegt auch nicht an den langen Wegen, mit denen du immer daherkommst. Auch das kontinentale Klima, mit dem der wetterfühlige und föhnempfindliche Deut als Ausrede aufwartet, kann nichts dafür. Wenn ihr nicht manns genug seid, wenn euch die Post angeblich übermannt und eure Kräfte übersteigt, dann liegt es nicht am Einholen und nicht am Sortieren und nicht am Austragen, sondern es liegt am Lesen der Post. Mit dem Lesen der Post sage ich, verstehst du mich, Uerdinger, mit dem Lesen werdet ihr nicht und nicht fertig. Ihr haltet euch beim Lesen der Post zu lange auf. Das ist das Problem, sage ich. Es handelt sich um sonst nichts als um eine Frage der Lektüre. Und damit meine ich nicht und dabei denke ich nicht an die Adressen oder nur die Adressen. Ihr lest nämlich mehr als die Adressen. Ihr lest vielmehr sehr viele Briefe und Karten. Den Text vieler Briefe und Karten lest ihr. So, jetzt machen wir einen Sprung, ungefähr 20 Seiten später. Reden wir also von Niederbayern. Reden wir also von Niederbayern. Ich glaube, du weißt, wo ich wohne. Haus 23, draußen an der Tierkataververwertung. Das ist weit draußen, wie ich zugebe. Sicher, ich wohne ziemlich in der Einschicht. Ich sehe aber trotzdem nicht ein, dass wir nicht auch dort draußen ein gewisses Recht auf Postzustellung haben sollen, verstehe mich, auf pünktliche und korrekte Postzustellung. Aber wir sind leider das erste Opfer der Rationalisierung und der Einsparung, so wie deine Briefträger Rationalisierung und Einsparung verstehen. Wer sich so weit draußen ansiedelt, sagt Uerdinger, scheint keinen gesteigerten Wert auf die Postzustellung zu legen. Wer sich so weit von den Leuten entfernt, will ganz offenbar allein sein. Er ist ein Individualist, wahrscheinlich kommt er sich als etwas Besonderes vor. Da draußen, meint der Uerdinger, wohnen etliche, denen der Kontakt mit den Mitmenschen eher ein wenig zuwider ist. Warum, sagt der Uerdinger, soll sich ein Briefträger damit müde machen, in die Intimsphäre anderer einzudringen? Da bleiben wir besser gleich weg. Hier sind wir persone non grata, sagt der Lateiner Deut, hier sind wir unerwünscht. Uerdinger redet sich auch gern auf die Hunde aus. Da draußen hat jedes Haus einen scharfen Hund. Die Hunde erschweren natürlich den Zugang zu diesen Häusern. Ich bin Briefträger, sagt der Uerdinger, und nicht Tierbändiger. Ich habe mir das Postzustellen zu meinem Beruf gewählt und nicht das Bändigen und Zähmen von Hunden. Ich kann nicht wie ein Dompteur vor jedem Haus zuvor eine Bestie niederzwingen, um dann vielleicht eine lächerliche Drucksache abzuliefern. Ich bin der Uerdinger, sagt Uerdinger, aber nicht Siegfried, der Drachentöter oder der heilige Franz von Assisi. Für den Uerdinger ist jeder Hundehalter von vornherein ein Mensch, der keine Post will. Ich weiß, sagt Uerdinger, dass es neuerdings für Briefträger Sprays und anderes Zeug gibt, mit denen man Hunde unschädlich machen kann. Aber das soll sich der Herr Postminister behalten. Da macht der Uerdinger nicht mit. Ich trage in meiner Tasche Post, dafür bin ich eingestellt, dass ich Post trage und befördere, aber ich trage nicht und befördere nicht Spraydosen mit Tränengras oder Stinkpompen oder Molotow-Cocktails. Ich bin kein Demonstrant. Ich mache mich nicht zum Handlanger der chemischen Industrie. Ich habe Kollegen gesehen, die dieses Zeug benutzt haben und sie waren voller Hautausschläge und Eczeme. Das ist kein schönes Bild. vom Geruch dieser Substanz eine Kretze im Gesicht bekomme, dass ich wie ein Aussätziger aussehe. Da lasse ich mich lieber gleich beißen. Da kann ich mich wirklich auch gleich beißen lassen. Außerdem hilft das alles sowieso nichts oder nur in bestimmten Fällen. Genau genommen brauche ich für jede Hunderasse ein anderes Spray, jeder Hund reagiert anders. Einer der Kollegen sprüht einen deutschen Schäferhund an und wird trotzdem gebissen. Der Hund zeigt sich vollkommen unbeeindruckt von dem Nebel, den der Kollege aus der Dose lässt. den der Kollege aus der Dose lässt. Der Hund lacht dem Briefträger gewissermaßen ins Gesicht. Und der Briefträger beschwert sich bei der chemischen Abteilung der Bundespost. Und er bekommt zur Antwort, ja mein lieber Herr, mit diesem Mittel, das Sie hier verwendet haben, können Sie höchstens einen Dackeleindruck machen. Damit können Sie vielleicht auch einen Fox betäuben, einen Dackel sicher, einen Fox vielleicht, aber doch keinen deutschen Schäferhund. Für einen deutschen Schäferhund reicht das natürlich nicht. Da müssen Sie schon zu und dann kommt ein langer lateinischer Name greifen. Für einen deutschen Schäferhund braucht es natürlich und dann kommt wieder der lange lateinische Name. Und der Briefträger bekommt auch noch einen Literaturhinweis, eigentlich einen Literaturverweis. Haben Sie denn nicht in Nummer 73 vom Oktober 1962 im Postboten den Artikel der Kapazität sowieso von der Universität sowieso über die Anwendung und den Gebrauch des Mittels sowieso aus der Gruppe der und dann kommt noch so ein lateinischer Name gelesen, wo doch genau die sedative Wirkung des von ihnen Verwendeten und so weiter und so weiter. Jetzt steht der Kollege da mit seiner Bisswunde und schaut dumm aus der Uniform. Da wird er wohl das nächste Mal dann mehrere Sprays ausprobieren. Er wird seine ganze Kollektion von Giftgasen durchgehen oder überhaupt die Nummer 73 des Postboten herausziehen, wenn er einen Hund sieht und nachsehen und nachlesen, was er zu tun hat. Aber bevor er den Postboten vom Oktober 1962 herausholt, muss er sich noch in Brems Tierleben umsehen und nachlesen, was die Zoologie über die Hunderassen sagt. Wenn er das alles getan und studiert hat, dann kann er sprühen. getan und studiert hat, dann kann er sprühen. Aber inzwischen sitzt der Hund natürlich längst hinter dem Haus und kaut an der Wade des Briefträgers. Da mache ich nicht mit, sagt der Uerdinger. Mit mir kann der Postminister und mit mir können die Hunde das nicht machen. Meine Devise ist fernbleiben. Ich sage Zurückhaltung. Meine Devise ist Fernbleiben. Ich sage Zurückhaltung. Und genau wie ich plädieren auch Deuth und Blumauer in solchen Fällen für Fernbleiben und Zurückhaltung. Sprühen, eine Krätze bekommen, vom Hund verpellt und gebissen und vom Postminister belehrt werden, das ist mir zu hoch, sagt der Uerdinger. Entweder der Hund oder ich. Das hat nichts mit Tierfeindlichkeit zu tun, damit hat es überhaupt nichts zu tun. Der Teut und der Blumauer und ich, wir lieben Tiere. Wir haben auch nichts gegen den Tierschutzverein. Aber deshalb müssen wir uns natürlich nicht gleich zerfleischen lassen. Wir sind für den Tierschutzverein, aber zugleich auch für den Briefträgerschutzverein. Und weil es einen Briefträgerschutzverein leider noch nicht gibt, darum schützen wir uns selber. Auf den Postminister und sein Spray warten wir jedenfalls nicht. Hilft ihr selbst, dann hilft dir der Postminister, lautet unsere Devise. So, jetzt noch einmal gut zehn Seiten weiter. Nun, Postmeister, können wir uns wieder ganz deiner Post widmen. So ärgert mich beispielsweise Folgendes. Je weiter einer von der Post entfernt wohnt, umso sicherer kann er sein, dass er, wenn überhaupt, nur sehr unregelmäßig und sporadisch Post zugestellt bekommt. Die Post sagt, deut der verhinderte Akademiker, die Post nimmt ab mit dem Quadrat der Entfernung vom Amt. Und die Post versickert leider wirklich. Eine Drucksorte, lieber Postmeister, eine Postwurfsendung, eine Sendung an einen Haushalt, sehen wir draußen an der Verwertung ein ganzes Jahr nicht. Es zahlt sich nicht aus, sagen sich deine Leute, wegen einer Drucksache irgendein Haus extra anzugehen. Das kann man einmal machen, wenn es sich ergibt, sagt der Uerdinger, weil man sowieso einen größeren Posten abzuliefern hat. Wenn ich ein Haus an einem bestimmten Tag sowieso angehen muss, dann kann ich natürlich