Meine Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Buchpräsentation begrüßen. Vorgestellt wird heute das neue Journal von Karl Markus Gauss, die Jahreszeiten der Ewigkeit, erschienen im Schollneu Verlag. Wir freuen uns sehr, dass der Autor, es ist Kritiker und Herausgeber der Zeitschrift Literatur und Kritik Karl Markus Gauss heute bei uns zu Gast ist. Herzlich willkommen. Karl Markus Gauss reist morgen weiter nach Leipzig, wo er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2022 entgegennehmen wird. Wir gratulieren ihm zu diesem Preis wirklich sehr herzlich. Besonders begrüßen möchte ich auch den Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Dramaturgen Dr. Clemens Renoldner. Er wird den heutigen Abend moderieren. 2017 hat er gemeinsam mit Werner Michler und Norbert Christian Wolf den Band von der Produktivkraft des Eigensinns der Schriftsteller Karl Markus Gauss herausgegeben. Und vergangenen September hat er sein Buch Fein vorbei an der Wahrheit, Erzählungen, Monologe, Reportagen bei uns vorgestellt. Ebenfalls herzlich willkommen. Zu seinem 60. Geburtstag im Mai 2014 hat sich Karl Markus Gauss, wie wir dem Epilog des Journals entnehmen können, vorgenommen, genau fünf Jahre lang Tagebuch zu führen. Das neue Journal reicht also bis 2019. Karl Markus Gauss hat ja zuvor schon zahlreiche vielbeachtete und vieldiskutierte Journale und Reiseaufzeichnungen veröffentlicht. Einige hat er auch im Stifterhaus vorgestellt. Über das Genre-Journal schrieb er im titelgebenden Text seiner Textsammlung Lob der Sprache, Glück des Schreibens, Zitat, vielleicht habe ich deswegen vor zehn Jahren begonnen, Journale zu schreiben, dieses Genre nötigt ja dazu, Gedanken, die noch nicht ganz Gedanken sind, sondern eine vorsprachliche Keimform derselben dazu zu verhelfen, ich kann in das Journal alles, was mich intellektuell beschäftigt, integrieren. Es kommt dem, was ich literarisch will, sehr nahe. Ich kann verschiedene Genres verwenden, Essays, Klossen, Polemiken, Aphorismen, Erzählungen und stets neu ansetzen. Auch im neuen Journal spricht Karl Markus Gauss viele Themen an. Wir haben uns zum Beispiel sehr gefreut, dass in die Jahreszeiten der Ewigkeit auch ein Traum beschrieben wird, in dem das Stifterhaus vorkommt und das auf derselben Seite, auf der die Frage hat auch die Ewigkeit ihre Jahreszeiten aufgeworfen wird? Das Buch birgt also wieder sehr viel Diskussionsstoff. Wir dürfen uns auf die Gespräche freuen, die Clemens Reinholdner mit Karl Markus Gauss führen wird. Ich wünsche uns in diesem Sinne einen sehr anregenden Abend und übergebe das Wort an Clemens Reinholdner und Karl-Marxus Gass. Schönen guten Abend. Vielen Dank für die Einladung, liebe Frau Dr. Pinter. Und wir sind glücklich, im Stifthaus in Linz sein zu können. Karl Markus Gauss hat ihn am Ende seiner Schulzeit schon eifrig geschrieben und so mir ist es als besonders ein Wink des Schicksals erschienen, dass er schon in seinem Matura-Jahr 1972 mit einer sehr ausführlichen Rezension von Thomas Bernhards »Ignorant und Wahnsinniger« in einer Salzburger Zeitung in der Öffentlichkeit realisieren konnte. Und diese Arbeit für Zeitungen und Magazine und Zeitschriften hat er sein ganzes Leben auch weitergeführt. Aber er hat dann vor allem, wir kennen uns vom Studium an der Germanistik in Salzburg schon, dann vor allem als Literaturkritiker und Essayist gearbeitet und hat zum Beispiel früh über viele Jahre für das Wiener Tagebuch Texte geschrieben. Auch diese Arbeit wird in diesem Buch sehr auf berührende Weise und auch mit Hinblick auf den damalig leitenden Redakteur Martin Pollack beschrieben. Literalische Porträts, Essays und auch sehr viele Autoren, die nicht im Blickwinkel des Kanons waren der europäischen Literatur, hat er für alle erstaunlich eigentlich erschlossen in großen essayistischen Studien und Porträts. Und da sind dann diese ersten Bücher von ihm erschienen. Nach einer in der Schweiz erschienenen Biografie über Albert Ehrenstein sind dann diese Literatur-Essays erschienen, die ihn dann bekannt gemacht haben im Wieser Verlag. Er hat dort vier Bücher veröffentlicht, auch eine Studie, kulturhistorische Studie zum österreichischen Opportunismus im Literaturbetrieb vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Und dann ab 1997 sind seine Bücher im Schollner Verlag erschienen und dort erscheinen sie immer noch. Und dort ist auch dieses Buch, das wir heute vorstellen, erschienen, die Jahreszeiten der Ewigkeit, das gerade vor ein paar Wochen rausgekommen ist. Das erste Buch, das er dort veröffentlicht hat im Schollner Verlag, hieß das Europäische Alphabet. Das waren also jetzt nicht mehr literarische Essays und Portraits von Figuren und Literaturfiguren von den europäischen Rändern, wie dann auch zwei Anthologien heißen, die er mit herausgegeben hat, sondern es waren kleine, größere Essays zu europäischen großen Themen, Studien. Und dann als nächstes Buch, interessant, ein Schlag zurück, er hat dann ein Buch über Österreich, ein Schlag zurück, er hat dann ein Buch über Österreich, das Unentdeckte, ins unentdeckte Österreich, also eine analoge Studie geschrieben, die sich ganz auf Österreich konzentriert hat. Dann als nächstes folgt ein Band mit kleinen Erzählungen und Miniaturen, der Mann, der ins Gefrierfach wollte. Und so ist fast jedes Buch, jedes Jahr dann ein Buch erschienen bis heute. Ich mache mir große Sorgen, wenn es eines Tages zu einer Gesamtausgabe des Werkes kommen wird, die wird kaum zu finanzieren sein. Sie wissen, solche Dinge sind sehr kostspielig, aber es ist so viel da angelaufen und da gibt es eben auch verschiedene Bände, so wie das hier, also Journale, das sind also, also Dr. Pinter hat das schon angedeutet in diesen Zitaten, Bücher, in denen Materialien aus Tagebüchern gesammelt werden, also da kommen private Dinge hinein, da kommen politische Kommentare, da kommen Beobachtungen zur Literatur, zum Literaturbetrieb hinein, aus diesen Aufzeichnungen auch Reiseberichte natürlich und Essays. Und dann gibt es aber viele Reisebände, die in diesen Jahren entstanden sind, über seine Reisen zum Beispiel die sterbenden Europäer, hieß das eine, die unbekannten Europäer, dann so kleine Sprachgruppen bei den Aromonen, dann so kleine Sprachgruppen bei den Aromunen, Sepharden, Gottschian, Abaresche und Sorben, die er dort besucht hat. Dann auch einen eigenen Band über die Roma in der Slowakei, die Hundeesser von Svinja. Weitere Bücher, die versprengten heute schon viele Bücher mit Reiseaufzeichnungen, die ihn dann vor allem in osteuropäische Länder führen, nach Bulgarien, nach Rumänien, Albanien auch, aber Serbien, Bosnien oder Moldawien zuletzt. Also das sind viele Bücher, die sich mit Reisen beschäftigen. Frankreich, England kommt auch ein bisschen vor, Deutschland und Schweiz ist nicht so im Zentrum. Also eher geht es natürlich um Mittel- und Osteuropa. Und natürlich gibt es auch Besucher in der Ukraine, zum Beispiel eben in Odessa oder hier in diesem Buch, im letzten Kapitel über einen Aufenthalt in der Westukraine, in Trochow von Büchern, die Sie leicht in den entsprechenden Listen im Internet auch nachsehen können, die ich