Mir ist der Bau schon immer aufgefallen beim Vorbeifahren mit der Straßenbahn oder mit dem Fahrrad. Und es ist ein Bau, der sich innerhalb des Stadtkörpers, des Stadtraums, durch eine ganze Reihe von eigentlich sehr, sehr spannenden Eigenschaften absetzt. Was man unmittelbar natürlich sieht und was mich sehr begeistert hat, ist eine Modernität, die sogar eine gewisse Zeitlosigkeit hat. Also es ist jetzt nicht so die klassische Modernität der 20er Jahre, sondern wenn man sich die Form der Balkone zum Beispiel außen anschaut, aber auch die Farbigkeit, dann könnte man auch fast auf die Idee kommen, es ist ein Bau der Nachkriegszeit der 50er Jahre. Aber es ist tatsächlich ein Bau der Moderne, der frühen Moderne in Linz. Er hat natürlich einige Charakteristika, die mich sofort fast in ihren Bann geschlagen haben. Zum Beispiel, dass man sehr schnell sieht oder auf den ersten Blick eigentlich sieht, dass Julius Schulte in diesem Bau eine eigentlich traditionelle Haltung oder bestimmte traditionelle Elemente mit eben einer expliziten Modernität verbindet. Und zu diesem Begriff der Modernität, der ist natürlich sehr, sehr allgemein, wie ich ihn jetzt benutze. Aber man muss dazu sagen, dass diese Modernität in der Form, wie sie Julius Schulte Ende der 1920er Jahre hier realisiert hat, dass es eine Modernität ist, die zu diesem Zeitpunkt in Linz zumindest sehr, sehr selten anzutreffen war. Ein ganz besonderer Reiz bestand für mich in der Tatsache, dass Julius Schulte hier Elemente einer architektonischen Tradition noch formuliert, aber eben in einer für ihn sehr, sehr charakteristischen, sehr, sehr individuellen Ausformung. Dazu gehört zum Beispiel, dass dieses Gebäude seine klassische Dreihebigkeit hat. Also es gibt so eine Art Sockelzone, dann gibt es die Hauptgeschosse und die abschließende Attikazone. Und die werden auch ganz besonders betont, aber gleichzeitig werden eben diese Elemente abstrahiert und in der direkten architektonischen Formulierung auch gebrochen. Also die Sockelzone zum Beispiel mit dieser Rustica wird extrem abstrahiert, indem einfach nur noch Reststreifen der Rustica übrig bleiben und dann sogar noch fast ironisch zwischen diese Reststreifen, die ja eigentlich Monumentalität ausdrücken sollen, dass dazwischen dann noch relativ kleine quadratische Fenster eingeschnitten sind. Also es ist ganz ganz typisch für Schulte und an diesem Bau eben sehr, sehr schön auch nachzuvollziehen, immer dieses Spiel mit fast klassischen Elementen, mit traditionellen Elementen, Grundprinzipien der Architektur, die er aber auf eine sehr, sehr individuelle Weise bricht. Und dazu gehört in dem Fall Gerstnerstraße 2 eben auch die Farbigkeit dazu, die früher noch viel stärker und viel kontrastreicher ausformuliert war, als es heute der Fall ist. Man hat da bei der letzten Renovierung verhältnismäßig zögerlich ist man damit umgegangen, weil man wahrscheinlich der Meinung war, dass man diese radikale Farbigkeit, die mal da war, dem Stadtraum oder dem Gebäude nicht mehr zumuten wollte. Die Frage, warum ein Gebäude wie die Gersnerstraße 2 für die Stadt wichtig ist, könnte man jetzt ganz plakativ beantworten. Die plakative Antwort ist natürlich die, dass es ein herausragendes, wirklich herausragendes Denkmal oder architektonisches Kunstwerk nicht nur innerhalb der Linzer Baugeschichte oder der oberösterreichischen Baugeschichte ist, sondern dass es natürlich auch einen gewissen Rang innerhalb der, kann man glaube ich ohne Übertreibung sagen, der österreichischen Architekturgeschichte hat, bisher natürlich aus bestimmten historischen Gründen wenig beachtet. Das ist so die ganz plakative Antwort. Wenn man etwas mehr ins Detail geht, für die damalige Zeit betrachtet, resultiert die Bedeutung natürlich vor allen Dingen daher, dass Julius Schulte an dieser Stelle quasi, und dafür ist ja auch diese Ecksituation eine sehr, sehr schöne Situation, einen ganz, ganz starken architektonischen Impuls für die weitere Entwicklung dieser Straßenzüge Ferry-Humer-Straße und überhaupt des ganzen Quartiers Richtung Osten gesetzt hat. Quartiers Richtung Osten gesetzt hat. Weil man muss sich vorstellen, damals endete eigentlich die Bebauung mit dem Oferaner Bezirksgericht, das im Hintergrund vielleicht geahnt werden kann. Ein späthistorischer Baumeisterbau mit gewissen Qualitäten, aber jetzt auch nicht so das überragendste Stück Architektur. Und das Gebäude hier, auf dem wir gerade stehen, ist letztendlich einer der Ausgangspunkte eben für die weitere Entwicklung. Und so ist es eigentlich auch architektonisch angelegt, durch die Ecksituation und durch ein paar andere