auch einmal eine Massendrucksache oder eine Postlufsendung oder ein Poststück an einen Haushalt zustellen. Aber ein Haus eigens wegen einer Drucksache anzugehen, wäre ein unverantwortlicher Luxus. Wenn Drucksachen mitgehen und mitlaufen, bitteschön, dann sollen sie, aber sonst natürlich nicht. Es hat wirklich keinen Sinn, lieber Postmeister, wenn du den Briefträgern in deinem Amt Drucksachen und ähnliches aufnötigst. Es ist wirklich sinnlos. Sie tragen sie doch nicht aus. Besser, ihr verheizt sie gleich im Kanonenofen auf dem Amt. Gerade der Uerdinger hat letztens wieder die Hälfte seines Tascheninhalts von der Brücke der Neumüller Wehr in die Eist geschüttet. Und das war nicht das erste Mal, dass etwas dergleichen die Eist hinuntergeschwommen ist. So, hat der Uerdinger gesagt, und die Schulkinder haben ihm zugeschaut, so, jetzt kriegen wir langsam Luft, hat er gesagt, Scheißzeug, hat er gesagt. Drucksachen sind wertlos, sagen die Briefträger. Drucksachen und Postwurfsendungen, sagt Deuth, sind eine Pest für die Post. Drucksachen sollten, wenn überhaupt, nicht zu ermäßigter, sondern höchstens zu überhöhter Gebühr zugestellt werden. Postwurfsendungen sind Postwurfsendungen, sagt Deuth. Und wenn sie die Post wegwirft, braucht sie der Empfänger nicht mehr wegzuwerfen. Postwurfsendungen heißen schließlich schon Postwurfsendungen, sagt Deuth. Sagen Deuth, Blumau und Uerdinger, darum weg mit ihnen. Drucksachen sollen deine Taschen nicht kaputt machen, Karl Deuth, gesammelte Werke. Und der Uerdinger reimt, Druck Sachen sind nicht einmal gut zum Scheißen, drum sollst du sie in die Eist hineinschmeißen. Poetisch gesehen ist das kein ordentlicher Spruch, sagt Deuth zu Uerdinger, aber sachlich ist er in Ordnung. Dein Reim ist nicht rein, er hat zu viele Ei. Dein Vers eiert, lieber Ferdinand, aber rein inhaltlich ist dagegen gar nichts zu sagen. Ich schließe mich dir voll inhaltlich an. Einer Postwurfsendung fehlt das Persönliche, sagt Deuth. Kein Mensch freut sich über eine Drucksache. Drucksachen ärgern die Leute nur, sie verstopfen die Briefkästen und Brieffächer und die Papierkörbe. Weg damit! Man muss dieses Übel gleich an der Wurzel packen. Man muss diese Belastung als verantwortlicher Postler von vornherein ausschalten. Als Postler musst du verhindern, dass diese Papierflut den Postbetrieb, das Befördern, das Sortieren und das Zustellen überhaupt blockieren kann. Lieber Postmeister, wenn alle Postbediensteten in den Städten auch so dächten wie deine drei Boten, dann sollten sie immer neben dem Postamt gleich die Müllverbrennung einrichten und die Fernheizung. Ganz München, sagt dann auch Deuth, ganz München könnte allein mit den Drucksachen und Postwurfsendungen beheizt werden. Und was könnte nicht erst Energie gespart werden, wenn man gleich das viele Holz, bevor aus ihm Papier hergestellt wird, das dann mit Reklame bedruckt und über die Post befördert wird, in den Ofen schieben würde. Die Welt ist ein einziges Nahrhaus, sagt Deuth. Und am närrigsten sind die politischen Parteien. Am schlimmsten sind die Parteien, die im Parlament vertretenen Parteien. Der Wahlkampf spielt sich hauptsächlich auf der Post ab. Der Wahlkampf wird von der Post ausgefochten. Auf dem Rücken der Postboten wird der Wahlkampf ausgetragen. Ein Wahlkampf ist ein einziger Wahlkrampf, sagt Deuth. Nie sonst wird so viel gedruckt und gelogen wie im Wahlkampf. Wir werden erdrückt von Drucksachen. Die Parteien sind mit ihren Sendungen an einen Haushalt wirklich nicht haushälterisch. Die Parteien sind zu Wahlkampfzeiten darin nicht eben wählerisch. An sich, sagt Deuth, bin ich ein Roter und der Uerdinger ist ein Schwarzer und der Blumauer ist gar nichts, aber der Uerdinger und der Deuth, lieber Postmeister, haben ein Wahlkampfabkommen geschlossen und der Blumauer hat sich angeschlossen. Der Ferdinand und ich befördern gar nichts und stellen gar nichts zu. Der Ferdinand hält sich bei der konservativen und ich halte mich bei der sozialistischen Wahlpropaganda zurück. Jetzt stellt der Ferdinand, sagt Karl Deuth, die schwarze Wahlpropaganda nicht zu und die rote und blaue natürlich sowieso nicht. Und ich stelle als Gegenleistung die rote Wahlpropaganda nicht zu und die schwarze und blaue sowieso nicht. Blumauer ist neutral. Der Franz hält sich vollständig heraus, sagen Kahn und Ferdinand. Blumauer schließt sich als Neutraler dem Pakt an. Jetzt stellen sie glücklich überhaupt nichts mehr zu. schon sehr viel für den Frieden tun können. Hätten wir den ganzen Berg von Papieren der Propaganda zugestellt, hätten wir damit die Leute nur verunsichert und auch verhetzt und durcheinander gebracht. Aber dadurch, dass wir die vielen Postdurchsendungen nicht zugestellt, sondern an Ort und Stelle im Postamt vernichtet oder an der Leumüller Wehr versenkt haben, haben wir unserer Gemeinde den inneren Frieden erhalten. Was ich nicht weiß, sagt der Uerdinger, macht mich nicht heiß. Politik ist eine Hure, sagt Deuth, und politisch Lied garstig Lied. In unseren Gasthäusern, sagt Deuth, werden auch zur Wahlzeit die alten und herrlichen Volkslieder gesungen. Ich habe Leute in meinem Revier, sagt Deuth, vor allem ältere Personen, sagt er, denen habe ich schon über Wahlperioden hinweg geholfen, ohne dass sie überhaupt gemerkt haben, dass Wahlzeit ist und dass gewählt wird. Ohne dass sie überhaupt gemerkt haben, dass Wahlzeit ist und dass gewählt wird. Langsam hat einmal ein älterer Herr zu mir gesagt, werden ja auch die Parteien vernünftiger. Früher hat der ältere Herr zu Deuth gesagt, früher haben uns die Parteien zugedeckt mit Papier und Propaganda. Ungefähr seit Sie, Herr Deuth, hier zustellen, ist Gott sei Dank Schluss mit diesem Demokratieunfug. Endlich haben wir unsere Ruhe und das Geld kann an anderer Stelle zu guten Zwecken verwendet werden, wo es benötigt wird. Lieber Postmeister, da deine drei Briefträger durch ihren besonderen Stil der Zustellung so viel für den inneren Frieden unserer Gemeinde getan haben, rate und empfehle ich dir dringend, sie für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Sie müssten wirklich einen Preis bekommen, wenigstens Ehrenbürger sollten sie werden. Ruhe ist des Bürgers erste Pflicht, ist Ferdinand Uerdingers erster und wichtigster Ausspruch. Ruhe und Ordnung müssen herrschen, sagt Uerdinger. Und wenn ich als einfacher Briefträger etwas zur Ruhe und zum Frieden beitragen kann, dann entziehe ich mich dem natürlich nicht. Darum habe ich mit dem Karl das Stillhalteabkommen abgeschlossen. Das ist der ganze Sinn unseres Stillhalteabkommens. Ich sorge dafür, dass die rechte Seite friedlich und ruhig und still ist und Karl sorgt dafür, dass sich die linke Seite friedlich und still und leise verhält. Genau genommen ist es so, sagt Deuth, dass ich die rechte Seite nicht durch rote Wahlpropaganda reize und provoziere und dass der Ferdinand die linke Seite nicht mit schwarzer Wahlpropaganda ärgert und reizt. Jetzt ist Ruhe, sagen Deuth und Uerdinger, Stille ist Stille und Frieden ist Frieden. Wie der Frieden hergestellt wird, ist dem Frieden ganz egal. Wir befolgen die Postulate der Kooperation. Wir arbeiten in allem miteinander und nicht gegeneinander. Es ist genug Unruhe unter der Bevölkerung. Vom Rundfunk und vom Fernsehen wird nicht wenig Unruhe und Friedlosigkeit in die Bevölkerung getragen. Da wollen wir von der Post nicht auch noch ins selbe Horn stoßen. Auf dem Land herrscht ein eigentümlicher Gemeinschaftsgeist. Das ist nicht auf die Briefträger beschränkt. In ähnlicher Art und Weise arbeiten etwa auch die Gendarmen zusammen. In dieser Art und Weise arbeiten die Gendarmen untereinander und auch mit der Bevölkerung oder mit bestimmten Personen aus der Bevölkerung zusammen. Lieber Postmeister, ich werde dir jetzt einmal ein anderes Beispiel für Kooperation aus dem Nicht-Post-Bereich