Ihnen jetzt hier nicht aufzähle, hat er natürlich als Journalist und als Kritiker gearbeitet für viele namhafte Zeitungen und Zeitschriften, also für die Zeit, lange Zeit, für die FAZ natürlich in Österreich, für die Presse und für den Standard. Und als Kritiker tätig, als Literaturkritiker, als Essayist, auch als politischer Kommentator und Polemiker in vielen Fällen. Weitere Arbeiten, natürlich auch Interviews oder so und Herausgebertätigkeit für hat er gemeinsam mit Arno Kleibel die Leitung dieser Zeitschrift übernommen, die es bis heute gibt, die vorher auch schon durch die früheren Herausgeber einen gewissen osteuropäischen Schwerpunkt hatte. Da hat also Manisch Berber und Havel und verschiedenste Autoren, da konnte man an vieles anknüpfen auch. Diese Zeitschrift, ich war in den ersten Jahren auch mit in dem Redaktionsteam, eine große Ehre für mich. Da ist dieser internationale Kosmos seiner Arbeit auch zu sehen, weil er diese Netzwerke natürlich auch in den verschiedenen Ländern benutzt hat, um Leute einzuladen. Und hier viele, auch wenn man heute das ansieht, diese frühen Jahre, wer da aller veröffentlicht hat, ist ein unglaubliches Kompendium an europäischer Literatur vertreten. Das ist wirklich verblüffend und erstaunlich. Ja, heute geht es um das neue Buch, die Jahreszeiten der Ewigkeit. Das ist, glaube ich, die zweite Lesung nach dem Auftritt in Wien. Also in Wien wurde das Buch schon präsentiert. Es ist erst seit ein paar Wochen im Handel. Und diese Journalaufzeichnungen aus fünf Jahren, 2014, 2019, das sind also, es gibt also Dokumente zu Lektüren, zu Begegnungen, zu Gesprächen. Es gibt große Passagen über einzelne Minderheiten, über Heimatgefühle oder die Vermeidung der Trostlosigkeit. Das sind fünf Kapitel, die thematisch ein bisschen geordnet sind. Da sind jeweils aber Texte drinnen aus diesen fünf Jahren. Und es gibt so thematische Schwerpunkte da drinnen. Es ist also ein großes Kaleidoskop an sehr vielen Dingen. Städtebesuche spielen eine Rolle. Ein großes Porträt zum Beispiel von Dresden oder auch einzelne Auftritte aus dem Kulturbetrieb, ein Klavierkonzert mit Radu Lupo im Mozarteum, eine Theateraufführung der Salzburger Festspiele bei Pente Silea, die dem Karl-Marx-Klaus im Unterschied zu mir, der diese Aufführung ganz groß hat, ich fand, nicht so gut gefallen hat, wie ich hier in dem Buch lesen konnte. Und natürlich geht es auch um den Literaturbetrieb in Österreich, um den Kanon. Wie bildet sich der Kanon? Was ist mit der sogenannten Avantgarde der 50er und 60er Jahre? Diese Dinge werden hier verhandelt. Das Buch fängt etwas mit vielen Todesfällen an und eigentlich mit einem ein bisschen deprimierenden Kapitel, aber sonst öffnet sich hier das Buch von Österreich in die Welt hinaus. Es gibt natürlich politische, polemische Abschnitte drinnen, es geht über Mode und Religion und das Ganze ist, wie auch in den anderen Journalbänden, ist, wie auch in den anderen Journalbänden, die ich jetzt nicht erwähne und hier nicht einzeln vorstellen kann, die alle unterschiedliche Bauweisen und Modelle haben, ist das natürlich thematisch auf eine hochinteressante und komplexe Weise verwoben miteinander. Es gibt viele motivische, thematische Klammern und es gibt eine ganz bestimmte Struktur, über die wir dann später noch sprechen werden, die ich, ja, also es geht bis in die bestimmte Struktur, über die wir dann später noch sprechen werden. Also es geht bis in die aktuelle Gegenwart und vielleicht, wenn du jetzt diesen ersten Text liest, der führt uns über die Bedeutung und die Macht der Bilder und der Fotos, über das Altern und den Tod bis nach Slowenien und nach Zuvenitu. Und Golko Mitytsch, den Darsteller dieser Karl-May-Filme. Und dann natürlich auch der Frage, woher einer kommt. Diese Fragen, Heimat, Heimatlosigkeit, Zuhause sein, Flüchtlingsproblematik, Wechsel der Länder, der Nation. Das alles sind große Themen. Bitte. Text 1. Applaus Ja, danke beiden. Altersphänomene. Ich lese jetzt mal so ungefähr 20 Minuten durchgehend, damit vielleicht auch das Kompositionsprinzip des Buches irgendwie einleuchtend wirkt, weil es sind ja, das ganze Buch besteht ja, also die Journale von mir bestehen ja immer als lauter Fragmenten, kleineren Essays oder Bemerkungen und so weiter, aber eigentlich möchte ich doch das so haben, dass das ein kompositorisches Ganzes ergibt und die Dinge nicht völlig nebulos nebeneinander stehen. Seit drei Jahrzehnten veröffentliche ich im Spektrum der Beilage der Wiener Presse Literaturkritiken, literarische Porträts, Nachrufe, manchmal auch Reiseberichte und Kommentare. Fast immer werden die Beiträge der Ausgabe in einer eigenen Spalte auf Seite 2 mit einem kleinen Foto und kurzen biografischen Angaben der Leserschaft vorgestellt. Mein Foto ist über die 250 Artikel und drei Jahrzehnte stets dasselbe geblieben. Es zeigt einen Mann mit schwarzen Locken und von beiläufig 35 Jahren. Das Bild hält mich in einem bestimmten Augenblick meines Lebens fest, der damit für alle Zeit gebannt wurde, aber es zeugt zugleich von den Jahren, die seither vergangen sind. Das Foto verleiht einem einzigen Moment Ewigkeit und kündet paradoxerweise gerade damit von der Vergänglichkeit. Ich bespreche die kuriose Sache, als Graukopf mit über 60 Jahren der Leserschaft der Presse als Mann präsentiert zu werden, der sich auf dem Weg in seine mittleren Jahre befindet mit dem Redakteur und biete ihm drei aktuelle Fotos zur unentgeltlichen Verwendung an. Betreten teilt er mir ein paar Tage später mit, dass er meinen Wunsch leider nicht erfüllen dürfe. Der Chefredakteur ereifere sich regelmäßig, dass er unter den Autoren der Beilage, mit der seine Zeitung im intellektuellen Kreisen renommieren könnte, zu viele alte Gesichter entdecken müsse. Auch er weiß, dass das Spektrum nicht ohne seine älteren Autoren auskommt. Deshalb ist er auf die originelle Idee verfallen, nur Porträts von ihnen zuzulassen, auf denen sie jünger aussehen, als sie sind. So begleiten mich und die mit mir älter gewordenen Mitarbeiter des Spektrums auftragsgemäß Fotos durch die Zeiten, auf denen wir nicht altern, heute kaum mehr zu entdecken sind, aber so jugendlich wirken, wie der Chefredakteur niemals war. Das alte Foto, das mich in Spektrum als nachdenklichen Mit-30er zeigt, gefällt mir. Ich bin nur aus ihm herausgewachsen, weil ich mich inzwischen auf meine älteren Jahre zubewege. Ganz anders verhält es sich mit den sieben Fotos, die Herbert Pfarrhofer für die Austria-Presseagentur von mir geschossen hat, wobei das Wort die Sache trifft. Auf ihnen bin ich weder jünger noch älter abgebildet, sondern zur alterslos aus der Vorzeit überlebenden Kröte entmenscht. Ich befand mich an jenem Tag vor drei Jahren, als er mich im Café Sperl in Wien vor seine Kamera bekam, nach einer allzu kurzen Nacht nicht gerade in bester Verfassung. Es ist nicht das Problem, dass ich mir auf seinen Fotos nicht gefalle. Mir steht der Sinn nicht nach einem fotografischen Schönheitschirurgen, sondern dass er durch überrissene Perspektiven, scharfe Belichtung, Porträts geschaffen hat, die den lurchenhaften Anteil an meinem menschlichen Antlitz denunziatorisch übersteigern. Auch