weitere Elemente. Es ist ein Zeichen der Modernität, der Moderne, und das war Schulte sicherlich sehr, sehr wichtig. Und vor allen Dingen, was Schulte bei den vier Großwohnbauten, die er für Linz geschaffen hat, jeweils formuliert hat, ist eine extrem urban, also für die damalige Zeit, man muss das immer in den Kontext setzen, eine extrem urban formulierte Architektur. eine extrem urban formulierte Architektur. Das heißt, es geht hier tatsächlich um fast das Zelebrieren der glatten Fläche mit einer gewissen Plastizität, die eben in den Stadtraum auch hineinwirken soll. Aber eben eine explizite Modernität wird hier formuliert. Bei diesen Gebäuden, es gibt ja noch zwei weitere in der Figulistraße, ganz nah dem Altstadtbereich. Und da schafft er eine urbane Architektur, die eben auch urban ausstrahlen soll. Das unterscheidet das Ganze sehr, sehr deutlich von all seinen Architekturen, die er zum Beispiel für den vorstädtischen Bereich gestaltet. Und da sieht man eben auch, dass er ein sehr genaues Bewusstsein hatte, wie man bautypologisch diese Dinge formal und gestalterisch eben differenzieren kann oder differenzieren sollte oder wie auch immer. Funktion insofern, als die damaligen Absichten, wie man mit Stadt umgehen kann, wie man Stadtraum auch mit einer gewissen Modernität formulieren kann, also zeitgemäß formulieren kann, dass das für mich, und das sage ich jetzt nicht aus Nostalgie oder so, dass es für mich natürlich Gebäude sind, die das bis heute transportieren können. Also bis heute sind die damals von Schulte intendierten Wirkungsabsichten oder Inhalte, architektonischen Inhalte, die er formuliert hat, die sind bis heute eigentlich uneingeschränkt wirksam. Das Haus funktioniert heute in der gleichen Weise in den Stadtraum und mit dem Stadtraum, wie es das vor 100 Jahren gemacht hat. Es wirkt dynamisch, es wirkt auch bezogen auf Faktoren wie Verkehr, Bewegung, was man da auch für den städtischen Raum reklamieren kann, wirkt es einfach sehr, sehr angemessen. Und es hat natürlich auch eine Größe und einen Maßstab, der, denke ich, für Linz eine fast prototypische Rolle hätte spielen sollen. Und wenn man sich manche Dinge aus der Jetztzeit anschaut, vielleicht auch noch spielen sollte. Dinge aus der Jetztzeit anschaut, vielleicht auch noch spielen sollte. Spannend ist, dass jemand wie Kurt als das Erfüllen von irgendwelchen physischen, medizinischen, sozialen, bildungsmäßigen Bedürfnissen, sondern es wird immer wieder auch versucht, über die Architektur und auch den Städtebau zu vermitteln, dass dahinter noch weitergehende Ideen stehen, weitergehende Ideen stecken, die, wenn man sie in formal, architektonisch, gestalterisch idealer oder angemessener Weise erfüllt, eben, das war zumindest die Utopie damals, eben eine bestimmte positive Wirkung auf die Bewohner einer Stadt wie Linz zum Beispiel als Gesamtes haben. Und diese Idee des Gesamten ist für mich eben auch mit diesem Aspekt des Sozialen sehr, sehr stark verbunden. Wenn man sich die Schriften zum Beispiel von Kurt Kühne anschaut, aber auch die Beiträge, die Julius Schulte geleistet hat, mit denen beide ja auch in den öffentlichen Raum zum Publikum hingewandt, zur Bevölkerung der Stadt hingewandt wirken wollten, dann sieht man eben unmittelbar, dass die Idee der gestalteten Stadt immer auch mit der Idee eines funktionierenden Gemeinwohls verknüpft waren. Man wollte, glaube ich, einfach auch demonstrieren, dass mit den Mitteln der Moderne nach 1918 eine solche Entwicklung tatsächlich auch machbar ist. Und der soziale Aspekt ist schlicht und ergreifend der, dass diese Entwicklung für alle gedacht ist, dass diese Entwicklung für alle gedacht ist, tatsächlich allen dienen soll und eben im Idealfall auch von einer Stadtgesellschaft als Ganzes getragen wird. Da war ja Julius Schuld in seinen Schriften ganz, ganz explizit. Er hat ja nicht nur seine ganzen Zeitungsartikel und Vorträge gehalten, um sich da irgendwie zu produzieren, sondern darin steckt genau der Impuls, die Leute in die Lage zu versetzen, über Stadt, über Architektur nachzudenken, über ihre Rolle innerhalb des Ganzen der Stadt und der Architektur, um dann von da ausgehend im Prinzip positive Grundhaltungen zu bestärken, die dann eben immer, muss man relativierend sagen, auf das Ideal dieser Leute und auf das Ideal der damaligen Zeit bezogen, die dann eben eine gedeihliche, positive, sozial ausgleichende Entwicklung innerhalb eines Stadtganzen vorantreiben. Und ich glaube, der soziale Ausgleich ist eben etwas, was in dieser Architektur ganz, ganz stark angelegt ist und angelegt war und auch sozial ausgleichend wirken sollte.