vorführen. Ein wirklich klassisches Beispiel für Teamwork und Gemeinschaftsgeist ist die Fleischbeschau. Eine Fleischbeschau, lieber Postmeister, eine Fleischbeschau sieht bei unserem Fleischhauer folgendermaßen aus. Der Tierarzt und Fleischbeschauer und sein Freund, der Fleischhauer, gehen miteinander im Schlachthaus die lange Reihe der geschlachteten Kälber und Schweine entlang. Der Fleischhauer dreht seinem Freund, dem Tierarzt, die Schweine- und Kälberhälften, die an Fleischerhaken von der Wand hängen, ein wenig zurecht, damit der Herr Doktor mit dem Stempel bequem sein Unbedenklich auf die weißen Arschbacken drücken kann. Sie unterhalten sich über das Kartenspielen. Du warst am Samstag verdammt leichtsinnig, sagt der Tierarzt zum Fleischhauer und erklärt das nächste Schwein für unbedenklich. Was heißt denn da leichtsinnig, sagt der Fleischhauer. Ich kann ja nicht schmecken, dass beim Apotheker alles beisammen steckt. Und im Urin habe ich auch nicht spüren können, dass er mir zu guter Letzt mit seiner dreckigen karierten Sau über meine einschichtige Dame kommt und das ausgerechnet auf der linken Seite, wenn du das Leichtsinn nennst? Trau, schau dem Apotheker, sagt der Tierarzt und klatscht deinem Kalb unbedenklich aufs Hinterteil, dass es im Schlachthaus halt. Und so weiter, lieber Postmeister, und so weiter. So sieht heutzutage hierzulande eine Fleischbeschau aus, so und nicht anders. So geht es bei einer Fleischbeschau unter Freunden zu. Ich verstehe nicht, lieber Postmeister, dass die Behörde und dass die Gendarmerie den Fleischbeschauern und den Fleischhauern nicht genauer auf die Finger sieht. Das heißt, ich verstehe schon, warum die Behörde und die Gendarmerie den Fleischbeschauern und den Fleischhauern nicht genauer auf die Finger sieht. Denn die Herren von der Behörde und die Gendarmen spielen ja auch Karten. Das sind ja auch Kartenspieler. Und wenn es irgendeine Schwierigkeit oder eine Anzeige gibt, weil etwas ruchbar geworden ist, dann wird immer derjenige Gendarm mit der Sache befasst, der mit dem Fleischhauer oder mit dem Tierarzt oder wem immer, wer gerade involviert ist, am nächsten bekannt und befreundet ist. Geh du, heißt es dann, Fritz oder Georg, du kennst ihn am besten von uns, du redest dich leicht mit ihm, heißt es, geh du, heißt es. Du weißt am besten, wie man ihn nehmen und behandeln muss. So hat jeder auf dem Gendarmerie-Posten seine Fälle und seine Leute dir bearbeitet. Jeder ist für bestimmte Personen zuständig. Für den Uerdinger, lieber Postmeister, fühlt sich übrigens der Inspektor selbst zuständig.« »Ich komme mit dem Uerdinger Ferdinand am besten zurecht«, sagt Valentin Naderhieren. »Lass das einmal mich machen.« »Auf diese Art wird hier bei uns alles gütlich bereinigt und beigelegt. Hier wird alles auf dem Kulanzweg erledigt. und beigelegt. Hier wird alles auf dem Kulanzweg erledigt. Es sei denn, es handelt sich um jemanden, der keine Freunde hat oder weiter nicht bekannt ist. Wenn hierzulande jemand keine Karten spielt und auch sonst ungesellig ist und wenig unter Leute kommt, dann muss er natürlich damit rechnen, dass das Gesetz auf ihn mit der ganzen Herze angewendet wird. Dem Fleischhauer und dem Tierarzt schaut die Gendarmerie jedenfalls nicht in die Karten. Und so absolvieren der Tierarzt und der Fleischhauer heute die Fleischbeschau längst mit geschlossenen Augen. Wenn man den Fleischbeschauer und den Fleischhauer bei der Fleischbeschauer sieht, muss man ehrlich meinen, die beiden spielen im Schlachthaus blinde Kuh oder ein anderes Gesellschaftsspiel. Die Tierärzte finden durch dieließlich doch sein Unbedenklich drauf. Vielleicht, dass er einen Augenblick zögert, lieber Postmeister, aber wirklich nur einen Augenblick. Was schaust denn so dumm, sagt der Fleischhauer zum Fleischbeschauer. Ach nichts, sagt der Fleischbeschauer und stempelt unbedenklich auf den Sauarsch, den ihm der Fleischhauer recht komod hinhält. Mein Geist ist willig, sagt der Fleischbeschauer zum Fleischhauer, aber dein Fleisch ist schwach. Freilich, sagt der Fleischhauer, sonst noch was? Applaus für den Alois. Gulland, Gulland Seit Jahren beklagt sich das Publikum in Österreich über das Ausbleiben von Briefen, meldete das Schweizer Blatt der Bund. Mit einer ähnlichen Beschwerde beginnt die romanlange Tirade zu Lasten der Briefträger. Das Buch erschien 1974 im Salzburger Residenzverlag, damals der Inbegriff österreichischer Literatur. Drei Jahre zuvor hatte sein Autor den Kurzprosa-Band Überwindung der Blitzangst publiziert. den Kurzproserband Überwindung der Blitzangst publiziert. Das Zeitungszitat stand am 24. April 1862 in der eidgenössischen Zeitung. Sie berichtete über einen Kriminalfall, mit dem Alois Brandstetter seinem gewitzten Prosawerk am Ende einen letzten, notabene historischen Stempel aufdrückt. Der Wiener Postoffizial Karl Kallab hatte hunderttausende Sendungen entwendet, daheim geöffnet, Geldscheine entnommen, Marken zum Wiederverkauf abgelöst, mit den Briefen seine Wohnung geheizt. Bei der Hausdurchsuchung fand die Polizei, so steht es auch bei Brandstätter, gezählte 56.284 unterschlagene Briefe. Als Unterlage für seine private Postbearbeitung verwendete Kallab, wie die Presse genüsslich mitteilte, ausgerechnet das Buch Lebensgeschichte des Raubmörders Schmidt. Mit seiner Beute kaufte er zwei Häuser. Eines hatte dem Theaterdirektor Karl Karl gehört, der es mit den Erlösen für Nestreus Lombazi Vagabundus erworben hatte. Wegen Missbrauchs der Amtsgewalt verurteilte das Gericht Karl Kallab zu zehn Jahren schweren Kerkers. Der Strafprozess, betonte die Allgemeine Österreichische Gerichtszeitung am 26. Februar 1863, habe durch die Großartigkeit des Verbrechens das allgemeine Interesse erregt. Es reichte weit über die karkanischen Grenzen hinaus, Zeitungen in Deutschland, in Großbritannien, ja sogar in Brasilien berichteten eingehend. Und Alois Brandstedt, das Roman, schließt mit dem Kleinamtsdeutsch, das dem unerhörten Ereignis seine Formel mitgibt. Damals hat sich die Wiener Post einen bis dahin im Postverkehr unüblichen Stempel angeschafft, den sie auf die noch bei Kallab gefundenen Briefe drückte. Dann wurden sie mit zum Teil dreijähriger Verspätung erneut auf die Reise geschickt, unterschlagen gewesen und wieder zustande gebracht. Unterschlagen gewesen und wieder zustande gebracht, 56.284 unterschlagen gewesen und wieder zustande gebracht. zustande gebracht. Der KK-Offizial, der die Post zu seinem eigenen Vorteil ins Abseits befördert hatte, beschäftigte Gemüter und Fantasie noch lange. Am 8. August 1920 wusste das Neue Wiener Journal, Karl Kallab sei buchstäblich in der ganzen Welt populär geworden, denn von Wien aus habe er die gesamte zivilisierte Menschheit in Mitleidenschaft gezogen. Dafür gäbe es seither sogar ein Verbum, Kalabisieren. Der Stempelvermerk, unterschlagen gewesen und wieder zustande gebracht, habe überall die heftigste Heiterkeit erregt. Man habe darüber Kubles gesungen, Possen geschrieben. Und, fuhr das Journal fort, im Ausland spotte man bei jeder passenden Gelegenheit zweideutig. Die Österreicher haben etwas zustande gebracht. Das Ausbleiben von Briefen, das die Schweizer Zeitung meldete, hatte 1862 einen Grund, der Karl Kalab hieß. In Alois Brandstätters Roman sind es 112 Jahre später die Postler Uerdinger, Blumauer und Deuth. Sie rechtfertigen sich mit einem der vielen Stilmittel, die diese Prosa pointieren, der Tautologie. Und eine haben wir gerade von Kurt Neumann gehört. Postwurfsendungen sind Postwurfsendungen, erklären sie leicht hin, nachdem sie ihre Last in den Fluss Eist geworfen haben. Derjenige, der sich über die ausbleibende Post beklagt, nicht in Österreich, sondern im fiktiven niederbayerischen Prach, ist ein ausdauernder Beschwerdeführer. Von ihm erfährt man kaum mehr, als dass er etwas abge in Alois Brandstetters