erfahrene Fotografen misslingen Bilder, aber gerade Könnerinnen und Könner ihres Metiers wie Inge Morath, Kurt Keindl, Joyce Rohrmoser, Frank Gaudlitz, Christine Thurnauer, Hermann Seidel oder Reinhard Mlinaritsch, mit denen ich zusammenarbeitete und die ich bei ihrer Arbeit aus der Nähe beobachten konnte, geben diese nicht aus der Hand, sondern verwahren sie in ihrem Archiv oder entsorgen sie gleich selbst. Die APA hingegen vertreibt die sieben Fotos mit betriebsamem Eifer. Und so inständig ich den Leiter der Bildredaktion ersuchte, sie nicht zu verwenden, er hat rätselhaft hochmütig reagiert, sodass nicht nur sämtliche Redaktionen in Österreich mit jenen Porträts versorgt wurden, sondern sie ihren Weg in die halbe Welt gefunden haben. Ob ich in Ljubljana die Universität für einen Vortrag oder in der deutschen Provinz eine Buchhandlung zur Lesung betrete, diese Bilder sind immer schon vor mir da und schauen mir aus Veranstaltungskalendern oder von Plakaten entgegen, sodass ich am liebsten gleich umdrehen und heimfahren würde. Als ich die Aussichtslosigkeit erkannte, diese Porträts, die mir die Lebensfreude vergelten, je wieder aus der Welt zu bekommen, habe ich mit dem Gedanken gespielt, aus dieser zu scheiden. habe ich mit dem Gedanken gespielt, aus dieser zu scheiden. Nach reiflicher Erwägung habe ich den Gedanken verworfen, weil mir einfiel, dass die Medien die Nachricht von meinem erzwungenen Freitod sicher mit einem Foto aus der Lurkenserie illustrieren würden, sodass sich dieser erst recht im Tode nicht würde entrinnen können. sodass sich dieser erst recht im Tode nicht würde entrinnen können. 1978 hatte Jean Améry in Salzburg im österreichischen Hof dem ersten Haus am Platz jenen Freitod gewählt, den er in seinem Essay Hand an sich legen als letzte seine Freiheit substanziell begründete Tat gerechtfertigt hatte. Er hinterließ zwei Briefe, einen rührenden an seine Frau, einen an das Hotel, in dem er sich für die Umstände, die er diesen mit seinem Abgang bereitete, formvollendet entschuldigte. Um die Gäste nicht über einen Sarg erschrecken zu lassen, der aus dem Hotel getragen wird, nicht über einen Sarg erschrecken zu lassen, der aus dem Hotel getragen wird. Er wirkte die Direktion, nachdem die Polizei den Sachverhalt untersucht und die kriminaltechnische Erhebung abgeschlossen hatte, dass die Leiche des berühmten Essayisten in einem zusammengerollten Teppich versteckt und in einem Reinigungswagen abtransportiert werden durfte. in einem Reinigungswagen abtransportiert werden durfte. Als ich viele Jahre später die neue Direktorin des Hotels bei der Eröffnung einer Fotoausstellung kennenlernte, fragte ich sie, in welchem Zimmer sich Amélie getötet habe. In einer Luxussuite, einem Zimmer mit Ausblick auf die vorbeifließende Salzach, den nahen Makatsteg, auf die Altstadt, die dahinterliegende Felswand. Die zuvorkommende, völlig unkapriziöse Dame wirkte betreten, als sie mich aufklärte, dass niemand von damals noch im Hotel arbeite und die Adressbücher dieser Jahre längst vernichtet wären. Ich konnte ihre Befangenheit nachfühlen und auch verstehen, dass im Zimmer Nummer 11 oder 43 keine Tafel hängt, welche die Gäste davon unterrichtet, dass sie das Privileg besitzen, in jenem Raum zu nächtigen, in dem der Autor seine letzten Stunden zubrachte und die lange vorbedachte, vorgestellte Selbsttötung vollzog. Vor Jahren war ich allerdings in einem Hotel in Ljubljana untergebracht worden, das junge Leute in einem einstigen Gefängnis für politische Häftlinge betrieben. In diesem durften die da rob von lüsternem Schaudern ergriffenen Gäste in Zellen übernachten, die mit dem Lackanstrich, den vergitterten Fenstern, der schwer in Schloss fallenden Tür, dem harten Bett mit den kratzenden Wolldecken, den kleinen Waschbecken und der im Eck stehenden Klo-Muschel noch so stark an ihre ursprüngliche Verwendung erinnerten, dass sie natürlich viel teurer angeboten wurden als die behaglichen Zimmer gewöhnlicher Hotels, in denen die reisenden Spießer nächtigen. Im Wartezimmer des Zahnarztes sitzen eine manchmal aufseufzend in ihr Handy vertiefte Frau und ein etwa 50-jähriger Mann mit kantigem Kinn, der mich, kaum dass ich Platz genommen habe, fragt, ob ich Schmerzen hätte oder nur zur Kontrolle da wäre. Er spricht grammatikalisch völlig korrekt, doch mit einem Akzent, der in seiner zweiten Heimat an seine erste erinnert. Ich frage ihn, woher er komme. Aus Serbien, antwortet er. Und wo aus Serbien? Dass ich nachfrage, freut ihn. Er nimmt es nicht als Zeichen, dass ich ihn als Fremden identifiziere oder ihm das Recht abspreche, sich als Österreicher, als Hiesigen zu betrachten. Nein, es freut ihn, dass ich mich für ihn interessiere und schlicht voraussetze, dass er nicht einzig im Heute lebt, sondern eine Geschichte hat. Eine Geschichte hier und eine, die ihn zu uns in diese Stadt, in dieses Wartezimmer geführt hat. Er komme aus der Nähe von Leskowac, erzählt er. Leskowac? Ja, von dort, woher auch Gojko Mitic stammte. Mitic? Winnetou, ruft er aus und strahlt. Jetzt sehe ich den athletischen Mann mit den langen schwarzen Haaren vor mir, den serbischen Filmindianer der DDR, der in zahlreichen TV-Filmen, die ein abenteuerliches, aber weniger geschöntes Leben zeigten, als die Karl-May-Verfilmungen in der BRD, die weisen, tapferen Indianer spielte. Ja, Winnetou, sagte ich begeistert, obwohl, wie der Mann jetzt erläutert, in den Filmen mit Goiko Matic eigentlich Winnetou und die Apatschung gar nicht vorkamen. Dafür aber die tapferen Männer und Frauen anderer von den weißen Bekriegter Stämme. Kurz hatte die Frau die Augen vom Smartphone gehoben, als der Name Winnetou fiel. Dann war ihr Interesse an unserer Gegenwart und der Vergangenheit wieder erloschen. unserer Gegenwart und der Vergangenheit wieder erloschen. Wie es war in Leskowac, fragte ich. Schön, sagt er, aber schwer. Und dann sei es ganz schlimm geworden. Leskowac liegt im Süden Serbiens nahe zum Kosovo. Als der Krieg begann, war er schon weg. 1989 sei er nach Salzburg gekommen mit 23 Jahren und habe gleich in einer Firma angefangen, von der er nichts Schlechtes sagen könne, außer dass er sie verließ, um nicht mehr in der Produktion, sondern im Verkauf zu arbeiten, was seinem Temperament mehr entspreche. Ich hatte viel Glück im Leben, sagt er. Ob er noch oft nach Leskowatz fahre? Einzig zu Begräbnissen von Verwandten. Aber selbst das höre sich bald auf, weil nur mehr zwei Tanten lebten, die steinalt seien. Und wie es in der Stadt seiner Kindheit heute ausschaue, traurig. Die Textilindustrie, von der Leskowatz lebte, ist zusammengebrochen, die ganze Stadt verfalle, die Jungen zögen weg, aber er sei ja auch weggezogen, obwohl es damals viel weniger Grund gab Syrien zu schauen. In ein paar Minuten werden wir beide auf dem Behandlungsstuhl sitzen, leicht nach hinten gekippt und den Mund weit offen halten müssen. Als wollten wir die Minuten, die uns noch blieben, mit Leben erfüllen, schaukelte das Gespräch angenehm hin und her. Wie ich mir langsam zusammenreimen konnte, betrachtete der Mann aus Leskowatz es als Lebensglück nach Salzburg gelangt und Österreicher geworden zu