Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Ja, ich habe spontan nach Kriegsausbruch bzw. Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ein längeres Gedicht geschrieben. Das ist jetzt im Blog der Graz-Autoren-Versammlung veröffentlicht. Und ich wollte es ursprünglich lesen. und ich wollte es ursprünglich lesen und dann ist mir eingefallen, dass ich einige Gedichte geschrieben habe nach einer Reise durch die Ukraine beziehungsweise eigentlich nur Galicien und Bukowina im Jahre 2006 und ich denke, dass diese Gedichte nach wie vor eine schwebende, latente Beunondsidio in Sicht tragen, die ja so ganz gut die Unsicherheit unserer Tage und überhaupt unserer Existenz zur Sprache bringen. Ich beginne mit Pschremissel, das ist diese Grenzstadt zu Polen. Pschremissel. In einer Höhlung des Burgbergs wacht ein Heiliger über rostige Scheibtruhen. Er ist aus Gips und runzelt die Stirn. Dem fetten Adler an seiner Seite sind die Flügel mit Eisendraht gebunden und Federn bröckeln von seiner rissigen Brust. bröckeln von seiner rissigen Brust. Auf den Zinnen des Renaissance-Turms, über Rauchspur und Schattengesims, hängt regennass eine Fahne. Mit dem Wind im Bunde verweigert sich die Stofflichkeit jedweder Nationalität. Im toten Winkel barocker Kirchen zwischen Saan und dem Hotel Gromada bietet die graue Kapsel eines Bunkers immer wieder Gelegenheit, die Geschichte neu zu verhandeln, die Fakten und Mythen zu drehen und zu wenden, bis man sich doch darauf einigt. Des Führers Landkarte war eine dehnbare, zwischen Betoneisen und Stacheldraht aufgespannte Menschenhaut. Lemberg I. Die Uhren der Schachspieler ticken die Bauern ins Verderben. Die Dominospieler klappern mit viereckigen Knochen. In die Oper stolzieren Uniformierte, vorbei am Gezwinker schwarzer und weißer Augen. Vor dem Crescendo hupender Autos flüchten wir, quer über den Freiheitsplatz ins Café Wien und trinken Wodka der Marke Berlover aus beschlagenen Karaffen. Lemberg II. Das Knarren und Knirschen der Straßenbahnen. Wie viele Kurven hat die Stadt? Einmal so richtig durchölen, müsste man sie nicht immer nur wässern in aller Früh. Von der Burgbergaufschüttung niederblickend ist die Stadt weiß und bestätigt somit die Farbenlehre. Zerlegt von meinem Hirnprisma hätten wir allerdings vor uns Konstruktion, Symbolik und Metaphysik. Lemberg III. Überall Steine als Pflaster gerundet, Straßen begleitend, in Parks von Mosen und zähen Gräsern als Kolonien in Betracht gezogen. von Mosen und zähen Gräsern als Kolonien in Betracht gezogen. Steine unterm Giebelkreuz mit Mörtel zu Mauern verbunden, als Schluss in Bögen und Gewölben, aus den Mauern drängend als Weihwasserbecken, gehöhlt zu dicklippigen Muscheln. Und auf den Friedhöfen kaum ein Kiesel auf flechtenbefleckten Steinscheiteln. Das große gefächerte Buchstabenrelief, hebräisch, armenisch, zirillisch, ätzt der Regen hinweg. Podolische Litanei. Immer wieder dasselbe Bild. Ein Mensch und eine Kuh am Dorfanger, auf der Weide, neben der Straße, am Feldrhein. vereint im Zwiegespräch, vereint im Schweigen, vereint in der brüchigen Form eines Schattens, vereint im Regen und unter der Sonne. Der ranzige Melkeimer wartet, das fettige Butterfass wartet, kommt nicht der Abendstern, so kommt doch ein Mond. Und wird man dich, wiederkeuernde Kostbarkeit, in die Küche führen, wenn sich draußen der Schneesturm durch den Filz der brachliegenden Felder wühlt? Brodi, jüdischer Friedhof, vertrautes Fleckvieh, grasend beim Gatter zur Stadt der Toten und Monolithen. Du verstummst vor der grauen Verlangs, zögerst, dieses Chevaux de Fries Podolien zu betreten. Flechten befleckt und in allen Neigungswinkeln stehen die wärmespeichernden Steine vor der Bronze Säulen der Kiefern. Zäh geht dein Schritt durch den Grasfilz, windgestriegelter Gassen. Gen Osten spricht das Hebräische, gen Westen das deutsche Wort. Und über den Gräbern der Kinder gedeihen vorzüglich die Stangenbohnen der Anrainer, wie man sieht. Tschernowitz. der österreichischen Kronländer. Am Bahnhof stehen bereit blaue Expresszüge, Bukarest, Kiew, Lemberg. Nach Wien fährt keiner. Mit dem letzten nach Paris fuhr Paul Anschl. Danach wurden die Züge umgeleitet nach Babinja und Transnistrien. Und da möchte ich jetzt anschließen mit Babinja. Ich war vor zwei Jahren eingeladen nach Tschernowitz zu dem Lyrikfestival Meridian. Und als natürlich der Krieg losgebrochen wurde, habe ich Kontakt aufgenommen mit der Organisatorin Evgenia Lopata. Und die hat mir folgenden Brief zurückgeschrieben. Vielen herzlichen Dank für die Nachricht und Sorge. Wir Ukrainer schätzen die Unterstützung Europas. Wir schätzen auch die wirkenden Sanktionen gegen Russland seitens der Welt, die auf ihre Weise uns auch behilflich sind. Dieser Krieg bringt hunderte gestorbene ukrainische Soldaten, aber in erster Linie Zivilisten, Kinder, Rentner und Frauen mit sich. Gestern Nachmittag sind fünf Leute in der Gedenkstätte Babin Yar unter den russischen Raketenüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet sind, auf unsere Kindergärten, Krankenhäuser und Kirchen. Der Brief geht noch weiter. Ich danke Ihnen.