umfangreichem literarischen Gesamtwerk. Auch die auf die Briefträger folgenden Romane, die Abtei 1977 und die Mühle 1981, sind Tiraden. In ersteren siniert ein Gendarmerie-Inspektor darüber, wie er den Dieb eines wertvollen Kelchs zu erwischen gedenke, grübelt aber mehr über Probleme der neuen Zeiten nach. Zu ähnlicher Thematik schweift in zweiteren der Erzähler dauernd von der Mühle ab. Und in Altenehrung 1983 ist es ein Beamter des Denkmalschutzamtes, der seinem Ärger Luft macht. Der Schimpfer von Prach äußert sich nur an einer Stelle über seinen eigenen weltanschaulichen Standpunkt. Ich bin vielleicht konservativ, Postmeister, das lasse ich gern gelten, dass ich wahrscheinlich konservativ bin. Konservativ bin ich möglicherweise wirklich ein bisschen, erklärt er in für die Textsorte bezeichnender Redundanz. Sie steigert sich immerhin von vielleicht über wahrscheinlich und möglicherweise zu wirklich. Ein Ausdruck der langsamen Verfertigung der Gedanken beim Reden. Sein langes Lamento über den schlechten Zustand der Post und der Welt adressiert er an den Postmeister. Es stimmt, dass wir in einer fürchterlichen Zeit leben, sagt er. Im Besonderen prangert er die Verfehlungen und Schwächen der drei Briefträger von Prach an. Des Trinkers Ferdinand Uerdinger, des Frauenfreundes Franz Blumauer und des mit Bildungsgut protzenden Lateiners Karl Deuth. Sie kommen spät, oft gar nicht. Sie öffnen Kuverts und lesen private Schreiben, sodass das Postamt eigentlich ein Lektorat sei. Ja, sie lesen Briefe im Gasthaus zum Gaudium der Stammtischler vor. Sie sprechen im Dienst dem Alkohol zu oder den Strohwitwen oder sie begeben sich ohne Grund in den Krankenstand. In der scheinbar losen, doch gefinkelten Struktur des Romans bilden sie das Handlungsgerüst, auf das die Soada stets zurückkommt. Sie vermitteln die gesellschaftliche Vorstellung, alles hänge mit allem zusammen, gebündelt zulasten der Briefträger. Träger. Alles, was irgendwo irgendwann geschieht oder geschehen wird, bestätigt sie direkt oder indirekt in ihrer laschen Dienstauffassung, konstatiert der Beschwerdeführer. Zwar richtet sich seine Rede an den Postmeister, aber in ihrem Assoziationselan gelangt sie flugs in komischer Unverhältnismäßigkeit der Wirkung, vom Brieföffnen zum Leistenbruch. Und Vergleiche schaffen mitunter merkwürdige Zusammenhänge. Der deutsche Sozialismus marschiert wie unsere Blasmusik, wenn sie von der Leichenhalle zum Friedhof unterwegs ist. Anlass zu heftiger Beanstandung geben auch die Gendarmen und die Lehrer, die Jäger und die Fleischbeschauer, die Blaskapelle und die Bundesbahn, die Zweitwohnsitze und der Bebauungsplan. Dazu Überlegungen über das Radfahren und historisch über das Waffenrad in Uerdigers lächerlicher Behauptung von Großartigkeit. Waffenrat in Uerdigers lächerlicher Behauptung von Großartigkeit. Als die österreichischen Soldaten 1917 mit den neuen Waffenrädern an der Front aufkreuzten, war das die Sensation schlechthin. Das Waffenrat war bei den Kriegsgegnern gefürchtet wie die Pest. Der Quengelgeist schweift nicht ab, sondern schweift durch seine Lebensumgebung, um dann jeweils erneut die Briefträger zu belasten. So schafft der meandernde Monolog einen roten Faden und in der Form der Rede sowie ihrer Stilmittel einen ironisch-satirischen Grundton. einen ironisch-satirischen Grundton. Entsprechend beginnt der Roman mit der Anrede, mein lieber Uerdinger, habe ich gesagt, heute bist du wieder einmal sehr spät dran. Dass hier einer mitteilt, was andere aussprechen, darauf weist oft und oft den ganzen Roman hindurch das gehäufte Sagen. Der Postmeister sagt, sagt er, du Postmeister sagst, laut Uerdinger, dass ihr zusammenfassen und rationalisieren müsst. So findet sich, wenig rationalisiert, das Reden potenziert, so treibt es den Text voran. In der Übertreibung trägt es dazu bei, dass die Gesellschaftskritik zugleich als Satire einer Gesellschaftskritik zu wirken vermag. Und die alte rhetorische Form der Schimpfrede findet sich ironisch gebrochen. Ein soziales Disziplinierungsmittel ist, wir wissen es spätestens seit Karl Kraus, die Phrase. Ein Schriftsteller hat die Phrasen zu vernichten, forderte Ingeborg Bachmann 1972 in ihrer Wildganspreisrede. Alois Brandstetter untergräbt die Wortstarrheiten, indem er sie gegeneinander stoßen lässt, zur Kenntlichkeit bloßstellt. Seine Qualität ist die virtuose Handhabung der rhetorischen Mittel unterschiedlicher Sprechweisen und Stilebenen, die besonders in der Parodie etablierter Kommunikationsformen und in der sozialkritisch motivierten Montage oder Auflösung von Redensarten zur Geltung kommt. So Johann Strutz 1981 im kritischen Lexikon Gegenwartsliteratur. Was Brandstätters Figuren an Formellasten zu schleppen haben, ist beträchtlich. Sie lassen das gemeinschaftliche Selbstverständnis im sprachlichen Autoritätsgewand auftreten. Phrasen bezeichnen Situationen und Verhältnisse als Gemeinplätze, die Steifheit ist laut Henri Bergson das Lachen einer der Auslöser komischer Effekte. So ersteht bei Brandstetter ein kleines soziales Panorama auf der Grundlage fixer Zuordnungen. Zu Volk das Wort einfach. Das einfache Volk, sagt Uerdinger, hat grundsätzlich nur vor dem Respekt, was es nicht lesen kann und was es nicht versteht. Sein Kollege der Lateiner Deuth bezieht das Diktum auf die Literatur. Unbegabte Schriftsteller hätten die Unverständlichkeit zum Prinzip erhoben, erklärt er, und dreht sogleich das Phrasenrad in den sich selbst torpedierenden Widerspruch. Gut ist heute nur das Schlechte, sagt Deuth. Phrasen sind als Slogans Lehrformeln. Die politische Richtung muss stimmen, zitiert zulassender Briefträger. Phrasen geben Muster zur Einordnung und zum Systemerhalt an. Das ist Amtsärzte-Philosophie, mein lieber Postmeister. Gemeinnutz geht vor Eigennutz und so weiter, vermerkt der Beschwerdeführer. Das Kleinamtsdeutsch eines Amtsarztes, der an die Krankenkasse und nicht an die Kranken denke, bringt ebenso skurrile Sätze hervor wie der Stempel im Fall Karl Kahlab. Unerhebliche Arbeitsbeeinträchtigung mangels linken Arms. Und der Tierarzt, wir haben es von Kurt Neumann gehört, stempelt das beschaute Fleisch als unbedenklich. Uerdinger nimmt das Amtsgerät und drückt unbedenklich auf Briefe, als sei er die Zensurbehörde. Ähnlich steif lauten die Formeln, wenn bei der Jagd ein Treiber angeschossen wurde. Immer heißt es im Polizeibericht verirrte Kugel. Und in der Zeitung steht, verirrte Kugel traf Pechvogel. Die Amtssprache gebraucht man eben bei der Post. Und was sind denn all diese Postwurfsendungen und Kartengrüße anderes als ein Kompendium von Phrasen? Wenn ein Verein oder eine Gruppe irgendwo hin einen Ausflug oder eine Wallfahrt macht, dann kommen an jedem Tag nicht selten bis zu 100 Ansichtskarten mit immer denselben Formulierungen von dort nach Brach zurück. Trifft Post auf Englisch ein, übersetzt sie Blumauers Gattin. Sie liest eigentlich aus jedem Brief immer dasselbe heraus. In jedem amerikanischen stehe etwas von einem verstorbenen Onkel und einer Erbschaft. Die Reaktion folgt auf den Fuß. Wenn Uerdinger einen solchen Brief zuzustellen hat, dann kondoliert er und gratuliert er. Mein Beileid, sagt er, meinen herzlichen Glückwunsch. Formeln zeitigen formelhaftes Verhalten. Formeln behaupten unhinterfragte Wortautorität. Wenn ich nicht weiß, was eigentlich im Brief steht, man beachtet das oft Verwendete eigentlich. Wenn ich nicht weiß, was eigentlich im Brief steht. Man beachtet das oft Verwendete eigentlich. Wenn ich nicht weiß, was eigentlich im Brief steht, kann ich das Briefgeheimnis natürlich nicht bewahren, sagt Uerdinger in verquerer Logik. Das sei selbstverständlich, darüber brauchen wir gar nicht zu reden, sagt er. Sprichwörter und Sendenzen geben Muster der Selbstverständlichkeit vor. Die Briefträger setzen sie zu ihren Gunsten ein. Die