sein. Sofern er überhaupt einer Sache nachtrauerte, dann war es das alte Jugoslawien, in dem so viele internationale Filme gedreht wurden und aus dem Filmstars wie Gojko Mitić stammten. Zuerst wurde die Frau aufgerufen. Eine traurige Person, sagte mein Gesprächspartner, kaum dass sie das Wartezimmer verlassen hatte. Mit der könne man nicht reden, er habe es probiert, bevor ich kam, aber nichts, die redet nur mit sich selbst. probiert, bevor ich kam, aber nichts, die redet nur mit sich selbst. Als er aufgerufen wurde, schnitt er eine furchtsame Grimasse und winkte mir zu, als wolle er mir, der ich nun alleine warten musste, Mut zusprechen. Dann hörte ich ihn die paar Schritte zum Behandlungszimmer gehen, in dem ihn mein Freund, der Zahnarzt, erwartete, der 1979 aus der Tschechoslowakei nach Österreich geflohen war, in zwei Monaten in Pension gehen wird und mich zur letzten Kontrolle und Bilanz aller Zahnbehandlungen der letzten Jahre einbestellt hat. Die Frage, woher kommst du, gilt Kritikern von Rassismus, Ausgrenzung, Vorurteilen, darf sich nicht für diese interessieren, sie nicht benennen. Am besten sollte man sie gar nicht bemerken. Sie schwärmen davon, dass die Welt bunt sei, aber fordern, dass wir farbenblind durchs Leben gehen. Wie kommen Vielfalt und Buntheit zustande? Dadurch, dass die Menschen nicht alle gleich sind, dass sie nicht nur was Charakter, Begabung, Vorleben, sexuelle Orientierung und dergleichen, sondern auch was Herkunft und Geschichte betrifft, unterschiedlich sind. Das Zauberwort divers führen viele im Munde, die zugleich verlangen, über Unterschiede hinweg zu blicken, also das Diverse zwar in seinem grundsätzlichen Recht anzuerkennen, aber als konkrete Diversität nicht zu bemerken, ja, ihre Präsenz zu verleugnen. Ja, ihre Präsenz zu verleugnen. Wer für Gleichheit eintritt, sollte allerdings fähig sein zu begreifen, dass es das Verschiedenartige ist, das gleichberechtigt zu werden verdient. Und dass es nur dann gleichberechtigt ist, wenn es nicht auf seine Verschiedenartigkeit verzichten muss, um anerkannt zu werden. Die Frage, woher kommst du, kann ausgrenzend, abweisend gemeint sein oder aus einem unbewussten Ressentiment herausgestellt werden. Sie kann aber auch für das Gegenteil sprechen, nämlich dass der, der sich erkundigt, die reale Vielfalt unserer Welt nicht nur als das Gegebene hinzunehmen bereit ist, sondern sich ihrer auch alltäglich Bewusstsein ja sich an ihr erfreuen möchte. Wer nicht anders kann, als in der Frage selbst schon die abweisende Antwort zu vernehmen, der mag zwar theoretisch die Vielfalt begrüßen, praktisch ist er aber ihr Feind, denn er möchte, um nur ja, keine von ihnen zu benachteiligen, dass alle Katzen grau sind. die zwar jedem Einzelnen den Anspruch zubilligt, in seiner Eigenheit respektiert zu werden, aber alle zusammen darauf verpflichtet, diese Eigenheiten gar nicht mehr wahrzunehmen. Warum eigentlich? Die Frömmler der Identitätspolitik bemühen sich eifrig, immer neue Gruppen zu finden oder zu erfinden, für deren Anerkennung sie einstehen können, aber ihr zentrales Dogma verlangt, dass der Mensch um des Fortschritts willen auf ein geschichtsloses Wesen schrumpfe, seine eigene Vergangenheit verschweige und ohne Blick für die realen Menschen, denen er in seinem, in ihrem Land begegnet, durch die Gegenwart gehe. Sie haben gesehen in diesem Text, wie sich von dieser Fotogeschichte über die verschiedenen Elemente einer Reisebegegnung beim Zahnarzt und dann einer großen philosophischen Identitätsdebatte am Schluss. also hier ist es jetzt derzeit um 1914 bis 2019, also 2014 bis 2019, die Aufzeichnungen macht, also so erklärst du das in diesem Schlusskopf, auf der letzten Seite und so, dann, das ist ein großer Abschnitt, da hast du ja in der Zwischenzeit auch andere Bücher veröffentlicht und andere Themen bearbeitet, also das ist wirklich ein ganz eigenständiges System für ein Journalmaterial zu sammeln und vorzubereiten und überschneidet sich das? Oder wie geht das vor sich? Oder wie handhabst du das neben den anderen Dingen, Zeitungsartikeln, Essays, Kritiken und so? Ist Hefte, in die ich etwas schreibe und ich musste auch wirklich fast zwanghaft jeden Tag eine kleinere oder auch eine größere Notiz eintragen. Und zwar müssen deswegen, weil ich völlig da überzeugt bin, dass ich das nicht unverzüglich blöder würde. unverzüglich blöder würde. Das ist natürlich auch ein Phänomen einer nachlassenden Gedächtnisse in einem bestimmten Alter. Ich muss mir eigentlich am Ende einer Woche immer fragen, womit habe ich sie eigentlich verbracht. So eine Art von alltäglicher Devents. Aber ich trotze dem, indem ich praktisch wirklich jeden Tag mir etwas notiere, was ich nicht für andere Bücher brauche, sondern nur dafür, dass ich den wald und meditiert etc da mache ich überhaupt keine rangordnung für mich ist das die höchste form von irgendwie selber gerecht zu sein und selber irgendetwas zu bemerken ist das dass ich mir so etwas notiere und es in Sprache fasse. Und deswegen muss ich das machen, weil bei Strafe es nicht zu tun, würde ich wirklich moralisch verfallen und auch geistig. Und das möchte ich nur eine Zeit lang hinauszögern. Also das sind eigene Bereiche für das eine Buchprojekt, also wenn du dir das so vorgenommen hast, zu arbeiten und daneben gibt es andere Mappen oder andere Hefte, in denen das andere oder ein Reisebuch zum Beispiel steht, da sind ja parallel dazu auch andere Sachen erschienen und die hast du parallel dann nebeneinander gearbeitet dort. Ja, ich fühle mich ja in gewissem Sinne literarisch gesehen als Sonntagskind, weil ich weiß, wie viele Kollegen zum Beispiel so etwas haben wie Schreibblockade oder ähnlich. Da ich aber auf sehr vielen verschiedenen literarischen Ebenen arbeite, nicht eine Zeitschrift herausgebe, manchmal politische Kommentare in Zeitungen schreibe, längerfristige Journalpläne habe oder auch konkreter an bestimmten Reisebüchern arbeite, habe ich dieses Problem eigentlich in einem viel geringeren Maße. Passt mir das, komme ich bei dem einen nicht weiter, dann quäle ich mich natürlich schon noch ein paar Tage, weil das gehört dazu, aber dann wechsle ich das Genre und gehe auf die andere Seite hinüber. Also ich bin ja sowieso ein Anhänger, auch in Sachen, was die Kunst betrifft oder die Literatur betrifft, dass die höchste Kunst die Lebenskunst ist, weil alles andere sind Hilfswissenschaften. Und ich möchte auch ganz gern beim Schreiben immer noch weiterhin Freude verspüren. Und das kann ich, indem ich halt manchmal auch das Genre wechsle. Dieses Journal, die Jahreszeiten der Ewigkeit, das ist glaube ich das fünfte, sechste Journal von dir. Die haben ja alle sehr bemerkenswerte Aussagen über die Konstruktionsweisen und unterscheiden sich ja voneinander. Hast du bei der Herstellung dieser fünf Kapitel und dieser vier Zwischenkapitel, über die wir dann noch reden, dich da abgestoßen von der Ausgleichszeit, jetzt mache ich ganz was anderes? Also was zum Beispiel auffällt, also mich würde das interessieren, das haben eigene Bögen. Hier sind zum Beispiel im Unterschied zu dem letzten oder vorletzten Familiengeschichten, private