Beschwerde an den Postmeister jedoch dreht und wendet einige. Der Alkoholiker Uerdinger handle die ganze Woche über nach der bekannten Devise Dienst ist Schnaps und Schnaps ist Dienst. Er gönne sich und seiner Leber auch am Sonntag keine Pause, wer rastet, der rostet, sagt Uerdinger. Dieses Reservoir der Alltagssprache wurde eben ab Ende der 1960er Jahre durch die Verbreitung von Radio und vor allem Fernsehen besonders intensiv mit Slogans der Werbung aufgefüllt. Also weiß der Frauenfreund Blumauer, am besten sei es, einfach das Vokabular der Werbung und der Waschmittelreklame anzuwenden. Je bekannter eine Floskel in ihrer Steifheit ist, desto wirkungsvoller. In dem Gewand der Selbstverständlichkeit finden sich wesentliche Sinnfragen in Lehrformeln gehüllt. Das Leben, sage ich gern, ist ein Auf und Ab, ein ewiges Hin und Her, weiß Blumauer, durchaus Er, Weiß Blumauer, durchaus zweideutig auf seine Frauengeschichten bezogen. Er fügt hinzu, er wolle nicht genauer werden, er sei ja an das Postgeheimnis gebunden. Gar nicht genauer wird das dafür ideale Stilmittel die Tautologie, indem sie ein Element mit sich selbst gleichsetzt und damit eine Erklärung vortäuscht. Ein Hühnerdarm ist ein Hühnerdarm, lieber Postmeister, verwehrt sich der Beschwerdeführer gegen die Geruchsbelästigung der Hühnerfarm des Freiherrn, genannt der Von und Zu, dessen Name also weniger Gewicht zugesprochen ist als seiner in den Beiwörtern fixierten sozialen Stellung. Erscheint die Tautologie im negativen Gewand, erledigt sie sich anscheinend selbst, dient aber dennoch einer Rechtfertigung. Die Briefträger machen die Post auf, sie nennen es Behandlung. Dazu brauche es eine entsprechende Technik. Laut Uerdinger heißt das, öffnen ist nicht öffnen, sagt er. Öffnen und öffnen sind zweierlei. Und Brief ist nicht Brief, sagt Uerdinger, das kommt noch hinzu. Nicht Brief, sagt Uerdinger, das kommt noch hinzu. Nüchtern betrachtet sind derart wesentliche Elemente des Romans, sein Oberthema und sein Ort, ungewiss, denn seit die Münchner Niederbayern entdeckt haben, ist Niederbayern nicht mehr Niederbayern, sagt Deuth, und Brach ist nicht mehr Brach. Ja, Brach ist nicht Brach. Ein Ort dieses Namens existiert realiter nicht. Im Tschechischen gibt es das Wort Prach, es bedeutet Staub. Alois Brandstetter, wir haben es gehört, ist in Pichl bei Wels geboren, hat in Wien studiert, in Saarbrücken als Uniassistent gearbeitet, sich dort habilitiert, in Klagenfurt als Ordinarius gelehrt. Ich vermute, er hat seinen ersten Roman im fiktiven niederbayerischen Brach angesiedelt, um seine Heimat aus dem Spiel zu lassen, zugleich im Spiel zu belassen. Die Eist, in die seine Briefträger ihre Last werfen, fließt durch das Mühlviertel. Sie inspirierte den Altgermanisten Brandstetter. Ein Minnesänger des 12. Jahrhunderts hieß Dietmar von Eist. Das Geschlecht des Namens ist zu jener Zeit in Oberösterreich bezeugt. Und im Gemeindegebiet von Pichl liegt der Weiler Ach. Der Name bildet immerhin einen Teil von Prach, dazu das anlautende P von Pichl. Dieser Gegend nähert sich dann 2011 die Fortsetzung zur Entlastung der Briefträger an, in der Brandstätter seine drei Postler, Uerdinger, Blumauer und Deuth, ohne weitere Erklärung als Pensionisten ins Innenviertel versetzt. Dort kommen sie, nun österreichische Briefträger, in Ruhe, freitags im Wirtshaus zusammen und reden unruhig über den Zustand der Welt. Der Stammtisch und die Post, das sind geradezu klassische Phrasenorte. Beide Romane bauen auf eine Komik der Übertreibung. In zulasten der Briefträger neigt der Beschwerdeführer stark dazu. Mit den Formeln für einen Jagdunfall schießt er weit über ein plausibles Ziel hinaus. Jagdunfall schießt er weit über ein plausibles Ziel hinaus. Wurde ein Passant erwischt, heiße es streunender Bäckerjunge von Kugel getroffen, Herkunft der Kugel unbekannt. Oder landläufiger Briefträger in Schrothagel geraten. Die soziale Dynamik tendiert zur Übertrumpfung und somit zur Übertreibung der Übertreibung. Aus unserer Sicht des Jahres 2022 fällt es wohl noch stärker auf, wenn es 1974 heißt. Es stimmt, dass die heutige Zeit sehr schnelllebig ist und richtig ist leider auch, dass alle Bedürfnisse und Wünsche heute maßlos übersteigert sind. Alles ist überzüchtet und aufgepeitscht und übertrieben. So spricht der Gemischtwarenhändler, Bruder des Postmeisters, und das ganze Lamento über den bedauerlichen Zustand der Welt in einer Gemischtwahnhandlung angestimmt gehört. Derart erweisen sich Zeitdiagnose und Gesellschaftskritik mit fortschreitendem Roman zugleich satirisch gekontert, das anonyme Ich, das klagt und anklagt als misogüner Schwätzer. Mitunter erfindet der Beschwerdeführer Aussagen anderer und treibt sie weiter. Er zitiert andauernd die Reden der Briefträger, muss also die Postoffiziale lang aufhalten, von ihrer Arbeit abhalten, beschwert sich aber, sie kämen stets zu spät. Der Erfolg von Zulassender Briefträger 1993 schon in der neunten Taschenbuchauflage ist auch ein intertextueller. Laut TTV handele es sich um die ungekürzte Ausgabe. Das stimmt, aber das stimmt doch nicht. Der Residenzverlag hat eine Passage gestrichen, die einen seiner in Oberösterreich ansässigen Autoren betrifft, der als größter Übertreibungskünstler gilt, als Meister der weiterbohrenden, langatmigen Tirade. In Brandstädters Manuskript heißt es, so schnell können die Kulturpreisverleiher gar nicht verleihen, oft ist unser ortsansässiger Dichter noch kaum vorgeschlagen, da schlägt er auch schon zurück. Und weiter, wie er dasteht in seinen Gummistiefeln mit seiner ledernen Kniehose mit dieser Leidensmine. Der Verlag, teilte die Lektorin mit, könne das seinem Autor nicht antun, weil der Gemeinde hier keinen Spaß verstehe. Erst 2001, zwölf Jahre nach dem Tod von Thomas Bernhardt, hat Residenz schließlich die Passage an die Neuausgabe des Romans angehängt. Es war nicht der letzte Text, mit dem Alois Brandstetter kritisch auf den nicht sehr weit von Bichl entfernt wohnenden Thomas Bernhardt anspielt. Mit Hochachtung verwies er hingegen auf HC Artmann. Zur Entlastung der Briefträger auf einen HC Artmann-Platz im Salzburger Stadtteil Müllen, so ehrt Österreich seine großen Dichter. Artmanns Nachrichten aus Nord und Süd, 1978 ebenfalls bei Residenz stehen als durchgehende Tirade ohne Absatz und Satzzeichen mit dem assoziativen Prinzip der Ausschweifung, mit allen ironisch-satirischen Stilmitteln, den zitierten Phrasen und den verbalen Kollisionen durchaus dem Briefträger Roman nahe. Auch hier trifft der Lebensgrundsatz der vorgeblichen Bewegung »Das Leben ist nun mal veränderlich« auf die Genregewissheit der Heimat »Nur die Berge bleiben, was sie waren« und auf die Tautologie »Die grüne Steiermark ist halt einmal die grüne Steiermark. Im langen poetischen Atem schafft Artmann ebenfalls einen Phrasenkatalog und reißt die Formelhaftigkeit auf. Auf Brandstätters ersten Roman gingen etwa Gerhard Köpf und die Güte Gstädtner in ihrer Prosa ein. 1992 kamen die drei Postler aus Brach auf die Theaterbühne. Zwei Jahre danach in einen Fernsehfilm des ORF. Am 11. Dezember 2008 versah das Wirtschaftsmagazin Trend seinen Artikel über das Sparprogramm der Post mit Brandstädters Titel, ebenso die Kronenzeitung am 2. Dezember 2021. Zu Lastenender Briefträger ist selbst sprichwörtlich geworden. Es tut gut, den Roman heute zu lesen. Nicht nur wegen des literarischen Genusses, sondern auch, weil er eine Kommunikationswelt zeigt, wie sie in digitalen Zeiten nicht mehr besteht und zugleich frühe Ansätze aktueller Miseren aufs Korn nimmt, die damals noch abzuwenden gewesen wären. Aus unserer jetzigen Sicht vermögen wir zu bedenken, dass in seinem Erscheinungsjahr 1974 der Siegeszug des Neoliberalismus begann, als Friedrich August von Hayek und die Chicago Boys im Chile der Binochet-Diktatur ihr Rezept erprobten. Die Folge waren Privatisierungen und vorgebliche Rationalisierungsmaßnahmen, wie sie in zulasten der Briefträger beklagt werden und im Nachfolgeroman 2011 auf der ersten Seite als ungünstige Realität dastehen. der ersten Seite als ungünstige Realität dastehen. Es gibt also, sagt Uerdinger, in vielen Ortschaften kein Postamt mehr, sondern nur noch einen sogenannten Postpartner, etwa den Fleischhauer. Deuth verdeutlicht, die gefährlichste Gefahr droht unserer Post durch die sogenannte Privatisierung. durch die sogenannte Privatisierung. Was der erste Bericht des Club of Rome 1972 zu befürchten gab und wir nunmehr erleiden, moniert Brandstätters Beschwerdeführer zwei Jahre darauf in damals scheinbarer Übertreibung. Die Raumplaner und Verkehrsfachleute würden nicht ruhen, bis ganz Deutschland asphaltiert und zubetoniert ist. Und erstaunt liest man, die ganze Gemeinde ist ein einziges Seuchengebiet, alle Bracher leiden an Hongkong-Grippe, die Luft ist voller Bakterien. Halten wir uns vor Augen, welche Werke zur selben Zeit erschienen sind, von Anti-Heimat-Prosa bis zu Avantgarde-Formen. 1973 Friedrich Achleitners Quadratroman und Reinhard B. Grubers Hödelmoser. 1974 Franz Innerhofers Schöne Tage, Thomas Bernhards »Die Macht der Gewohnheit«, »Der große Horizont« von Gerhard Roth und die ersten Texte von Anselm Glück. So liegt die Versuchung nahe, Alois Brandstetters zulassender Briefträger auch als eine gelungene Zusammenführung dieser Tendenzen zu sehen, als satirische Zerstörung des Klischees der ländlichen Idylle, wie es in der von Viktor Smegatsch herausgegebenen Literaturgeschichte 1984 heißt, und als Kritik an der Formelhaftigkeit der Sprache, an der Steifheit ihrer Sprecher und an den sozialen Konsequenzen. Mit seinem ersten Roman hat Brandstetter nicht nur eine originelle Prosa geschaffen, sondern auch eine für sein gesamtes Werk konstitutive Erzählform angewendet. Der tiefgreifende und gewitzte Zugang lässt gesellschaftliche Phänomene satirisch im Lichte impliziter Sprachkritik erstehen. Karl Kallab hat seinerzeit Verkehrssprache aus dem Verkehr gezogen zu seinem eigenen finanziellen Gewinn. Das Amt hat die prekäre Lage mit einer Formel abgestempelt und unter die Leute gebracht. Der Stempel ist ein dem Lebendigen aufgedrücktes Mechanisches, wie Henri Bergson einen Grund des komischen Effekts bezeichnet. Den historischen Höhepunkt der Unzuverlässigkeit der Post und den Stempel, der dem Vorfall eine lachhafte Note verleiht, setzt Brandstetter ans Ende seines Romans. Er führt die Verkehrssprache vor zum literarisch-narrativen Gewinn. 1862 schrieb der Bund in Bern über Kahlab. Die Fantasie ist zu schwach, sich alle Folgen zu vergegenwärtigen, welche die Vorenthaltung der Post für das Glück so vieler Menschen haben mochte. Alice Brandstetters Fantasie ist so stark, dass sie für das Glück so vieler Leserinnen und Leser zu sorgen vermag. Dankeschön. Applaus Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben es mitbekommen, diese Veranstaltung hier ist die dritte in dieser Woche, wo wir uns mit diesem Buch beschäftigen. Adolf Brandstetter konnte leider weder in Graz am Montag noch am Dienstag in Wien noch heute dabei sein. Kurt Neumann hat in, glaube ich, glänzender Manier jeweils individuelle Passagen gelesen. Ich bin aus Oberösterreich, Kurt Neumann stammt aus Oberösterreich. Das Buch spielt eigentlich in einem, sagen wir mal, fiktionalen oder in einem Niederbayern. Ich hatte heute so das Gefühl, irgendwie ist der Text aber heute doch dort angekommen, wo er auch irgendwie herkommt. Und das lag nicht nur daran, dass du heute die Fleischbeschau ausgewählt hast als Text. Er hat irgendwie schon was Oberösterreichisches, das ich als Oberösterreicher so irgendwie mit diesem Bundesland verbinde auch. Ich bin halt hier aufgewachsen und ich sehe halt die Provinz, als oberösterreichische Provinz. Hast du auch das Gefühl, dass er irgendwie an den Ort seiner Herkunft zurückkehrt, der Text? Er setzt allerhand Taschenspielertricks ein, um davon abzulenken, dass es ein reiner Oberösterreich-Roman ist. Ich habe ja in Wien diese Passage vorgelesen, wo er über das berühmte Steirer Waffenrat eine verstiegene Lobrede hält, wie großartig das war. Wir haben ja ein kurzes Zitat gehört daraus. Nur verfälscht er das und verwendet den bayerischen Ort Weihjarn, weil das E, Y und R auch im Sobi Steier im Namen trägt. Aber er spricht im selben Atemzug nicht vom Bayerischen Waffenrat, sondern vom Österreichischen Waffenrat. Es gibt auch noch eine zweite lustige Passage, wo er dann plötzlich, er hat ja damals in Saarbrücken gelehrt, wo er dann plötzlich über einen Briefträger aus dem Saarland berichtet. Und der irgendwie sein Fahrrad, also es geht eben in Fortsetzung von dieser Waffenradgeschichte um sein Fahrrad, und der Briefträger hat das irgendwie irgendwo angelehnt, während er im Wirtshaus saß und dann hat die Müllabfuhr, die Sperrmüllabfuhr sein Rad. Und wie bringt er das überhaupt, diese Ablenkung, also das macht überhaupt keinen Sinn, jetzt über einen Briefträger aus dem Saarland zu schreiben. Der Wechsel der Ebene und das ganze Buch ist ja durchzogen von Ebenenwechseln zwischen dem realen oder geschilderten Geschehen und der ausdrucksform, der sprachlichen Ausdrucksform des Geschilderten. stellt er die Frage, warum erzählst du mir jetzt diese Geschichte? Und dann findet er, also das ist dann, dann antwortet, also die Begründung liegt eigentlich im poetologischen Konzept, in einem sehr kurz gefassten poetologischen Konzept. gefassten poetologischen Konzept. Machen wir kurz einen Punkt, weil ich muss den Niederösterreicher natürlich fragen, was er zu dieser oberösterreichischen Privatmythologie meint, die ich da versuche anzustimmen. Hier wird ein Steirer gefragt. Aber die Grüne Steiermark ist die Grüne Steiermark, wie wir von H.C. Artmann gehört haben, der tatsächlich in der Steiermark auch gelebt hat. Ah, von HC Artmann gehört haben, der tatsächlich in der Steiermark auch gelebt hat. Ich finde, was Kurt Neumann sagt, ist sehr erhellend. Brandstätter spielt die ganze Zeit eigentlich damit,ger da ihre Sachen in die Eist werfen, kann es nicht in Bayern gewesen sein. Und das wird aber dauernd so dahin erzählt und fällt auch kaum auf eigentlich, weil man sich das nicht genau anschaut. Ich habe mir nur überlegt, ob es in Deutschland nicht nur die Schwarzen und die Roten gegeben hat, sondern ob die damals auch die Blauen gehabt haben, da bin ich mir nicht so sicher. Also in dem Fall wird das auch wieder auf österreich über umgelegt und es ist dann noch dazu so dass der übergang von zulasten der briefträger zum nachfolgeroman zur entlastung der briefträger ja durch den karl kallab funktioniert und das ist wienerisch wie nur was, also da ist ja im Hintergrund dann auch Nestreu, das ist dann nicht mehr so oberösterreichisch und dann sitzen die im Nachfolgeroman ohne weiteren Kommentar als österreichische Briefträger, die drei, die da vorher in Niederbayern werkten, im Innviertel und sind österreichische Pensionisten. im Innviertel und sind österreichische Pensionisten. Und das Seltsame ist, und das muss auch formale Gründe haben, dass das eigentlich nie jemand so wirklich als Kritikpunkt bemängelt hat. Also in der zeitgenössischen Rezeption ist das nicht sehr aufgefallen und auch in der germanistischen Auseinandersetzung sind diese Widersprüche eigentlich hingenommen worden und das muss, glaube ich, Gründe haben auch. Naja, man kann sich natürlich das Gedankenspiel leisten, was wäre passiert, hätte er das als Oberösterreich-Roman deklariert. Also es hat ja, es hilft ja sehr viel, mehr oder minder, also das kennt ja jeder Mensch selbst, der überhaupt eine Tendenz hat, sich über sich selbst Gedanken zu machen. Über sich selbst klar zu werden, dafür hilft sehr viel, auf Distanz zu gehen, zu sich selbst