Dinge, völlig ausgespart. Du hast natürlich, kommen ganz wenige vor, also Reisen und die Kinder und so, die spielten in frühen Büchern eine größere Rolle. Nein? Nein. Nein. Nein? Nein, also ich glaube, dass es in gewissem Sinn sogar mein am stärksten autobiografisches Punkt ist dieses Jahr. Nicht immer nur insofern, als ich jetzt genau irgendwelche Geheimnisse der Familie oder von mir selber verrate, aber dass ich doch dauernd versuche, zwischen den großen Ereignissen der Geschichte und den kleinen Ereignissen meines privaten Lebens bestimmte Verbindungen herzustellen. Verbindungen herstellen heißt natürlich nicht, dass man meint, so quasi, dieses große Ereignis, also dieses Ereignis in der großen Geschichte muss sich unmittelbar in meinem privaten Leben spiegeln. Jeder Mensch weiß, dass Menschen auch manchmal, Gott sei Dank, in düsteren Zeiten glückliche Momente haben. Oder dass sie auch depressiv sein können, wenn eigentlich alles eher jetzt wieder mal den besseren Gang im großen sozialen, politischen geht. Das heißt, ich überschneide, ich führe das nicht parallel, meine private Welt und die große Welt, sondern ich überkreuze es manchmal auch und führe es irgendwie zusammen und dann strebt es auch wieder auseinander. dass ich so quasi ein Bild der Welt aus meiner Perspektive und mit meiner eigenen Geschichte bitte. Gut, das ist wieder ganz was anderes. Das ist sowieso ein Projekt, das nur scheitern kann. Ja, na absolut, aber scheitern ist eh nur. Durch das Buch gibt es immer wieder Spuren von Berichten und Bezugnahme auf Autoren, auf einzelne Bücher aus der internationalen Szene. Österreicher kommen ganz wenige vor, aber viele internationale wichtige Autoren. Und die werden sehr pointiert kommentiert. Es sind also keine großen essayistischen Ausführungen oder Portraits hier verarbeitet. Das ist ein anderes Genre. Aber was mir irgendwie besonders auch auffällt, ist, dass es auch immer um Sprachkritik geht, also sprachliche Besonderheiten unseres Gebrauches. Da spielt natürlich die digitale Welt eine große Rolle, also die Social, die unsozialen Medien. Und es gab doch früher diese Sendung, Achtung, Achtung, Sprachpolizei. Es ist nicht so moralisierend in diesem Buch. Ein bisschen Heiterkeit ist auch dabei. Aber diese Sprachkritik zum Beispiel oder auch die Brutalisierung der Sprache oder die Verrohung der Sprache, jetzt gerade aus der sehr aggressiver, zugespitzter sozialer Konfliktlage in Österreich der letzten 10 oder 15 Jahre, ich weiß nicht genau, also das ist ein ganz wichtiges Thema. Das scheint dich sehr zu beschäftigen, die Brutalisierung der Sprache. Da sind ja einzelne Passagen. Die Brutalisierung der Sprache, da sind ja einzelne Passagen. Natürlich, das ist einfach etwas, was natürlich mit neuen Medien und überhaupt nicht nur mit Österreich zusammenhängt. Aber ich möchte das ja auch unter dem Gesichtspunkt betrachten, dass ich selbst ja auch Teil dieser Brutalisierung bin. Ich stelle ja auch an mir selber fest, dass der Pazifist, der ich vor 40 Jahren war, schon ziemlich brutal geworden ist. Auch sprachlich oder in der Fantasie oder in Taten hoffentlich noch weniger. Aber ich versuche eigentlich, diesem Brutalisierung der alltäglichen Sprache auch dadurch auf den Weg, also auf die Spur zu kommen, indem ich es eigentlich auch an mir selber versuche wahrzunehmen. Naja, aber das sind die Passagen, die es jetzt gibt, die sind ja auch sehr selbstironisch, oder wo du selber Momente beschreibst, die eigentlich dann, wo du selber erschreckst darüber, wozu wäre ich womöglich fähig und ja natürlich aber die die die sozusagen die königsdisziplin der kritik ist jedoch die selbstkritik und wenn ich selbst als jemand der also dauernd sich schon furchtbar so gerät und fürchtet wie wie wie arg heute die politische sprache ist man muss natürlich auch schauen was sind eigentlich meine eigenen Vorstellungen oder was sind meine eigenen sprachlichen Momente. Wolltest du nicht diese Passagen vorlesen? Okay. Mein Geheimnis. Manchmal male ich mir aus, wie ich einen Gewalttäter, einen Brutalinski, einen ungehobelten Lackel in die Schranken weise. Zuerst ferte ich ihn mit höhnischen Worten ab und reize ihn mit verächtlichen Gesten, auf das ich ihm, wenn er mich endlich attackieren möchte, blitzschnell zuvorkomme. Ich sage zu einem Mann mit Sakko und Krawatte, der sich am Markt statt vordrängt, dass er ein Neandertaler sei, der sich ins 21. Jahrhundert verhiert habe. Und, wenn er sich aufblustert, trete ich ihm lächelnd gegen das Schienbein, ramme ihm das Knie in den Unterleib, drehe ihn mit einem festen Griff am Ohr von mir weg und befördere ihn mit einem Tritt in die Gosse. Ich tue das aber nur, wenn es sich um Gewalttäter handelt. Gewalttäter in Taten oder mit Worten. Oder durch ihre Absicht, die sie vor mir nicht verbergen können. Es ist also die Notwehr der Zivilisation selbst, die mich zu ihrem Werkzeug erkoren hat. Ich darf da vielleicht noch einfügen. der Zivilisation selbst, die mich zu ihrem Werkzeug erkoren hat. Ich darf da vielleicht noch einfügen, dass letzte Woche im Deutschlandfunk eine Buchbesprechung erschienen ist, wo der Literaturkritiker Tobias Lehmkuhl gesagt hat, die Leipziger Jury möge sich doch überlegen, ob sie den richtigen Preisträger gewählt hat, der die Absicht hat, jeden, der ihm nicht gefällt, in den Unterleib zu treten. Ja, das ist die ironiefreie Rezeption, die verstehen natürlich diesen, den kann man falsch verstehen. Ja, oder zwei Jahre später, das Buch hat ja, wie beide Vorrednerinnen schon gesagt haben, fünf Jahre zum Inhalt. Also das erste, was ich jetzt erzählt habe, war 1914. Jetzt sind wir ungefähr am Beginn 2016. Ab Linz war der Zug nahezu voll. Meiner Wahrnehmung entgehen jene Mitreisenden nicht, die ihre Gepäckstücke, sei das schwere Koffer oder ein Rucksack für Laptop, Pulli und Jause, stets so ablegen, dass sie zwei Plätze besetzen und sich die Zumutung ersparen, im Zug womöglich gar einen Sitznachbarn zu haben. Schwingen Sie später Zugestiegene suchend nach einem freien Platz durch den Waggon, mit einem Säugelarm oder einem Gehstock in der einen, einer Reisetasche in der anderen Hand, starren Sie ungerührt aus dem Fenster oder auf Ihr Smartphone, vollauf damit beschäftigt, nichts zu sehen, zu hören, zu bemerken und gleichmütige Miene zu machen. Es wäre ein leichtes und ist doch zu schwer für mich, jetzt aufzustehen, die betagte Dame zu einem jener Plätze zu führen, den dort ansässig gewordenen Soziopathen zu ersuchen, doch einen Platz freizumachen und mich dann zufrieden mit mir und ausgesöhnt mit der Welt zu meinem Sitz zurückzubegeben. Gegen meinen Willen tue ich es aber nicht, sondern verbringe die Zeit damit, Reisende zu beobachten, wie sie ihr Gepäck taumeln durch den Waggonschleppen, vorbei an elektronisch wohladjustierten Assozialen, die sich zwei Sitzplätze für ihre eine verächtliche Existenz zu sichern verstanden. So lasse ich die Wut in mir wachsen, irgendwann ist sie größer als meine Scheu, Aufsehen zu erregen. Dann springe ich auf, herrsche einen Jüngling mit lockigem Haar, der versonnen der sphärischen Musik aus seinem Ohrenstöpsel lauscht und angestrengt der Welt rundum