auf Distanz zu gehen, damit man eine Art Blick von außen auf sich gewinnen kann. Und das ist eigentlich so ein Versuch, gewissermaßen Einsicht durch Distanz nehmen zu gewinnen, weil man könnte, also wenn man sich das überlegt, es hätte sofort große Parteiungen gegeben. Also es hätte Anfeindungen gegeben, quasi patriotischelikumsreaktion und Pressereaktion auf Bernhard hinausgelaufen. Und so hat er das irgendwie abgebogen. Und so wie Klaus Zeiringer das ja richtig gesagt hat, und das ist ja das Beeindruckende, es ist Gesellschaftskritik, völlig eindeutig. Und es sind auch, könnte man sagen, knallharte Befunde drinnen, aber es ist zugleich eine Ironisierung von Gesellschaftskritik. Eine Ironisierung von Gesellschaftskritik. Ich sehe das auch so, vor allem wenn wir bedenken, die Reaktionen, die es geben hätte können, ich denke jetzt nicht an die oberösterreichische Postdirektion, aber aus den 70er Jahren kennen wir ja schon die Vorwürfe, die an manche Autoren und Autorinnen ergangen sind, mit vor allem Nestbeschmutzer und so weiter und so fort. Und das ist ja bei der Rezeption von diesem Roman überhaupt nicht der Fall gewesen. Ich wüsste auch nicht, dass in Bayern sich jemand aufgeregt hätte. Und was auch noch wichtig ist und was eine enorme Qualität des Romanes ist, deswegen meine ich auch, dass Alois Brandstätter zusammenführt, was in dieser Zeit, in den 70er Jahren, an literarischen Konzepten, Vorgangsweisen, Formen kursierte. Er verzichtet in diesem Roman ja gleichzeitig auf Plausibilität, tut aber gleichzeitig so, als wäre das alles plausibel-realistisch. Und es ist, was gesagt wird, dadurch gebrochen, dass ja einer sagt, was drei andere sagen, was wiederum viele im Prach sagen. Und dann noch dazu schert es sich eigentlich gar nicht um irgendeine realistische plausibilität und das ist wesentlich wir haben in den letzten zwei veranstaltungen diese woche viel über die parallelen auch die differenz zu thomas bernhard gesprochen aber gerade bei der frage der österreich kritik und der frage des des nestbeschmutzens da liegen ja welten dazwischen irgendwie ja also bei thomas bernhard war das ja von anfang an da zu sagen der der wollte ja gerade das Konkrete, der wollte ja die Provokation, die Tiroler Gebirgsdörfer, wo die Idioten leben und so weiter. Einspruch wäre eher. Vor dem Einspruch muss der Gedanke noch weiterentwickelt werden, weil die Frage ist ja, was ist denn, ich finde ja gar nichts so schlimm an diesen drei Briefträgern. Heute ist mir zum ersten Mal die Frage gekommen, es redet ja immer ein Beschwerdeführer, der dem Postmeister gegenüber eine Art Beschwerde vorbringt, aber woher wissen wir denn überhaupt, dass das alles stimmt, was dieser Beschwerdeführer sagt. Das ist ja alles nur möglicherweise sein Gedankengebäude. Die einzige Perspektive, die wir haben, ist ja die von dem, der da redet. Das scheint sehr plausibel zu sein. Und gerade diese Szene mit diesem Wahlkrampf-Propaganda, da wird es ja ganz toll, dass es die drei Figuren braucht, um das System funktionieren zu lassen. Das ist auch eine interessante Differenz zu dem Herrn Kallab, der das alleine macht irgendwie. Aber da braucht man die drei und die ergänzen sich so. Aber das ist ja... Ja genau, und das ist ja eigentlich spannend, also worüber, also so ein nesbischmutserischer Text wäre es ja nicht einmal, wenn sie in Oberösterreich spielen. Die haben ja was Liebenswürdiges an sich, diese drei Poster eigentlich in ihrer Art das zu machen. Und eigentlich, die vernichten ja auch nur die Drucksachen, die private Post ja nicht. Er hat, deswegen habe ich beim Bernhard Einspruch gesagt, der Bernhard, ich lache immer, dass der Bernhard als gesellschaftskritischer Autor betrachtet wird. Das ist ein Komponist von Formeln, also immer das katholische, nationalsozialistische, das ist nirgendwo belegt. Und er belegt es, er zeigt genau hin. genau hin. Er ist ja im Aufspüren der Fakten und im Benennen der Fakten ist Randstetter ja viel direkter und unmittelbarer als Bernhard. Aber bei Bernhard funktioniert es ja anders. Es gibt einen eigenen Band mit Städtebeschimpfungen. Bei Bernhard gibt es Augsburg und Augsburg ist das letzte Stadt. Er setzt zu Provokationen. Die Gesellschaftskritik, da gebe ich dir völlig recht, die funktioniert genauso wie diese drei Briefträger irgendwie, weil alles ist katholisch und nationalsozialistisch und sozialdemokratisch und alle drei sind letztlich genau fürchterlich, also ohne Differenzierung könnte man sagen. Das ist genau so ein System, das sich bewegt wie diese drei Briefträger. Es ist ja tatsächlich so, dass die drei Briefträger auch deswegen vielleicht ein bisschen sympathisch oder mehr oder weniger sympathisch werden können, weil wenn man es sich überlegt, das ist das, was ich im Vortrag gesagt habe, dass ja dieser Beschwerdeführer enorm lang mit denen reden muss und es kann er das ja alles nicht erzählen und sich gleichzeitig beschwert, dass die mit ihrer Arbeit nicht weiterkommen, dann fragt man sich schon, wer da jetzt der Schuld ist. Und ob das alles stimmt oder nicht, weiß man auch nicht. Und dann noch ein Gedanke. Es gibt dann diese Szene, wo der Briefträger Uerdinger im Gasthaus die Briefe vorliest zum Gaudium Alla. Das ist Volkstheater. Oder oberösterreichisches Bauerntheater. Ja, aber man könnte ja eigentlich sagen, wenn man es jetzt so polemisch sagt, diese drei Briefträger verbringen ja eine besondere Dienstleistung am Kunden. Also sie verhindern, dass die mit Wahlwerbung eingedeckt werden. Drucksachen haben keine besondere Bedeutung. Es gibt auch noch sozusagen in diesem Mediensystem so eine Vorstellung von Originalität. Der Originalbrief, das wäre der private. Auf Jadbandpapier. Auf Jadbandpapier. Die hundertfache Phrase des Ausflugs dorthin, das ist sinnlos, weil das ist immer das Gleiche. Also Sie haben ja eine Vorstellung von Originalität noch und das sind wahrscheinlich die Passagen, die Sie dann für die Dichterlesung im Wirtshaus nutzen. Also eigentlich ist eine höhere Art der Dienstleistung am Kunden, die hier vonstatten geht. Das ist zur Entlastung der Brieftrüge gesagt. Also ich würde sagen, das ist Literaturkritik als Übertreibungskunst, wenn er das so interpretiert. Was mir heute so aufgefallen ist, ist das 83. Grundbuch. Und ich muss sagen, wir hatten unter diesen 83 Büchern wenige, die so humorvoll sind, die man auch so gut in Erinnerung hat, die so gut funktionieren. Es reicht schon sozusagen, das anzuzitieren und die entsprechende Publikumsreaktion ist da. Im Normalfall würde ich sagen, ist es verdächtig, wenn Texte zu lustig und zu humorvoll sind für so eine Stellung innerhalb der österreichischen Literatur. In dem Fall nicht. Macht es mit einer der Leistungen aus? Macht es das zu einem Grundbuch, dass es diese Kurve kratzt? Mit Sicherheit. Und ich erinnere, eben wenn es um Literaturwissenschaft und Kritik geht, im Bielefelder Kolloquium wurde dem Ernst Jandel heftig vorgeworfen, dass er witzig sei und zum Lachen bringe. Und ich finde ja tatsächlich, dass die komische Literatur insgesamt in der Literaturbetrachtung viel zu wenig Gewicht findet. Also wenn ich an die Bedeutung des Karl Valentin denke, der ja hier im Hintergrund auch steht, vom zulassenden Briefträger, und wenn ich mir ansehe, wie wenig der in den deutschen Literaturgeschichten gewürdigt wurde, dann sehe ich ein Problem in der Literaturgeschichtsschreibung und auch in der Literaturwissenschaft. Also mit der Comic hat man sich wenig beschäftigt. Und dann kommt gleich die Frage, habt ihr, weil ich habe die Liste nicht vor mir, die Tante Joles als Grundbuch gehabt? Haben wir. Ja, na gut, dann gibt es im Endeffekt schon zwei. Ja, wobei ich finde nicht so lustig wie das. Oh doch, oh doch. Naja, aber es ist, die Dinge bekommen in der Wiederlektüre ja doch ein völlig anderes Gewicht oder ein wesentlich anderes Gewicht und es sind Dinge, die man überhaupt erst bei der Wiederle die Parteipropaganda wegwerfen und den Frieden. Und dann schiebt er diesen älteren Herrn ein. Das ist natürlich klarerweise, er sagt es zwar nicht, Nazi-Relikt. Das springt dann subtil. Und der sagt dann, weg mit dem Demokratie-Unfug. Und der sagt dann, weg mit dem Demokratieunfug. Und das hat man in den 70er Jahren anders bewertet. Und es ist aber im Zusammenhang mit einem Befund, der uns derzeit wirklich alarmieren müsste das kann man schon sagen und hier stets leichtfüßig und humoristisch geschrieben diese propaganda und selbstpropaganda schlacht der politischen parteien und die sind für die demokratie ungehemmt ein Problem. Die werden zum strukturellen Problem, wenn es keine Problemlösungen, sondern nur mehr um die Selbstdarstellung geht. Was mir bei der Wiederlektüre aufgefallen ist und vor allem bei den dreimaligen Vorlesungen von Kurt Neumann, wie ungemein gefinkelt Brandstätter die Redundanzen setzt. Also das ist nicht einfach Wiederholung, sondern das ist ungemein geschickt und gefinkelt gemacht. Ja, man könnte auch wirklich, dazu haben wir die Zeit nicht, auch heute nicht, in die sprachlichen Mikrostrukturen gehen, weil er ja sozusagen auch die Redundanzen auf dieser Satzebene setzt teilweise. Er nimmt immer wieder so Anläufe, um das Gleiche vermeintlicherweise noch einmal zu sagen. Auch das gilt ja normalerweise so ein bisschen als Zeichen von Trivialiteratur. Das hat man immer dem Johannes-Mario Simmel vorgeworfen, dass er alles viermal sagen muss irgendwie. Aber bei Brandstein hat das eine völlig andere Funktion, weil es ist so ein sprachliches Anlaufnehmen und ein Hin- und Herdrehen, bis er dann dort ist. Und ich glaube, das macht auch die Ambivalenz aus. Und ich glaube, die Ambivalenz, die ihr jetzt gerade angesprochen habt, das ist das Ungeheuerliche an dem Text. Dass es einerseits so ein Volksschwank sein könnte und dann aber unglaublich viel auch von dieser verdrängten Geschichte, auch das Weiterleben des Nationalsozialismus, des Ablegen des Demokratischen, also da wird der Humor wirklich auch gleich wieder ungeheuerlich, aber das setzt da wirklich ganz, ganz punktuell ein und umso grauenhafter ist es dann. umso grauenhafter ist es dann. Ja, aber er, also ich würde es ihm unterstellen, das macht er eher, intuitiv ist in dem Fall der falsche Ausdruck. Also er macht es vielleicht weniger aus einem politischen Kalkül, sondern er macht es als gewitzter Sprachwissenschaftler. Und da ist wieder die Undrängbarkeit von sprachlichem Ausdruck und erzähltem Inhalt. Er macht es als Rhetoriker und die Lehrbücher der Rhetorik, der Lobrede etc., eine Passage geht über die Lobrede, Etc. Eine Passage geht über die Lobrede. Die machen im Abstand der Jahrhunderte studiert, merkt man die Zusammenhänge zwischen Realleben und hätte das nie so gewesen, wie heute. Eindeutig. Und das Tolle ist, und deswegen ist wirklich an der Veranstaltung, an OÖ, war elzerisch, das gibt es heute noch. Wir haben uns selbst überzeugt, dass in die Mülltonne geworfen worden ist, Zeitungen, die wir bestellt haben. War auch ein großer Artikel in die Begonnenzentrum, im Fruchtblatt. Die haben keine Leute gehabt und haben zum Beispiel qualifiziert. Aber selbst überzeugt, warum kommt die Post nicht zurück, dann zurück, dann keine Leute., schauen Sie her, dass die Mülltonne dann alles reingeschmissen ist. Das ist auch so, wie es derzeit so ist. Vor den 74er Jahren war das so, dass die Partei selbst die Zeitung in Ausdruck hat. Da hat es schon rausgegangen, was war. Die haben selbst davor ausgedrungen, nicht die Post. Weil sie bei der ich bin mir ziemlich sicher, dass Alos Brandstetter sie gelesen hat. Das ist eine Erzählung, die höchstwahrscheinlich aus den späten 50er, Anfang der 60er Jahre ist, in dem Band, wo auch das Großartige nicht nur zur Weihnachtszeit drinnen steht, hat das Heinrich Böll veröffentlicht. Und die Erzählung, kurze Erzähl-Kurzgeschichte, heißt der Wegwerfer. Und da wird einer bei der Post angestellt, der gleich alles wegwirft im Posthaus, sodass gar keine Post mehr ausgetragen wird. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Brandstetter das gekannt hat. Deswegen war der Hinweis auf das Aufkommen des Neoliberalismus von Klaus Zeiringer besonders wichtig, weil das damit natürlich zu tun hat. weil das damit natürlich zu tun hat. Und das sind ja, könnte man heute sagen, Sie sind Affirmatoren und Widerstandshelden wieder des Doppelbödigen in einem. Ja, wobei, also wir haben ja alle in der Pandemie jetzt die Erfahrung gemacht, dass diese ganzen Zustelldienste, DHL und so weiter, zumindest wir haben die Erfahrung gemacht in der Steiermark in Graz, dass die nicht einmal anläuten und gar nicht den Versuch machen. Und das wissen wir jetzt alle die Idee kommen, noch Zeit zu verplempern fürs Lesen irgendwie. Also sozusagen, das stimmt schon, dass ähnliche Effekte Zeit dikt, aber die Hintergründe sind natürlich völlig andere irgendwie, weil das wären ja noch verbeamtete Postler, die einfach die Zeit gehabt haben, das zu lesen. Und wir haben ja darüber geredet, dass es ja letztlich irgendwie auch eine unglaubliche Hochmann, der Deut, mir gefällt ja der Name, die Namen sind ja, der Deut ist der, der herumdeutelt, der herumdeutet, das ist der Lateiner, der diese ganzen bildungsbürgerlichen Dinge mit sich nimmt. Also es gibt ja eine unglaubliche Hochachtung vor dem Lesen des guten Briefes irgendwie. Also das ist fernab der Hintergründe, die das Ganze dann vor dem Neoliberalismus hat. Das ist aber natürlich der Beut auch eine leichte Selbstgeheimnisierung. Man kann schon differenzieren, lieber Klaus. Ich vermute stark, wenn wir uns vorstellen, wer von diesen Briefträgern was vorliest, wenn da der Blumauer der Frauenfreud vorliest, dann wird der eher die Geschichten oder die briefe vorgelesen haben die zu gerüchten im ort beitragen und es einfach zu sagen er war das spannende ist es also dass alle drei dass die drei dann und das ist gerade in der heutigen lesungen passage so deutlich geworden dass die drei eigentlich alles zu 100 prozent abdecken ist aber ja eine relativ einfache gesellschaft auch noch dass die roten die blauenuen und die Schwarzen gegeben hat und damit war sozusagen 100% des politischen Spektrums abgedeckt. Irgendwie die drei Reichen, um die gesamte Gesellschaft zu erreichen. Wenig später war dieses Gesellschaftsbild ja ein völlig anderes. Und vielleicht ein letztes noch, zurückkehren zu diesen Distanzen, die man setzen muss, auch um sich selber darzustellen. Es ist schon frappant, mit welcher Selbstverständlichkeit der alles Brandstätter als Autor das alles mit hinaus nach Niederbayern mitnimmt. Der Thomas Bernhard wird mitgenommen, das politische System wird mitgenommen, das Weinmacher Waffenrat wird mitgenommen. Alles wird einfach ansatzlos mitgenommen. Also das regt sich ja keiner auf. Was macht denn der Thomas Bernd in Niederbayern? Das ist genauso absurd wie das Waffenrad eigentlich. Trauen würde stimmen, Trauen stehnen. Ja, aber das ist ja schon ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Viele sind an den Haaren herbeigezogen und ganz realistisch. Ganz genau. Und das ist genau der Punkt, den wir jetzt setzen und der das zu dem Grundbuch der österreichischen Literatur macht. An den Haaren herbeigezogen und alles stimmt, alle Haare stimmen. Es gibt einen Büchertisch, falls Sie das Buch noch einmal erwerben wollen, weil es die Post nicht zugestellt hat oder es andere Gründe der Verhinderung gibt oder weil Sie es selber nicht mehr gefunden haben in Ihrer Schlamperei irgendwie. Also Sie können es noch einmal kaufen. Auch die anderen Bücher von Alois Brandstetter liegen am Büchertisch. Danke für die Aufmerksamkeit und einen schönen Abend noch. Danke, Kurt Meimann. Vielen Dank.