nicht achtet, unvermittelt an, dass er sich trotz seiner sozialen Verwahrlosung unverzüglich bequemend solle, den schicken Rucksack wegzunehmen und Platz für die gehbehinderte Dame zu machen, was dieser die Augen schreckensgeweitet unverweilt zu tun pflegt. Nie bin ich rhetorisch einfallsreicher als in solchen Momenten, in denen meine Wut etwas Welterrettendes hat und sich in kalte sprachliche Verachtung entlädt. Es ist halt so, die gemeine Rücksichtslosigkeit und allgemeine Aggressivität, denen wir heute allerorts begegnen, allgemeine Aggressivität, denen wir heute allerorts begegnen, sie stören mich dermaßen, dass ich manchmal gerade reinschlagen könnte. aus dem Jahr 2019. Die schmale Straße, in der ich wohne, ist für einige hundert Kinder der Weg, auf dem sie zur Volksschule und von dort einige Stunden später wieder nach Hause ziehen. Deswegen ist hier seit ewigen Zeiten Tempo 30 vorgeschrieben. Natürlich gab es immer Autofahrer, die sich nicht an das Limit hielten, sondern durch die Straße brausten, dass der Motor nur so aufheulte und die Schulkinder flink hinter den Mülltonnen Schutz suchten. Tadelte ich zu Fuß unterwegs vor einem Jahrzehnt einen solchen Fahrer, egal ob er in einem nagelneuen SUV oder einem auffrisierten alten Kasten saß, mit unmerklichem Schütteln des Hauptes, machte er mit der Hand eine entschuldigende Gebärde und bremste herunter. Es vergingen ein paar Jahre, bis mir die ertappten und mit nachsichtiger Geste auf ihr Fehlverhalten aufmerksam gemachten, den Vogel zeigten und weiterbrausten. Vor zwei, drei Jahren geschah es, dass ein Raser, der in der Schulstraße doppelt so schnell unterwegs war wie angeraten und angeordnet, auf meinen Versuch, ihm die Defizite seiner Verkehrserziehung gestisch und mimisch bewusst zu machen. Das Fenster herunterkurbelte und etwas sagte, was danach klang, dass ich mich ins Knie fickern solle. Worauf der junge Mann, der mir dieses empfohlen hatte, ohne zu verraten, wie man das anstellen könne, der Schule entgegenraste. stellen könne, der Schule entgegenraste. Vergangene Woche nun war es so weit, dass ein Fahrer nach ein paar Metern eine Vollbremsung vollzog, rückwärts schoss, knapp vor der Gehsteigkante, an der ich stand, abbremste, mir die Faust zeigte und mich spuckend vor Entrüstung anbrüllte. Von einem Blockwart wie dir lasse ich mir gar nichts sagen. Ich begriff, dass der aufgebrachte Mann in seinem Recht, überall so schnell fahren zu dürfen, wie es ihm gerade passte, nicht weniger verwirklicht sah als seinen demokratischen Anspruch auf die Freiheit selbst und dass er meinte, die Verweigerung dieses Anspruchs wäre der Gewaltakt einer Obrigkeit, die ihn zu verfolgen beabsichtigte. Ich gestand mir traurig ein, dass ich vermutlich keine Gelegenheit für ein Gespräch mehr finden werde, bei dem wir einander unsere verschiedenen Sichtweisen auf die menschliche Freiheit in Ruhe darlegen könnten. Tief in den Eingeweiden, wo sich üblicherweise nur materielle Dinge befinden, wie zerteilte Speisereste, in den Gefäßen dahin strömendes Blut und dergleichen, spürte ich etwas Immaterielles wachsen, aber so, als wäre es eine neue, frische Körpersubstanz, den Hass. Ich schritt heimwärts, guten Mutes, den ich der kräftigen Substanz in mir verdankte, und malte mir aus, wie dieser Held des Widerstands dort, wo er niemanden damit gefährden konnte, mit seinem Auto von der Straße getragen und gegen einen Baum geschleudert wurde und sein Leben in kleinen, vom Blut geröteten Artenbläschen ausräuchelte. Ich bin grundsätzlich gegen Gewalt, aber die Gesellschaft hat sich in einem Maße brutalisiert, dass es nicht ausreicht, immer nur meinen alten Pazifismus aufzuwwenden um sie zu humanisieren ja eine sache muss noch erwähnt und ausgeführt werden das hat zu tun mit der bauweise dieses buches es hat fünf Kapitel und dazwischen gibt es also vier Gegenkapitel oder Intermezzi, also ein Intermezzo, eins, zwei, drei, vier. Und das führt mich jetzt noch einmal zu der Frage zurück. Also hier auf der letzten Seite dieses Buches steht, das übrigens mit dem interessanten Satz schließt, um eine Mitschrift, die Geschichte hat kein Ende, ein Buch aber schon, so endet das Buch. Aber davor steht, fünf Jahre lang habe ich Tagebuch geführt und aufgestellt, was mir auffiel, was ich mir ausgemalt, vorgestellt, erträumt, gedacht hatte und dann es waren schließlich 20 Hefte. So, und jetzt meine Frage nach der Bauweise und der Konstruktionsweise, das geht ja durch verschiedenste Themen, verschiedene Sujets und Chants, das sind erzählerische Teile, wir kommen noch darauf zurück, bei diesen Charakteren. Wie wird jetzt das Material geordnet? Das ist ja, du hast ja ein strenges Ordnungsprinzip, oder mehr oder weniger strenges, fünf Kapitel und fünf Weiterungen, also es gibt diese Intermezzi, da wird weiter zur Reflexion ausgeholt, es sind große essayistische Wucherungen und Weiterungen da und philosophische Exkurse, also das ist eigentlich ein großes Resonieren, das andere sind Beobachtungen, Notizen, wie funktioniert aus diesen vielen Heften dann die Bauweise dieses Modells? Ich hoffe, es funktioniert, aber das ist eigentlich dann für mich die interessanteste und auch die schönste Arbeit am Schreiben. Denn zum Beispiel müde zu sein oder irgendwie nicht besonders gut drauf zu sein und irgendetwas zu hören im radio oder zu lesen in der zeitung oder einen gedanken zu haben woher der auch immer kommt und aufzustehen und den in ein tagebuch aus ihnen hälfte einzutragen das ist eigentlich sozusagen die heroische arbeit bei dem ganzen ja obwohl man nachher mindestens die Hälfte sowieso gleich wegschmeißen kann, weil man am nächsten Tag schon nicht mehr weiß, was man sich eigentlich dabei gedacht hat, warum das so toll ist. Und weil am Ende dann höchstens, ich weiß es, ich kann es jetzt nicht sagen, aber etwa 10% oder ein bisschen mehr vielleicht von dem, was ich aufgeschrieben habe, auch Eingang in ein Journal findet. Und das ist wieder eine Arbeit, die mir Freude macht. Es ist vielleicht sogar ein bisschen ein filmisches Prinzip, dass ich dann bestimmte Dinge aneinander montiere, die jetzt nicht so von vornherein von mir auch gar nicht entdeckt wurden wenn man dann seine eigenen notizen liest kommt man eben erstens wie ich schon sagte drauf dass manches einfach humbug ist oder mit einer laune des des augenblicks geschuldet geschuldet und anderes sich dann aber auf einmal zu gewissen zusammenhängen ordnet die man vorher nicht gekannt hat oder deren vorher zumindest nicht bewusst war ja und so ist das schreiben dann wobei das zb also fünf jahre lang habe ich tagebuch geführt aber dann ein Buch draus zu machen, das war ungefähr auch eineinhalb Jahre. In anderen Journalen gibt es eine Ordnung nach Jahren zum Beispiel, da steht, das Jahr ist so, dann kommt das nächste Jahr so, hier ist es in diesen fünf Kapiteln anders, da steht jeweils dann am Schluss Texte aus den fünf Jahren, 2014 bis 2019, aber das ist dieses Collage-Prinzip, dass du jetzt quasi aus all diesen 20 Heften dann die Sachen kombinierst und verbindest, das geht ja durch alle verschiedenen, das ist ein eigener kreativer Prozess, um das so banal zu sagen. Das ist gar nicht banal, bravo! Finde ich ganz in Ordnung. Also es gibt, es sind also diese fünf Kapitel, die, nein, das Wort kreativ ist etwas inflationär, dafür wollte ich gleich wieder zurückrufen, aber es war schon draußen. Neben diesen fünf Kapiteln, die also sehr umfassende, kaleidoskopartige, vielstimmige Texte versammeln. Und deswegen ist es auch eine unglaublich leichte und faszinierende Lektüre, weil es gibt also keine langatmigen Passagen, die man gerne überblättern will. Es geht immer, also ich frage halt nur, wie setzt man das dann zusammen? Also gibt es also diese vier Gegenkapitel, die also, wie ich schon sagte, etwas größer Reflexion Raum geben. Und da gibt es natürlich auch dann so ein Po und Kontraabwägen, Stimmen, Diskussionen mit sich selber. Das ist, glaube ich, überhaupt eine der Stärken dieser essayistischen Teile, wo man viel mal hin und her etwas eine Sache wendet und wo auch mit dir selber in Widerspruch gerätst. Das erste Kapitel heißt Sprachen und Wörter. Das zweite, also das sind jetzt wirklich eben so thematische Blöcke, die gegen diese Tagesaufzeichnungen stehen. Das zweite heißt kleine Charakterkunde. Das finde ich besonders beeindruckend. Das sind kleine Erzählungen, kuriose Szenen, selbstkritische Notizen, Widersprüche. Da kommen dann auch historische Figuren. Mich hat das ein bisschen so erinnert. Es gibt ja so verschiedene Autoren, die über Charaktere geschrieben haben. La Prierre und so und Canetti zum Beispiel. Und da gibt es historische Figuren. Heißt ein Text Die Fröhliche oder Der eingebildete Trinker oder Erfolglosigkeit. Der Witwer, Politiker im Interview, Brüder, der Wechselduzer, ein sehr schöner Text, wie das Du und Sie wieder wechseln. Und das sind also kleine Miniaturen. Ich habe hier aufgeschrieben, es ist sozusagen eine Balzac für Miniaturstudien, also ein Balzac in Miniatur, eine Typologie dieser Gesellschaft in vielen kleinen Miniaturepisoden. Und diese erzählerischen Formen, das ist etwas Besonderes. Also das ist, wie entsteht das? Also wie, das sind richtig erzählerische Passagen, die nicht jetzt an eine Zeit gebunden sind oder an ein bestimmtes historisches Ereignis, das hat mit 2014, 2019 nichts zu tun. Ich bin eben doch schon etwas älter und so, da kommt mir immer meine eigene Zeit im Anfang des 20. Nein, aber diese vier Intermezzi, das war ja ein wichtiges Kompositionsmodell, kannst du dazu noch was sagen? Ich habe dieses reine chronikalische Schreiben, also dass ich sage, hier ist es jetzt 2014 bis Februar 2015 und so weiter, ist es einerseits eine Brücke oder ist ist einerseits auch eine stütze aber es ist auch eine eine eingrenzung ja wenn wir viele gedanken hat die dazu passen aber die dann einem später gekommen sind daher habe ich dann gleichberechtigt neben diesen fünf chronikalischen textblöcke auch solche gesetzt wo wo quasi ein Thema vorherrschend ist. Eben wie du sagst, zum Beispiel die Charaktere. Das sind ja auch sozusagen Miniatur, ja, ich weiß jetzt nicht was, aber sehr für sich stehende kleine Texte, die auch außerhalb dieses Buches stehen könnten. Genau. Und ein anderes Kapitel, muss ich sagen ist auch dass ich unabhängig davon dass ich in dieser zeit die auch ein paar reisebücher geschrieben habe auch interessante momente beim reisen hineinbringen wollte und mir genau das verbeutet haben wollte ja und so das letzte internet zu also diese vier diese vier Zwischenblöcke, die da sind, übrigens, ich habe die Seiten nachgelesen, das sind beides fast ungefähr 50 Prozent des Buches. Tatsächlich? Ich habe die Seiten zusammengezählt und habe festgestellt, dass die fünf Kapitel ein bisschen, ein Hauch länger sind, als die vier Intermezzos. Da kann man künftig davon ausgehen, dass ein Intermezzo etwas ist, was so lang ist wie das Hauptspiel. Also ein Intermezzo heißt Reisebilder und das sammelt verschiedene Splitter von Reisen. Natürlich gibt es in den anderen Texten auch verschiedene Passagen, die mit Reisen und Besuchen zu tun haben. Davon war ja die Rede. Aber das ist jetzt ein besonders schöner Text, chinesischer Besuch in Ungarn. Und vielleicht bitte liest doch das noch vor. Irgendwo auf der Landstraße, die von Schopron Richtung Plattensee führt, in dieser etwas monotonen Gegend, in der sich die Straßendörfer aneinander reiten, kamen wir an einer Motelsiedlung vorbei. Es handelte sich offenbar um eine Geschäftsidee, aus der in dieser Gegend nichts geworden war, denn die ersten Häuschen verfielen bereits noch, ehe die letzten fertiggestellt worden wären. Ein Geschäft mit großen Schauflächen im Freien, das an diesem Tag vermutlich nur wir besuchten, bot nichts als Gartenzwerge an, die in Reihe und Glied stramm standen. Und da sah ich ihn, den ersten Roma-Bettler-Gartenzwerg meines Lebens. Neben all den anderen Zipfelmützenzwergen, die harmlose, biedere, verschmitzte, neugierige Miene machten, stand er mit diabolischen Grinsen und in verkrümmter Haltung und hielt den Hut für alle Gartenzwergen Ewigkeit bettelnd in der ausgestreckten Hand. Ein meisterliches Werk ungarischer Handwerkskunst aus der Epoche des Hochurbanismus. Auf dem Hauptplatz zog ein Jugendlicher auf einem knatternden Mopette in immer selben Kreis um seine Langeweile. Ein Hund lag faul im fleckigen Schatten eines Maulbeerbaumes und das einzige Gebäude des Ortes befand sich in einem ziemlich ramponierten Gebäude. Die Tür stand offen, sodass wir in den dunklen Raum traten. Nahe der Schank saßen an einem riesigen Tisch die einzigen Gäste, ein chinesisches Paar um die 50, das freundlich von den tiefen Tellern aufschaute, aus denen die Suppe dampfte. Uns war kein Reisebus im Ort aufgefallen und doch handelte es sich bei den beiden nicht um Geschäftsleute, sondern um Touristen, die es durch welche Außerplanmäßigkeit immer hierher in die tiefe ungarische Provinz verschlagen hatte. chinesisch und Ungarisch aus einem Wörterbuch, in dem die Frau mit flinken Fingern blätterte, ihrem Mann dann die entsprechende Stelle zeigte, worauf dieser ein völlig unverständliches Wort hören ließ, zu dem sie zustimmend nickte. Der dickbauchige ungarische Wirt, der aus dem Bilderbuch der ethnografischen Vorurteile Europas zu stammen schien, konnte wiederum kein Wort Chinesisch, bemühte sich aber, Ungarisch so langsam und betont zu sprechen, dass es auch Chinesen verstehen kann. Die Situation war aussichtslos, also musste ich als Übersetzer antreten. Und weil ich weder Chinesisch noch Ungarisch kann, entwickelte sich eine ausgesprochen muntere Konversation. Ja, um zum Schluss zu kommen, also Konversation, das ist ein ganz großes Thema in diesem Buch. Gespräche, auch wenn sie stumm geführt werden oder gar nicht geführt werden, beobachtet werden. Das ist Gespräche, Konversation, Verständigungsmilieu. Und das ist auch das Prinzip, das das Buch selber mit dem Leser macht, weil es in so vielen Stellen ansetzt und andockt. Und zum Beispiel spielt natürlich auch Oberösterreich in diesem Buch eine große Rolle, ein großes Kapitel beschäftigt, oder bei mehreren Seiten über Oberraunöd irgendwie in der Nähe von Freistaat. Oder Frankenmarkt kommt vor mit einem interessanten Minidialog zwischen Mutter und Tochter. kommt vor mit einem interessanten Mini-Dialog zwischen Mutter und Tochter. Und natürlich Herr Steinmastl, das ist eine wichtige Sache. Also es ist ein grandioses Kaleidoskop. Es wiederholt sich nicht mit vielen anderen Texten aus anderen Büchern oder anderen Publikationen. In dem Sinn sozusagen, im wahrsten Sinne eine originäre Zusammenstellung. sozusagen im wahrsten Sinne eine originäre Zusammenstellung. Natürlich, wie Sie auch gehört haben, mit Moral, mit politischem Respekt und mit einer politischen Haltung und Geste, nicht moralisierend und mit großen philosophischen, in einzelnen diesen Intermezzi vor allem reflexiven Weiterungen, kulturhistorische Überlegungen zur Zeitgeschichte, natürlich viel zur österreichischen aktuellen Geschichte dieser Jahre von 2014 bis 2019, viel Literatur. Und führst du jetzt eigentlich auch ein Journal wieder? Machst du Notizen für ein weiteres Journalbuch? wieder machst du notizen für ein weiteres journalbuch ja aber ich weiß nicht ob sein journal wird aber so aufgrund dieses vorher schon erwähnten zwang ist dass ich irgendwie den eindruck habe wirklich also zu verblöden wenn ich mir nichts notiere schreibe ich schon täglich auch jetzt wieder weiter. Was es dann für ein Journal wird, und du hast es ja, glaube ich, stark genug auch hervorgehoben, dass es zwar in eine Reihe von den sechs Journalen gehört, aber das ist andererseits auch wieder etwas anderes. Ein ganz eigenes Kompositionsprinzip. Was dann darauf herauskommt, das weiß ich nicht. Das kommt mir ja dann beim Schreiben meistens erst drauf. Am Mittwoch ist diese Preisverleihung in Leipzig und so diese Rede hast du auch schon geschrieben und die ist schon fertig. Naja gut, wann soll ich die sonst schreiben? Heute Nacht oder? Problem war dabei eher das, dass ich diese Rede, also die erste Rede für den 16. März habe ich im Jänner geschrieben, im Versuch mir nur ja keinen Stress aufzubauen. Und da habe ich halt so schön melancholisch über das geschrieben, weswegen ich eigentlich den Preis bekomme, nämlich wegen dieser literarischen Reisen zu den Rändern Europas. literarischen Reisen zu den Rändern Europas. Dann kam die Nachricht, und das hat mir ziemlich gut gefallen, also ich war mit ihr zufrieden, dann kam die Nachricht, dass die Leipziger Buchmesse abgesagt wurde. Da musste ich mich natürlich kämpferisch auf die Seite der Buchmesse und gegen die Großverlage wenden und habe das polemisch und ziemlich wild geschrieben. Und als ich damit fertig war, kam die Nachricht, dass jetzt Krieg in Europa ist. Und dadurch wurden natürlich die beiden vorherigen Reden völlig nebulos und nichtig. Und jetzt habe ich also eine Rede schreiben müssen und wollen auch, die diesen Krieg jetzt mitbe behandelt und thematisiert aber nicht in dem sinne dass ich jetzt sozusagen zu diesen ja unglaublich vielen texten die jetzt dazu geschrieben werden aus gutem grund geschrieben werden von experten sogenannten und und propheten und von wem auch immer. Also, dass ich da nicht die 2012. Sache dazu schreibe. Es war jedenfalls nicht leicht, einen Preis für europäische Verständigung ausgerechnet in diesem Jahr zu bekommen. Aber was macht man nicht. Das macht man nicht. Ja, zum Schluss hören Sie noch ein paar kleinere Splitter und Miniaturen aus dem Buch. Der Titel, ich habe immer gedacht, die Ewigkeit ist ewig und endlos, aber für dich hat sie Jahreszeiten, das ist ja etwas Befristetes oder so. Der Titel ist irgendwie die Jahreszeiten der Ewigkeit. Ja, ich würde jetzt sogar die Stelle suchen, aber ich weiß nicht, wo sie ist. Die Sache ist die, dass mein... Hier ist es sogar, okay. Weil in gewissem Sinn dieser etwas poetisch oder pseudopoetisch oder wie auch immer klingende Titel, eigentlich das, was ich als mein literarisches Programm betrachte, schon ziemlich genau trifft. Hat auch die Ewigkeit ihre Jahreszeiten. Der Opa war zwar gestorben und in die Ewigkeit eingegangen, aber ihm wurden nach seinem Tod noch Enkel geboren. Als Kind stellte ich mir vor, dass die Ewigkeit ihren Frühling, ihren Sommer, Herbst und Winter haben werde. Auch sie würde, wie ich an allem Lebendigen beobachten konnte, wachsen und vergehen und in neuer Gestalt wiederkehren. Das kann nicht sein, wies mich der ältere Bruder zurecht, denn die Ewigkeit, das ist eben die Endlosigkeit des Endlosen, sonst wäre sie ja nicht ewig. Sie gefiel mir nicht, diese Ewigkeit. Die Zeit war mir lieber und ich bin, solange es nur ging und weitergehen mag, ihr Anhänger geblieben, der sie gegen die Ewigkeit verteidigen will. Okay, das ist glaube ich eher eine von vornherein gar nicht so gedachte, aber programmatische Äußerung für mein Schreiben. So, also ganz zum Schluss jetzt noch ein paar von Clemens erwähnten aphoristischen Charakterkunden und dann noch unsere Linzer Geschichte. Die erste von diesem Intermezzo, kleine Charakterkunde lautet, sie war seit 20 Jahren mit einem Trottel verheiratet und inzwischen sammeln ihr das an. Das zweite hat mehr literarisch betriebliche Momente, nicht eheliche. Erfolglosigkeit. Ich habe begabte Kollegen moralisch verfallen sehen, bis sie am Ende dieses waren. Größenwahnsinnig aus Erfolglosigkeit. Wir erzählten einander Geschichten aus der gemeinsamen Vergangenheit, aber bei fast allen waren wir uneins. Der Streit kam nicht vom Fleck, weil um uns die Erinnerungslücken wuchsen. Und dann noch etwas, was ich, ich weiß nicht, ob Sie kennen, es gab einen großartigen tschechischen Regisseur und Filmschauspieler Jirschi Menzel, der im Unterschied von Milos Forman oder Jaschny und wie die alle heißen haben, in der Tschechoslowakei geblieben ist. Und der ist jetzt vor zwei, drei Jahren erst gestorben, in hohem Alter. Aber bei der Feier zu seinem 80. Geburtstag, das ein großes Ereignis war, hat er Folgendes gesagt. Jeder kann das für sich selbst auch zum 80. Geburtstag beherzigen. Abgesehen davon, dass ich ein Genie bin, ist allzu große Bescheidenheit mein einziger Fehler. So, seit ich 36 bin. Und jetzt kommt noch eine im Jahr 2019, nicht 19, 2014 aufgeschriebene Geschichte im ersten Kapitel. Ein Traum. Ich war nach Linz gefahren, um im Adalbert-Stifter-Haus vorzulesen. Ich nehme im Saal in der ersten Reihe Platz. Die Leiterin des Hauses tritt ans Podium und teilt den Besuchern mit, dass Karl Markus Gauss leider ohne Angabe von Gründen nicht erschienen und telefonisch auch nicht zu erreichen sei. Gott sei Dank, setzte sie fort, habe sich Albin Reiter bereit erklärt, spontan für ihn einzuspringen und eine Anzahl seiner selbst komponierten Lieder vorzutragen. Albin Reiter, so hieß mein Musikprofessor am musischen Gymnasium, der bei den wenigen Schülern, die später tatsächlich Musiker wurden, als zuverlässiger Förderer ihres Talents äußerst beliebt war. Von manch anderen hingegen gefürchtet wurde, weil er sie, wenn sie unaufmerksam waren, dazu verdonnerte, aufzustehen und das eben besprochene Musikstück alleine vorzusingen. Ich wunderte mich, was der längst verstorbene Professor bei meiner Lesung zu suchen habe. Da stupste mich mein Sitznachbar an und in diesem Augenblick begreife ich entsetzt, dass ich Albin Reiter bin, aufs Podium muss und gleich zu singen haben werde. Applaus